Jugendliche leben Sexualität aus, ohne ihre Rechte zu kennen

von Aída Suárez Chávez und Itzel Fernández García

(Mexiko-Stadt, 05. August 2013, cimac).- Schon mit 15 Jahren weiß Laura durch ihre Freundinnen Bescheid: Um Küsse und Zärtlichkeiten zu bekommen aber Verpflichtungen zu vermeiden, ist ein sogenannter „free“ (freier Sex) das Beste. Sie hält sich darin für sehr erfahren; wenn es dagegen um den Gebrauch von Verhütungsmethoden geht ist ihre Erfahrung eher dürftig. Laura denkt, ihr wird schon nichts passieren. Sie lebt in Tizayuca, einem Ort nahe Mexiko-Stadt und Pachuca, der Hauptstadt des Bundesstaates Hidalgo. Die Gemeinde Tizayucas ist erheblich gewachsen und ihre Einwohner*innen stammen sowohl aus ländlichen Gebieten als auch aus anderen Großstädten.

Laura hat die Mittelschule abgeschlossen und kann nun in die Sekundarstufe zur Vorbereitung auf das Abitur eintreten. Für sie ist es wichtig, weiterhin zur Schule zu gehen um später einmal einen sicheren Job zu bekommen. Während der Zeit ihrer Ausbildung führt sie „nicht-Beziehungen“ mit Jugendlichen ihres Alters. Keiner davon ist ausschließlich ihr Partner, es gibt keine „Exklusivität“. Dadurch fühlt Laura sich frei und vermeidet, von einem festen Freund kontrolliert zu werden und mit dessen eventueller Eifersucht umgehen zu müssen. Sie möchte Erotik und Sex genießen, kennt aber nicht ihre Rechte bezüglich ihrer Sexualität und Fortpflanzung. Nur dass sie keine Kinder bekommen möchte solange sie noch so jung ist, da ist Laura sich sicher.

Antonieta Riviera ist Sozialarbeiterin in der Unterabteilung Gleichberechtigung der Geschlechter des Fraueninstituts von Hidalgo IHM (Instituto Hidalguense de Mujeres). Sie erklärt, dass der sogenannte „free“ heutzutage unter Jugendlichen sehr verbreitet ist. Sie sehen darin eine Möglichkeit, ihre Sexualität frei auszuleben, ohne dabei Verpflichtungen eingehen zu müssen. Genaugenommen ist der „free“ ein Ausdruck zu sagen, dass die Jugendlichen sexuelle Beziehungen führen, so Riviera. Sie erzählt, dass etwa 550 Jugendliche im Jahr monatliche Kurse unter dem Motto „Für die Gleichberechtigung in meiner Gemeinde“ erhalten. Die Workshops werden seit zehn Jahren von Februar bis Juni durchgeführt.

Das IHM veranstaltet diese Kurse in den Gemeinden von Huasteca, darunter Atlaplexo, Huahutla, Huejutla und Calnali sowie im Raum Tepehua, zum Beispiel in Acaxochitlán und im Valle del Mezquital. In diesem befinden sich Orte wie San Salvador, Santiago de Anaya und Huichapan. Auch im Hochland, zum Beispiel in Chapulhuacan und Tepehuacan de Guerrero und in Zentralmexico, in Santiago Tulantepec, Tizayuca, Pachuca und Metztitlàn sind die Sozialarbeiter*innen tätig.

Tabuisierung in Familien und Schulen

Mithilfe der Workshops beschäftigen sich die Jugendlichen mit Themen, die in der Schule nicht behandelt werden, darunter Gewaltprävention, Sexual- und Fortpflanzungsrechte oder Gleichberechtigung der Geschlechter. In den wissenschaftlichen und technischen weiterführenden Schulen von Hidalgo (Colegios de Estudios Científicos y Tecnológicos del estado de Hidalgo CECYTEH) werden jeweils 15 solcher Lehrstunden gehalten. Die Gruppen sind gemischt, Mädchen und Jungen des vierten Semesters, die zwischen 16 und 19 Jahren alt sind, nehmen gemeinsam daran teil.

Die Kurse sollen helfen, tabuisierte Bereiche des Sexuallebens zu entmystifizieren. Dazu gehört unter anderem der „Mythos Masturbation“, der bei den Jugendlichen oft Scham- und Schuldgefühle erzeugt. Antonieta Riviera fügt hinzu, den Jugendlichen solle vermittelt werden, dass die Masturbation eine gute Art ist, sich selbst und den eigenen Körper kennen zu lernen, bevor sie ihr Leben mit anderen Menschen teilen.

Laut der Sozialarbeiterin ist es für die Mitarbeiter*innen schwierig, mit den jungen Leuten über Sexualität zu sprechen, da das Thema in den Familien tabu ist und kein offener Umgang damit gegeben ist. Aus diesem Grund wenden sich die Heranwachsenden oftmals an Bekannte oder forschen im Internet, um Informationen darüber zu bekommen, was sie mit wem und wie tun können, um ihre Sexualität auszuleben.

Allerdings ist nicht alles, was sie finden oder herausfinden auch richtig und vertrauenswürdig, stellt Riviera klar. Daher versuchen die Mitarbeiter*innen in den Kursen ein kritisches Denken und die Selbsterfahrung zu fördern. Die Sozialarbeiterin weist darauf hin, dass die Jugendlichen in der Regel keine Paarbeziehungen führen, in denen „Vertrauen, Respekt und die gegenseitige Achtung der persönlichen Rechte“ eine Rolle spielen. Trotz der Informationen, die sie von Bekannten oder aus dem Internet bekommen, wissen die meisten wenig oder nichts über sicheren Sex oder den Gebrauch von Verhütungsmitteln.

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