Wegen der Waffen

(Montevideo, 25. Juli 2012, la diaria-poonal).- Die Staatsanwaltschaft der Region Araucanía registrierte zwischen Januar und Mai dieses Jahres 84 Gewalttaten, die von Sachschäden und Drohungen bis zu Brandstiftungen und Tötungen reichen. Die Liste wird von den Brandstiftungen angeführt (29), gefolgt von Drohungen (15) und widerrechtlichen Aneignungen (13), die sich sich hauptsächlich gegen Forstunternehmen richten, welche auf Ländereien tätig sind, die von den Mapuche-Indigenen als deren angestammte Territorien angesehen werden.

Waffenkauf, Bürgerwehr und Selbstverteidigung

Die Zahl steht für einen Anstieg der Gewalt. Im selben Zeitraum des Vorjahres (2011) waren es lediglich 33 Fälle. Angesichts dieser Daten, die als alarmierend bezeichnet wurden und zu denen die Forderungen von Forstunternehmen und Großgrundbesitzer*innen der Region Araucanía hinzukommen, hatte die Regierung am 24. Juli 2012 zu einem Sicherheitsgipfel aufgerufen

Sowohl die Gesellschaft zur Förderung der Landwirtschaft SOFO (Sociedad de Fomento Agrícola) als auch kleinbäuerliche ländliche Produzent*innen der Region hatten diese Maßnahme der Regierung bereits vor dem Treffen im Regierungspalast La Moneda gefordert und einige hatten sogar vor dem Regierungssitz protestiert. Der Präsident der Ländlichen Bürgerwehr der Kleinbauern und -bäuerinnen der Region, Joel Ovalle, erklärte auf dieser Kundgebung, dass er weiterhin „darauf hinarbeiten werde, dass die Bauern weiter Waffen kaufen und falls ein Krimineller auftaucht, dass sie den erschießen“, in Erfüllung des Gesetzes, dass die Selbstverteidigung legitimiert.

Justizminister hat Waffe „um sie zu benutzen“

Anlässlich dieser Aussagen befragt, erklärte der inzwischen [am 17. Dezember 2012] zurückgetretene Justizminister Teodoro Ribera, er selbst habe eine Waffe und würde nicht zögern, diese zu benutzen, falls jemand sein Leben oder das seiner Familie bedrohe. „Für mich ist klar, dass ich eine Waffe habe, um sie zu benutzen“, unterstrich er. Sabas Chahuán, der Oberstaatsanwalt Chiles, erklärte den Waffenbesitzer*innen mittels der Kommunikationsmedien, unter welchen Bedingungen die Verteidigung mit Waffen legitim ist und wann nicht.

Während des Sicherheitsgipfels kam die Regierung überein, den Lohn der Carabineros in der Konfliktregion zu erhöhen, Spezialeinheiten dorthin zu entsenden sowie Gelder freizugeben, damit die Polizei in diesen Regionen technisches Gerät erwerben könne.

Hintergründe

Der Leiter der Staatsanwaltschaft der Region Araucanía, Francisco Ljubetic, versicherte am 24. Juli 2012, dass, als die Regierung 2010 die Anzeigen gegen Mapuche-Führer fallen ließ, mehrere von ihnen freigelassen wurden und es jene Mapuche-Führer seien, die für den Anstieg der Gewalt sorgen würden.

Doch andere Stimmen wie die von Alberto Espina, Senator der regierenden Partei der Nationalen Erneuerung (Renovación Nacional) für diese Region, heben hervor, dass sowohl die Carabineros als auch die Staatsanwaltschaft an einem Ambiente der generalisierten Gewalt mitwirken. „Der Staatsanwalt kann nicht von Guerilleros sprechen“, unterstrich Espina und bezog sich damit auf Ljubetic, der einige Tage zuvor versichert hatte, es existiere eine „ländliche Guerilla“, die aus Mapuche der Araucanía-Region bestehe. Espina verwies aber auch darauf, dass die Arbeit der Geheimpolizei unzureichend sei, denn „die ganze Welt weiß“ wer die „40 Personen“ seien, die diese Angriffe verübten, so der Senator.

Noch mehr Hass

Die Erklärungen des Staatsanwalts und das Auftreten der Carabineros wurden auch von der Leiterin des Landesweiten Instituts für Menschenrechte, Lorena Fríes zurückgewiesen. Sie betonte, man habe den „exzessiven und unangemessenen Einsatz von Gewalt durch die Carabineros“ festgestellt, was nicht dazu betrage, „Frieden und Normalität“ in der Region zu schaffen. Dies werde „auch nicht mit Deklarationen erreicht, in denen die Ereignisse als Taten einer Guerilla bezeichnet“ werde, so Fríes.

Die Rolle der Worte wurde auch vom oppositionellen Senator der Region Araucanía, Eugenio Tuma, hervorgehoben. Dieser kritisierte die Regierung wegen ihrer konstant assistentialistischen und repressiven Position gegenüber den Mapuche und machte sie für „das Verstärken des Hasses in den Territorien“ verantwortlich. „Das ist delikat und es zeugt von völliger Unverantwortlichkeit, wie das Volk der Mapuche als Terroristen beschuldigt werden und: dass ein Minister den Einsatz der Waffen legitimiert […] bedeutet schlichtweg das Säen von noch mehr Hass“.

 

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