Drei Viertel der Bevölkerung beklagen mindestens eine*n COVID-Tote*n

(Brasilia, 5. Mai 2021, Brasil de Fato).- Brasilien zählt zu den Ländern, die seit Beginn der Pandemie die meisten Todesfälle durch COVID-19 zu beklagen haben. Seit mehr als einem Jahr müssen die Brasilianer*innen miterleben, wie Familienangehörige, Freund*innen und Kolleg*innen sterben. Der Nationale Industrieverband CNI veröffentlichte Anfang Mai die Ergebnisse der Umfrage „Die Brasilianer*innen, die Pandemie und der Konsum“. Drei von vier Brasilianer*innen haben demnach seit dem Ausbruch der Krise mindestens eine nahestehende Person durch COVID-19 verloren. Bei 53% der Befragten handelte es sich um eine befreundete Person, 25% verloren eine*n nicht im eigenen Haushalt wohnende*n Familienangehörige*n und 15% einen Arbeitskollegen oder eine Arbeitskollegin. Angesichts der Situation, in der sich Brasilien befindet – mit einer hohen Anzahl von Todesopfern und einem Mangel an Impfstoffen – betrachten 89% der Befragten die Pandemie als „ernst“ oder „sehr ernst“. 6% halten die Situation für „mehr oder weniger schlimm“, während nur 10% der Brasilianer*innen als „nicht sehr schwer“ oder „überhaupt nicht schwer“ beurteilen. Im Juli 2020 hatten nur 84% die Lage als „sehr schwer“ oder „schwer“ eingeschätzt.

Es kann noch schlimmer kommen

Brasilien verzeichnet bisher mehr als 407.000 Opfer, die an COVID-19 gestorben sind. Diese Zahl könnte zum 1. August 2021 auf 575.000 ansteigen. Dies zumindest hält das im Bereich der globalen Gesundheitsstatistik und Wirkungsevaluation in Washington tätige Institute for Health Metrics and Evaluation für das wahrscheinlichste Szenario. „Ein Anstieg der Todesopfer auf 688.700 in diesem Zeitraum wäre der worst case. Das Institut geht außerdem davon aus, dass eine dritte Welle ab Ende Mai möglich ist“, so der Journalist Leonardo Sakamoto. „Die Schätzungen der Universität von Washington sind sehr genau, da man mit einem stabilen Verlauf rechnen kann. Sogar unsere Schwächen beim Testen wurden berücksichtigt“, erklärte der Epidemiologe Wanderson Oliveira, Sekretär für ganzheitliche Gesundheitsdienste beim Obersten Bundesgerichtshof und ehemaliger Leiter der Berichterstattungsbehörde des Gesundheitsministeriums.

Die Angst geht um

Zusätzlich zu den nicht zu ersetzenden Verlusten leben die Brasilianer*innen in Angst, was ebenfalls verschiedene Krankheiten hervorrufen kann. Die von dem CNI durchgeführte Umfrage ergab, dass 56% der Brasilianer*innen momentan unter „sehr großer” oder „großer” Angst vor COVID-19 leiden. „Im Juli des vergangenen Jahres lag dieser Prozentsatz bei 47%”, so eine Reportage der Tageszeitung O Estado de S. Paulo. „Aktuell bezeichnen 22% der Bevölkerung ihre Angst vor der Pandemie als ‚mittelgroß‘. Nur 9% gaben an, ihre Angst sei ‚gering‘ oder ‚sehr gering‘. Im Juli 2020 waren es noch 29% (‚mittelgroße‘ Angst) bzw. 10% (‚geringe‘ oder ‚sehr geringe‘ Angst)“.

Die Pandemie erschüttert die Wirtschaft

Die vom Nationalen Industrieverband CNI in Auftrag gegebene Umfrage wurde vom Meinungsforschungsinstitut FSB Investigación zwischen dem 16. und 20. April in 26 Bundesstaaten Brasiliens sowie dem Bundesdistrikt durchgeführt. 2.060 Personen, die älter waren als 16 Jahre, nahmen teil. Die Fehlermarge der Umfrage liegt bei 2% mit einem Vertrauensbereich von 95%. In einer Pressemitteilung erklärte der Präsident des Nationalen Industrieverbands Robson Braga de Andrade: „Solange es keine Massenimpfung gibt, wird die Pandemie die Bevölkerung sehr beunruhigen und auch weiterhin den Betrieb der Unternehmen beeinträchtigen. Das wiederum  behindert die erhoffte Wiederbelebung der Wirtschaft.“ Laut dem Pressekonsortium brasilianischer Medien, dem Estadão, G1, O Globo, Extra, Folha und UOL angehören, haben 31.875.681 Brasilianer*innen bis zum Sonntag, 2. Mai 2021 zumindest die erste Impfung gegen COVID-19 erhalten. „Diese Zahl entspricht aber nur 15,05 Prozent der brasilianischen Bevölkerung. In der Praxis haben somit nur drei von 20 Brasilianer*innen eine Impfdosis bekommen. Nur 7,49% der Bevölkerung haben bisher beide Impfungen erhalten“, so das Konsortium.

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