Poonal Nr. 463

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen Nr. 463 vom 19. Januar 2001

Inhalt


MEXIKO

EL SALVADOR

KUBA/TSCHECHIEN

KOLUMBIEN/LATEINAMERIKA

CHILE

PARAGUAY

BRASILIEN

 

BRASILIEN

URUGUAY

SPANIEN/ECUADOR


MEXIKO

EZLN besucht Hauptstadt

(Mexiko-Stadt, 10. Januar 2001, pulsar-poonal).- Das zapatistiche nationale Befreiungsheer EZLN kündigte an, am 25. Februar eine Delegation in die Hauptstadt Mexikos zu schicken. Der Sprecher der Zapatisten, Subcomandante Marcos, kündigte in einem Kommuniquée an , dass die Delegation an diesem Tag von San Cristóbal de las Casas im südöstlichen Bundesstaat Chiapas ausgehen wird.

Geplant ist laut den Pressemitteilungen, dass die Delegation über die Bundesstaaten Chiapas, Oaxaca, Puebla, Veracruz, Tlaxcala, Hidalgo, Querétaro, Michoacán, den Bundesstaat Mexiko und Morelos nach Mexiko Stadt marschiert, um dort am 6. März einzutreffen. Die Termine stehen noch nicht vollkommen fest..

"Wie wir wissen, erklärte Präsident Fox unseren Marsch in die Hauptstadt für unnötig; falls es jedoch keine andere Lösung gäbe, sollen wir es ohne Gesichtsmaske tun. Wir bedauern es sehr: wir werden zur Hauptstadt gehen, und zwar mit Gesichtsmasken. Bereitet euch vor, es wird lustig werden.", sagte Marcos in seiner Erklärung an die nationale und internationale Presse. Marcos fügte hinzu: "Was aber nicht so lustig ist, ist die Behauptung, in der Militärregion Südosten wären weniger als 10.000 Soldaten stationiert. Entweder kann Fox nicht zählen, oder er will zu schlau sein."

Marcos forderte die internationale Öffentlichkeit dazu auf, das Ereignis aufmerksam zu beobachten. " Übrigens,“schrieb er in dem Kommuninqué, „notieren Sie sich die "Friedensbeiträge" der Streitkräfte: In den Kasernen von Cuxuljá und Roberto Barrios wurde die Zahl der Einheiten verdoppelt und die Militärposten aufrechterhalten; und in Amparo Agua Tinta wurden sie wiedereingerichtet." Mit der Frage "Können sie zählen?“ und: „Wie oft hat Fox widersprüchliche Aussagen über Chiapas gemacht?". schloß der Subcomandante die Pressemitteilung des EZLN

 

EL SALVADOR

Erdbebenkatastrophe

Von Stefanie Kron

(San Salvador, 16 Januar 2000, npl-Poonal).- „Die Folgen des Erdbebens in El Salvador werden ähnliche Ausmaße annehmen wie der Hurrikan Mitch 1998“, vermutet Katja Maurer. Die Mitarbeiterin von medico international in Frankfurt ist seit Samstag vormittag rund um die Uhr beschäftigt, um Kontakt zu den lokalen Partnerorgansiationen der Nichtregierungsorganisation in Mittelamerika aufzunehmen und Informationen über den Stand der Rettungsarbeiten zu erhalten. Das ist jedoch mehr als schwierig. In weiten Teilen des kleinen Landes ist das Telefonnetz und die Stromversorgung zusammengebrochen, Straßen sind verschüttet und Brücken eingestürzt. Deshalb sind ganze Orte immer noch von der Außenwelt abgeschnitten. Die Nationalpolizei vermutet, dass noch etwa ein Dutzend Dörfer unter Schlamm und Geröll verschüttet sind.

Über die Anzahl der Todesopfer des schwersten Erdbebens in Mittelamerika seit über 20 Jahren, wagt immer noch niemand genaue Aussagen zu machen. Die Regierung El Salvadors vermeldet die bisher registrierten 349 Toten, knapp tausend Verletzten und 1200 Vermissten mit dem Hinweis „sehr vorläufig“. Die Nationalpolizei geht von mindestens 4000 weiteren Todesopfern aus. Katia Maurer schätzt, dass sogar noch mehr als zehntausend Menschen unter den Erdmassen abgerutschter Berghänge begraben liegen könnten. Und die Zeit wird knapp. Rund 48 Stunden nach dem Beben bemerkt ein Leiter des zur Hilfe eingeflogenen Feuerwehrteams aus Guatemala, die Wahrscheinlichkeit weitere Überlebende zu finden, sei „praktisch gleich Null.“

Die Rettungsaktionen des salvadorianischen Rettungsdienste COEN und der Armee, die rund um die Uhr im Einsatz sind, gehen nur schleppend voran. Zum einen sind die Teams schlecht ausgerüstet und es fehlt an Hubschraubern, um in die unzugänglichen Gebiete zu gelangen. In einigen Orten müssen die überlebenden Bewohner mit bloßen Händen in den Schlamm- und Geröllmassen nach ihren Angehörigen graben. Zusätzlich werden die Bergungsarbeiten durch ständige Nachbeben erschwert. Nach dem 30sekündigen Erdstoß am Samstag-Mittag mit einer Stärke 7,4 bis 7,6 auf der Richterskala wurden bisher knapp 500 schwächere Nachbeben Werten bis zu vier gemessen. COEN-Chef Mauricio Ferrer ist der Verzweiflung nahe: „Zeitweise folgten die Nachbeben in zweiminütigem Abstand aufeinander. Die Gefahr, dass weitere Häuser einstürzen ist immer noch enorm hoch.“ Bislang sind den Angaben der Nationalpolizei zufolge, landesweit 8000 Häuser komplett zerstört, 17.000 weitere wurden beschädigt. Unzählige Menschen wurden obdachlos oder schlafen in ihren Gärten und in öffentlichen Parks, aus Angst vor den Nachbeben.

Das Epizentrum des Bebens lag nach Angaben von Seismologen zwar vor der hügeligen Pazifikküste El Salvadors. Doch alle Länder Mittelamerikas – Nicaragua, Honduras, Guatemala und Costa Rica-, einschließlich des Süden Mexikos sind in Mitleidenschaft gezogen. Während die zuständigen Behörden in Honduras und Nicaragua noch gar keine Angaben zu den Erdbebenfolgen machten, werden aus Guatemala sechs Tote gemeldet. Außerdem sei die Infrastruktur vor allem im Grenzgebiet zu El Salvador stark geschädigt. Die Anrainerstaaten El Salvadors gaben Warnungen vor einer möglichen Sturmflut in Folge des Bebens an die Bewohner der Pazifikküste aus.

Das größte Ausmaß hat die Tragödie jedoch in Las Colinas angenommen, einem Stadtteil von Santa Tecla, etwa 12 Kilometer von der el salvadorianischen Hauptstadt entfernt. Las Colinas, eine Siedlung von Arbeitern und kleinen Angestellten, lag am Fuße der Hügel-Cordillere Balsamo, die abrutschte und 500 zum Teil dreistöckige Häuser unter 15 Meter Schlamm begrub. Von den 2000 Bewohnern des Ortes sind 800 verschüttet, 200 konnten die Rettungsdienste bisher bergen. Doch schon jetzt macht die Bestürzung der Überlebenden der Wut Platz. Sie sehen in dem Unglück nicht nur eine Naturkatastrophe, sondern einen politischen Skandal. Julio Fernandez aus Las Colinas, dessen Haus wie durch ein Wunder unversehrt blieb, ist mehr als aufgebracht: „Unverantwortliche Baunternehmer sind schuld, an dem, was hier passiert ist.“ Seit einigen Jahren ignorierten diese die Warnungen und Sicherheitsvorschriften der Behörden für die extrem erdbebengefährdete Gegend und roden den Wald rund um Las Colinas, für Luxusvillen und Zufahrtsstraßen. „Die Abholzungen sind der Grund für die Heftigkeit des Erdrutsches,“ fasst Fernandez verbittert zusammen. Die Bewohner von Las Colinas fordern nun, dass die Regierung juristisch gegen die Bauunternehmer vorgeht.

Die Hauptstadt San Salvador ist von dem Beben zwar vergleichsweise wenig getroffen worden, trotzdem sind viele Häuser und öffentlichen Einrichtungen beschädigt, die Geschäfte geschlossen, die Straßen wie leergefegt. Während der Flughafen inzwischen wieder für einen eingeschränkten Flugverkehr geöffnet werden konnte, stehen von dem größten Krankenhaus der Hauptstadt, San Miguel mit seinen 1000 Betten, nur noch Ruinen. Die Patienten und das Personal konnten zwar rechtzeitig evakuiert werden, nun mangelt es jedoch an Notaufnahmeplätze für die Verletzten.

Schon am Samstag hatte die konservative ARENAS-Regierung den nationalen Notstand ausgerufen. Präsident Fransisco Flores versuchte kein Vertuschungsmanöver über das Ausmaß der Katastrophe. Er gab zu, dass die Zahl der Opfer stündlich steige, verpflichtete die Angestellten des öffentlichen Dienstes zu Hilfsarbeiten, verabschiedete eine Soforthilfe von 2,3 Millionen Dollar und bat umgehend um internationale Hilfe. Neben Spanien, Venezuela und Mexiko, erklärte sich auch das Auswärtige Amt der Bundesregierung sofort bereit, eine 15-köpfige Expertengruppe des technischen Hilfswerkes (THW) nach Mittelamerika zu entsenden. Auch UNO-Generalsekretär Kofi Annan hat am Sonntag im Namen der Vereinten Nationen den Angehörigen der Opfer sein Mitgefühl ausgedrückt und großzügige Hilfe der internationalen Gemeinschaft gefordert.

Doch auch das – im Vergleich zur ignoranten Reaktion seines nicaraguanischen Amtskollegen Arnoldo Aleman nach der Mitchkatastrophe vor etwas mehr als zwei Jahren – schnellen und solidarischen Reagieren von Flores kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die tragischen Folgen des Bebens auf massive Versäumnisse der Regierung zurück zu führen sind. Tatsachen wie ein defizitäres Vorbeugesystem und das Fehlen einer sozial- und umweltverträglichen Stadtplanung multiplizieren seit die Auswirkungen von Klima- und Naturkatastrophen. Deshalb sind wie beim letzten schweren Erdbeben in El Salvador 1986 auch dieses Mal vor allem die sozial schwachen Menschen die Leidtragenden, die aus Armut an den rutschgefährdeten Berghängen am Rande von Städten wie El Salvador Wald roden, um Häuser zu bauen und Felder anzulegen.

 

Politische und wirtschaftliche Daten

(San Salvador, 16 Januar 2000, npl-Poonal).- Seit dem Ende des Bürgerkrieges in El Salvador 1992 ist selbst das Interesse der ehemals starken deutschen Solidaritätsbewegung an dem mit nur rund 21000 Quadratkilometern kleinsten Land auf dem lateinamerikanischen Kontintent stark gesunken und in den hiesigen Medien kaum noch Thema. Damals unterschrieben die seit 1989 ununterbrochen regierende rechte „Alianza Republicana Nacionalista“ (ARENA) und die Guerilla-Organisation „Frente Farabundi Marti“ (FMLN) nach 12 Jahren des bewaffneten Konfliktes in der Hauptstadt San Salvador einen Friedensvertrag, der die Umwandlung der FMLN in eine sozialdemokratische Partei zur Folge und die Demokratisierung des Landes zum Ziel hatte.

Der an der Pazifikküste gelegene bergige und Vulkanreiche Zwergstaat zwischen Guatemala und Honduras ist mit 5,8 Millionen Einwohnern zugleich des am dichtesten besiedelte Land in Mittelamerika. Nach Jahren der Wirtschaftskrise und wachsender Armut und Arbeitslosigkeit als Folgen des Krieges und neoliberalen Zwängen scheint das Land in den letzten Jahren einen bescheidenen Aufschwung zu erleben – der bei genauerem Hinsehen jedoch auf zwei für die Nachkriegssituation in Mittelamerika typischen Phänomenen basiert. Zum einen ist El Salvador in der Region zum bevorzugten Standort für so genannte Weltmarktfabriken transnationaler Konzerne anvanciert, da Steuern und Löhne niedrig sind. Zum anderen werden ganze Regionen von den „remesas“ – Rücküberweisungen – der etwa 2 Millionen in die USA zum Arbeiten emigrierten Salvadorenios finanziert. Inzwischen machen die remesas rund 60 Prozent des Bruttoinlanfproduktes aus.

Am ersten Januar wurde die wirtschaftliche Anbindung an die USA von der ARENA-Regierung unter Präsident Francisco Flores offizialisiert: neuerdings gilt der US-Dollar als Parallellwährung zum einheimischen Colon. Das könnte zwar den staatlichen Haushalt sanieren, für die Bevölkerung bedeutet die Dollaisierung jedoch eher eine weitere soziale Polarisierung. Auch insgesamt hat die Flores-Regierung an Legitimität verloren. Bei den Parlaments- und Bürgermeisterwahlen im März 2000 gewann das Links-Mitte Bündnis mit der FMLN als stärkster Kraft sowohl die meisten Sitze im Kongress als auch die Bürgermeisterämter der meisten Verwaltungsbezirke, einschließlich in der Hauptstadt, wo der als wirtschaftspolitischer Realo geltende FMLN-Funktionär Hector Silva im Amt bestätigt wurde.

 

KUBA/TSCHECHIEN

Vorwurf konterrevolutionärer Taten gegen Tschechen

(Havanna, 16. Januar 2001, pl-Poonal).- Die kubanischen Behörden verhafteten am 12. Januar zwei tschechische Staatsbürger, die mit einem Touristenvisum durch das Land reisten. Die Autoritäten werfen ihnen „subversive Kontakte zu konterrevolutionären Grüppchen“ in der zentralen Provinz Ciego de Avila vor. Die beiden sollen im Auftrag der kubanisch-amerikanischen Mafia in Miami gehandelt haben. Die Verhaftungen sind nicht ohne Brisanz: Jan Buvenik ist nach Presseinformationen Mitglied der tschechischen Stiftung Prodemokratie und Ivan Pilip ist derzeit Parlamentsabgeordneter in der Tschischen Republik Land und ehemaliger Finanzminister.

Die Regierungszeitung „Granma“ betont „die traurige antikubanische Rolle“ der sich einige Tschechen widmeten und bezeichnete die tschische Regierung als „wahrhaftigen Lakai des Imperialismus“. Die kubanische Regierung sieht in den Verhafteten Agenten, die mit der US-Organisation Freedom House zusammen arbeiten. Sie sollen auf der Insel vor Gericht gestellt werden. Eine tschechische Protestnote wird von „Granma“ als überheblich und arrogant bezeichnet. Die Beziehungen zwischen den Regierungen der beiden Länder haben sich verschlechtert, seit Tschechien den Karibikstaat regelmäßig an der Seite der USA vor der Genfer UNO-Menschenrechtskommission anklagt.HAITI

Nach den Präsidentschaftswahlen: Schwieriger Machtwechsel

(Port-au-Prince, 17. Januar 2001, alai-Poonal).- Im Konflikt um die Amtsübergabe an den gewählten Präsidenten Jean-Bertrand Aristide zeichnet sich noch keine Lösung ab. Das Oppositionsbündnis Convergencia Democrática (CD) hat die Bevölkerung zu Protesten aufgerufen. Es will noch in diesem Monat eine Konvention durchführen, wo eine Alternativregierung ausgerufen werden könnte.

Aristide, der offiziell am 7. Februar sein Amt übernehmen soll, hat Gespräche mit einigen politischen Führern begonnen, um einen Ausweg aus der Situation zu finden. Zwar erreichte er bei den Wahlen vom 26. November des vergangenen Jahres eine breite Mehrheit. Die Einwände gegen den Wahlprozess vonseiten der Mehrheit der politischen Parteien könnte jedoch seine internationale Isolierung bedeuten. Die Convergencia Democrática, die Mitte-Links-Parteien genauso wie neo-duvalieristische Organisationen gruppiert, hat für die Aufnahme des Dialogs eine Vorbedingung gestellt: Die Regierungspartei Fanmi Lavalas soll die Wahlergebnisse vom Mai 2000 (Parlament- und Kommunen) und November (Präsidentschaft) für ungültig erklären. Die CD fordert eine sogenannte Übergangsregierung der nationalen Einheit, die Neuwahlen mit demokratischen Garantien organisieren soll.

In den Reihen von Lavalas gibt es unterdessen Hinweise auf Spaltungen. Bestimmte linke Gruppen und Aristides Partei nahestehende soziale Organisationen sind zu dem Regime zögernd auf Distanz gegangen. Grund dafür sind die Vorkommnisse der vergangenen Wochen. So kritisieren sie, dass Aristide mehrere Vertreter des Privatsektors in seine Regierung berufen hat, aber niemand aus den Volksorganisationen, die seine Wahl zum Präsidenten unterstützten. Darin wird ein Vorzeichen gesehen, der neue Machthaber könne eine der Hauptforderungen der Volksorganisationen opfern: die staatlichen Unternehmen nicht zu privatisieren.

Als die haitianische Nationalversammlung am 19. Dezember letzten Jahres eilig und ohne Debatte das bilaterale Abkommen ratifiziert, das im Oktober 1997 Präsident René Préval und US-Außenministerin Madeleine Albright schlossen, hielten sich 15 Abgeordnete von Fanmi Lavalas nicht an die Parteilinie und weigerten sich, mit Ja zu votieren. Sie sehen das Abkommen als einen Angriff auf die Souveränität des haitianischen Staates.

Die Vereinbarung erlaubt es den USA, unter dem Vorwand der Drogenbekämpfung frei in den haitianischen Gewässern und im Luftraum über Haiti zu patroullieren. Außerdem wird den Nordamerikanern zugestanden, Verhaftungen auf haitianischem Territorium vorzunehmen. Die US-Küstenwache darf jedes Schiff haitianischen Ursprungs durchsuchen, das ihr verdächtig vorkommt – selbst wenn das Schiff sich in Hoheitsgewässern eines Drittlandes befindet.

 

KOLUMBIEN/LATEINAMERIKA

Lateinamerikanischer Kirchenrat wählt neuen Vorsitzenden

(Barranquilla, 17. Januar 2001, alc-Poonal).- Der anglikanische Bischof Julio César Holguín aus der Dominikanischen Republik wird bis 2007 dem Lateinamerikanischen Kirchenrat (CLAI) vorstehen, dem evangelischen Gegenstück zur lateinamerikanischen Bischofskonferenz (CELAM). Holguín setzte sich in der Abstimmung auf der IV. Generalversammlung des Kirchenrates in der kolumbianischen Stadt Barranquilla gegen drei Mitbewerber*innen durch. Er löst den lutherischen Pastor Walter Altmann aus Brasilien ab, der das Amt an der CLAI-Spitze seit 1995 inne hatte. Der neue Präsident übernimmt seine Aufgabe in einem entscheidenden Moment. Angesichts des religiösen Pluralismus in der Organisation wird es nicht einfach sein, auf einen Konsens der verschiedenen Mitgliedskirchen hin zu arbeiten. Über die Aufgaben des CLAI und seine organisative Neustrukturierung wird von den Delegierten auf der IV. Generalversammlung durchaus kontrovers diskutiert. Die Versammlung endet am 19. Januar.

 

 

CHILE

Menschenrechtsbericht könnte Pinochet vor Strafprozess bewahren

Von Leonel Yanez

(Santiago de Chile, 16. Januar 2001, npl-Poonal).- Bei den Bemühungen zur Aufklärung der Menschenrechtsverbrechen während der Diktatur (1973 bis 1990) in Chile bahnt sich eine Regierungskrise an. Bereits zum dritten Mal ist der Termin für die Anhörung des Ex- Militärherrscher Augusto Pinochet zu seiner Verantwortung für die „Karawane des Todes“, bei der über 70 Oppositionelle ermordet wurden, verschoben worden. Immer wieder tauchen Gerüchte auf, der zuständige Ermittlungsrichter Juan Guzman Tapia werde nicht nur von Militärs, sondern auch von der sozialdemokratischen Regierung unter Druck gesetzt, von einem Prozess gegen Pinochet ganz abzusehen.

Spätestens seit die Armee Anfang Januar dem Präsidenten Ricardo Lagos eine chilenische Variante der so genannten Wahrheitsberichte übergab, der Auskunft über den Verbleib von rund 180 der über 1000 während der Diktatur Verschwundenen geben soll, häufen sich die Hinweise, dass die Suche nach der historischen Wahrheit mehr und mehr zu einem Spielball divergierender politischer Interessen zwischen Regierung und Teilen der Streitkräfte gerät. Zuletzt verlief am Sonntag die großangelegte Suche nach einem in dem Bericht erwähnten Massengrab in Cuesta Barriga, nahe der Hauptstadt Santiago, ergebnislos.

Vor einem Jahr hatte sich der „Tisch des Dialoges“, bestehend aus Vertretern der Regierung, der Armee, der Kirche und einigen Menschenrechtsorganisationen darauf geeinigt, einen Bericht über das Schicksal der Diktatur-Opfer zu erstellen. Die anwesenden Generäle setzten damals durch, dass das Dokument keine Namen von Zeugen oder Verantwortlichen nennt. Am fünften Januar nahm Lagos als Resultat dieser Initiative zur „nationalen Versöhnung“ einen Bericht der Armee entgegen, übergab ihn dem Obersten Gerichtshof und dankte anlässlich einer Erklärung im Fernsehen, der Armee für ihre Zusammenarbeit. Ohne weitere Einzelheiten zu erwähnen, werden in dem Dokument 151 Oppositionelle genannt, die ins Meer, in Seen oder Flüsse geworfen wurden. 29 ehemalige Mitglieder der kommunistischen Partei Chiles (PC) sollen, heißt es in dem Bericht weiter, in zwei Massengräbern nahe der Hauptstadt bestattet worden sein.

Vor allem die Menschenrechtsorganisation „Angehörige der Verhafteten-Verschwundenen“ (AFDD) distanzierte sich umgehend von dem Dokument. Solange keine Namen der Täter genannt würden, erklärte die AFDD-Vorsitzende Vivian Diaz gegenüber der Presse, sei der Bericht nutzlos und unvollständig. Seit dem ergebnislosen Exhuminierungsversuch am Sonntag stellen immer mehr Menschenrechts- und linke Organisationen die Frage, ob die in dem Bericht enthaltenen Informationen der Wahrheit entsprechen oder ob die Übergabe des Berichtes nicht eher ein taktisches Manöver der chilenischen Rechten und den Hardlinern innerhalb der Streitkräfte war. Vor allem die PC übt inzwischen harsche Kritik. Dafür hat sie zudem einen ganz besonderen Grund:

Die einzigen relativ konkreten Hinweise, die der Armeebericht enthält, sind die auf zwei Gemeinschaftsgräber. Eines von ihnen sollte sich in dem am vergangenen Wochenende untersuchten Ort Cuesta Barriga befinden. Unter anderem sollten ehemalige hohe Funktionäre der Kommunistischen Partei dort verscharrt worden sein. An den Ermittlungen vor Ort nahmen auch die Angehörigen der verschwundenen Oppositionellen teil. Vor allem der Fall von Reinalda Pereira erregte die Gemüter. Pereira, ein Mitglied der kommunistischen Jugend, war im sechsten Monat schwanger als sie am 15. Dezember 1976 zusammen mit einer Gruppe von 13 PC-Funktionären verschwand. Sechs von ihnen sollten in Cuesta Barriga begraben sein. Nachdem die zweitägige intensive Suche eines Expertenteams ergebnislos verlaufen war, äußerte Nelson Caucoto, der Anwalt der sechs Familien, erstmals seine Zweifel am Wahrheitsgehalt des Berichtes gegenüber der Presse: „Wenn man die Leichen der PC- Funktionäre nicht findet, sind alle in dem Bericht enthaltenen Informationen in Frage zu stellen“. Marisol Berrios, die Tochter von Lincoyan Berrios, einer der verschwundenen PC-Funktionäre fügte hinzu: „Möglicherweise ist der Bericht nur ein perverses taktisches Spiel der Militärs.“

Am gleichen Tag kritisierte die Vorsitzende der PC, Gladys Marin, die Regierung scharf für ihre Nachgiebigkeit gegenüber den Streitkräften. Die Regierung habe Informationen akzeptiert, die lediglich nüchterne Zahlen enthielten. Es sei darüber hinaus nicht das erste Mal, dass man vergeblich an Orten ermittelt, an denen man geheime Gräber vermutet.

Die Reaktion der chilenischen Rechten macht deutlich, dass hinter dem Bericht weniger ein perverses, denn mehr ein taktisches Spiel zu vermuten ist. Es sei unlogisch anzunehmen, erklärte ein Vertreter der Pinochet-Stiftung, dass die in dem Armeedokument enthaltenen Informationen falsch seien. Außerdem müsse dieser entgegen kommenden Geste der Streitkräfte eine Geste der Regierung folgen: man solle Pinochet endlich in Ruhe lassen.

Doch die These, dass es sich bei dem Armeebericht um ein taktisches Manöver der Manipulation von Informationen handelt, lässt sich noch erhärten, wenn man ihn in Zusammenhang mit der vorgesehenen gerichtlichen Anhörung Pinochets bringt. Die Mehrheit der Fälle, die Richter Guzman betreut und die in einem Prozess gegen Pinochet verwendet werden sollen, beziehen sich auf das Verschwinden der ehemaligen klandestinen Leitung der PC in der Calle Conferencia. In den meisten der von Guzman nun wieder aufgenommenen Fälle wurde in der Vergangenheit bereits ermittelt – sie galten als abgeschlossen und wurden amnestiert. Die kürzlich getroffene juristische Entscheidung, dass Entführungsfälle, in denen die Betroffenen nie mehr auftauchten, nicht amnestiert werden können, gab Richtern wie Guzman die Möglichkeit, die Untersuchungen erneut aufzunehmen – und sie eröffnete vor allem die Möglichkeit, Pinochet vor Gericht zu bringen. Der umstrittene Armeebericht besagt nun, dass die Leichen vieler von Guzman betreuten Fälle über dem Meer abgeworfen wurden. Das bedeutet, dass sie der nichtamnestierbaren juristischen Definition von Entführten-Verschwundenen nicht entsprechen.

Immer weniger überzeugend laviert die Administration von Ricardo Lagos zwischen den Forderungen der Menschenrechtsorganisationen und denen der Militärs. Die internationale Öffentlichkeit mit einem „Wahrheitsbericht“ ruhig zu stellen und ausgehend von dem Armeebericht gleichzeitig mit den Militärs ein neues Abkommen über die Fortsetzung ihrer Straflosigkeit zu erreichen, könnte eine Regierung stärken, die nach weniger als einem Jahr Amtszeit bereits in eine tiefe moralische Legitimationskrise geraten ist.

 

PARAGUAY

Polizei belohnt Gewalt

(Asunción, 16. Januar, fempress-Poonal) Die Frauen der Nationalen Bauern Föderation (FNC) haben immer wieder die Bestrafung der Verantwortlichen der gewaltsamen Polizeiaktion im Mai letzten Jahres gefordert, die ihrer Meinung nach Züge von sexueller Gewalt hatte. Am 16. August 2000 reichten sie ihre Klage bei der Menschenrechtskomission des Parlaments ein.

Groß war ihr Erstaunen, als sie kürzlich die Nachricht erhielten, dass Kommissar José Dolores Sánchez, den sie als direkt Verantwortlichen für die Tat angezeigt hatten, in der Polizeihierarchie befördert worden war. „Wir müssen zweifelsohne davon ausgehen, dass Dolores Sánchez für seine Qualitäten als rechte Hand der Großgrundbesitzer, Folterer, Bauernmörder und Vergewaltiger ausgezeichnet wird“ gibt das Frauenreferat der FNC in einem Kommuniqué der Öffentlichkeit bekannt.

Bevor die Bauern und Bäuerinnen ihre Klage nicht formal gestellt hatten, hatte es keine ernsthafte Untersuchung gegeben, die Verantwortlichen der Repression waren nicht zur Rechenschaft und eine Entschädigung nicht in Erwägung gezogen worden. Mit der unverständlichen Beförderung lädt die paraguayische Regierung eine weiter Schuld auf sich und wirft einen neuen Schatten auf die Menschenrechtssituation des Landes.

 

BRASILIEN

Weltsozialforum in Porto Alegre

Von Lia Imanishi Rodrigues

(Rio de Janeiro, 18. Januar 2001, npl-Poonal).- Sie haben sich viel vorgenommen, die Organisatoren des Weltsozialforums (Forum Social Mundial) in Südbrasilien. Die „bislang größte Demonstration gegen Neoliberalismus weltweit“ soll am 25. Januar das fünftägige Treffen einleiten. Im riesigen Amphitheater namens „Sonnenuntergang“ am Ufer des Guaiba-Flusses – das beliebteste Postkarten-Motiv von Porto Alegre – wird die große Auftaktshow stattfinden. Das Mammut-Treffen, zu dem 89 Referenten aus dem In- und Ausland geladen sind, wird von den großen sozialen Bewegungen Brasiliens organisiert und international unterstützt. Unter anderem werden Friedensnobelpreisträger Jose Ramos Horta, der uruguayische Schriftsteller Eduardo Galeano, der Theologe Leonardo Boff, die afrikanische Feministin Vandada Shiva und Literaturnobelpreisträger Jose Saramago zu den Aktivisten, Gewerkschaftern, Politikern und Wissenschaftlern sprechen.

Ort und Zeit des Forums sind nicht zufällig: Der Bundesstaat Rio Grande do Sul wird wie seine Hauptstadt Porto Alegre seit zwölf Jahren von der Arbeiterpartei PT regiert. Der partizipative Regierungsstil, der die Menschen basisdemokratisch – also nicht nur bei Wahlen – in die politischen Entscheidungen einbezieht, hat Porto Alegre inzwischen zu einer Vorzeigestadt in Sachen Stadtentwicklung und Urbanität gemacht.

Zum gleichen Zeitpunkt, inhaltlich aber diametral entgegengesetzt, findet im noblen Davos das alljährliche Weltwirtschaftsforum statt, Stelldichein der Vordenker von Globalisierung und Neoliberalismus von Weltbank und Weltwährungsfonds bis hin zu Regierungschefs und Vorständlern von Coca Cola oder Nestle.

„Das Weltsozialforum wird eine Art alternative Uno sein,“ sagt Joao Pedro Stedile von der Landlosenbewegung MST, die das Treffen mitveranstaltet. „Wenn die Vertreter des Neoliberalismus und der ausschließenden Globalisierung ein Forum haben, wo sie die Ungerechtigkeiten beschließen, die sie im kommenden Jahr begehen werden, sollten auch wir ein Forum haben. Dort werden wir Erfahrungen auszutauschen, gemeinsame Aktionen beschließen und das Vorgehen der sozialen Bewegungen abstimmen,“ erläutert Stedile.

Die beiden Foren, zu denen jeweils rund 3.000 Teilnehmer erwartet werden, stehen in engem Bezug zueinander. Während Davos zwar ungleich mehr Gewicht im politischen Geschäft hat, kann Porto Alegre davon ausgehen, weit mehr Menschen und deren Nöte zu repräsentieren. Dies weiß auch UN-Generalsekretär Kofi Annan: Selbst bereits mehrfach Teilnehmer in Davos, wünschte er dem alternativen Forum Erfolg und schrieb in einem Brief an den Gouverneur von Rio Grande do Sul, Olivio Dutra, er werde „den Diskussionen des Forums mit besonderem Interesse folgen“.

Beide Veranstaltungen haben ihre Vorläufer: Davos bezieht sich auf die Vordenker konsequent neoliberaler Politik, die in den 80er Jahren Margaret Thatcher in Großbritannien, Augusto Pinochet in Chile und Ronald Reagen in den USA waren, bis sich dieses Modell in den 90ern weltweit durchsetzte und Institutionen wie das Zollhandelsabkommen GATT und Freihandelszonen schuf. Etwas jünger ist die Widerstandbewegung, die sich im Lauf zunehmender Verarmung vor allem in den Entwicklungsländern bildete. „Die Idee einer weltweiten Bewegung ist in den letzten Jahren gereift,“ fasst Miguel Rosseto, Vizegouverneur von Rio Grande do Sul und einer der Organisatoren des Weltsozialforums, zusammen: „Mit den Mobilisierungen in Seattle und Prag haben wir die nationalen Grenzen überschritten und die Kämpfe um Land, Indigena-Rechte, Arbeit und gerechte Verteilung sind ebenfalls international geworden.“

Nicht zuletzt nähern sich die Themen an. Im Schweizer Davos steht nicht nur die „Zukunft der Biotechnologie“ auf der Tagesordnung. Auch die Frage, wie mit „den Reaktionen und Aktivitäten gegen die Globalisierung“ und den immer zahlreicheren Gegnern umgegangen werden soll, ist Teil des Programms.

Allerdings wird es in Porto Alegre schwerer sein, konkrete Ergebnisse zu erarbeiten, zumal die Realität, die verändert werden soll, erschreckend ist. Über eine Milliarde Menschen lebt in extremer Armut von weniger als einem US-Dollar täglich. Elf Millionen Kinder unter fünf Jahren sterben jährlich an Ursachen, die ganz einfach vermieden werden könnten. Andererseits übersteigt der Reichtum der drei reichsten Menschen laut einem Uno-Bericht das Bruttoinlandsprodukt der unterentwickeltsten Länder mit seinen 600 Millionen Bewohnern.

Angesichts dieser Ausgangslage stehen in Porto Alegre die Bereiche Produktion, Verteilung und die Konzentration von Reichtum zwischen den Ländern aber auch innerhalb der Länder am Anfang der Themenliste. Davon ausgehend wird einerseits Beschäftigung, die Rolle des Finanzkapitals und die Auswirkungen der Anpassungsprogramme von Weltbank und Weltwährungsfonds debattiert, andererseits die Frage der Demokratisierung und des Souveränitätsverlust der einzelnen Staaten.

Darüber hinaus sollen in Porto Alegre Strukturen geschaffen werden, um dieser pluralen Bewegung ein internationales Netz für die Zukunft zu schaffen. Laut Miguel Rossetto ist eines der wichtigsten Ziele des Weltsozialforums, eine langfristige Politik zu entwickeln, um Alternativen für den Welthandel und die spekulativen Finanzmärkte zu schaffen und um eine Sicherung der fundamentalen sozialen Rechte zu erreichen.

Allerdings wird sich das erste Weltsozialforum sich keineswegs in Podiumsdiskussionen erschöpfen. Indigenas aus ganz Brasilien werden im Rahmen des Forums ein eigenes Camp veranstalten, zu dem über 500 Vertreter verschiedener Ethnien aus mehreren Ländern Lateinamerikas – unter anderem Uruguay, Paraguay, Argentinien und Mexiko – erwartet werden. Nicht fehlen wird auch einer der vier Comandantes der Zapatisten aus Chiapas.

„Die Indigenas sind Opfer der Diskriminierung, Unterdrückung und des Elends, das der Neoliberalismus hervorruft,“ erklärt einer der Organisatoren, Malu Soares. „Mit diesem Camp wollen wir zum gemeinsamen Kampf um soziale Rechte beitragen und unsere Sicht der Dinge darlegen.“ Ihr Anliegen ist konkret. Sie fordern Schutz der Grenzen ihrer Territorien, gesetzliche Anerkennung ihrer Rechte und einen konsequenten Naturschutz. Dabei sind sie sich ihrer wichtigen Rolle in den Massenbewegungen in Lateinamerika durchaus bewusst, nicht nur als Teil der Landlosenbewegung MST in Brasilien, auch bei den Aufständen in Ecuador und Bolivien in den vergangenen Jahren sowie im mexikanischen Chiapas.

Auch die Jugend wird in Porto Alegre ihr eigenes, interkontinentales Camp haben. Studentenverbände, die brasilianische Straßenkinderbewegung und die sogenannte Hip Hop- Bewegung haben mit Unterstützung der Universität von Rio Grande do Sul Arbeitsgruppen und Diskussionsforen organisiert, zu denen 1.500 Teilnehmer erwartet werden. Erst ganz am Ende werden die über 80-jährigen die Bühne allein für sich haben, wenn der Buena Vista Social Club aus Cuba auf der Abschlussverabnstaltung spielt.

 

Mehr Favelas

(Brasilia, Januar 2000, alc-Poonal) Die Armenviertel Brasiliens, Favelas genannt, gehören zu den wenigen Dingen, die in Brasilien schnell wachsen. Ein Beispiel ist Belém, die an der Mündung des Amazonas gelegene Hauptstadt des Bundesstaates Pará. In den letzten neun Jahren hat sich in Belém die Zahl der Favelas vervierfacht (von 20 auf 93). Pará selbst führt die Landesstatistik im Bereich der rapiden Verwahrlosung im Wohnbereich: in den letzten neun Jahren verzwanzigfachte sich die Zahl der Elendsquartiere des Bundesstaates.

Die Summe der Favelas in Brasilien stieg während der letzten neun Jahre insgesamt um 22.5%. Diese Zahlen sind das vorläufige Ergebnis einer Studie des Brasilianischen Instituts für Geographie und Statistik (IBGE), die aus der Volkszählung aus dem Jahr 2000 hervorgehen und Anfang Januar diesen Jahres in der brasilianischen Presse veröffentlicht wurden. Brasilien geht mit 3,905 Favelas ins neue Jahrhundert -717 mehr als vor neun Jahren. Damit ist zwar die Zahl der Favelas in Brasilien festgestellt. Völlig unklar ist jedoch die Zahl der Menschen, die dort unter miserablen Bedingungen leben.

Der absolute Champion in diesem traurigen Rennen ist der Bundesstaat Sâo Paulo mit 1548 Favelas. Neben der gleichnamigen Hauptstadt gibt es auch in den Städten Guarulhos, Osasco und Diadema viele Elendsviertel. Bedeutsam ist, dass die Zahl der Favelas in diesem Bundesstaat jedoch in den letzten Jahren nur geringfügig um 4,6% gewachsen ist. Rio de Janeiro kommt nach Sâo Paulo mit 811 Favelas -106 mehr als 1991. Dann folgen Minas Gerais und Paraná.

 

BRASILIEN

Gerichte untersagen Bau einer Militärkaserne in Indianerterritorium. (Brasilia, 10. Januar 2001, pulsar-Poonal) Der Bundsegerichtshof des Bundesstaates Roraima im Norden Brasiliens untersagte den Bau einer Militärkaserne in Indianerreservaten. Das Gericht begründete sein Urteil damit, dass der Kontakt mit den Truppen zu permanenten Anzeigen gegen die Soldaten wegen Sexualdelikten gegen die Indianer und Indianerinnen und wegen Alkoholismus geführt hat.

Das Urteil folgte damit der Forderung der Indianergemeinden von Uiramata im Indianerterritorium in Raposa Serra dos Sol. Dennoch baut das Spezialkommando für Grenzgebiete weiter ein Stützpunkt in der Umgebung dieses Gebietes aus.

Zudem wurde eine Spezialgruppe entsandt, um die Präsenz von Holzfäller in indigenen Territorien in Acre, im Nordosten Brasiliens zu ermitteln. Diese Gruppe besteht aus Bundespolizisten, Militärs, Umweltaktivisten, Vertreter*innen der nationalen Indianerstiftung (FUNAI) und Kampa-Indianer*innen.

Die Delegation wird diese Woche in der Region Alto Amonia, (am Oberlauf des Amonia-Flusses) eintreffen, wo peruanische Holzfäller eingedrungen sein sollen. Laut einem Sprecher der FUNAI könnte die Delegation ausreichend Beweismittel sichern, um eine Schadensersatzklage der Kampa-Indianer gegen die peruanische Regierung zu begründen.

 

BRASILIEN

Mordvorwurf gegen Polizisten

(Recife, 17. Januar 2001, alc-Poonal).- Am 4. Januar wurden der 38-jährige José No Felix und sein 16-jähriger Sohn Nilson Felix entführt. Drei Tage später tauchten die Leichen der beiden Truka-Indios im 150 Kilometer vom Tatort entfernten Landkreis Santa Maria da Boa Vista auf. Truka-Häuptling Aílson dos Santos bringt die Morde in direkten Zusammenhang mit einer nicht autorisierten Aktion der Militärpolizei von Pernambuco gegen die Bevölkerung, bei des es zuvor Tote und Verletzte auf beiden Seiten gegeben hatte. José No Felix war mit seinem verletzten Sohn und einer Krankenschwester auf dem Weg zu einem Hospital, als ein Wagen der Militärpolizei ihr Auto stoppte und die beiden Indios verschleppte. Der Indigena-Missionsrat der katholischen Kirche weist darauf hin, dass es sich nicht um die einzige Aktion der Militärpolizei von Pernambuco gegen die Truka handelte. Deren verfassungsmäßige Rechte würden verletzt, ohne dass die Verantwortlichen bestraft würden.

 

URUGUAY

Kritik an Präsident Batlle wegen homophober Äußerungen

(Montevideo, 16. Januar 2001, recosur-Poonal).- Mit scharfer Kritik reagierte die Bewegung der Schwulen, Lesben, Transvestiten und Intersexuellen auf die jüngsten Äußerungen von Präsident Jorge Batlle in der New York Times. Batlle hatte sich in der Zeitung abfällig über Homosexualität geäußert, Für den Präsidenten eines Landes, das internationale Konventionen und die Menschenrechte zu achten habe, seien es schwerwiegende Äußerungen. Zudem leisten solche Äußerungen möglicherweise Gewalttaten Vorschub, weil damit ein als Minorität angesehener Teil der Bevölkerung seitens des Staates abfällig dargestellt werde.

 

SPANIEN/ECUADOR

Migrant*innen organisieren sich

(Murcia, 17. Januar 2001, pulsar-Poonal).- Migrant*innen in Spanien haben beschlossen, gemeinsam gegen die neuen, verschärften Gesetze gegen Ausländer „ohne Papiere“ vorzugehen. Sie haben eine Plattform gegründet, von der aus sie ihre Forderung nach Legalisierung und Zugang zu Jobs koordiniert erheben wollen.

Nach dem Unfall, bei dem Anfang des Jahres zwölf illegalisierte Migrant*innen aus Ecuador getötet wurden, ist es offenbar noch schwerer geworden, in Spanien Arbeit zu bekommen, da die Arbeitgeber fürchten, wegen der Beschäftigung von „sans papiers“ bestraft zu werden. Angesichts dieser Lage haben Migrant*innen mehrere Versammlungen abgehalten und beschlossen, die Plattform „3. Januar“ zu gründen. Damit soll auch dem Tag gedacht werden, an dem die zwölf Landarbeiter*innen aus Ecuador in der südspanischen Stadt Murcia starben.

Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen, besetzten 60 Migrant*innen – die meisten von ihnen aus Ecuador – eine Kirche in Totana bei Murcia. Wie schon bei einer ähnlichen Besetzung vor einigen Tagen war die Aktion mit der Kirchenleitung abgesprochen. Die Stadtverwaltung von Totana erklärte sich vorerst bereit, den Besetzer*innen erste Hilfe und Lebensmittel zur Verfügung zu stellen.

 

 

 

   

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