UNO fordert Stopp der Anwendung des Anti-Terrorgesetzes gegen Mapuche

(Lima, 01. August 2013, servindi-poonal).- Der UN-Sonderbotschafter für Menschenrechte und Terrorbekämpfung, Ben Emmerson, forderte die chilenischen Behörden am 30. Juli auf, das Anti-Terrorgesetz nicht mehr anzuwenden, wenn Mapuche Land zurückfordern. Das Gesetz stammt noch aus der Zeit der Pinochet-Diktatur (1973-1990) und war ursprünglich geschaffen worden, um gegen die Opposition vorgehen zu können.

 

Ungerechtigkeit und Stigmatisierung

Emmerson, der seit dem 17. Juli in Chile weilte und während seines Aufenthaltes sowohl mit Mapuche-Vertreter*innen, Mitarbeiter*innen von Menschenrechtsorganisationen und Vertretern staatlicher Behörden (Außenministerium, Innenministerium, Ministerium für Justiz und Soziale Entwicklung, Kongressabgeordnete, Justizbeamte, Strafverfolgungsbehörde) zusammengekommen war, kritisierte die Anwendung des Gesetzes 18.314 scharf, das unter anderem auch die Anhörung anonymer Zeug*innen erlaubt.

Auf einer Pressekonferenz in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile unterstrich Emmerson, das Gesetz sei auf diskriminierende und konfuse Art und Weise angewendet worden. Dies habe „zu wirklicher Ungerechtigkeit geführt und das Recht auf einen fairen Prozess beeinträchtigt und ist als Stigmatisierung wahrgenommen worden“, so der UN-Sonderbotschafter.

Emmerson gab in seinem Vorbericht drei Empfehlungen an die chilenische Regierung bezüglich der Rückforderungen von Land seitens der Mapuche, vor allem in den südlichen Regionen Bío Bío und Araucanía ab.

Erstens müsse eine nationale Strategie zum Umgang mit dem Konflikt entwickelt werden, „mit einem kurzfristig erreichbaren und definierten Ziel“. Dies würde jedoch, so der UN-Sonderbotschafter, „eine bedeutende Kehrtwende im politischen Willen erfordern“.

Regierung weist Bericht zurück

Zweitens forderte Emmerson, dass das Anti-Terrorgesetz bei Auseinandersetzungen um Mapuche-Territorien nicht mehr angewendet wird und vor allem, dass jene Urteile überprüft werden, bei denen anonyme Zeug*innen angehört wurden. Drittens empfielt er die Schaffung einer neuen, von Kriminalpolizei und kasernierter Polizei unabhängigen Institution, die Klagen über exzessive Gewaltanwendung seitens der Polizei untersuchen soll. Die gegenwärtig damit betraute Einrichtung „hat dabei versagt, die Einhaltung der Gesetze zu garantieren“ und derartige Anzeigen zu verfolgen, so Emmerson.

Innenminister Andrés Chadwick kritisierte, dem Vorbericht fehle “jegliche Basis”. „Es scheint uns nicht angemessen, dass ein UN-Sonderbotschafter, der keinerlei Verantwortung bezüglich der Sicherheit des Landes hat, eine Information verbreitet, der jegliche Basis und adäquate Information fehlt“, so Chadwick. Gleichzeitig unterstrich er, „unser Land ist nicht frei von Terrorismus und angesichts dessen benötigen wir ein Gesetz, das es ermöglicht, sich terroristischen Akten entgegenzustellen, dass die Kraft hat, entschieden gegen Terroraktionen vorzugehen“.

Klage der Mapuche beim CoIDH anhängig

Lorena Fríes, Leiterin des Nationalen Instituts für Menschenrechte INDH (Instituto Nacional de Derechos Humanos) begrüßte die Vorschläge Emmersons, da sie auf die Lösung drängender Probleme in der Region abzielten und, auf lange Sicht, die Regierung dazu drängten, eine Gesamtlösung des Konflikts anzubieten. „Wir stimmen, ohne Straffreiheit propagieren zu wollen, darin überein, dass wir der Ansicht sind, dass der Weg über die Gerichte keine Art und Weise ist, den Konflikt zwischen Staat und Mapuche-Gemeinden zu lösen“, erklärte Fríes.

Ben Emmerson war während seines einwöchigen Chilebesuches auch mit Vertretern der kasernierten Polizei, der Kriminalpolizei und der Gefängnispolizei zusammengekommen. Der endgültige Bericht zur Einschätzung der Menschenrechtssituation in Chile wird im März 2014 veröffentlicht werden und für die Beurteilung Chiles im Menschenrechtsrat der UNO herangezogen werden.

Der Bericht wird auch an den Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte CoIDH (Corte Interamericana de Derechos Humanos) gesandt. Der CoIDH wird im November über die Klage der Mapuche gegen die Möglichkeit anonymer Zeugenaussagen bei der Anwendung des Anti-Terrorgesetzes entscheiden.

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