Poonal Nr. 724

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 04. Juli 2006

Inhalt


MEXIKO

GUATEMALA

HONDURAS

KOLUMBIEN

VENEZUELA

PERU

BOLIVIEN

CHILE-PANAMA

URUGUAY


MEXIKO

Die “Andere Kampagne” demonstriert

Von Wolf-Dieter Vogel

(Mexiko-Stadt, 2. Juli 2006, poonal).- Rund 6.000 Menschen demonstrierten am Tag der Präsidentschaftswahlen (2. Juli) in der mexikanischen Hauptstadt, unter ihnen auch der Sprecher der Zapatistischen Befreiungsarmee EZLN (Ejército Zapatista de la Liberación Nacional) Subcomandante Marcos. Aufgerufen hatte die “Andere Kampagne”, mit der sich die EZLN und zahlreiche Basisorganisationen “von Unten und für die von Unten” vernetzen. Im Mittelpunkt der Aktion stand die Forderung nach der Freilassung politischer Gefangener, die Anfang Mai bei Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und Linken in der Gemeinde San Salvador Atenco nahe Mexiko-Stadt verhaftet worden waren. Noch immer sitzen 30 von ihnen im Gefängnis.

Zudem sprühten Demonstranten zahlreiche Parolen, die sich gegen die Wahlen wandten. „Unsere Ideen von Gerechtigkeit und Freiheit passen nicht in eure Urnen,“ hieß es auf einem der Transparente. Subcomandante Marcos, der „Delegierte Null“ der Zapatisten für die Andere Kampagne, hatte am Tag zuvor auf einer Bundesversammlung der bündnispolitischen Initiative in Mexiko-Stadt klargestellt, dass man sich nicht offensiv gegen die Wahlen stellen werde: „Wir müssen die, die wählen wollen, wählen lassen und ihnen zugleich sagen, dass es eine Alternative gibt“.

An der Versammlung, die am Freitag und Samstag (30.6 und 1.7.) in einem alten Kino stattfand, beteiligten sich etwa 600 Menschen aus verschiedenen politischen Spektren: Indígenas, Studentinnen und Studenten, Vertreterinnen und Vertreter von Gewerkschaften, Stadtteilorganisationen und Bauernverbänden. Im Vordergrund stand die Vorbereitung der Demonstration am kommenden Tag sowie die Zukunft der Anderen Kampagne.

Auf der Abschlusskundgebung der Demonstration auf dem Zócaló, dem zentralen Platz im Historischen Zentrum von Mexiko-Stadt, sprach unter anderem eine Vertreterin der Bauernorganisation “Frente de Pueblos Unidos en Defensa de la Tierra” (FPDT) aus San Salvador Atenco. „Man kann nicht von Demokratie reden, wenn wir weiterhin belagert, geschlagen und vergewaltigt werden, während die Verantwortlichen auf freiem Fuß sind“, sagte sie mit Blick auf die Angriffe gegen die Bewohner der Gemeinde. Auch Vertreter der “Anderen Kampagne” aus verschiedenen Regionen Mexikos hielten Redebeiträge.

Die Demonstration war erst im letzten Moment endgültig beschlossen worden. Sie bekam eine besondere Note, da am Tag der Wahlen jegliche politische Betätigung in der Öffentlichkeit verboten ist. Es kam jedoch nicht zu Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften.

Auch in anderen Städten Mexikos initiierten Aktivistinnen und Aktivisten der Anderen Kampagne am Tag der Präsidentschaftswahlen Aktionen. Ebenso gab es außerhalb des Landes Solidaritätsaktionen für die Freilassung der Gefangenen von Atenco. So etwa in Rom und Berlin, wo rund 200 Menschen vor der mexikanischen Botschaft demonstrierten.

Noch kein Sieger bei mexikanischen Präsidentschaftswahlen ermittelt

Von Gerold Schmidt

(Mexiko-Stadt, 3. Juli 2006, npl).- Die mexikanische Bevölkerung muss noch mindestens bis zum Mittwoch (5.Juli) warten, bis sie weiß, wen sie zu ihrem nächsten Präsidenten gewählt hat. Der konservative Regierungskandidat Felipe Calderón von der Partei der Nationalen Aktion (PAN) und sein sozialdemokratischer Herausforderer Andrés Manuel López Obrador von der Partei der Demokratischen Revolution (PRD) lieferten sich am Sonntag das vorausgesagte Kopf-an-Kopf-Rennen. Nach einer Hochrechnung der Bundeswahlbehörde lagen sie so eng zusammen, dass der oberste Wahlleiter Luis Carlos Ugalde es am späten Abend ablehnte, die Tendenz oder konkrete Zahlen dieser Rechnung bekannt zu geben.

Beide Kandidaten betonten in Reden gegenüber ihren Anhängern, die Entscheidung der Wahlbehörde und deren Endergebnis respektieren zu wollen. Beide erklärten sich jedoch gleichzeitig zum Sieger. Der zuvor als leichter Favorit gehandelte López Obrador führte parteieigene Erhebungen an, die eine “unumkehrbare” Entwicklung zu seinen Gunsten zeigten. Calderón zählte Umfragen und Hochrechnungen ihm geneigter Meinungsforschungsinstitute auf. In der offiziellen vorläufigen Auszählung lag Calderón am frühen Montagmorgen nach der Auswertung von 75 Prozent aller Wahlurnen mit 37 zu 36 Prozent ganz knapp vorne.

Die im Jahr 2000 nach 71 Regierungsjahren von der PAN abgelöste Revolutionäre Institutionelle Partei (PRI) stürzte mit ihrem Kandidaten Roberto Madrazo regelrecht ab. Madrazo wird voraussichtlich nicht über die 20-Prozentmarke kommen. Damit erfüllte sich die Prognose von einer Polarisierung zwischen den Präsidentschaftsanwärtern von PAN und PRD noch stärker als angenommen. Im Senat und Abgeordnetenhaus wird sich diese Polarisierung abgeschwächt widerspiegeln. Die PAN liegt hier eindeutig vor PRD und PRI, ist jedoch weit von einer absoluten Mehrheit entfernt. Sowohl Calderón als auch López Obrador würden damit auf eine Oppositionsmehrheit im mexikanischen Kongress stoßen. Das Kräfteverhältnis könnte sich dann verschieben, wenn die PRI endgültig zerbrechen und ihre Mitglieder weiter nach rechts und links aufteilten sollte.

Nach ersten Wahlanalyen gelang den Hauptkontrahenten nicht, entscheidend in die Bastionen des Gegners einzubrechen. So behauptete die PRD problemlos ihre absolute Vormachtstellung in Mexiko-Stadt, wo sie nicht nur López Obrador ein dickes Stimmenpolster bescherte, sondern weiterhin den Bürgermeister stellen wird. Die PAN unterstrich ihre Stärke im Landesnorden unter anderem durch klare Siege bei den  Gouverneurswahlen in den Bundesstaaten Jalisco und Guanajuato. Die Wahl wird wahrscheinlich durch Details entschieden. So könnten López Obrador letztendlich die drei Prozent Stimmen für die von ihm im Wah
lkampf ignorierte Präsidentschaftskandidatin Patricia Mercado von einer neu formierten sozialdemokratischen Kleinstpartei zum Verhängnis werden. Dagegen stimmten die Anhänger einer überraschend ins Parlament einziehenden rechten PRI-Abspaltung bei der Präsidentschaftswahl offenbar fast geschlossen für Calderón anstatt für den eigenen Kandidaten.

Der größte bisher bekannt gewordene Zwischenfall bei den Wahlen ist die Ermordung von zwei PRD-Beobachtern im Bundesstaat Guerrero. Die im Vorfeld von der Opposition geäußerten Befürchtungen über einen “elekronischen Wahlbetrug” zugunsten des Regierungskandidaten wurden am Wahlabend nicht wiederholt, ohne deswegen vom Tisch zu sein. Sollte sich der Wahlsonntag im Nachhinein anders als von Präsident Vicente Fox und dem Bundeswahlleiter dargestellt doch nicht als “exemplarisch” erweisen, sind Proteste programmiert.

Etwa 40 Prozent der mehr als 71 Millionen wahlberechtigen Mexikaner machten sich nicht auf den Weg zur Urne. Zu den Skeptikern gehörten auch die Sympathisanten der von den aufständischen Zapatisten initierten “anderen Kampagne”, für die das aktuelle politische System des Landes nur varierte Optionen des neoliberalen Modells anbietet. Die andere Kampagne hatte auf einer Vollversammlung allerdings beschlossen, die Wahlen nicht zu behindern. Auf einem kleinen Protestmarsch durch das Stadtzentrum demonstrierten ihre Mitglieder einschließlich des Subcomandante Marcos gegen die “Hegemonie der Parteien in der Politik”.

Ex-Präsident Echeverría wegen Völkermord unter Hausarrest

Von Gerold Schmidt

(Mexiko-Stadt, 1. Juli 2006, npl).- Holt die Geschichte Mexikos Ex-Präsidenten Luis Echeverría (1970-1976) doch noch ein? Seit vergangenem Freitag ist Echeverría auf richterliche Anordnung unter Anklage des Völkermordes verhaftet. Ihm wird als damaligem Innenminister die Hauptverantwortung für das so genannte Massaker von Tlatelolco am 2. Oktober 1968 in Mexiko-Stadt angelastet. Der Staatsterror forderte nach konservativen Schätzungen mehrere hundert Tote unter den gegen das Regime protestierenden Studenten. Nun muss sich noch entscheiden, ob tatsächlich ein Strafprozess gegen Echeverría angestrengt wird oder er ein weiteres Mal davon kommt. Von wirklicher Haft kann bis dahin nicht die Rede sein. Wegen seines fortgeschrittenen Alters steht der 86-jährige nur unter Hausarrest.

Noch im September 2005 verweigerte ein anderer Richter den von Sonderstaatsanwalt Ignacio Carillo Prieto geforderten Haftbefehl. Er bewertete den Fall als verjährt. Und im Parallelverfahren zum so genannten Fronleichnamsmassaker vom 10. Juni 1971, das in die Präsidentschaft Echeverrías fiel, hatten es im Juni 2003 und Anfang 2005 zwei Richter abgelehnt, wegen Völkermord zu ermitteln. Richter José Angel Matta Oliva sah nun beim Massaker von Tlatelolco erstens den Tatbestand des Völkermordes als gegeben an. Zweitens stützte er sich auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes. Demnach kann Echerverría sich anders als sieben weitere angeklagte ehemalige Staatsfunktionäre und Militärs nicht auf die im mexikanischen Gesetz festgelegte Verjährungsfrist von 30 Jahren berufen. Die Zeit in und an der Regierung, in der er Immunität genoss, dürfe nicht mitgezählt werden.

Sollte es wirklich zum Strafprozess mit möglicher Verurteilung kommen, wäre dies der erste wirkliche Erfolg für Sonderstaatsanwalt Carillo in den fünf Jahren seiner Amtszeit. Der noch amtierende konservative Präsident Vicente Fox hatte die “Sonderstaatsanwaltschaft für Soziale und Politische Bewegungen der Vergangenheit” 2001 mit dem Versprechen eingerichtet, die unter den vorausgegangenen PRI-Regierungen begangenen Verbrechen gegen die Opposition aufzuklären sowie die Verantwortlichen zu bestrafen. Doch bisher erlebte Carillo nur Rückschlage. Vielen Kritikern galt die Sonderstaatsanwaltschaft als Fassade, die das Menschenrechtsimage der Regierung aufpolieren sollte.

Der Haftbefehl gegen Echeverría wird unterschiedlich bewertet. Nicht nur die PRI verwies auf ein mögliches Wahlkampfmanöver. Der richterliche Beschluss zwei Tage vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen überraschte ebenfalls Menschenrechtsorganisationen sowie Familienangehörige von Opfern und Überlebende des Massakers. Für die bekannte Menschenrechtsaktivistin Rosario Ibarra de Piedra, deren Sohn während Echeverrías Amtszeit “verschwand”, lenkt der Haftbefehl nur ab. Edgar Cortez, Koordinator eines landesweiten Menschenrechtsnetzwerkes sprach vom “wahrscheinlichen Zusammenhang mit den Wahlen”. Betroffene des Massakers äußerten die Befürchtung, die Hoffnung auf Gerechtigkeit könnten ein weiteres Mal betrogen werden. Geht es nach Echeverrías Anwalt, werden sie damit Recht behalten. Der Sonderstaatsanwalt werde “den Ex-Präsidenten niemals im Gefängnis sehen”, versicherte er.

Kritik an Zusammensetzung der Telekommunikationskommission

(Buenos Aires, 29. Juni 2006, púlsar-poonal).- Der mexikanische Kongress genehmigte die Aufnahme von vier Abgeordneten der Partei der Institutionellen Revolution PRI (Partido Revolucionario Institucional) und der Partei der Nationalen Aktion PAN (Partido Acción Nacional) in die jüngst gegründete föderale Telekommunikationskommission. Soziale und politische Organisationen kritisieren die Entscheidung, da sie die Parteinangehörigen als „direkte Verbündete“ des Medienkonzerns Televisa sehen. Trotz den Vorwürfen von Abgeordneten der Partei der Demokratischen Revolution PRD (Partido de la Revolución Democrática), dass die Kontrolle des regulierenden Organs der Telekommunikation in die Hände von Televisa fallen würde, billigten Abgeordnete und Senatoren den Vorschlag des scheidenden Präsidenten Vicente Fox.

Der PRD-Senator Raymundo Cárdenas sagte, dass diese Ernennungen ein weiterer Schritt der ominösen Aktionen von PRI und PAN seien, um die Ziele des neu verabschiedeten Telekommunikationsgesetzes voranzubringen. Das Gesetz wird von Kritikern in Mexiko als „Ley Televisa“ bezeichnet. „Das Ziel von Televisa wird mit den Reformen, die dem Konzern ohne Extrakosten die Macht im Radiobereich sichern, erreicht sein. Wieder einmal habe sich die legislative Macht dem TV-Riesen gebeugt, um sich des regulierenden Organs zu bemächtigen, meinte der Senator weiter.

Gustavo Gómez, Direktor des Programms Gesetzgebung und Recht auf Kommunikation der Lateinamerikaabteilung des Weltverbands der Basisradios AMARC (Asociación Mundial de Radios Comunitarias), versicherte, dass “die Instanz, die in Mexiko Radio und Fernsehen reguliert, von direkten Verbündeten der Televisa-Gruppe gebildet wurde. Nach fortschrittlichen Empfehlungen sollte sie jedoch eigentlich ein unabhängiges technisches Organ sein.“ Die Entscheidung sei nach der Reformierung des Telekommunikationsgesetzes ein weiterer Schritt zugunsten dieser Wirtschaftsgruppe, schloss Gómez.

GUATEMALA

Indigene in Guatemala gründen Partei

(Montevideo, 23. Juni 2006, comcosur).- Verschiedene Organisationen der indigenen Bevölkerung Guatemalas, angeführt von der Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú, planen die Gründung einer eigenen politischen Partei. Laut einer in der Tageszeitung Prensa Libre veröffentlichten Umfrage könnten sich 71,2 Pr
ozent der Befragten einen indigenen Präsidenten vorstellen. Da die nächsten Wahlen bereits im Jahr 2007 stattfinden werden und dieser Termin zu früh für eine Kandidatur wäre, sind die Augen jetzt auf die Wahlen im Jahre 2011 gerichtet.

Vilma Sánchez, führendes Mitglied der Initiative, sagte, dass „eine Parteigründung momentan noch nicht möglich sei, da die Frist für eine Eintragung schon Ende Mai verstrichen ist. Wir denken daher eher an ein mittelfristigeres Projekt.“ Menchú sagte ihrerseits, dass „ein politisches Instrument, durch das die Indígenas an die Macht gelangen, fehlt.“ Die Friedensnobelpreisträgerin ist die bekannteste Person des Landes und hat laut der Umfrage die Sympathie von 66 Prozent der Befragten.

See in Gefahr

(Lima, 28. Juni 2006, na).- Sprecher des Vereins der Freunde des Sees Izabal beschuldigen das Ministerium für Umwelt und natürliche Ressourcen, die guatemaltekische Nickel-Gesellschaft CGN (Compañía Guatemalteca de Níquel CGN) bei der Genehmigung einer Untersuchung zur Umweltverschmutzung, welche die Verarbeitung von Mineralien nicht beinhaltet, zu unterstützen Die CGN, ein Tochterunternehmen der kanadischen Firma Skye Resources, erwarb im Jahr 2004 die Rechte und Besitztümer der Gesellschaft Erforschung und Nutzung von Mineralen Izabals EXMIBAL (Exploraciones y Explotaciones Mineras de Izabal), um Nickel am Ufer des Izabalsees im Osten des Landes zu fördern.

“Die vom Ministerium abgezeichnete Untersuchung über die Umweltverschmutzung ist unvollständig. Die Verarbeitung ist der heikelste Teil an der Sache und die wird ausgespart”, sagte Eloyda Mejía vom Verein der Freunde des Sees. Die Webseite www.lagoizabal.org informiert, dass bei der Förderung von Nickel Zyanid verwendet wird, eines der gefährlichsten Gifte. Die Minenarbeiter und die Bevölkerung der Umgebung seien durch etliche Krankheiten gefährdet – verschiedene Krebsarten, Lungenembolie, Atemwegskrankheiten und Geburtsfehler- und der See werde unwiderruflich kontaminiert. Mejía bestätigte, dass die CGN die Gemeinden von Izabal nicht informiere, damit diese die Nickelförderung gutheißen.

HONDURAS

Kritik an Gesundheitsbehörden

(Fortaleza, 28. Juni 2006, adital-poonal).- Organisationen, die mit dem HI-Virus lebende Personen unterstützen, trafen sich am 27. Juni zu einer Kundgebung in Tegucigalpa. Dort forderten sie von den Gesundheitsbehörden mehr Transparenz und weniger Bürokratie, um den Erwerb von anti-retroviralen Medikamenten zu garantieren, deren kontinuierliche Einnahme über Leben und Tod entscheiden kann. „Wir drängen auf ein Treffen mit den Gesundheitsbehörden, die die Entscheidungsgewalt haben, um klare und konkrete Ziele zu erarbeiten und so die Allianzen zwischen der Zivilgesellschaft und der Regierung zu verstärken“ hieß es in einer während des Protesttages verbreiteten Erklärung.

Die von Gesundheitsminister Orison Velásquez vertretene Ansicht, dass die öffentlichen Krankenhäuser ausreichend versorgt seien, wurde von Gewerkschaften und dem Personal der Pflegezentren bestritten. Mit dem HI-Virus lebenden Personen haben deshalb Protestaktionen initiiert und fordern eine gleichberechtigte Beteiligung an den Instanzen, die über den Kauf von und Zugang zu den Medikamenten entscheiden.

In Honduras leben circa 60.000 Menschen mit dem HI-Virus, von denen nicht einmal zwei Prozent, Kinder eingeschlossen, Zugang zu anti-retroviraler Behandlung haben. Laut Betroffen sei diese Behandlung auch noch von schlechter Qualität. Es gebe keine klinische Betreuung der Fälle, Tabletten würden rationsweise ausgegeben, es komme zu plötzlichen Therapiewechseln und zudem gebe es nicht genug Tuberkulose-Medikamente, obwohl Tuberkulose eine der Krankheiten ist, die das Sterberisiko von HIV-Patienten erhöht.

KOLUMBIEN

Paramilitärische Gruppe verschickt Drohungen per Email

(Fortaleza, 23. Juni 2006, adital).- Die Organisation Reporter ohne Grenzen klagt an, dass 19 Menschenrechtsorganisationen von einer paramilitärischen Gruppierung der extremen Rechten bedroht wurden. Die Drohungen wurden per Email verschickt und sind von der so genannten Demokratischen Front Freies Kolumbien unterschrieben. Die paramilitärische Gruppierung wirft den Organisationen vor, dem Interesse der Guerilla-Gruppen zu dienen und hat die Gesamtheit der Organisationen zum „militärischen Ziel“ erklärt.

Laut der Stiftung für Pressefreiheit hat sich der kolumbianische Präsident Alvaro Uribe am 9. Juni dazu verpflichtet, das neue Aufkommen von Gruppen der extremen Rechten zu bekämpfen. Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen rief die kolumbianischen Behörden auf, ihre Verpflichtungen wahrzunehmen und alles Notwendige zu unternehmen, um die Urheber des Drohbriefes zu identifizieren und zu bestrafen. „Wir fordern Sie auf, zu ermitteln, wo die Emails herkommen und eine ausführliche Untersuchung durchzuführen. Außerdem bestehen wir darauf, dass die notwendigen Maßnahmen ergriffen werden, um die Sicherheit der bedrohten Organisationen zu garantieren, denen wir unsere uneingeschränkte Unterstützung zusagen“, erklärte Reporter ohne Grenzen.

In den elektronischen Briefen beschuldigt die Demokratische Front Freies Kolumbien die Adressaten, „verkleidete Revolutionäre“ zu sein und droht, dass „sie es ab sofort mit uns zu tun kriegen werden. Wir sind in der Hälfte des Gebietes Kolumbiens präsent, das jetzt frei von der Guerilla und euch ist. Wir werden nicht davor zurückschrecken, auch in großen Städten aktiv zu werden.“

Gloria Pérez Ortega, Direktorin der Organisation Medien für den Frieden, erklärte gegenüber Reporter ohne Grenzen, dass ihre Organisation sich dafür entschieden habe, weiterhin „für einen verantwortungsvollen Journalismus und die Verteidigung und Werbung der freien Meinungsäußerung und der freien Presse zu arbeiten“. Sie unterstrich, dass es das erste Mal sei, dass Organisationen bedroht würden, die sich für die Pressefreiheit einsetzen. Medien für den Frieden ist eine Organisation, die gegründet wurde, um den Informationsaustausch über den bewaffneten Konflikt zu verbessern.

Angesichts der bedrohlichen Situation beantragte Medien für den Frieden beim Generalstaatsanwalt Mario Iguarán eine Untersuchung des Vorfalls. Die Organisation richtete ebenfalls ein Gesuch an das Innenministerium über dessen Programm zum Schutz von Journalisten. Die Stiftung für die Pressefreiheit wird sich ihrerseits mit Vertretern des Programms zum Schutz von Journalisten treffen, um die Situation zu evaluieren.

UN-Programm zur Unterstützung legaler Agrarproduktion

(Fortaleza, 29. Juni 2006, adital).- Die illegalen Anpflanzungen im Naturpark von Tayrona, dem hinter der Sierra Nevada an der Karibikküste gelegenen Biosphärenreservat im östlichen Flachland, sollen substituiert werden. Die Maßnahme ist Teil der gemeinsamen Anstrengungen der kolumbianischen Regierung und des Internationalen Drogenkontrollprogramms der Vereinten Nationen (UNODC).

Die neue Vereinbarung sieht Hilfsleistungen im Wert von 1,6 Millionen US-Dollar für die legale Agrarproduktion der Bauern und der indigenen Bevölkerung vor. Teil des Planes ist die Substitution und Prävention des Anbaus ill
egaler Planzungen im Sinne der kulturellen Vorstellungen der indigenen und bäuerlichen Gemeinden sowie die Vermarktung organischer Produkte im Einklang mit der Restauration der von den illegalen Planzungen betroffenen Ökosystemen.

Nach Presseinformationen ist das Projekt auf drei Jahre ausgerichtet, respektiert die Autonomie der indigenen Dörfer und trägt zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls bei, indem die Emissionen reduziert und die ausgelaugten thermischen Böden renaturiert werden. Die Initiative betrifft etwa 800 Bauern-Familien und 2.500 Familien auf dem Gebiet der Arhuacos und Koguis. Sie beabsichtigt als Modellprojekt die Versorgung der Region durch den Anbau organischen Kaffees sicher zu stellen. Dies beinhaltet die Substitution des illegalen Anbaus von Marihuana- und Kokapflanzen durch alternative Produkte, wie sie bereits in anderen Regionen mit dem Anbau von Kaffee, Palmenherzen, Bohnen und anderen Lebensmittel, die in den Supermärkten kolumbianischer Städte verkauft werden, umgesetzt wurde.

Die Koka-Anbauflächen wurden in den vergangenen zwei Jahren trotz der unternommenen Anstrengungen um acht Prozent ausgeweitet. Ein Grund für den Fortbestand von etwa 80.000 – 86.000 Hektar illegaler Anbaufläche ist für die Vereinten Nationen die Vergrößerung der Aussaatgebiete durch die Drogenschmuggler sowie die erhöhte Produktionsrate auf gleicher Hektarfläche.

Seit dem Jahr 2000 war bislang keine Zunahme des Anbaus der Kokapflanze, dem Rohstoff der Kokaingewinnung, in Kolumbien verzeichnet worden. Allein im vergangenen Jahr wurden mehr als 200 Tonnen Kokain und Kokainpaste sichergestellt und beinahe 140.000 Hektar Koka- und mehr als 1.600 Hektar Schlafmohnanbaufläche mit Herbiziden besprüht. Mehr als 32.000 Hektar Koka- und beinahe 500 Hektar Schlafmohnanbaufläche wurden zudem manuell zerstört. Der Jahresbericht der Vereinten Nationen schätzt die jährliche Kokainproduktion in Kolumbien auf 640 Tonnen, in Peru auf 180 Tonnen und auf 90 Tonnen in Bolivien.

Auch wenn Kolumbien seine illegalen Anbauflächen in den vergangenen fünf Jahren um 50 Prozent reduzieren konnte, ist der neuerliche Anstieg auf die zusätzlichen Aussaaten zurückzuführen. Platz eins in der Liste der  größten Anbauflächen hält jedoch Afghanistan, wobei dort Schlafmohn für die Opiumproduktion gepflanzt wird. Kolumbien ist somit weiterhin weltgrößter Produzent der Kokapflanze mit 54 Prozent aller Anbauflächen, vor Peru mit 30 Prozent und Bolivien mit 16 Prozent.

VENEZUELA

Gesetz zum Schutz von Frauen und Familien vor Gewalt abgeschwächt

(Lima, 28. Juni 2006, na-poonal).- Tausende Frauen protestierten am 8. Juni vor dem Sitz des Obersten Gerichtshofes in Caracas gegen die Annullierung verschiedener Artikel des Gesetzes zum Schutz von Frauen und Familien vor Gewalt. Die für Verfassungsfragen zuständige Kammer hatte im Mai verschiedene Artikel des bereits im Jahr 2000 verabschiedeten Gesetzes für ungültig erklärt. Das Gesetz erlaubt es der Polizei und den den Kommunalverwaltungen untergeordneten Verwaltungsinstanzen präventive Verwahrungen von bis zu 72 Stunden vorzunehmen. Damit soll den Opfern, in der Regel Frauen und Kinder, Zeit gegeben werden, Schutz zu suchen. Nach Angaben der Anwältin Sonia Sgambatti bedeute dies aber auch, dass „die Aggressoren danach wieder auf freien Fuß gesetzt, zu ihren Familien zurückkehren und dann erneut ihre Frau und Kinder angreifen können.“

Die partielle Aufhebung des Gesetzes ist auf einen Antrag des Generalstaatsanwaltes Isaías Rodríguez zurückzuführen, den dieser im Jahr 2005 eingereicht hat. Er argumentiert, dass die Verfassung von 1999 es verbiete, Personen ohne richterliche Anordnung einzusperren. Dem setzt die Direktorin des staatlichen Fraueninstituts María León entgegen, dass die venezolanische Staatsanwaltschaft allein „im letzten Jahr 36.000 Fälle häuslicher Gewalt dokumentierte“. Zudem seien zwischen Januar und Juni 2006 bereits 48 Frauen von ihren Lebenspartnern ermordet worden, so León.

PERU

Kongress stimmt Freihandelsabkommen mit USA zu

(Buenos Aires, 28. Juni 2006, púlsar-poonal).- Trotz der massiven Proteste gegen das Handelsabkommen mit den USA billigten die peruanischen Parlamentarier am Mittwoch in den Morgenstunden den Freihandelsvertrag TLC (Tratado de Libre Comercio). Die Debatte endete mit 79 Stimmen für den Vertrag sowie 14 Gegenstimmen und 7 Enthaltungen.

Carlos Ferrero, ein Anhänger des Ex-Präsidenten Alberto Fujimori und Verteidiger des Abkommens, versicherte, dass der TLC eine Erhöhung der Exporte bewirke, die zu wirtschaftlichem Wachstum in Peru führen werden. Gleichzeitig beschuldigte er die Linke, die Augen vor der Realität zu verschließen. Michel Martínez, Abgeordneter der Union für Peru UPP (Unión Por el Perú) hingegen argumentierte, dass die Vereinigten Staaten mit dem TLC nach geopolitischer Dominanz und wirtschaftlicher Kontrolle der Region strebten sowie die Versorgung ihrer Industrie mit Ressourcen garantieren wollten.

Der Abgeordnete der Regierungspartei APRA Jorge del Castillo versicherte, dass der neu gewählte peruanische Präsident Alan García während seiner Wahlkampagne von der Neuverhandlung des Freihandelsabkommens gesprochen habe, sobald es in Kraft getreten sei. Außerdem bezeichnete er die Initiatoren der Kampagne “TLC so nicht“ als “nützliche Idioten” für den venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez, der diese Organisation finanziere. Soziale und politische Organisationen bereiten eine große landesweite Demonstration gegen die Entscheidung des Kongresses vor.

Volksabstimmung zum Freihandelsvertrag geplatzt

(Lima, 28. Juni 2006, na).- Die Verfassungskommission des Kongresses hat den Antrag für eine Volksabstimmung über den Freihandelsvertrag mit den Vereinigten Staaten TLC (Tratado de Libre Comercio) abgewiesen. Zwei Monate zuvor hatte das nationale Wahlgericht den Antrag der Bürgerinitiative, den mehr als 100.000 Peruaner und Peruanerinnen mit ihrer Unterschrift unterstützt hatten, zugelassen und an den Gesetzgeber zur Debatte weitergegeben. Laut dem parlamentarischen Urteilstext wurde die Petition nicht angenommen, da sie nicht näher beschriebene Anforderungen nicht erfüllt habe.

Der Kongressabgeordnete Javier Diez Canseco beschuldigte die Regierungspartei Perú Posible und die Rechte, den Vorschlag zum Referendum sabotiert zu haben. Das Referendum sei „darauf ausgerichtet, den Zustimmungsprozess zum Freihandelsvertrag einschließend und demokratisch zu gestalten. Die Fraktion von Perú Posible und die Rechte haben gemauschelt, um die Gesetzesinitiative abweisen zu können – ohne eine juristische oder verfassungsrechtliche Begründung anzugeben.”

Das Wirtschaftsabkommen TLC wurde am 12. April nach zweijähriger Verhandlungszeit in Washington von den Regierungen der USA und Peru unterzeichnet. Der scheidende Präsident Alejandro Toledo plant die Ratifizierung des Freihandelsvertrages im Kongress vor dem Ende seines Mandates am 28. Juli.

BOLIVIEN

Neue Landordnung geplant – MAS gewinnt Parlamentswahlen

(Montevideo, 23. Juni 2006, comcosur).- Die Regierung von Evo Morales strebt eine neue Landordnung auf der Grundlage von Autonomierechten für die indigenen Völker an. Die Initiative soll von der verfassungsgebenden Ver
sammlung im August auf den Weg gebracht werden. Regierungsbeamte erklärten gegenüber der Presse, dass es bei der Landfrage nicht länger nur um „landwirtschaftliches Eigentum“ gehe, sondern diese den „Bedingungen einer öffentlichen Körperschaft“ unterworfen werde.

Das Projekt der Regierungspartei, der Bewegung zum Sozialismus MAS (Movimiento al Socialismo), geht auf direkten Kollisionskurs mit den Autonomiebestrebungen der Großgrundbesitzer aus der Provinz Santa Cruz, über die am vergangene Wochenende ebenso wie über die neue Zusammensetzung des Parlaments abgestimmt wurde. Die MAS konnte dabei einen weiteren Sieg davontragen. Nach Hochrechnungen konnte sie rund 60 Prozent der Stimmen für sich gewinnen. Rund 56 Prozent der  Wählerinnen und Wähler folgte auch der Empfehlung von Morales und lehnte weitergehende Autonomierechte für insgesamt neun Provinzen ab.

Hugo Salvatierra, der Minister für ländliche Entwicklung, sagte, dass „es eine neue politische Gliederung geben muss, die die Gebiete der indigenen Gemeinschaften als territoriale Körperschaften anerkennt“. Falls die neue Landordnung verabschiedet wird, werden die indigenen Völker und Bauern ihre Gebiete selbst verwalten und dafür Mittel von der Regierung erhalten. Präsident Evo Morales sagte, dass die Autonomien der Departments die Oligarchien begünstigen würden, die den Landlosen keine Gebiete abtreten wollen. Im Rahmen dieses gesamten Veränderungsprozesses werden Unternehmen, die Ressourcen ausbeuten, bei den indigenen Gemeinschaften eine Erlaubnis einholen müssen, um in deren Gebieten zu operieren.

CHILE-PANAMA

Chile und Panama unterzeichnen Freihandelsabkommen

(Buenos Aires, 27. Juni 2006, púlsar).- Chile und Panama unterzeichneten vergangene Woche ein Freihandelsabkommen und beendeten damit die seit zehn Jahren laufenden Verhandlungen. Mit den vereinbarten Zolltarifen werden nun 98 Prozent ihrer Handelsbeziehungen auf einem freien Markt gehandelt werden können.

Der chilenische Außenminister Alejandro Foxley und Panamas Handels- und Industrieminister Alejandro Ferrer unterzeichneten das Abkommen im Rahmen einfacher Feierlichkeiten in Santiago de Chile. Der Vertrag gewährleistet für beide Länder freien Handel mit den meisten Produkten. Die Laufzeit wurde für Chile maximal auf 10 Jahre, für Panama auf 15 Jahre festgesetzt.

„Mit dieser Vereinbarung ratifizieren wir unsere politische Zielsetzung, die Beziehungen mit Lateinamerika zu vertiefen, insbesondere die wirtschaftlichen Beziehungen mit Panama. Beides wird durch das Abkommen nun intensiviert“, so der chilenische Außenminister. Foxley erklärte weiter, dass dies „der erste Schritt in Richtung engerer Beziehungen sowohl im wirtschaftlichen als auch finanziellen Bereich ist, der sich weiterhin auf engere politische Beziehungen ausweiten wird“. Panama war das letzte Land Lateinamerikas, mit dem Chile noch keinerlei wirtschaftliche Abkommen geschlossen hatte.

URUGUAY

Linke von Präsident Vázquez enttäuscht

Von Pablo Long

(Montevideo, 28. Juni 2006, na-poonal).- Die Drohung mindestens zweier Minister des uruguayischen Kabinetts, von ihrem Amt zurückzutreten, sollte sich nicht bald ein Linksruck in der Wirtschaftspolitik des Landes abzeichnen, gibt Aufschluss über die tiefe Krise in der Regierung um Tabaré Vázquez. Dieser gilt als erster progressiver Präsident seit der Verabschiedung der ersten Verfassung des Landes vor 176 Jahren.

Die Bereiche, in denen die politischen Diskrepanzen zu Tage treten, sind vielfältig. Besonders zeigt sich der Konflikt jedoch durch die Annäherung der Regierung an die Direktiven des Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Strategie der internationalen Eingliederung. Dies hat zu Unmut bei der Basis der regierenden Partei Frente Amplio FA, einem Sammelbecken verschiedener linker und fortschrittlicher Strömungen, geführt. „Wir wussten, dass wir als Regierungspartei einen Kurs würden fahren müssen, von dem sich alle Einwohner unseres Landes vertreten fühlen, und nicht nur unsere eigenen Leute. Aber zwischen der Frenteamplista-Politik und einer, die sich vorgenommen hat, eine Auslandsschuld, die wir stets als unrechtmäßig betrachtet haben, sklavisch zu tilgen, und noch dazu auf Kosten der Sozialpolitik, liegen einfach Welten”, erklärt Mario Correa, Gewerkschaftsveteran der Sozialistischen Partei. Die Auslandsschuld Uruguays beläuft sich auf insgesamt 12,8 Milliarden US-Dollar.

Mitte Februar hatte der Wirtschaftsminister Danilo Astori seinen Beschluss mitgeteilt, die Tilgung der Verbindlichkeiten gegenüber internationalen Organisationen zu beschleunigen. Gesagt, getan. 630 Millionen US-Dollar, die der IWF laut Zahlungsplan in diesem Jahr zu erhalten hätte, wurden bereits gezahlt. 136 Millionen gingen an die Weltbank und weitere 300 Millionen an die Interamerikanische Entwicklungsbank.

Des Lobes voll zeigte sich darauf Marco Piñón, Chef der Uruguay-Gruppe des IWF. „Dieses neue Uruguay durchlebt eine bemerkenswerte, ja, eine für undenkbar gehaltene Entwicklung.“ Mit eindeutigem Missfallen reagierte hingegen General Víctor Licandro – gemeinsam mit Líber Seregni, einer der Gründer der Frente Amplio. „Dafür haben wir die Frente Amplio ganz sicher nicht gegründet und Tabaré unsere Unterstützung gegeben”, erklärte er in einem offenen Brief, in dem er die Regierung aufforderte, die Basis an wichtigen Entscheidungen teilhaben zu lassen.

José Mujica, Minister für Landwirtschaft und Viehzucht, erklärte am 27. Mai, dass er von seinem Posten zurücktreten werde, wenn das Wirtschaftsministerium sich nicht darauf einlasse, die Schulden der Landwirte zu refinanzieren. Da die geforderte Umschuldung ausblieb, musste Vázquez seine gesamte Überzeugungskraft aufbieten, um zwischen seinen den beiden wichtigsten Ministern zu vermitteln. Im Moment verbleibt Mujica in der Regierung, während Vázquez gegenüber der Kritik der Mehrheit der FA-Parteien durchlässig erscheint. Diese fordern eine gleichmäßige Umverteilung der vorhandenen Reichtümer und üben heftige Kritik an Astori, der wie seine Vorgänger der früheren Rechtsregierungen der Parteien Colorado und Blanco (Nacional) den Standpunkt vertritt: „Zuerst müssen wir das Wachstum ankurbeln, bevor an Umverteilung zu denken ist.“

Die regressive, von Vázquez gebilligte Politik Astoris hat nicht nur zu Schwierigkeiten mit den Landwirten geführt. Ende Mai gingen Rentner und Rentnerinnen auf die Strasse und forderten die Erhöhung ihrer Pensionen. Mehr als die Hälfte der Rentenempfänger/innen lebt von der gesetzlichen Mindestrente in Höhe von 100 US-Dollar. Auch die Arbeitnehmer/innen des Gesundheitswesen und Lehrkräfte riefen zu Protestdemonstrationen auf, bei denen sie eine Anhebung der Altersrente, mehr Lohn sowie einen höheren Ausbildungsetat forderten, der in diesem Jahr genau wie in den Vorjahren 3,5 Prozent des Gesamthaushalts beträgt. Auf diesem Hintergrund kam die Ankündigung eines Generalstreiks durch den zentralen Gewerkschaftsbund PIT-CNT, der ein wichtiges Glied der FA darstellt, nicht wirklich überraschend. Es war das erste Mal, dass unter der FA-Regierung zum Streik aufgerufen wurde.

Bereits bei zu vielen politischen Entscheidungen von allerhöchster Wichtigkeit hat die Regierung Kritik aus den
eigenen Reihen hinnehmen müssen: für die Entsendung von Truppen nach Haiti und die Beteiligung an weiteren Friedensmissionen sowie an Manövern des US-Militärs, sowie für mehrere Fast-Brüche mit der lateinamerikanischen Wirtschaftsgemeinschaft MERCOSUR. Den heftigsten Widerspruch erntete Vázquez jedoch für seine Äußerungen bezüglich eines Freihandelsvertrag mit den USA. Mindestens dreimal betonte Vázquez öffentlich, er könne sich vorstellen, das Freihandelsabkommen zu unterzeichnen und die Mitgliedschaft seines Landes im MERCOSUR aufzukündigen. Bereits ebenso oft hat er dieses Vorhaben bestritten, zuletzt am 29. Mai, als er gegenüber der PIT-CNT-Spitze versicherte, er habe nicht die Absicht, das Freihandelsabkommen mit den USA zu unterschreiben. Jedenfalls „im Moment“ nicht, wie er allerdings anfügte.

Mit der Unterzeichnung des Freihandelsabkommens wäre die innere Geschlossenheit der FA endgültig zerbrochen. Für diesen Fall erklärten zwei Minister bereits vorsorglich ihren Rücktritt: Außenminister Reinaldo Gargano und der Minister für Inneres José Díaz. Bei ihrem Kongress am 4. und 5. Juni beschloss die Bewegung für Volksbeteiligung, die stärkste Fraktion der FA, sich jeder Art von Wirtschaftsabkommen mit den Vereinigten Staaten entgegenzustellen.

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