Poonal Nr. 019

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen Nr. 19 vom 04.11.1991

Inhalt


EL SALVADOR

EL SALVADOR/HONDURAS

GUATEMALA

HONDURAS

NICARAGUA

MITTELAMERIKA

LATEINAMERIKA


EL SALVADOR

Fortschritte in den Friedensverhandlungen

(San Salvador, 29.Okt. 1991, Salpress-POONAL) – Vor fast zwei Jahren, am 13. November 1989, haben die Regierung von Alfredo Cristiani und die Frente Farabundo Marti (FMLN) Verhandlungen über Frieden in El Salvadore begonnen. Seit diesem Treffen, das von der katholischen Kirchen vermittelt wurde, hat der komplizierte Dialog zwischen den Bürgerkriegsparteien bemerkenswerte Fortschritte erzielt. Mit der Unterzeichnung eines Abkommens zwischen der Regierung und der Guerilla am 25. September diese Jahres in New York wurden erstmals konkrete Schritte vereinbart, die eine politische Lösung des Konflikts in dem mittelamerikanischen Land möglich erscheinen lassen.

In einem Ende September ausgearbeiteten Dokument zieht die FMLN eine Bilanz der Verhandlungen. Die Guerrilla sieht wichtige Fortschritte bei der Einhaltung der Menschenrechte. Das Parlament erhalte die Befugnis, die Chefs der Öffentlichen Sicherheit oder des staatlichen Geheimdienstes abzusetzten, wenn sie schwere Menschenrechtsverletzungen begangen haben. Die Regierung habe sich in dem Abkommen zu weiteren Schritten verpflichtet: Gewalttätige Verschleppungen und die Gefangennahme aus politischen Gründen sollen ebenso beendet werden wie Folter und illegale Einzelhaft; die Regierung habe das Recht auf Organisations-, Presse- und Bewegungsfreiheit anerkannt. Eine Kommission sei beauftragt worden, bislang ungesühnte Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen. Die Umsetzung des Abkommens zwischen der Regierung und der FMLN werde den Charakter und die Aufgaben der Streitkräfte wesentlich verändern. Die Verfassung El Salvadors wies den Streitkräften bislang die Aufgabe zu, die staatliche Ordnung zu garantieren. Dieser Passus wurde in Vergangenheit wiederholt zur Rechtfertigung von Staatsstreichen herangezogen. Die Streitkräfte verlieren nun die Verantwortung für Sicherheit und Ordnung in der Republik. Die beherrschende Position des Verteidungungsministeriums werde aufgebrochen, die Militärinsitution werde nun eindeutig dem Präsidenten untergeordnet. Diesem obliege die Verpflichtung, den Militärapparat zu leiten, Einberufung und Absetzung von Offizieren anzuordnen und jährlich die Anzahl der Soldaten festzulegen. Zudem wurde die Bestimmung aufgehoben, daß Dekrete, Abkommen, Anordnungen und Vorschriften des Präsidenten vor Inkrafttreten vom Verteidigungsministerium autorisiert werden müssen. Die Regierung sei die Verpflichtung eingegangen, den Militärapparat zu verkleinern und die Ausbildung der Streitkräfte zu reformieren, gab die FMLN bekannt. Diese Verpflichtungen müßten vor dem Abschluß eines formalen Waffenstillstandsabkommen der Konfliktparteien eingelöst werden. Ein weiteres Ergebnis der Verhandlungen ist eine umfassende Reform der Polizei. Sie wird dem Abkommen zwischen der Regierung und den Aufstädnischen zufolge in eine rein zivile Institution umgewandelt werden, die die Sicherheit in den Städten und auf dem Land garantiert. Sie soll allein rechtsstaatlichen Kriterien und dem Schutz der Menschenrechte verpflichtet sein. Das Rechtssystems soll verbessert werden. Der Justizhaushalt wird erhöht, er darf künftig nicht unter 6% der laufenden Einkünfte des Staatshaushaltes liegen. Die FMLN schreibt in ihrer Analyse, die Regierung habe in dem Abkommen auch Reformen im Agrarsektor zugesagt. Alle Grundstücke, die größer als 245 Hektar sind, sowie alle staatlichen Grundstücke müßten an landlose Bauern und kleine Landwirte verteilt werden. Ausgeklammert von dieser Regelung sind die Flächen in den umkämpften Gebieten. Die Regierung und die FMLN vereinbarten zudem die Bildung eines Gremiums, das in wirtschafts- und sozialpolitischen Konflikten schlichten soll. Dem Gremium werden Vertreter der Regierung, der Unternehmen und der Beschäftigten angehören. Die Vereinbarungen zwischen der Regierung und der FMLN sollen von einer Nationalen Kommission für die Sicherung des Friedens (COPAZ) überwacht werden. Darin sind alle politischen Parteien vertreten, die zur Zeit dem Parlament angehören sowie je zwei Vertreter*innen von Regierung und Guerrilla. In COPAZ nehmen auch Beobachter des Bischofs in San Salvador und ein Delegierter der UNO-Kommission für El Salvador (ONUSAL) teil. Das Abkommen zwischen der Regierung und der FMLN kann ein wichtiger Schritt zur Beendigung des Bürgerkriegs in El Salvador sein. Ungewiß ist jedoch, wann und ob überhaupt die getroffenen Vereinbarungen umgesetzt werden. Denn ein Zeitplan für die Erfüllung der Versprechungen wurde nicht aufgestellt.

EL SALVADOR/HONDURAS

Honduranische und salvadorianische Armee wollen gemeinsam gegen

Rebellen kämpfen

(Tegucigalpa, Okt. 1991, SHN-POONAL) – Die Streitkräfte von El Salvador und Honduras wollen nach Angaben der salvadorianischen „Nationalen Befreiungsbewegung Frente Farabundo Marti“ (FMLN) in der Aufstandsbekämpfung enger zusammenarbeiten. Die Oberkommandierenden der Luftstreitkräfte der beiden Länder hätten sich während eines inoffiziellen Treffens darauf verständigt, künftig gemeinsam gegen die FMLN vorzugehen. Die salvadorianische Luftwaffe habe in letzter Zeit wiederholt ihre Truppen auf honduranischem Gebiet zusammengezogen und von dort Luftangriffe gegen die Guerrilla gestartet, gab die FMLN bekannt. Bei einem Angriff salvadorianischer Soldaten auf die honduranische Grenzstadt Mapulaca starben am 29. Juli zwei Menschen, drei weitere Personen wurden verletzt. Die honduranische Regierung zögerte nicht, die Guerrilla für den Überfall verantwortlich zu machen. Die FMLN wies jegliche Verantwortung zurück und bot der honduranischen Regierung ihre Mithilfe bei der Aufklärung des Überfalls an.

GUATEMALA

Beendigung des Bombardements der Zivilbevölkerung gefordert

(Guatemala, 25.Okt.1991, Cerigua-POONAL) -Die Volksgemeinschaften im Widerstand im Peten (CPRP) forderten die Regierung und die Streitkräfte Guatemalas auf, die Bombardierung der Bevölkerung in dieser Region zu beenden und anzuerkennen, daß sie Vertriebene innerhalb Guatemalas seien. In einem Dokument erklärten die CPRP, daß sie seit zehn Jahren die Angriffe der Militärs überlebt hätten, weil sie beständig ihren Wohnort wechselten. Seit Beginn der 80er Jahre, so die Erklärung der Widerstandsbevölkerung, hätten die Streitkräfte und die verschiedenen Regierungen eine Kampagne gegen die arme Bevölkerung Guatemalas mit dem Ziel geführt, ihren Kampf für Recht auf Leben und Arbeit in Frieden zu verhindern. Hunderte von Männern, Frauen und Kindern seien Massakern der Streitkräfte zum Opfer gefallen. Tausende seien vertrieben worden und hätten Zuflucht in Mexiko oder im Hochland von Guatemala gesucht. Die CPRP forderten die Anerkennung des Rechts, in ihrer Heimat zu leben und baten die UNO- Menschenrechtskommission sowie nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen um Schutz. Den CPRP gehören elf Kooperativen und acht Dörfer der Gemeinden Sayaxche, La Libertad, Dolores und Santa Ana.

US-Kongreß stoppt Militärhilfe für Guatemala

(Washington, 28.Okt. 1991, NG-POONAL).- Der US-Kongreß hat die Einstellung der Militärhilfe an Guatemala in Höhe von 2,4 Millionen US-Dollar beschlossen. Weiterhin wurde die Auszahlung der Wirtschaftshilfe von 95 Millionen US-Dollar an eine Verbesserung der Menschenrechtssituation geknüpft. Auch die Bereitstellung eines Übergangsfonds, der zur Demobilisierung der Guerrilla und ihrer Wiedereingliederung in die Gesellschaft dienen soll, wurde an Bedingungen geknüpft: Die Armee muß einen Waffenstillstand mit der Guerilla „Nationale Revolutionäre Einheit Guatemalas“ (URNG) aushandeln; zudem verlangt der US-Kongreß die strikte Einahltung der Menschenrechte. Mit der Wirtschaftshilfe von 95 Mio US-Dollar verfolgen die US-Parlamentarier nach eigenen Angaben fünf Ziele in Guatemala: die Bekämpfung der Armut, die Stärkung der demokratischen Institutionen und des politischen Pluralismus, die Unterstützung der nationalen Versöhnungskommission, den Beginn einer Steuerreform und die Förderung von Handel und Investitionen in Guatemala. Das Gesetz stellt ausdrücklich fest, daß die Mittel weder zum Kauf von Waffen noch von militärischen Fahrzeugen verwendet werden dürfen.

HONDURAS

Cholera breitet sich in Honduras aus

(Tegucigalpa, Okt. 1991, SHN-POONAL) – In Honduras ist der erste Cholerafall bekanntgeworden. Die Krankheit wurde offiziellen Angaben zufolge erstmals am 24. Oktober im Süden des Landes bei einem Patienten nachgewiesen. Drei Tage später wurden zwei weitere Fälle bekannt. Honduras war das letzte Land in Lateinamerika, in dem die Epidemie nach Aussagen der Regierung nicht ausgebrochen war. Der honduranische Präsident Callejas ließ verlauten, der Staat unternähme alle Anstrengungen, um die Cholera zu bekämpfen. Das schließe den Ausbau des Gesundheitswesens ein. Eine wirkliche Verbesserung der sanitären Infrastuktur für den Großteil der Bevölkerujng scheint jedoch wenig wahrscheinlich. Die einzigen Maßnahmen der Regierung gegen die Cholera in den letzten Wochen bestanden darin, Plastiksäcke für Leichname anzufertigen und Feldbetten zu bestellen, die in der Mitte ein Loch haben, „um der Cholera zu begegnen“. Dagegen wurde der Haushalt 1991-1992 für den Bereich Gesundheit und Erziehung gekürzt. Nach Schätzungen von Experten aus dem Gesundheitsbereich wird die Cholera in den ersten drei Monaten über 1000 Opfer fordern.

Die Cholera ist eine Krankheit der Armen, und Honduras ist eines der ärmsten Länder des Kontinents. Nach Zahlen von UNICEF starben 1990 in Honduras 96 von 1000 Kindern (im Alter bis zu 5 Jahren). Die häufigsten Todesursachen sind Magen- und Darminfektionen und Parasitenkrankheiten. 20 Prozent der 4.5 Millionen Einwohner*innen Honduras werden nach offiziellen Kriterien als arm eingestuft. Sie erhalten nur 3,1 Prozent des nationalen Gesamteinkommens, während 20 Prozent der gesamten Bevölkerung 59,3 Prozent des nationalen Einkommens beziehen.

Wandel der US-Strategie bedroht Macht der Generäle

(Tegucigalpa, 30.Okt. 1991, SHN-POONAL).- Eine gewandelte Strategie der USA könnten die unumschränkte Herrschaft der Streitkräfte in Honduras erschüttern. Wie aus einem vor kurzem veröffentlicheten Schriftstück der US-Agentur für internationale Entwicklung (AID) hervorgeht, zielt die neue nordamerikanische Strategie für Zentralamerika auf eine Reduzierung der Militärausgaben und des Militärapparates, um so die Staatsdefizite zu reduzieren und die nationalen Ökonomien zu stärken. Die honduranische Armee wies jedoch die Vorschläge von AID zurück und interpretierte sie als Einmischung in die inneren Angelegenheiten und als Angriff auf die Souveränität des Staates. Tatsächlich wäre Honduras von einer Reduzierung der US-Militärhilfe besonders stark betroffen. Denn das mittelamerikanische Land war in den achtziger Jahren zum wichtigsten militärischen Standort der USA in Mittelamerika ausgebaut worden. Von dort etwa initierten die USA den Krieg der Contras gegen Nicaragua. Die Reduzierung der Armee sei, wie General Luis Discua bekräftigte, eine nationale Entscheidung, die nur die Honduraner*innen beträfe. Die Militärs begründen ihre Weigerung damit, daß der Friedensprozeß in Zentralamerika noch nicht abgeschlossen sei und die Sicherheitsprobleme an den nationalen Grenzen noch nicht gelöst seien. Diese Argumentation scheint in den USA allerdings zunehmend an Glaubwürdigkeit zu verlieren, dort wird auf die Entspannung in der Region verwiesen: Friedensverhandlungen zwischen Guerrilla und Regierungen in Guatemala und in El Salvador, Ende des Bürgerkriegs in Nicaragua; und selbst in Honduras haben bewaffnete Rebellen angekündigt, die Waffen niederzulegen. Die Militärs haben die Macht noch sicher in ihren Händen. Nach wie vor müssen sie kaum Strafen fürchten, wenn sie Menschenrechte verletzt haben. Sie müssen sich nur selten vor zivilen Richtern verantworten, für sie sind Miltärgerichte zuständig.

Dies zeigt der Mord an dem Studenten Riccy Mabwel Martinez. Die in den Fall verwickelten Offiziere wurden von höherer Stelle gedeckt. Nur die starken Proteste der Bevölkerung erreichten, daß sie vor ein ziviles Gericht gestellt wurden. Die Regel ist eher der Fall der Offiziere Leonel Galindo und Erick Sanchez. Sie waren am Mord eines Bürgers, einem Massaker an Campesinos in El Astillero und an einem Mordversuch an einem Jugendlichen beteiligt.

Verantworten mußten sich sich vor einem Militärgericht. Die Regierung hüllt sich in Schweigen, obwohl sich nach Meinung des Präsidenten des Komites zur Verteidigung der Menschenrechte in Honduras, Ramon Custodia, ein Kompetenzstreit zwischen Militär- und Zivilgerichtsbarkeit entfacht hat, der bis jetzt vom Obersten Gerichtshof noch nicht gelöst wurde.

Seit sich die Militärs 1957 an die Macht putschten, bestimmt die Armee die politische Szenerie und trifft die wichtigsten Entscheidungen des Landes, auch wenn sie zeitweise formal die Macht an zivile Regierungen überträgt. Verschiedene Faktoren, so die honduranische Soziologin Leticia Salomon, ermöglichten diese Hegemonie: die Armee vermochte ihre internen Widersprüche zu verbergen und nach außen einheitlich aufzutreten; das politische System blieb schlecht organisiert und die zivile Gesellschaft schwach. Hinzu kommt die nordamerikanische Einmischung, die Staat und Gesellschaft in Honduras militarisierte und die Übermacht der Armee verstärkt hat. Nach der Amtsübernahme der Regierung Callejas schien es für kurze Zeit, als könne die Macht der Armee beschnitten werden. Aber 1991 wurden ihre Hegemonieansprüche erneut deutlich. Die Militärs wollen ihre wirtschaftliche Macht ausbauen, die sich in der Vergangenheit durch individuelle Bereicherung angeeignet hatten. Mit der Gründung ihrer eigenen Bank und Finanz- und Versicherungsgesellschaft konnte die Armee durch das „Institut der militärischen Fürsorge“ (IPM) Aktien in der honduranischen Zementfabrik (INCEHSA) erwerben. Sie erhielten das Vorkaufsrecht vor anderen Interessenten für das im Rahmen der Privatisierungskampagne zum Verkauf freigegebene Unternehmen.

Der honduranische Rat für Privatunternehmen (COHEP) protestierte heftig gegen den Verkauf von INCEHSA und bezeichnet die Finanzoperation als verfassungswidrig, da sich der Verkauf im selben öffentlichen Sektor bewege und somit gegen das Privatisierungsgesetz verstoße. Präsident Callejas verteidigte den Verkauf der Zementfabrik an die Armee als rechtmäßig. Die Konzessionsvergabe erregte selbst in der internationalen Presse Aufsehen. Nach Meinung der costaricanischen Zeitung La Nacion will sich die Armee durch den Kauf zu ihrer militärischen auch noch wirtschaftliche Macht verschaffen, was Auswirkungen auf die Kontrolle der politischen Macht haben werde. Andere Investitionen, die die Militärs in letzter Zeit tätigten, traten nicht so deutlich an die Öffentlichkeit. So bedankte sich Ilza Diaz Zelaya, Vorstandmitglied der Vereinigung der unabhängigen Bananenunternehmen, bei der Armee für einen Kredit, der seiner Organisation zur Begleichung der Schulden mit dem US-Unternehmen Tela Railroad Company bewilligt worden war.

Diaz Zelaya informierte zudem über ein Investitionsvorhaben der Armee im Tal von Comayagua, einer der fruchtbarsten und entwickelsten Gegenden Honduras.

Doch macht sich Unmut über die neue Strategie der Generäle breit. Die Partei des Fortschritts und der Einheit (PINU) stellt Anfang August im Parlament den Antrag, die zunehmende Autonomie der Armee zu beschränken. Der Antrag beinhaltet die Verkleinerung der Militärbehörde, eine effektive Kontrolle durch den Präsidenten, die Einschränkung der Kompetenzen des Hohen Rates der Armee (COSUFFAA) und deren Unterstellung unter das Verteidigungsministerium, sowie die alleinige Ernennung von Offizieren durch den Präsidenten. Weiterhin schlägt die PINU vor, der Armee Zuständigkeiten zu entziehen: für die Alphabetisierung, die Erziehung, die Landwirtschaft, den Umweltschutz, den Strassenbau, die Kommunikation, das Gesundheitswesen, die Landreform und Notstandangelegenheiten. Diese Forderungen würden die Autonomie der Streitkräfte erheblich einschränken. Der Gesetzesantrag hat aber wenig Aussichten, angenommen zu werden. Die PINU hatte bei den letzten Wahlen nur 1.8% der Stimmen erhalten. Die Regierung ihrerseits zeigte sich mit kosmetischen Veränderungen, die die Militärchefs zur Verbesserung ihres Images unternommen haben, befriedigt. Diese eröffneten ein Büro, um Beschwerden der Bevölkerung über militärische Übergriffe entgegenzunehmen. Öffentlich unterstützen sie die Massnahmen der Regierung, die auf Demokratisierung abzielen. Obwohl sie sich zur Zeit mit keiner starken sozialen Bewegung auseinandersetzen muß, scheint die Armee den Geist der Zeit zu verkennen und weiterhin jegliche Versuche einer Demokratisierung blockiert. Darauf deuten die anhaltenden Übergriffe auf die Zivilbevölkerung, welche die aktuelle Regierungg mit einer Haltung stillschweigender Ergebenheit hinnimmt. Die neue internationale Ordnung mit der Beendigung des Ost-West- Konflikts beendet die honduranische Sonderrolle, die die USA für Honduras entwickelt hatten, um die sozialen Proteste zu neutralisieren. Der Aufstieg neuer konservativer Regierungen und die Wahlniederlage der Sandinisten führten dazu, daß die USA von ihrer Strategie der einseitigen Unterstützung der Aufstandsbekämpfung abrücken und neoliberale Wirtschaftsprogramme einzusetzen versuchen. Angesichts der schwindenden geopolitischen Bedeutung Honduras für die USA scheint die Erhaltung eines Militärapparates, der Dimension und Notwendigkeit des Landes sprengt, unhaltbar geworden zu sein. So wies die AID in ihrem Strategiepapier zur wirtschaftlichen Hilfe für Zentralamerika darauf hin, daß eines der größten Hindernisse für die Demokratisierung der traditionelle Einfluß der Streitkräfte auf die Zivilregierung sei. Die Finanzorganisation schlägt Regulierungsmechanismen vor: Überwachung der Armee durch die Legislative, Strategien, die die Einmischung der Militärs bei der Lösung von Konflikten verhindern und Gesetze, die eine wirksame zivile Kontrolle über die Militärorganisation ermöglichen. Die Macht der Militärs, so Analysen in Honduras, findet ihre Grenze in der Schwächung ihrer Allianz mit den US-Strategen.

NICARAGUA

Politische Krise droht sozialen Konflikt zu verschärfen

(Managua, 31.Okt. 1991, Cerigua-POONAL) – Die Parteien der Nationalen Union der Opposition (UNO) haben in der Nationalversammlung eine Kampagne entfesselt, die auf die Rücknahme der von 1979 an erlassenen Gesetze abzielt. Die Auseinandersetzung fällt mit einem Streik der Nationalen Front der Arbeiter*innen zusammen. Diese fordern von der Regierung die korrekte Einhaltung der Kompromisse bei der Privatisierung staatlicher Unternehmen.

Die politische Schlacht im Parlament dreht sich um Verfassungsänderungen, Bedingungen zur Einschränkung politischer Rechte, und die Möglichkeit, weitere bewaffnete Gruppen, neben den schon existierenden zu bilden. Dies sind die Präsidentschaftsgarde, eine gerichtliche Polizei und eine städtische Polizei, neben den als Recontras bekannten Gruppen. Die Reaktion der Frente Sandinista de Liberacion Nacional (FSLN) erhitzte die kompromißlose Position der extremen Rechten Nicaraguas noch mehr, welche die Sandinisten und die Reigerung von Violeta Chamorro gleich stark attackiert. Daniel Ortega, FSLN, verkündete, daß die FSLN unter solchen Bedingungen das Recht in Anspruch nehmen würde, die Volksmilizen neu zu organisieren, um sich vor den Polizeigruppen zu verteidigen, welche von den Parlamentariern gegründet wurden. Die Erklärung löste in der Nationalversammlung den Vorschlag aus, Daniel Ortega seines Abgeordnetenamtes zu entheben. Das, so Sergio Ramirez, wäre ein Versuch, die FSLN in den Untergrund zu schicken, von wo aus sie eine direkte bewaffnete Auseinandersetzung beginnen würde. Ramirez fügte hinzu, daß mindestens 40 Prozent der Bevölkerung Nicaraguas von der FSLN repräsentiert würden.

Doch ist ein solcher Angriff des Parlaments auf die Sandinisten unwahrscheinlich. Dazu müßte das Veto der Präsidentin Violeta Chamorro überstimmt werden, dessen Regierung sich der Notwendigkeit der Unterstützung durch die Sandinisten bewußt ist, besonders für der Gleichgewicht der sozialen Kräfteverhältnisse im Land.

Begleitet wird das parlamentarische Gefecht von dem Streik der FNT. Die Gewerkschaft sieht das Übereinkommen mit der Regierung über die Privatisierung verletzt, dem zufolge 25 Prozent der Unternehmensaktien den Arbeiter*innen übereignet werden sollten. Daraufhin hat die FNT die Nationale Zuckerinnung besetzt. Zucker ist eines der wichtigsten Exportprodukte Nicaraguas. Die Produktion findet hauptsächlich in den Raffinerien von Chanandega, Carazo und Rivas statt, die erste ist privat, die beiden letzten staatlich. Lucio Jimenez verkündete die Weiterführung des Kampfes an, wenn die Forderungen der Arbeiter*innen nicht erfüllt werden.

MITTELAMERIKA

Neue Strategie für wirtschaftlichen Aufschwung?

(Tegucigalpa, Okt. 1991, SHN-POONAL) -Die US-Agentur für internationale Entwicklung (AID) hat ein Dokument erarbeitet: die Strategie wirtschaftlicher Hilfe für Zentralmerika 1991-2000. In Auszügen wird das Dokument im Folgenden dargestellt: „Ein beschleunigtes wirtschaftliches Wachstum in Zentralamerika wird neue Märkte für US-Importe schaffen, neue Möglichkeiten für US-Investoren und einen stärkeren Handel zwischen den Ländern der Region, zwischen ihnen und den USA und dem Weltmarkt. Die Notwendigkeit der Hilfe von Seiten der USA für Zentralamerika wird sich in dem Maße verringern, in dem wirtschaftlicher Aufschwung stattfindet, der Investitionsfluß und andere multi- und bilaterale Quellen sich erhöhen. Es ist zu erwarten, daß sich der Anteil der AID an den gesamten Ressourcen für Zentralamerika in den 90er Jahren beständig verringern wird: von derzeit 44 Prozent auf 16 Prozent 1996. … Der Aufbau stabiler demokratischer Gesellschaften in den zentralamerikanischen Staaten ist der Kernpunkt der Strategie für die Region, die eine umfangreiche Rolle für die AID vorsieht, eingeschlossen das Regionalbüro für Zentralamerika und Panama (ROCAP). Während die AID innerhalb der USA in der Kerngruppe der Regierung arbeitet, wird sie in den einzelnen Ländern eng mit anderen Agenturen der US-Regierung zusammenarbeiten, um die Unabhängigkeitbemühungen zu unterstützen, die vom Aufbau selbstständiger demokratischer Institutionen abhängen. … Die AID wird aber zur Stimulierung von Pluralismus und zum Aufbau demokratischer Werte und Traditionen in der gesamten Gesellschaft über die öffentlichen Institutionen und formalen Vorgänge hinausgehen. Dazu kann sie die schon bestehenden Kontakte mit Nichtregierungsorganisationen, Erziehungsorganismen, Gewerkschaften, der Presse und kommunalen Organisationen ausnutzen, um eine effektivere Teilnahme der Bürger*innen zu erreichen. …““ Die AID sucht in Zentralamerika ebenfalls die Stärkung der Entscheidungsprozesse in den Gemeinden: finanzielle und administrative Dezentralisierung fordern, die Kapazität lokaler Dienste stärken und die Erzeugung lokaler Einkünfte und Kostendeckungen erhöhen. … In Zusammenarbeit mit eigenen Missionen und regionalen Institutionen wird die AID Bemühungen der Zentralamerikaner unterstützen: die Ausbildung von Rechtspersonal, einschließlich Richter, Steuerbeamte, öffentliche Verteidiger, Sekretäre und Verwaltungspersonal. Die Rechtserziehung der Rechtsanwaltschaft soll fortgesetzt werden, mit besonderem Nachdruck auf einer aktiveren Beteiligung der Jurauniversitäten.“ (Fortsetzung folgt)

LATEINAMERIKA

II. Kontinentales Treffen: 500 Jahre Volkswiderstand

(Guatemala, 31.Okt. 1991, NG-POONAL) – Vom 7.-12. Oktober fand in Guatemala in Quezaltenango das II. Kontinentale Treffen „500 Jahre Indigena- und Volkswiderstand“ statt. Auf dem Kongreß wurde eine Gegenkampagne zu den offiziellen Feiern der Eroberung Lateinamerikas im Jahr 1492 durch die Spanier vorbereitet. Der Kongreß knüpfte an das „lateinamerikanische Treffen der Organisationen von Campesinos und Indigenas“ an, welches vor zwei Jahren in Bogota, Kolumbien, stattgefunden hatte. Ziel der Gegenkampagne ist es, auf die „historische Schuld“ europäischer, US-amerikanischer und lateinamerikanischer Regierungen hinzuweisen, die an der „Invasion, dem Völkermord und der Zerstörung der Kulturen des amerikanischen Kontinents“ beteiligt waren, gab „Majawil q ij“ (Neuer Tagesbruch), eine der Koordinator*innen des Treffens, bekannt. Insbesondere Spanien maße sich die Rolle des Vermittlers zwischen Europa und Lateinamerika an, indem es sich der „historischen Lüge“ brüste, „unseren Völkern Sprache, Religion und Zivilisation gebracht zu haben“.

In ihrem Gründungsdokument schreibt Majawil q ij, daß „seit der spanischen Invasion unsere Völker alle Arten von Unterdückung, Ausgrenzung, Diskriminierung, Despotie und Unterwerfung erleiden mußten. Sie haben uns unser Land geraubt und all unsere Reichtümer gestohlen.“ Die offizielle Geschichtsschreibung bezeichne die Ankunft Christoph Columbus 1492 in Amerika als den Beginn von Christentum, Zivilisation und Entwicklung. Für die indianischen Völker bedeute das Datum jedoch den Beginn von Ausrottung und Völkermord, die bis heute andauerten.

Die Kampagne gegen die offiziellen Feiern im kommenden Jahr wird in Lateinamerika dezentral vorbereitet. Neben der Kontinentalen Kommission mit Sitz in Guatemala gibt es Koordinierungskomitees in Nordamerika, in der Karibik, in der Andenregion und im Cono-Sur (Argentinien, Chile, Uruguay, Paraguay).

Majawil q ij wurde im September 1990 gegründet, um die Gegenkampagne in Guatemala voranzutreiben. Majawil q ij ist ein Ausdruck der mam-Sprache des westlichen Hochlands in Guatemala und bedeutet „neuer Tagesanbruch“. Unter diesem Namen haben sich Gruppen, Organisationen und Personen zusammengefunden, die ihre Existenz als Indigenas vereint. Sie begreifen sich als verwurzelt in „der Weisheit, dem Widerstand und der Hoffnung“ ihrer Vorfahren, der 22 Ethnien und Indigena-Völker in Guatemala. Das Ziel von Majawil q ij ist „die Schaffung eines neuen Amerikas“, in der die amerikanischen Völker ihre Identität wieder leben können. Sie fordern ihr Recht auf Land, natürliche Ressourcen, Geschichte, Sprache, Kultur, Religion, Organisation, Leben, Gesundheit, Wohnen, Arbiet, höhere Löhne, Technik, politische Partizipation und Demokratie. In Guatemala hat es bis heute drei Treffen auf nationaler Ebene gegeben. Im Juni dieses Jahres gründete sich die „Nationale Bewegung 500 Jahre Indigena- und Volkswiderstand“. Das Sekretariat der Kontinentalen Kampagne hofft, dass durch das jetzige II. kontinentale Treffen die Bildung weiterer nationaler Bewegungen wie der in Guatemala angeregt wird. Im Mai dieses Jahres hatte das Kontinentale Komitee in Xoxocotla, Mexiko, eine Liste mit Zielen der Kampagne erstellt. Genannt werden die Diskussion über die „verleugnete Geschicht“ der Völker, die Einigkeit der Beteiligten als Fundament für zukünftige Projekte. Die verlorengegangene Beziehung zwischen Mensch und Natur soll wiedergewonnen werden, um der Vernichtung der Lebensgrundlagen ein Ende zu setzen.

Bis heute haben sich der Gegenkampagne in Lateinamerika folgende Ethnien, Völker und Nationen angeschlossen: Die Abya Yala, Inuit, Iroqueses, Escachiwas, Apaches, Mexicas, Caribes, Tainos, Zapotecas, Mayas, Cunas, Chibchas, Xabantes, Quechuas, Aimares, Mapuches, Cuaranies, Tupis, Collas und Afroamerikaner/innen. Es haben sich aber auch Vertreter*innen von Gewerkschaften, Student*innen, Kooperativen, Campesinos und Arbeiter*innen und kirchliche Gruppen der Bewegung angeschlossen. An dem Treffen nahmen auch die Führerin der guatemaltekischen Indigenas, Rigoberta Menchu, und – auf besondere Einladung – die Frau des französischen Staatspräsidenten, Danielle Mitterand, an dem Treffen teil. Danielle Miterand wandte sich ausdrücklich gegen die offiziellen Feierlichkeiten zum 500. Jahrestag der Landung von Columbus in Lateinamerika. Eine bemerkenswerte Geste gegen das einseitige Geschichtsbild der „Begegnung zweier Welten“ genannten offiziellen Kamapagne setzte der Bürgermeister der spanischen Stadt Puerto Real, Jose Antonio Barrosdo. Er beauftragte einen ecuadorianischen Künstler, ein Denkmal für die Opfer der spanischen Eroberung Lateinamerikas zu errichten.

Dokumentation: Die Erklärung von Xelaju

(Guatemala, Okt. 1991, NG-POONAL).- Xelaju ist der Name der „Stadt der Mayas“, die heute Quezaltenango heißt. Dort fand vom 7 – 12. Oktober das II. Kontinentale Treffen „500 Jahre Indigena- und Volkswiderstand“ statt. Die Teilnehmer verabschiedeten folgenden Erklärung (Auszüge): „In einer Zeit, in der auf der ganzen Welt die Auswirkungen geschichtlich einmaliger komplexer Entwicklungen zu spüren sind; – in der sich ein beschleunigter Wandel in Osteuropa vollzieht; – in der die verblüffte Welt am Fernseher die Vorbereitungen zu einem neuen Weltkrieg mit chemischen oder nuklearen Waffen oder auch einen Staatsstreich in einer der Weltmächte verfolgen kann; – in der die Vereinigten Staaten, inthronisiert als die führende Weltmacht, eine „Initiative für die Amerikas“ ankündigt und damit der bereits langen Kette ihrer Unterdrückung Lateinamerikas lediglich ein Glied hinzufügen will; – in der Tausende von Menschen in Peru, Ecuador, Kolumbien, Brasilien und Zentralamerika an Cholera sterben, einer Krankheit des Mittelalters, weil man ihnen wegen der Begleichung von Zinsen einer unbezahlbaren Auslandsschuld das Recht auf Gesundheit vorenthält; – in der sich im Wechselspiel imperialistischer Kräfte neue Machtblöcke formieren, als Vorankündigung neuer Konflikte um die Aufteilung der Welt; – in der Europa vertreten durch Spanien zu uns nach Amerika kommt, um in Guadalajara von einem neokolonialistischen Projekt namens „iberoamerikanische Integration“ zu sprechen; – in der der Ost-West-Konflikt verschwunden ist, das Imperium den Konflikt gen Süden wendet und uns in all seiner Herrlichkeit Tod und Unterdrückung bringt: In dieser Zeit haben wir, Indigenas, Schwarze und Volksbewegungen aus Amerika, uns vom 7.-12. Oktober in Xelaju, Guatemala, getroffen, um über folgende Themen nachzudenken: 1) Den Ausverkauf unseres Kontinents durch die europäische und euro-nordamerikanische Invasion in den letzten 499 Jahren des Kolonialismus, Neokolonialismus und der Evangelisation 2) Die Bedeutung, den Nutzen und den Wert, den für uns, Indigenas, Schwarze und Volksbewegungen, die Erde hat – verbunden mit dem Leben und mit dem Schutz der ökologischen Umwelt und unserer natürlichen Ressourcen. 3) Die Rolle der Frau als Erzeugerin des Lebens und in ihrem unermüdlichen Streben nach Freiheit 4) Die Notwendigkeit eines bevorzugten Raumes für unsere Jugend, verwurzelt in einer wieder angeeineten Kultur und in der Herausbildung einer eigenen Identität 5) Wir bekräftigen unseren Kampf für eine wirkliche Demokratie auf dem ganzen Kontinent, die sich in der Vielfalt der Ethnien und Kulturen gründet, um so zur Bildung von Staaten zu gelangen, die eben diesen Charakter in sich tragen und so eine neue amerikanische Heimat bilden 6) Die Verteidigung der Menschenrechte und im Besonderen die der indianischen und schwarzen Völker 7) Wir bleiben bei der Verurteilung von Kolonialismus und Neokolonialismus und widersprechen jeder Feier oder Gedenkveranstaltung, die beabsichtigt, dies zu akzeptieren oder zu rechtfertigen.Gleichfalls fordern wir zum Kampf für unsere Emanzipation und Selbstbestimmung auf 8) Um der Einheit der Indigenas, Schwarzen und Volksbewegungen eine stärkere Grundlage zu geben, haben wir einen Ramen für unsere kurz- und mittelfristigen Aktionen im Hinblick auf 1992 festgelegt.

Basierend auf den vorangegagenen Überlegungen fassen wir folgenden Beschlüsse: 1. Wir bekräftigen und ratifizieren die Übereinkünfte von Bogota zu Beginn unserer Kampagne 2. Wir bekräftigen den umfassenden und demokratischen Charakter der Kampagne und ihrer Treffen. Sie sollen Raum schaffen zur Reflexion und Partizipation mit dem Ziel, einen Prozeß der Einheit der indianischen und schwarzen Völker sowie der Volksbewegungen zu ermöglichen und voranzutreiben. In diesem Sinne befürworten wir, dass die verschiedenen Sektoren der Volksbewegungen ihre jeweils eigene Dynamik in der kontinentalen Kampagne entwickeln. So gilt unsere Anerkennung dem vom 17.-21.Juli in Quito, Ecuador, durchgeführten Treffen der indianischen Völker, dessen Dynamik wir weiter verstärken sollten. Wir begrüssen selbstverständlich alle Initiativen mit dem Ziel, auch alle übrigen sozialen Gruppen zur Teilnahme an der Kampagne zu bewegen. 3) Wir erklären das Jahr 1992 zum „Internationalen Jahr des indianischen, schwarzen und allgemeinen Volkswiderstands“

Wir beabsichtigen: 1) Die praktische Umsetzung unserer Opposition zu den offiziellen 500-Jahre-Feierlichkeiten und wollen Alternativen aufzeigen, die mit den Interessen unserer Völker übereinstimmen. 2) Die Solidarität der Volksbewegungen mit dem Kampf der indianischen Völker 3) folgende Aktionen, neben anderen, im nächsten Jahr durchzuführen, mit nationalen Mobilisierungen und einer kontinentalen Koordinierung: – am 8, März, aus Anlaß des internationalen Frauentages – am 1. Mai, im Ramen des internationalen Tages der Arbeiter/innen – vom 7.-12. Oktober, die Durchführung des III. kontinentalen Treffens der Kampagne in Nicaragua – und die gleichzeitige Durchführung eines Streiks auf dem gesamten Kontinent. 4) den schwierigen Kampf für die politischen Gefangenen in die Wege zu leiten, besonders für Leonard Peltier, der in den USA zu zweimal lebenslänglicher Haft verurteilt wurde. 5) Rigoberta Menchú aus Guatemala für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen, wegen ihres schwierigen Kampfes für die Verteidigung der indianischen Rechte und der Menschen im allgemeinen, in ihrem Land und auf dem Kontinent. 6) von jetzt an die Kampagne „500 Jahre indianischer, schwarzer und allgemeiner Volkswiderstand“ zu nennen. Xelaju, Guatemala, 11. Oktober 1991

Feminismus und Ökologie

(Ecuador, Okt.1991, alai-POONAL) – Frauenorganisationen aus Peru und Ecuador bereiten das „Erste lateinamerikanische Treffen des Öko-Feminismus“ vor. Ihr Ziel ist es, Perspektiven und Ideen über lokale und regionale Alternativen bezüglich der Rolle der Frauen in den Umweltpolitiken auszutauschen. Auch soll die Verbindung zwischen Ökologie und Feminismus aufgezeigt werden. Es soll eine öko-feministische Vision entwickelt werden, die Vorschläge und kulturelle Praktiken aller ethnischen und gesellschaftlichen Gruppen einbezieht, insbesondere der Indigenas, Afrolatinas und anderer dikriminierter „Minderheiten“. Es werden staatliche Politiken und Entwicklungsmodelle infrage gestellt. Ausgangspunkte sind Ökologie und Feminismus: Ökologie als Disziplin, die die Verbindung zwischen den Lebewesen und ihrer physischen Umwelt, in der sie sich entwickeln, herstellt; und Feminismus als politische Handlungsbasis, die die Machtbeziehungen zwischen den Geschlechtern und die Rolle der Frauen in menschlicher Produktion und Reproduktion bestimmt. Im Kern des ökologischen Problems finden sich Strukturen von Macht und Güteraufteilung auf Weltebene; und eine Organisation vertikaler Macht, in welcher die Frauen, fast in ihrer Gesamtheit, jene Plätze belegen, in denen reale Entscheidungsmacht nicht vorhanden ist. Das bedingt ihren Ausschluß aus Formulierung, Anwendung und Entwicklung von Politik und Entwicklungsmodellen und steht in Widerspruch zu der entscheidenden Rolle, die die Frauen in der Produktion von Leben und in allen Sphären ökonomischer und gesellschaftlicher Tätigkeit spielen. Im Zentrum der vielzähligen apokalyptischen Visionen über die Zerstörung der Atmosphäre wird das demographische Problem als eine der Ursachen diskutiert.

Sie bezwecken die Geburtenkontrolle in der Dritten Welt und lassen Betrachtungen über eine effektive Planung, die die Erwartungen der Frauen und ihrer sozio-kulturellen Umgebung aus. Viele Planungsvisionen legen nahe, daß das Problem der weltweiten „Überbevölkerung“ aus der Unverantwortlichkeit und Ignoranz der Frauen in der Dritten Welt beruht. Vorgeschlagene Allheilmittel reichen von der Verteilung von Antikonzeptiven, mehrheitlich schädlich für die Gesundheit der Frauen, bis zur massiven Sterilisierung. (In Brasilien beispielsweise sind 60 Prozent der Frauen im Gebäralter sterilisiert; in der Dominikanischen Republik werden Sterilitätszeugnisse von Frauen verlangt, die Arbeit suchen). Das Grundproblem, der Kontrollverlust der Frauen über die Reproduktion, wird in den demographischen Politiken ausgeklammert. In einigen Umweltpolitiken und denen bezüglich der Frauen, fehlen kritische Betrachtungen über die inherenten Widersprüche der in Lateinamerika angewandten Wachstumsmodelle und der Nord-Süd- Beziehungen. Man ist dazu gekommen, die Suche nach und Akkumulation von Reichtum als eine dem „Hombre“ (Mensch, Mann) angeborene Notwendigkeit zu betrachten. Dadurch hat sich der Determinismus des Kampfes und der Herrschaft des „Hombre“ über die Natur und alles, was sich mit ihr verbindet, legitimiert. Die Natur dient so als unerschöpfliche Quelle für den Reichtum weniger, die den Rest der Menschheit in dessen Dienst verwiesen haben. Das gegenwärtige Massaker der Umwelt (Luftverschmutzung, Entwaldung, Verwüstung etc.) und die menschliche Ausbeutung nehmen unter diesem Blickwinkel einen „natürlichen“ Charakter an. Die von den dominanten Gruppen vorgeschlagenen Linderungsmittel beruhen auf der Vision „Hombre“-Natur. Es ist schwer vorstellbar, wie die Menschheit ökologische Auswege, basierend auf dieser Konzeption finden kann. Verschiedene ökologische Studien haben bewiesen, daß von allen weltweit produzierten Gütern 20 Prozent ausreichen, um die Bevölkerung des gesamten Planeten zu versorgen; 80 Prozent der produzierten Güter sind überflüssige Konsumgüter, die hauptsächlich vom Norden konsumiert werden (die USA mit ihrer Bevölkerung, die 6% der Weltbevölkerung ausmacht, konsumieren 45 Prozent der Resourssen des Globus). Während sich in Lateinamerika auf Kosten der eigenen Zerstörung alles wirtschaftliche Wachstum um den Export dreht, waren die Wachstumsraten in den letzten Jahren die weltweit niedrigsten (0,9% 1988). Parallel zur Zerstörung des Amazonas wird akzeptiert, daß sich verschiedene Regionen in Müllplätze für radioaktive und chemische Produkte verwandeln (Venezuela, Bahamas, Haiti). Und durch den Gebrauch von Agrochemikalien verwandelt sich die Selbstversorgungsproduktion in Monokultur für den Export.

Die Frauen (besonders die Campesinas und ethnischen Minderheiten) werden in diesem Prozeß ihrer Produktions- und Sozialisationsräume beraubt, und gezwungen, in städtische Zonen des Nordens und Südens zu migrieren. (Die UNOschätzt, das 52% der lateinamerikanischen Migrant*innen in den USA Frauen sind. Unter drei Immigrant*innen, die die Grenze Mexiko-USA überqueren, befinden sich zwei Frauen) In ihrem „Exil“ müssen sie schlecht entlohnte und nicht gesicherte Arbeiten annehmen, da die Nutzung neuer Technologien hauptsächlich die Männer begünstigt.

Ähnlich sieht es beim Zugang zu Krediten und anderen ökonomischen Hilfsmitteln aus, auf nationaler undinternationaler Ebene. Wegen dieser Ungleichgewichte, und weil die Zerstörung des Ökosystems täglich die Lebensmöglichkeit des Planeten einschränkt, haben sich die Feministinnen entschlossen, konkrete Aktionen zu Gunsten des Lebens durchzuführen. Dieses erste lateinamerikanische öko- femininistische Treffen soll Grundlagen des menschlichen Überlebens und der Veränderungen aufbauen.

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