Poonal Nr. 523

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 21. Mai 2002

Inhalt


MEXIKO

KUBA

GUATEMALA

EL SALVADOR

COSTA RICA

BOLIVIEN

BRASILIEN

PERU

URUGUAY

Argentinien

LATEINAMERIKA


MEXIKO

Widerstand gegen Plan Puebla Panama wächst

(Mexiko-Stadt, 21. Mai 2002, poonal).- „Nein zur Superautobahn, nein zum Plan Puebla Panama!“ Um ihren Widerstand gegen das Megaprojekt der Regierung von Vicente Fox zu organisieren, trafen sich vergangene Woche (am 16. und 17. Mai) Vertreter und Vertreterinnen verschiedener Kommunen des Bundesstaates Oaxaca zum „Ersten Kongress indigener Gemeinden aus der Istmus-Region“ in Tehuantepec.

Das Gebiet in der Meeresenge von Tehuantepec, zwischen dem Golf von Mexiko und dem Pazifik gelegen; ist besonders stark von dem vergangenes Jahr von Fox veröffentlichten Plan Puebla Panama (PPP) betroffen. Eine Verkehrsverbindung zwischen den beiden Meeren soll den Panama-Kanal entlasten, vor allem aber soll eine Autobahn von Oaxaca durch den Istmus zum pazifischen Badeort Huatulco führen. Die Arbeiten für diese „Supercarretera“ haben bereits begonnen.

Die Autobahn stellt einen kleinen Baustein des PPP dar, mit dem zwischen dem mexikanischen Puebla und Panama eine Art Industrie-, Tourismus- und Freihandelszone geschaffen werden soll. Die Zone soll nach den Worten des mexikanischen Präsidenten den gesamten zentralamerikanischen Raum zum „Entwicklungskorridor“ verwandeln. „Auch der Süden lebt,“ so die Parole des konservativ-wirtschaftsliberalen Politikers.

Tatsächlich sollen billige Löhne internationale Unternehmen anlocken, um in Maquiladoras in der Armutsregion zu investieren. Kritiker fürchten zudem eine immense Zunahme der Biopiraterie in der von Pflanzenreichtum geprägten Gegend sowie den verstärkten Anbau genmanipulierter Pflanzen in geplanten Agrarindustrien. Auch beim Gipfel der Staaten der Europäischen Union, Lateinamerikas und der Karibik vergangene Woche in Madrid stand der PPP auf der Tagesordnung.

„Sie respektieren die juristisch festgehaltenen Gewohnheiten und Sitten der indigenen Gemeinden nicht,“ heißt es in einem Abschlusspapier des Treffens von Tehuantepec. Man wehre sich gegen den PPP, weil durch ihn im Interesse der „hegemonialen und imperialistischen Politik der Vereinigten Staaten“ konstitutionelle Prinzipien und Garantien verletzt würden. Der vom Menschenrechtsverein „Centro de Derechos Humanos Tepeyac“ organisierte Kongress forderte die sofortige Suspendierung der Arbeiten an der Superautobahn Oaxaca-Hautulco und der damit verbundenen Zerstörung von Wäldern, Eukalyptusplantagen und Krabbenzüchtungen. „Mit Blick darauf, dass der mexikanische Staat die Rechte der indigenen Gemeinden verletzt, fordern wir von der Weltbank, dass sie die Mittel aussetzt, die für solche Projekte im Istmus verwendet werden sollen“.

Bereits Anfang Mai hatten sich 250 Delegierte aus 52 indigenen und anderen Basisorganisationen in Tapachula im Bundestaat Chiapas getroffen. An diesem „Ersten mesoamerikanischen Bauerntreffen“ nahmen Vertreter aller vom PPP betroffenen Länder teil: Mexiko, Guatemala, Belize, Honduras, El Salvador, Nicaragua, Costa Rica und Panama. Auch in Tapachula, nahe der guatemaltekischen Grenze, war man sich einig: “ Wir weisen den Plan Puebla Panama scharf zurück, weil es ein Projekt der rohen Kolonisierung ist, das unseren Boden, unsere Kulturen, die Pflanzenvielfalt und die natürlichen Ressourcen in einem Gebiet von 102 Millionen Hektar mit hohem produktiven Niveau zerstört.“

Für Juni sind weitere Treffen angekündigt. So wird auch bei der „2. Woche für den biologischen und kulturellen Reichtum“ im guatemaltekischen Xela der Kampf gegen den PPP ein großen Raum einnehmen. Rund 500 Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus 200 Organisationen und 17 Ländern werden dort zwischen dem 25. und 29. Juni erwartet.

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KUBA

Castro weist US-Vorwürfe über kubanische Bio-Waffen zurück

(La Havanna, 13. Mai 2002, ecupress-poonal).- „Der Wunsch, Kuba zu zerstören, eine Besessenheit seit 43 Jahren, führte und führt die Vereinigten Staaten noch heute auf einen krummen Weg, voll von Lügen, Fehlern, Fehlschlägen und Irrtümern“ erklärte Fidel Castro in Antwort auf die Beschuldigungen des Staatssekretärs der USA John Bolton, Kuba handle mit bakteriellen Waffen.

Fidel Castro hob hervor, dass das vom kubanischen Parlament verabschiedete Gesetz gegen terroristische Akte in seinem Artikel 10 jeden, der „chemische oder biologische Substanzen, oder jeden anderen Stoff, durch dessen Erforschung, Umwandlung oder Verarbeitung Produkte der beschriebenen Eigenschaften hergestellt werden können, herstellt, beschafft, vertreibt, transportiert, versendet, einführt oder besitzt, in jeglicher Form und an jeglichem Ort […]“ zu einer Freiheitsstrafe zwischen zehn und 30 Jahre, lebenslänglicher Haft oder zum Tode verurteilt werden kann.

Castro bezeichnete die Beschuldigung Boltons, Kuba habe den Krieg der USA gegen den Terrorismus verurteilt, als „falsch und manipuliert“. Castro erklärte, dass „ich gesagt habe, und dabei bleibe ich“ dass der Krieg diese „Geisel“ nicht besiegen kann, „dass er nur dazu dienen wird, Hass und Fanatismus zu erzeugen“. Kuba machte am Tag der „Tragödie von New York“ den Vorschlag, den Terrorismus zu bekämpfen durch „die ehrliche und entschiedene Zusammenarbeit der Länder der Erde und die Herstellung einer wirklichen Kultur und universeller Erkenntnis gegen den Terrorismus“.

Mit seiner gewohnten Ironie sagte der kubanische Präsident: „Ich muss Herrn Bolton für das große Lob, das er unserer pharmazeutischen Industrie macht, danken“, da sie wirklich „eine der fortgeschrittensten Lateinamerikas und an der Spitze, bei der Produktion von pharmazeutischen Produkten und Impfstoffen, die in die ganze Welt exportiert werden“, sei. Aber er lüge „schamlos“, wenn er behaupte, dass Kuba „an der Erforschung und Entwicklung eines biologischen Kriegs arbeite, was eine schwerwiegende wie unwahre Beschuldigung ist“.

Über Massenvernichtungswaffen behauptete Castro, dass „die kubanische Politik immer untadelhaft war“. Niemals habe „irgend jemand einen einzigen Beweis erbringen können, dass unser Land ein Programm zur Entwicklung atomarer, chemischer oder biologischer Waffen entwickelt habe.“ Um das zu verdeutlichen, appellierte der charismatische lateinamerikanische Staatschef, dass die Behauptungen der kubanische Regierung „wahrheitsgemäß und nachprüfbar“ seien und fügte hinzu, dass „jegliches Programm dieser Art die Wirtschaft jedes so kleinen Landes ruiniert; Kuba wäre nie in der Lage, solche Waffen zu transportieren“ und außerdem, angenommen, Kuba würde es machen, „würde es zudem den Fehler begehen, sie für den Kampf gegen einen Adressaten zur Verfügung zu stellen, der tausend mal mehr dieser Waffen besitzt, und dieser das als ein Geschenk ansehen würde, damit er diese einsetzen kann“.

Castro nutzte die Gelegenheit, um, unter anderen Beispielen, die Rolle Kubas in dem angesprochenen Bereich hervor zu heben. So wurde 1979 die Gruppe „Ingeniería Genética“ gegründet, die 1981 als erste biotechnologische Einrichtung das heute weltweit angewandte Krebsmittel „Interferón Leucocitario“ entwickelte und herstellte. Das industrielle medizinisch-pharmazeutische Programm sei Teil der wissenschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Landes. Zwischen 1990 und 1997 sei eine „vollkommen humanitäre“ Industrie entwickelt worden, die Medikamente, die Krankheiten vorbeugen und Leben retten sowie Produkte zur Lebensmittelerzeugung herstelle.

Castro hob hervor, dass „zahlreiche Regulierungsbehörden aus verschiedenen Ländern die biotechnologischen Produktionsstätten als verpflichtende Schritt zur Kommerzialisierung unserer Produkte in ihren Märkten besucht haben“ und dass „in den nächsten zwei Jahren mehr als 50 neue Biopharmaka-, Impf-, und Diagnose-Produkte auf den Markt kommen werden“. Darüber hinaus verfüge das Land über „eine Sammlung an intellektuellem Eigentum, die sich aus über 150 Untersuchungsgegenständen und mehr als 500 Patenten zusammensetzt“. Er fügte hinzu: „Die wissenschaftlichen Ergebnisse der Untersuchungen werden in den wichtigsten internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht.“

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GUATEMALA

Staatliche Gewalt gegen Migrant*innen an den Grenzen

(Guatemala- Stadt, 13. Mai 2002, cerigua). -El Carmen Malacatàn und Tecún Umàn im Departement San Marcos sind zu den zentralen Übergängen zwischen dem Norden und dem Süden des amerikanischen Kontinents geworden, erklärt das Büro für Menschenrechte im Haus des Migranten (Oficina de DDHH de la Pastoral de Movilidad Humana (Casa del Migrante).

Mexiko nutzt die beiden Grenzabschnitte, um Tausende von Mittel- und Südamerikanern abzuschieben. Das Institut für Migration in Mexiko gab bekannt, dass im vergangenen Jahr 36 933 guatemaltekische Staatsbürger abgeschoben wurden. Allein im Januar des laufenden Jahres sind es bereits 2951 gewesen.

Verheerende Umweltkatastrophen tragen dazu bei, dass sich die Anzahl der Migrant*innen erhöht. Die Unfähigkeit der lokalen Regierungen, die Opfer dieser Katastrophen zu unterstützen, war beispiellos in Folge des Hurrikan Mitch. Der Sturm kostete zahlreiche Menschen das Leben und brachte Verluste in einem Wert von fünf Milliarden Dollar mit sich.

Es herrscht ein klares Missverhältnis zwischen den Auswirkungen verschiedener Naturkatastrophen und der Migrationspolitik des Nordens. An den Grenzverläufen treffen die Konsequenzen aus der Willkür der Natur auf die Willkür des Menschen. Dort komme es zu Machtmissbrauch von Seiten staatlicher Autoritäten und zu einer Geringschätzung der Menschen, so das Büro für Menschenrechte.

Für das Jahr 2001 dokumentierte das Haus des Migranten 2890 Menschenrechtsverletzungen in Mexiko und Guatemala. Das belegt die bedrohliche Situation an den Grenzen der guatemaltekischen Departments von Chiquimula und San Marcos und von Chiapas und Tabasco in Mexiko.

„Die Migrationspolitik des Nordens beschränkt das Recht auf Leben für Tausende, die auf der Suche nach dem amerikanischen Traum sind“, erklärt das Büro für Menschenrechte weiter. Einen Beleg dafür sieht das Büro in der Operation Guardián, die von den USA entlang der Grenze zu Mexiko durchgeführt wird. Infolge dieser Aktion starben 1230 Migrant*innen in der Wüste, ein Teil von ihnen erfror in der Nähe der Grenze in den letzten fünf Jahren.

Der Einfluss und die Interessen der Vereinigten Staaten zeigen sich in Mexiko und Guatemala im sogenannten Plan Sur. Zu seiner Rechtfertigung dient der Regierung die Rede von der Bekämpfung der herrschenden Gewalt in der Grenzregion. Ein Vorwand, den das Haus des Migranten nicht anerkennt.

68 Migrant*innen starben im Zuge des Plan Sur zwischen Oktober und Dezember 2001. Unter ihnen waren 33 Guatemalteken, elf Salvadorianer, acht Hondurianer und 16 Menschen, die nicht identifiziert werden konnten. Andere starben, als zwei Schiffe zum Kentern gebracht worden waren: das erste auf dem Fluss Usumacinta im Department Petén, das zweite vor dem Hafen von Tilapa im Department von San Marcos.

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EL SALVADOR

Neue politische Partei

(San Salvador, 6. Mai 2002, na).- Führende Mitglieder einer Strömung innerhalb der Partei der ehemaligen Guerilla-Organisation FMLN kündigten die Bildung einer neuen politischen Organisation an. Um für die Wahlen im kommenden Jahr Kandidaten aufstellen zu können, würden sie Bündnisse mit anderen kleinen Parteien suchen.

Anfang März brachen die sogenannten „Erneuerer“ formell mit der FMLN, um die sozialdemokratische Partei Erneuerungsbewegung (PMR) zu gründen. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat Facundo Guardado ist der Interimsvorsitzende der neuen Partei, die fünf Abgeordnete in der Gesetzgebenden Versammlung hat. Guardado und andere Führer der PMR wurden im vergangenen Jahr aus der FMLN ausgeschlossen.

Die Regierungspartei ARENA hat 28 der 84 Sitze im Parlament, während die Zahl der FMLN-Abgeordneten nach den Ausschlüssen von 31 auf 26 sank. Auch wenn die Abgeordneten der PMR schon lange Zeit vor dem endgültigen Bruch begannen, unabhängig abzustimmen, könnte die Machtbalance sich noch mehr verschieben, wenn sich die Partei anderen Gruppen anschließt.

Die PMR wurde von einer Gruppe ehemaliger FMLN-Abgeordneter gegründet, die die Schlacht um die Reform der Partei verloren, die nach ihrer jüngsten Wahlniederlage begonnen hatte. Im November verloren die Erneuerer die internen Wahlen gegenüber der orthodoxen Strömung der FMLN. Einen Monat später rissen die Orthodoxen fast alle Schlüsselpositionen an sich, obwohl ihnen Wahlbetrug vorgeworfen wurde.

Seit damals erkundeten Guardado, Francisco Jovel und andere Führer der Erneuerer die Möglichkeiten von Bündnissen mit kleinen Parteien. Sie begannen auch, unabhängig abzustimmen und benutzten im Parlament den Namen „Erneuerungsbewegung“.

Die Führer der PMR sehen den Grund für den Niedergang der FMLN seit Mitte der Neunzigerjahre in ihrer Unfähigkeit, sich zu erneuern und die Partei für eine größere Beteiligung der Basis zu öffnen. Sie machen die orthodoxe Strömung auch für die Wahlniederlage gegenüber ARENA verantwortlich. Einige Umfragen deuten darauf hin, dass die FMLN weniger als halb so viel Zustimmung wie ARENA findet.

Die Führer der PMR versuchen nun, die für die Registrierung vor dem Obersten Wahlgericht nötigen 35.000 Unterschriften zu sammeln. Im Parlament sucht die PMR das Bündnis mit der Christdemokratischen Partei (PDC), die vier Sitze hat, und der Sozialdemokratischen Partei (PSD), die über einen Sitz verfügt.

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COSTA RICA

Weder Bananen- noch Ölrepublik? Neue Regierung muss über Berufung von US-Multi gegen Bohrverbot vor der Karibikküste entscheiden

Von David Boddiger

(San Jose, 15. Mai 2002, na-poonal).- Seit dem 10. Mai ist Costa Ricas neu gewählter Präsident Abel Pacheco im Amt. Gleich zu Beginn der Regierungsperiode wird sein Kabinett sich mit einem Fall befassen müssen, der über mehrere Jahre Aufsehen im Land erregt hat. Es handelt sich um beabsichtigte Ölbohrungen eines US-Multis an der Karibikküste vor der Provinz Limon.

Die einheimische Gesetzgebung sieht vor, dass Bohrungen so lange verboten bleiben, bis Untersuchungen über ihren Umwelteinfluss das Placet der Behörden bekommen. Ende Februar hatte das Umweltministerium eine entsprechende Studie von dem Unternehmen MKJ Xplorations aber zurückgewiesen. MKJ ist Teil des US-Konzerns Harken Costa Rican Holdings.

Die zuständige Abteilung des Ministeriums listete mehr als 50 Gesetzes- und Umweltprobleme auf, die einer Erlaubnis entgegen stehen. Der Konzern ging umgehend in die Berufung. Die alte Regierung Costa Ricas hätte mit einer endgültigen Entscheidung noch Fakten schaffen können. Sie gab den Ball jedoch an das Nachfolge-Kabinett weiter.

Umweltgruppen wie Oil Watch Costa Rica hatten im Februar erfreut auf das Bohrverbot reagiert. „Eine sehr positive Entscheidung, denn sie stärkt das Umweltimage Costa Ricas“, so Oil Watch-Sprecher Mauricio Alvarez. Das Ministerium fand in der Harken-Studie technische Fehler und bemängelte unvollständige Daten. Negative Folgen der Ölbohrungen für Flora und Fauna, sowie für die Menschen und die Wirtschaft konnten nicht ausgeschlossen werden.

Der Beschluss der ministeriellen Abteilung stand am Ende eines zweijährigen Überprüfungsprozesses, in dessen Rahmen Dutzende Wissenschaftler, Akademiker, Umweltschützer, Tourismusvertreter, örtliche Fischer sowie zivile und religiöse Führungspersönlichkeiten und die Indigenas der Region konsultiert wurden. Der US-Konzern, der seine Untersuchung im Juli 2000 präsentierte, ist dennoch von der Sicherheit seines Projektes überzeugt.

„Wir sind sehr enttäuscht von der Entscheidung“, sagt Harken-Präsident Brent Abadie. „SETENA hat Meinungen von Organisationen und Personen akzeptiert, die nicht angemessen qualifiziert und gemäss den costaricanischen Gesetzen registriert sind. Der Entscheidung scheinen politische Motive zu Grunde zu liegen“. Die „Aktion für den Einsatz gegen die Ölunternehmen“ (ADELA), in der 60 einheimische Organisationen zusammengeschlossen sind und die zu den wichtigsten Kritikern der Regierungspolitik bezüglich ausländischer Ölinvestitionen gehört, weist die Vorwürfe zurück.

Während des vergangenen Präsidentschaftswahlkampfes wandten sich sowohl der siegreiche Abel Pacheco von der Partei der Sozialchristlichen Einheit sowie sein Kontrahent Rolando Araya von der Partei der Nationalen Befreiung dagegen, dass Costa Rica zu einer „Ölrepublik“ werde. Im Zentrum der Debatte befindet sich das umstrittene Gesetz über Kohlenwasserstoffe von 1994, das unter Präsident Rafäl Calderón (1990-94) verabschiedet wurde. Das Gesetz teilte das Land für die Öl- und Gasausbeutung in 27 Blöcke auf. Einige dieser Blöcke befinden sich in Indigena-Reservaten und in Naturschutzgebieten.

Internationale offene Ausschreibungen für die Ausbeutung in diesen Gebieten gibt es seit 1997. Im Juli 1998 gingen vier Blöcke an die in den USA ansässige MKJ Xplorations, im November 1998 erwarb Harken Energy Corporation 80 Prozent der Konzessionsrechts von MKJ. Das bedeutete die Erlaubnis, Meeresbohrungen auf einer Fläche von 560.000 Hektar vorzunehmen. Mit einem Schlag verdoppelte Harken seine Zugangsrechte für Bohrflächen in Lateinamerika.

Nachdem die SETENA eine erste Umweltstudie im März 1999 gebilligt hatte, unterschrieb der Konzern Harken Costa Rica Holdings, dem beide erwähnte Ölfirmen gehören, einen förmlichen Vertrag mit der Regierung Costa Ricas über weitere beabsichtigte Ölförderungen. Doch die breiten öffentlichen Proteste mündeten in eine Reihe von Rechtsklagen, die die Anstrengungen von Harken und einem weiteren US-Konzern, Mallon Resources Corp., lahmlegten. Mallon Resources hatte im April 2000 die Konzession für Ölbohrungen in sechs Blöcken bekommen.

Verteidiger und Gegner der Ölindustrie stimmen darin überein, dass das Gesetz unterschiedliche Signale an die Investoren sendet. Sie haben die neue Legislative, deren Periode am 8. Mai begann, aufgefordert, das Gesetz zu reformieren oder abzuschaffen. Teilbestimmungen sind bereits vom Obersten Gerichtshof für verfassungswidrig erklärt worden.

So entspricht das Konzessionsverfahren nach der richterlichen Entscheidung vom Dezember 2001 nicht der Verfassung. Im Februar dieses Jahres gelangte das Oberste Gericht zu der Auffassung, eine weitere Klausel verletze den Artikel 50 der Verfassung, in dem das Recht der Costaricaner auf ein Leben in einer der Gesundheit zuträglichen Umwelt garantiert wird. In dem Urteil werden auch die Studien auf Umweltverträglichkeit als Bedingung für die Konzessionsvergabe festgeschrieben.

Das aktuelle Bohrverbot für Harken geht aber über die nationalen Gesetzesbestimmungen hinaus. Das Umweltministerium stützt sich auch auf internationale Konventionen, die Costa Rica unterschrieben hat. Der Beschluss könnte einen Wendepunkt bedeuten. Im zurückliegenden Jahrzehnt war laut Mauricio Alvarez von Oil Watch Costa Rica ein „doppelter Standard“ in der Umweltpolitik gültig. Während man einerseits davon sprach, die Umwelt zu schützen, erlaubte sie die Ausbeutung von Minen-, Holz und Ölvorkommen ohne Kontrolle.

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BOLIVIEN

Marsch für die Souveränität der Bevölkerung

Von Marlon Carrión

(La Paz, 15.Mai 2002, alai-poonal).- Die bolivianischen Kongressabgeordneten kommen bei der Reform der politischen Verfassung des Landes in Bedrängnis. Mit ihrem Vorhaben, die Rolle der Parteien und so die institutionalisierte Demokratie des Andenstaates zu stärken, haben sie Proteste hervorgerufen. Am 13. Mai begannen etwa 500 Vertreter*innen der indigenen Gemeinden, der Frauen, der landlosen Siedler*innen und Campesinos, mit einen Marsch für die Volkssouveränität, das Land und die natürlichen Ressourcen.

Die Marschierer*innen gehen davon aus, dass mit dem Projekt der öffentlichen Meinung eine demokratische Öffnung vorgaukelt wird, während die Parteien in Wirklichkeit ihre parteipolitische Macht stärken wollen, damit sie die Exekutive und die Justiz manipulieren können. Da die Reformen bisher hinter verschlossenen Türen verhandelt wurden, war die Öffentlichkeit von den Verfassungsänderungen ausgeschlossen.

Die sozialen Bewegungen fordern ihr Recht, an den konstitutionellen Änderungen und den weitreichenden Entscheidungen Teil zu haben. Dafür rufen sie zu einer Verfassungsversammlung auf, die den wahren Volkswillen repräsentiere, und weisen die selbst gegebene Legitimation der Parteien zurück.

Der Marsch, der in Santa Cruz begann, ist zur Eile gezwungen. Das Projekt der Verfassungsreform wurde um Mitternacht des 9. Mai zugelassen und wird seither Punkt für Punkt im Parlament diskutiert.

Die Verfassungsänderung sieht unter anderem vor, dass Bürger*innen nur dann Gesetzvorschläge machen können, wenn diese von drei Prozent der im Einwohnerverzeichnis registrierten Bevölkerung mit ihrer Unterschrift unterstützt werden. Das bedeutet, dass BürgerInneninitiativen, Campesinos und Indigenas, die Reformen vorschlagen wollen, in Zukunft wie die politischen Parteien agieren müssten. Denn sie müssten dann wenigstens 123.000 Unterschriften für einen Reformvorschlag bekommen.

Ausserdem will der Kongress in Zukunft den/die PräsidentIn des obersten Gerichtshofes und des Verfassungsgerichtes ernennen und die Anzahl der Abgeordneten von momentan 130 verringern. Die Abgeordneten sollen in Zukunft direkt gewählt werden. Der „dezentrale“ Charakter des Landes und die juristische Gleichstellung von Mann und Frau soll aufgehoben werden. Zudem soll die polizeiliche Ingewahrsamnahme ohne Haftbefehl von 24 auf 72 Stunden erweitert werden.

Die Organisator*innen des Marsches für die Souveränität der Bevölkerung verlangen die Aufhebung der „Hilfe der unterstützenden Entwicklung und des Forstgesetzes“. Dieses „landwirtschaftliche Gesetz“ bevorzugt die grossen Holzhändler*innen, Viehzüchter*innen und Grossgrundbesitzer*innen und beschränkt die Rechte der Campesinos, Indigenas und Siedler*innen, weil es ersteren das Land und die Benutzung der Rohstoffe des Landes zusichert.

Weil das Parlament die Eingaben der Verfassungsversammlung bisher nicht beachtet hat, sind vier Delegierte der Campesinos in einen Hungerstreik getreten. Sie wollen den Druck gegen das Parlament weiter verstärken. Damit wollen sie erreichen, dass ihre Bitten erhört werden. Inzwischen machen die Regierungsbehörden Anstrengungen, um den Marsch aufzuhalten.

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BRASILIEN

Tödliche Homophobie

(Rio de Janeiro, 6.mai 2002, na).- Die Ermordung von 2092 Homosexuellen zwischen 1980 und 2001 macht Brasilien zum gefährlichsten Land für Homosexuelle, informiert das Buch „Causa mortis: Homofobia“ der Gruppe „Gay de Bahia“ (GBB, zu dt. Schwule aus Bahia). GBB untersucht die Intoleranz gegenüber Homosexuellen.

Die Organisation bestätigte, dass die tatsächliche Zahl der Opfer weitaus höher sein dürfte, da viele der Fälle entweder nicht registriert werden oder aber nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Laut Angaben der Untersuchung werden nur zehn Prozent der Mörder verurteilt. Die Mehrheit der Verbrechen wird von unter 21-Jährigen begangen, die meist arm und arbeitslos sind und zudem über keine berufliche Ausbildung verfügen.

Der GBB erklärt, dass Brasilien das Land in der Region sei, welches am meisten Gewaltverbrechen dieser Art erleidet, dreimal so viele wie Mexiko. Im vergangenen Jahr wurden 132 Morde begangen, zwei mehr als im Jahr 2000.

Die Organisation fordert die Gründung offizieller Organe, ähnlich denen, die sich dem Schutz der Frauenrechte, der Afrobrasilianer oder den Rechten der indigenen Bevölkerung widmen, und fordert zudem die Beteiligung des Nationalen Kongresses für Erziehung, damit dieser „die Diskriminierung Homosexueller bekämpft, anstatt sie zu fördern, wie es derzeit geschieht“, sagte Marcelo Cerqueira, einer der Autoren des Buches.

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PERU

Mehr als 20 Prozent der Schwangeren sind jünger als 17 Jahre

(Lima, 3. Mai 2002, alc).- Im Geburtskrankenhaus von Lima sind 20 Prozent der Schwangeren Kinder und Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren, so der Arzt Luis Almeyda Castro, Chef der Jugendabteilung öffentlichen Einrichtung, der wichtigsten in diesem Bereich in der Stadt. Die alarmierende Anzahl von schwangeren Kindern und Jugendlichen wurde in einem Bericht der Tageszeitung El Comercio veröffentlicht. Der Artikel legt weiterhin, dass 13 Prozent aller Jugendlichen in Peru bereits Mütter sind.

Der Gesundheitsminister schätzt, dass von 600 000 Frauen, die dieses Jahr ein Kind bekommen werden, 250 000 minderjährig sind. Das entspricht elf Prozent der gesamten weiblichen Bevölkerung zwischen zwölf und 19 Jahren. Laut dem Ministerium zur Förderung der Frau und für menschliche Entwicklung (Ministerio de Promoción de la Mujer y del Desarrollo Humano, PROMUDEH) ist die Anzahl der Schwangerschaften von Minderjährigen klar nach Regionen zu unterteilen. An der Küste sind es neun Prozent; dem stehen 15,5 Prozent in der Andenregion und in den Urwaldregionen sogar 26 Prozent gegenüber.

Darüber hinaus bemerkt der Bericht, dass in den Provinzen Jaén und San Ignacio im Amazonasgebiet Cajamarca im Nordosten des Landes, 31,5 Prozent aller registrierten Schwangeren Jugendliche sind. Im Krankenhaus von Jaén sind 24 Prozent der Schwangeren sogar im Alter von zehn bis 14 Jahren.

Die Gründe für diesen besorgniserregenden Zustand sind laut dem Bericht vielfältig. Zu ihnen gehören sexueller Missbrauch bis zu Prostitution, moralischer Verfall, Drogensucht, die Unkenntnis von Verhütungsmethoden, Alkoholismus der Eltern, häusliche Gewalt, instabile Familienverhältnisse und Armut. Gleichzeitig werden schwangere Kinder von der Schule verwiesen, damit sie kein „schlechtes Beispiel“ geben. Diese Praxis widerspricht dem Kinder- und Jugendschutzgesetz, das besagt, dass ein Kind oder eine Jugendliche nicht wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft am Besuch der Schule gehindert werden darf.

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Regierung lehnt US-Mission ab

(Lima, 6.Mai 2002, na).- Die peruanische Regierung lehnte eine für den zweiten Mai vorgesehene Militärmission der Vereinigten Staaten ab. Die Mission „Neue Horizonte“ umfasste die Ausbildung von Reservisten des nordamerikanischen Militärs und der peruanischen Gegenpartei in einem von Konflikten beladenen Kokaanbaugebiet. Eine weitere wichtige Komponente war die Durchführung ziviler Projekte wie beispielsweise der Bau von Schulen. Für die Mission waren Ausgaben bis zu 10 Millionen US-Dollar vorgesehen.

Die peruanischen Behörden führten an, dass die Operation abgelehnt wurde, da sie nicht darüber informiert wurden, dass uniformierte Soldaten teilnehmen würden. Der Kongress muss dem Eintritt ausländischer Truppen zustimmen. Der Kongressabgeordnete Javier Diez Canseco der Dezentralisierten Parlamentarischen Union sagte, der wahre Grund der Mission „Neue Horizonte“ sei die Errichtung einer nordamerikanischen Militärbasis inmitten des peruanischen Regenwaldes. Diese Version wurde von der nordamerikanischen Regierung allerdings heftig dementiert.

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URUGUAY

Verschwundenen-Angehörige wollen Wiederaufnahme der Verfahren

(Montevideo, 14. Mai 2002, comcosur-Poonal).- Die Angehörigen von zwölf während der Diktatur in Argentinien verschwundenen Uruguayer*innen, die gegen die verantwortlichen Militärs und Polizisten Anzeige erstatten hatten, setzen sich jetzt für die Wiederaufnahme der Gerichtsverfahren ein. Einige Wochen zuvor hatte der Richter Alvaor Franca entschieden, diese Fälle zu den Akten zu legen, obwohl er den permanenten Charakter der Delikte des Verschwindenlassens von Menschen zugab.

In seinem Urteil war der Richter zu dem Schluss gekommen, dass das Gesetz der Straflosigkeit in diesem Falle nicht anwendbar sei und legte den Anklägern nahe, die Wiederaufnahme des Falls bei den verantwortlichen Stellen zu beantragen. Laut Informationen der Tageszeitung „La Republica“ gleicht die Argumentation, die die Ankläger nun benutzen, der, die sie schriftlich vor den Richter Franca gebracht hatten. Dessen Haltung dazu stimmte mit der für die Einstellung der Verfahren zuständigen Staatsanwältin überein, nur dass er wenigstens den permanenten Charakter von Delikten des Verschwindenlassens zugestand.

Der Richter begründete sein Urteil damit, dass das gewaltsame Verschwindenlassen ein Dauerverbrechen und ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sei. Das stelle es an die Grenze des Gesetzes der Straflosigkeit, da dieses sich ausschließlich auf die Verbrechen während der vergangenen Militärdiktatur bezöge, während für die Opfer das Verbrechen sich auch noch heute vollzöge. Auch wenn das Delikt des gewaltsamen Verschwindenlassens noch nicht in das uruguayische Strafgesetzbuch eingeführt worden sei, hindere dies das zuständige Gericht nicht an einer Strafverfolgung wegen Freiheitsentzuges, was als Verbrechen aufgeführt sei.

Die Angehörigen von Gerardo Gatti, Maria Emilia Islas, Carlos Rodríguez Mercador, Cecilia Trías, Washington Cram, Ary Cabrera, Juan Pablo Errandonea, Juan Pablo Recagno, Alberto Mechoso, Rafael Lezama, Andrés Bellizzi und Simón Riquelo (bevor es gelang, ihn in Buenos Aires ausfindig zu machen) hatten als Erste geklagt. Angeklagt sind unter anderen José Gavazzo, Jorge Silveira, Juan Manuel Cordero, Ricardo Arab, Hugo Campos Hermida (verstorben), Juan Antonio Rodríguez Buratti, Ricardo Medina, Pedro Pato, Luis Maurente und José Felipe Sande.

In dem Urteil, das die Einstellung des Verfahrens vorsieht, schließt sich Richter Franca der Staatsanwältin Guianze an: „in einigen Fällen ist zweifelsohne das erwähnte Gesetz 15.484 (der Verjährung) anwendbar. Jedoch sind sowohl Freiheitsentzug als auch die Entführung und das Festhalten Minderjähriger typische Beispiele für Dauerverbrechen“.

Zur gleichen Zeit bereitet der Dachverband der uruguayischen Arbeiter PIT-CNT eine Klage wegen des Verschwindenlassens von 27 Uruguayer*innen und fünf Argentinier*innen in Uruguay vor, die in Buenos Aires entführt und 1976 nach Uruguay gebracht worden waren.

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Argentinien

Polizei agiert am Rande des Gesetzes

Von Rubén Ascencio

(Buenos Aires, 12 Mai 2002, comcosur).- Erneut stritt die Polizei ab, Demonstranten festgenommen zu haben. Außerdem hatten die Ordnungskräfte ohne einen Auftrag der Justiz gehandelt. Als eine Gruppe Strassenbauer am vergangenen Samstag (4. Mai) auf der von ihnen gesperrten General Belgrano-Brücke gegen eine für diesen Tag geplante Warenlieferung demonstrierte, wurden sie von der Polizei ohne juristischen Räumungsbefehl und mündliche Warnung eingekesselt sowie massiv bedrängt. Der Einsatz führte zu zahlreichen Verletzten und sechs Festnahmen.

Die Bauarbeiter wurden in das Polizeirevier von Barranqueras gebracht. Die Polizei stritt später ab, sie aufgenommen zu haben. Das verwunderte Demonstranten, Verwandte und Freunde der Festgenommenen, da sie selbst Augenzeugen der Verhaftungen waren. Die Auseinandersetzungen auf der Brücke fanden um 17 Uhr statt. Wenige Stunden später griff der Haftrichter Skidelski ein, der zunächst bestritten hatte, von dem Vorfall überhaupt Kenntnis zu haben. Nach eingehender Prüfung der Sachlage ordnete er gegen Mitternacht an, alle Verhafteten auf freien Fuss zu setzen. Merkwürdig ist die Schnelligkeit, mit der die Justiz die Freilassung der Inhaftierten angeordnet hatte. Sie seht in keinem Verhältnis zu dem gewalttätigen Vorgehen der Polizei.

Schon in zwei Fällen stritt die Polizei ab, Verhaftungen vorgenommen zu haben, obwohl Augenzeugen versichert hatten, dass Demonstranten aus Mannschaftswagen der Polizei auf die Wache abführt worden waren. Bei diesen Fällen handelte es sich um die Polizeiwachen Puerto Tirol und Plaza de Resistencia. Die Gründe für das Verhalten der Polizei sind unbekannt, bekannt ist aber die Konsequenz der Polizei. Sie will offensichtlich alte Zeiten aufleben lassen, in denen ohne Einsatzbefehl operiert wurde. Dagegen demonstrierten heute (12. Mai) rund 700 Leute vor der Polizeiwache und anderen Regierungsgebäuden. Sie forderten eine Aufklärung des polizeilichen Vorgehens.

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LATEINAMERIKA

Brasilien und die gesamtamerikanische Freihandelszone (ALCA)

Von Marcos Arruda*

(Quito, 10. Mai 2002, alai-Poonal).- Bei den Verhandlungen zur gesamtamerikanischen Freihandelszone in Venezuela in der vergangenen Woche versuchten die USA ihre Interessen einseitig durchzusetzen. Die Haltungen der lateinamerikanischen Staaten blieben dagegen unsicher und unentschlossen. Wieder einmal wurde deutlich, dass es im internationalen Kontext nicht um Liberalisierung, sondern um einen wachsenden Handelsprotektionismus geht.

Anfang Mai beschlossen die USA eine Erhöhung der Agrarsubventionen mit negativen Folgen für den Exportsektor verschiedenster Entwicklungsländer, insbesondere Brasilien. Einige Wochen zuvor hatten die Vereinigten Staaten bereits Schutzzölle auf Stahlimporte erhoben. Die Europäische Union reagierte darauf mit eigenen Zöllen, was den negativen Effekt auf die brasilianischen Stahlexporte weiter verstärkte.

Ein weiteres Problem für Brasilien besteht in der erhöhten Verwundbarkeit des öffentlichen Sektors nach außen durch eine enorme Inlands- und Auslandsschuld. Schwierigkeiten beim Export zwingen das Land zu größeren Anstrengungen, um durch eine Verringerung der Importe einen Handelsüberschuss zu erwirtschaften. Zumindest soll jedoch ein Handelsdefizit vermieden werden, das das Land durch die darauffolgende Reduzierung der Auslandsreserven zu einem kostspieligeren Ausgleich der Auslandsschuld zwingen würde.

Es zeigt sich, dass sich die Staaten des Nordens nicht scheuen, die Handelsschwierigkeiten der hochverschuldeten Länder zu verstärken, insbesondere die der Schwellenländer wie Argentinien und Brasilien. Angesichts der Wahlen in Brasilien Anfang 2003 scheinen die US-Unterhändler*innen bestrebt zu sein, bereits vorab einen möglichst großen Druck auf die zukünftige Regierung auszuüben. Dies schlägt sich auch in den Vorschlägen der USA für den ALCA-Vertrag nieder.

In Venezuela wurde beschlossen, dass die zukünftigen Mitgliedsländer der ALCA bis zum 15. Januar 2003 Vorschläge zur Liberalisierung in fünf grundlegenden Bereichen vorlegen müssen: Industriegüter, Landwirtschaft, Dienstleistungen, Staatskäufe und Investitionen im Ausland sowie aus dem Ausland. Außerdem wurde bestimmt, dass bis 2003 (wobei die Welthandelsorganisation die Möglichkeit hat, bis 2004 Änderung einzufordern) Referenzpreise für den Export festgelegt werden sollen. Dies alles bedeutet für die neue brasilianische Regierung, dass sie keine Atempause haben wird und sie sich mitten in einem Spiel mit gezinkten Karten wird konstituieren müssen.

Bezüglich der Investitionspolitik versuchten die USA erneut Punkte einzubringen, die im MAI-Vertrag enthalten waren, dessen Verhandlung vor einigen Jahren schließlich auf Druck der weltweiten sozialen Bewegungen abgebrochen werden musste. Diese Vorschläge zielten auch diesmal auf die Liberalisierung und Deregulierung der Auslandsinvestitionen. Ein weiterer Punkt zuungunsten der lokalen Bevölkerung ist der Versuch, die Regeln der ALCA nicht nur auf die Bundesebene anzuwenden, sondern auch auf regionaler und sogar kommunaler Ebene durchzusetzen, was einer Verstärkung der Politik von oben nach unten gleichkommt.

Zuletzt sei daran erinnert, dass das nordamerikanische Abgeordnetenhaus bereits Anfang 2001 durchgesetzt hatte, dass sämtliche von Brasilien auf die Tagesordnung gesetzten Punkte aus den Verhandlungen herausgenommen wurden. Deshalb lautet die Schlussfolgerung auch: Warum stellt niemand in der brasilianischen Regierung die offensichtlich anstehende Frage – was macht Brasilien eigentlich noch bei diesen Verhandlungen?

* Marcos Arruda ist Wirtschaftswissenschaftler und Lehrer am PACS (Institut für Politische Alternativen im ‚Cono Sur' in Río de Janeiro) und Mitglied im Transnationalen Institut in Amsterdam

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Forderung nach kontinentaler Hilfe für mit Aids infizierte Menschen

(San José, 30. April 2002, sem-poonal). – „Der Tod von Ibel Martínez, eine mit Aids infizierte Frau aus Honduras, sollte allen Aids- und Menschenrechtsaktivisten, Personen, die im Bereich der Aidshilfe und der Gesundheit arbeiten, Angehörigen und Freunden von Aids-Kranken, politischen Verantwortlichen sowie internationalen Aids-Organisationen Anlass zur Reflexion sein,“ erklärte der Aids-Aktivist Richard Stern von der „Asociacion Agua Buena“ aus Costa Rica gegenüber SEM.

Ibel Martínez war bereits seit längerem schwer an Aids erkrankt und starb schließlich am 18. April des vergangenen Jahres an der Krankheit. Zuvor hatten Gruppen von HIV-Infizierten und Aidskranken (PVS) erfolglos versucht, Ibel zu helfen und kostenfreie Medikamente zu erhalten oder andere Möglichkeiten zu finden, um ihr ein Leben und Sterben in Würde zu gewährleisten. So fragten sie bei der brasilianischen Regierung, ob diese bereit sei, aus humanitären Gründen, Medikamente zu verkaufen, die in Brasilien hergestellt werden und billiger sind, als die europäischen und US-amerikanischen. Doch alle Anstrengungen waren umsonst, wie Sprecher der PVS versicherten.

Der Tod von Ibel hingegen war nicht umsonst: der brasilianische Aids-Aktivist José Araujo, Mitglied der Gruppe „Anreiz für das Leben“ (GIV) startete daraufhin zusammen mit der „Asociación Francois Xavier Bagnoud“ eine Initiative, um von der brasilianischen Regierung zu fordern, dass diese ihre Aids-Medikamente nicht nur im eigenen Land, sondern in der gesamten Region verkauft. Die Kosten für diese Medikamente sind sehr niedrig, weniger als 600 US-Dollar für eine Behandlung pro Jahr. Brasilien produziert bezogen auf den lateinamerikanischen Raum die Mehrheit der Medikamente, die Aids-Kranke benötigen. Trotzdem weigert sich das Land, die Arznei zu exportieren, nicht einmal aus humanitären Gründen.

Derzeit planen brasilianische Aids-Aktivisten für den 27. Mai einen nationalen Protesttag mit öffentlichen Aktionen im ganzen Land. Die Hauptforderung ist, dass die Regierung sich dazu bereits erklärt, Aids-Kranken in der ganzen lateinamerikanischen Region humanitäre Hilfe zu leisten. Menschenrechtsgruppen des gesamten Kontinents haben angekündigt, sich den dem Protesttag anzuschließen, um zusätzlich Druck auf die brasilianische Administration auszuüben. In einem offenen Brief wendet sich Araujo an die brasilianische Regierung mit der Aufforderung, dass diese anderen lateinamerikanischen und karibischen Regierungen sowie Nichtregierungsorganisationen Aids-Medikamente zu erschwinglichen Preisen anbietet, damit nicht noch mehr Menschen ohne adäquate Behandlung an der Krankheit sterben müssen.

„Wir erkennen die enormen Bemühungen Brasiliens an, für die Bevölkerung des eigenen Landes Aids-Medikamente zu produzieren und an diese abzugeben. Brasilien verfügt über die technologischen Kapazitäten, um diese Produkte herzustellen und deshalb die Behandlungskosten niedrig zu halten. Doch die Mehrheit der anderen Länder der Region verfügt nicht über diese Kapazitäten und ist deshalb nicht in der Lage, den an Aids erkrankten Menschen eine angemessene und bezahlbare Behandlung zukommen zu lassen,“ heisst es in dem Schreiben. Vertreter von Menschenrechtsorganisationen sind sich darin einig, dass die Mehrheit der Aids-Kranken in Lateinamerika und der Karibik aufgrund der hohen Preise, die die multinationalen pharmazeutischen Unternehmen für ihre Produkte verlangen, keinen Zugang zu Aids-Medikamenten hat.

„Wir schließen uns den Organisationen und Gruppen an, die die Einhaltung des ersten aller Menschenrechte fordern – das Recht auf Leben. Ökonomische Interessen können dieses Recht nicht ersetzen. Kein internationaler Handelsvertrag darf den Schutz des Lebens einschränken. Handels- und Exportbeschränkungen dürfen nicht dazu genutzt werden, humanitäre Hilfe zu verweigern,“ schließt der offene Brief Araujos.

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