„Die Mobilisierung muss weitergehen!“

(Bogotá, 21. November 2020, Colombia Informa).- Vor einem Jahr waren die Straßen der wichtigsten kolumbianischen Städte im November randvoll. In diesem Jahr haben sich Bäuer*innen aus verschiedenen Regionen des Landes auf eine dreitägige Aktion vorbereitet. Zusätzlich wurde in den Städten zu Demonstrationen aufgerufen. Was fordern diese Menschen? Was steht für den Rest des Jahres an? Darüber sprach Colombia Informa mit Ernesto Roa, dem Präsidenten der landesweiten Agrarkoordination, einer bäuerlichen Organisation, die die Bewegung in verschiedenen Teilen des Landes angeführt hat.

Wer hat an diesen Protesten teilgenommen?

Seit dem 19. November wurden Menschen an verschiedenen Orten des Landes mobilisiert. Die landesweite Agrarkoordination hat in verschiedenen Regionen protestiert: Atlántico, Nariño, Cauca, Valle del Cauca, Huila, Eje Cafetero, Sur de Bolívar, Bajo Cauca, Nordeste Antioqueño, Catatumbo, Santander, Cesar und Arauca. Zusätzlich sind verschiedene Orte und Sektoren dem Aufruf des Nationalen Streikkomitees gefolgt, zum Beispiel die Gewerkschaften. Der Protest hat am 19. November angefangen und wird bis zum 21. November und vielleicht auch weit länger fortgeführt.

Was hat die Menschen zum Protest motiviert?

In einem Thema sind sich alle Sektoren, die auf die Straße gegangen sind, einig: in der Notwendigkeit, den Genozid und den Staatsterrorismus zu beenden. Leider wird auf den gesellschaftlichen Protest mit militärischen Mittel reagiert, als wären wir im Krieg. Die Protestierenden, die Bauernbewegung, allen voran die Kokabauern, werden ermordet, vertrieben und bedroht. Und es sind nicht nur die einzelnen und gezielten Tötungen. Es wurden in diesem Jahr auch schon über 70 Massaker verübt.

Was sind die wichtigsten Forderungen?

Die Hauptforderung dieser Protestbewegung an den Staat ist es, den Genozid, die Verfolgung, die Kriminalisierung und Inhaftierung von Aktivistinnen und Aktivisten sofort und dauerhaft zu beenden. Aber die Forderungen gehen noch weiter – bis dahin, den Rücktritt einer schlechten Regierung zu verlangen. Alle bisherigen Regierungen waren schlecht, aber die jetzige ist die schlimmste. Also verlangen wir auch den Rückzug der Regierenden aus ihrer Führungsposition.

Und als Bauern…?

Als Bauern haben wir Themen wie Souveränität aufgeworfen – nicht nur Ernährungssouveränität, sondern auch nationale Souveränität und die Souveränität der Menschen. Das bedeutet, anzuprangern und Beweise dafür zu liefern, wie etwa die Importe durch die Freihandelsabkommen zugenommen haben und so die nationale Produktion stark gefährden. Das wird zum Beispiel an der aktuellen Kartoffelkrise in Kolumbien deutlich. Zehn Departamentos produzieren Kartoffeln, aber nur vier davon stellen die Mehrheit der Produktion: Boyacá, Cundinamarca, Nariño und Antioquia. Heute befinden sich die Kartoffel produzierenden Bauern und Bäuerinnen in einer sehr komplexen Krise, da 60.000 Tonnen Kartoffeln importiert werden, vor allem aus Holland.

Hier geht es um Souveränität und wir fordern, dass die Importe gestoppt und Produktionsgarantien für die Bauern und Bäuerinnen eingeführt werden. Zusätzlich fordern wir, dass die nationale Souveränität auch in Sachen Menschenrechte gewahrt wird und dass die Intervention US-amerikanischer Soldaten auf unseren Territorien aufhört.

Ein anderes Thema ist das Land. Um die aktuelle Krise zu überwinden, fordern wir, dass den Bauern und Bäuerinnen sofort Land zur Verfügung gestellt werden muss, inklusive Produktionsgarantien. Das alles kommt im Rahmen eines strategischen Fokus im Zusammenhang mit der umfassenden und demokratischen Agrarreform (Reforma Agraria Integral y Democrática) noch einmal stärker zusammen. Außerdem fordern wir weiterhin, die bäuerliche Bevölkerung als sozialen und politischen Akteur anzuerkennen, genauso wie ihre eigene Einteilung des ländlichen Raumes.

Was erhoffen Sie sich hinsichtlich der Demonstrationen?

Eine Aufgabe der sozialen Bewegung muss es bleiben, Einheit und gemeinsame politische Arbeit zu schaffen, die uns erlaubt, den Kampf zu verstärken und darüber hinaus auf lange Sicht als Bewegung aktiv zu bleiben. Es ist wichtig, weiterzumachen. Gerade jetzt wo wir uns in einer allgemeinen Krise befinden, die sich weiter verstärken wird.

Welche weiteren Protestaktionen sind geplant?

Wir haben schon einen Ablaufplan für Aktionen am 25. November und 10. Dezember. Ab jetzt werden wir kontinuierlich weitermachen, um unsere Ziele zu erreichen.

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