Zugunglück verdeutlicht Not der MigrantInnen

von Peter Clausing

(Huimanguillo, Mexiko, 29. August 2013, amerika21.de).- Es bedurfte eines schweren Zugunglücks, um in der Weltpresse erneut Aufmerksamkeit für die prekäre Situation der mittelamerikanischen Migrant*innen zu erregen. In der Nacht zum 25. August entgleisten gegen drei Uhr morgens nahe der Ortschaft Huimanguillo im Bundesstaat Tabasco acht von zwölf Wagen eines Güterzuges, auf dem sich nach unterschiedlichen Angaben zwischen 200 und 300 blinde Passagiere auf ihrem Weg nach Norden befanden. Nachdem am Dienstag, 27. August die Leichen von drei weiteren Personen unter einem Waggon gefunden wurden, hat sich die Zahl der Todesopfer auf neun erhöht. Zuvor war von sechs tödlich verunglückten Honduranern im Alter zwischen 19 und 58 Jahren die Rede. Darüber hinaus wurden Angaben von Sicherheitskräften zufolge mindestens 35 Personen verletzt, 16 davon schwer. Das sumpfige Gebiet der Unglücksstelle ist schwer zugänglich, was die Bergungsarbeiten erschwert. Die Unglücksursache ist noch unklar. Laut Staatsanwaltschaft werden unter anderem die Demontage von Gleiskomponenten und eine Unterspülung des Bahndamms untersucht.

Der unter dem Namen “La Bestia” (die Bestie) bekannte Güterzug durchquert das gesamte Land von Süden nach Norden und wird von zahlreichen “Undokumentierten” als Transportmittel genutzt. Die eigentliche Dramatik der Situation mittelamerikanischer Migrant*innen in Mexiko findet in den Meldungen der Weltpresse bestenfalls am Rande Erwähnung. Von den etwa 140.000 Migrant*innen, die entsprechend den Angaben der Nationalen Menschenrechtskommission alljährlich Mexiko durchqueren, werden zwischen 10.000 und 20.000 zur Erpressung von Lösegeld entführt. Nicht nur die “Los Zetas”, sondern auch andere Drogenkartelle haben sich diesen lukrativen “Geschäftsbereich” – nicht selten in Zusammenarbeit mit korrupten Beamt*innen, insbesondere der Migrationspolizei – bereits vor Jahren erschlossen. Jedes Jahr gelangen durch die Lösegelder, die in der Regel von bereits in den USA lebenden Verwandten bezahlt werden, Millionen Dollar in die Kassen der organisierten Kriminalität.

Das Zugunglück ereignete sich eine Woche nach dem dritten Jahrestag des Massakers von San Fernando im Bundesstaat Tamaulipas, bei dem 72 Migrant*innen durch kriminelle Banden ermordet wurden. Die mexikanische Sektion von Amnesty International beklagte aus diesem Anlass die nicht eingehaltenen Versprechungen zu Verbesserung der Situation der Migrant*innen, die im Jahr 2010 von der mexikanischen Regierung gegeben wurden. In dem Dokumentarfilm “Asalto al sueño” von Uli Stelzner und in der Wanderausstellung “Unsichtbare Opfer” von Amnesty International werden die gefährliche Süd-Nord-Reise und damit verbundene Menschenrechtsverletzungen eindrucksvoll beschrieben.

(Mit Informationen von La Jornada/animalpolitico)

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