Gesetzentwurf zur Abtreibung ruft Gegner*innen auf den Plan

von Amanda Muñoz

(Montevideo, 06. Oktober 2012, la diaria).- Ein grauer, trüber Tag mit kleinen Hagelschauern. Doch gegen 17 Uhr zeigt sich zum Glück die Sonne. Das dachten sicher auch die Frauen, die eine Aktion vor dem Justizpalast vorbereitet hatten, um das Recht auf freie Entscheidung über Schwangerschaftsabbrüche einzufordern.

 

Zwölf von ihnen waren in sehr leichter Bekleidung erschienen, zwölf weitere Frauen waren gänzlich nackt und hatten ihre Körper bunt bemalt. Währenddessen diskutierten im Inneren des Gebäudes die Abgeordneten bereits seit 10:20 Uhr das Gesetz über den Freiwilligen Schwangerschaftsabbruch.

Die Initiatorinnen der Aktion waren Angehörige der Organisation Frau und Gesundheit in Uruguay Mysu (Mujer y Salud en Uruguay). Der Protest der 24 Frauen stand unter dem Motto: „Sie stellen die Bedingungen und wir unseren Körper“. Bei der Aktion dominierte die Farbe orange, die soziale Verbände im Zuge des langen Kampfes um die Legalisierung des Schwangerschaftsabbruchs gewählt hatten. Transparente mit der Aufschrift „Straffreie Abtreibung“ lagen teils auf dem Boden, teils trugen die bekleideten Frauen sie um die Hüften gewickelt. Die Körper der nackten Frauen waren überwiegend in orange und mit verschiedenen Motiven bemalt.

Die Aktion ging schnell und fast geräuschlos vonstatten, in den Reihen der Zuschauer*innen dominierten Fernsehkameras und Fotograf*innen. „Sie verhandeln über unsere Körper, es ist unser Leben und unsere Zukunft, über die hier entschieden wird. Sie müssen uns die Entscheidung überlassen, denn schließlich ist es unser Körper und unsere Zukunft“, ließ die einzige Sprecherin vernehmen. Unmittelbar danach stiegen die Frauen zurück in den Bus, mit dem sie vorgefahren waren.

Kampf für sexuelle Selbstbestimmung

Mit der Aktion protestierte die Frauenorganisation Mysu gegen den Gesetzesentwurf zur Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Auch andere soziale Verbände, die zum selben Thema arbeiten, hatten das Gesetzesvorhaben kritisiert. „Wir sind da mit einigen Dingen nicht einverstanden. Wir glauben, dass viele Aspekte einfach nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Wir hätten uns ein viel umfassenderes Gesetz gewünscht, eins, das viel klarer für sexuelle Selbstbestimmung und die Reproduktionsrechte aller Frauen in Uruguay eintritt“, erzählt Martha Aguñín von Myso.

Das neue Gesetz schreibt vor, dass Frauen, die eine bestehende Schwangerschaft innerhalb der ersten zwölf Wochen unterbrechen wollen, „sich einer medizinischen Beratung in einer staatlichen Gesundheitseinrichtung unterziehen müssen, um den Arzt über die Umstände, die zur Empfängnis geführt haben, zu informieren und ihn über die entsprechend prekären wirtschaftlichen, sozialen, familiären oder altersbedingten Umstände aufzuklären, die es der Schwangeren nach eigener Einschätzung nicht möglich machen, das Kind auszutragen.“ Am nächsten Tag muss sie sich mit einer interdisziplinären Kommission zusammensetzen, die sie über die Risiken eines Schwangerschaftsabbruchs sowie über mögliche Alternativen aufklärt. Anschließend muss sie sich mindestens fünf Tage Bedenkzeit nehmen. „Sollte die Frau anschließend dem behandelnden Gynäkologen miteilen, dass weiterhin der Wunsch besteht, die Schwangerschaft zu unterbrechen, wird sie unverzüglich an die entsprechenden Stellen weitergeleitet.“

Mit diesem Procedere ist die Frauenorganisation Mysu nicht einverstanden. „Wir finden, dass eine Frau überhaupt nirgendwohin gehen muss, um ihre Entscheidung vorzutragen, denn es ist eine sehr bewusste Entscheidung, die eine Frau über ihren eigenen Körper trifft“, erklärt Aguñín. Außerdem sei es sehr unwahrscheinlich, dass in allen einschlägigen Einrichtungen überall im Land interdisziplinäre Kommissionen vorhanden seien, meint Mysu.

Anhänger*innen und Gegner*innen im Plenarsaal

Gegen Nachmittag saßen etwa 52 Abgeordnete auf ihren Bänken. Es war also nicht besonders voll. In den ersten Reihen saßen überwiegend gelb gekleidete Gegner*innen des Entwurfs, in der zweiten, etwas leereren Reihe einige weitere in orange. Kurz nach 18:00 Uhr betrat eine Gruppe in beigefarbenen Kutten den Saal. Die Angehörigen des Mystikerordens Último Orden Templario sind als gläubige Christen per se gegen die Ratifizierung des Gesetzesentwurfs. Einer der Mitglieder, Ruben da Rosa, erklärte: „Wir sind eigentlich nur gekommen, um zu sehen, mit welchem Ernst dieses Thema eigentlich im Parlament verhandelt wird. Wir fanden, dass die Abgeordneten nicht gerade sehr konzentriert wirken, jeder machte eigentlich eher seins, viele saßen da mit ihren Laptops oder mit ihren Telefonen und waren dabei, ihren Twitter-Acount zu durchforsten, hier und da wurde geplaudert, Tee getrunken… Meines Erachtens wird hier sehr lax und oberflächlich vorgegangen, und man kann nicht behaupten, dass das Thema in Uruguay eine ernsthafte Würdigung findet.“

Anschließend betritt eine SchülerInnengruppe aus Nueva Palmira den Plenarsaal. Zwei Schüler aus dem 5. Jahrgang des wissenschaftlichen Bereichs berichten, dass sie sich inhaltlich auf den Besuch im Plenarsaal vorbereitet hatten. Luciano Roquero versteht sich als eindeutiger Gegner des Gesetzesvorhabens: „Die Abtreibung ist einfach immer der bequemste Weg.“ Dazu Juan Manuel Barale: „Als allerletzte Möglichkeit kommt Abtreibung vielleicht in Frage, aber nicht als erste Option.“

 

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