Poonal Nr. 652

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 21. Dezember 2004

Inhalt


MEXIKO

GUATEMALA

HONDURAS

EL SALVADOR

NICARAGUA

KOLUMBIEN

VENEZUELA

BRASILIEN

ARGENTINIEN

PERU

CHILE


MEXIKO

Entscheidung über neues Gesetz zu Rundfunk und Fernsehen vertagt

(Buenos Aires, 15. Dezember 2004, púlsar).- In einer gemeinsamen Sitzung haben verschiedene Kommissionen des mexikanischen Senats über das neue Gesetzesvorhaben zu Rundfunk und Fernsehen diskutiert. Da die Parlamentarier jedoch keine Einigung erzielen konnten, wurde die Entscheidung darüber auf Februar 2005 verschoben.

Javier Corral von der Partei der Nationalen Aktion PAN (Partido Acción Nacional), der wichtigste Fürsprecher des Gesetzes, bezichtigte den Senator Emilio Gamboa, aus "persönlichen Interessen, Ängsten und wegen anderer Verbindungen" gegen das Gesetz eingestellt zu sein.

Das umstrittenste Thema war das einer möglichen Reform des Nationalen Rundfunk- und Fernsehrates, der künftig die Möglichkeit haben soll, selbständig Konzessionen und Sendeerlaubnisse zu erteilen. Dazu meinte der Senator Felipe de Jesús Vicencio Álvarez von der PAN, der ebenfalls das Gesetzesvorhaben unterstützt: "Es stimmt, dass es diesen Rat bereits gibt. Allerdings hat er lediglich eine Beraterfunktion und spielt im ganzen Prozess nur eine sehr marginale Rolle. Er hat bei wichtigen Entscheidungen keinen großen Einfluss und muss deswegen im Sinne der Bürger mit größeren Befugnissen ausgestattet werden."

Unterdessen haben die Senatoren José Bonilla und Araceli Escalante Jasso, die befugt sind, Konzessionen für kommerzielle Radiostationen zu erteilen, ihre Ablehnung des Gesetzes bekundet. Sie bezeichneten den Entwurf als nicht verfassungskonform, da er stärker von den Betroffenen, d.h. den Lizenzgebern und der staatlichen Exekutive diskutiert und unterstützt werden müsse.

Der Senator César Raúl Ojeda Zubieta von der Partei der Demokratischen Revolution PRD (Partido de la Revolución Democrática) bestätigte, dass von Seiten der Lizenzgeber Druck ausgeübt wurde, damit das Gesetzesprojekt nicht zur Abstimmung freigegeben würde. Am Ende der Debatte vereinbarten die Senatoren aller beteiligten Kommissionen, weiter mit den Abgeordneten zusammenzuarbeiten, damit dieses Gesetz nicht wie bereits in der Vergangenheit geschehen im Senat "eingefroren" wird.

Fox will Ausgleichsplan für Wanderarbeiter streichen

(Buenos Aires, 13. Dezember 2004, púlsar-poonal).- Der Nationale Bauernbund (La Confederación Nacional Campesina) informierte darüber, dass die Regierung des Präsidenten Vicente Fox die Auflösung des Ausgleichsfonds für mexikanische Wanderarbeiter plane. Der treuhändlerisch verwaltete Fonds sieht Ausgleichszahlungen an mexikanische Wanderarbeiter vor, die zwischen 1942 und 1964 als landwirtschaftliche Tagelöhner in den Vereinigten Staaten tätig waren.

Die betroffenen Arbeiter kämpfen seit Jahren dafür, dass ihnen das Geld endlich ausgezahlt wird, die Regierung verweist jedoch darauf, dass die finanziellen Mittel nicht mehr vorhanden seien. Heladio Ramírez López, der Chef des Nationalen Bauernbundes, sagte nun, dass "einige Abgeordnete den Vorschlag präsentierten, eine Zuteilung von 50 Millionen Dollar für die ehemaligen Tagelöhner in das Haushaltsbudget für das Jahr 2005 einzuplanen. Denn von den Arbeitern waren 22 Jahre lang zehn Prozent ihres Einkommens für einen Sparfonds einbehalten worden, welcher ihnen jedoch nie zugute kam."

Trotz des Widerstands der Gesetzgeber der rechtskonservativen PAN (Partido Acción Nacional), der Präsident Fox angehört, haben die Abgeordneten des Parlaments für das kommende Jahr eine Auszahlung von fast 25 Millionen Dollar für die ehemaligen mexikanischen Wanderarbeiter beschlossen. Die vorgesehene Auszahlung ist jedoch durch die mögliche Ablehnung des Budgets durch dem mexikanischen Präsidenten gefährdet.

GUATEMALA

APG fordert Ermittlungen über Gewalt gegen Journalisten

(Guatemala-Stadt, 15. Dezember 2004, cerigua-poonal).- Die Kommission für Pressefreiheit der Journalistenvereinigung Guatemalas APG (Asociación de Periodistas de Guatemala) verurteilte den schweren Übergriff gegen Ariel Ribeaux, Kolumnist der Tageszeitung el Periódico, vom Morgen des 10. Dezember 2004 durch einen bislang unbekannten Täter.

In einer von der Journalistenvereinigung herausgegebenen Mitteilung werden der Generalstaatsanwalt Juan Luis Florido sowie der Sonderstaatsanwalt für Verbrechen gegen Journalisten und Gewerkschafter Mario Castañeda aufgefordert, unverzüglich Ermittlungen einzuleiten, um die geistigen Urheber des Verbrechens sowie die ausführenden Täter ausfindig zu machen.

Für die Kommission sei die Verletzung der Rechte des betroffenen Journalisten "völlig inakzeptabel". Sie verlange daher von den betreffenden Behörden, dass diese ihre Verantwortung wahrnähmen und die tatsächliche Achtung der verfassungsmäßigen Rechte wie den Schutz des Lebens, die persönliche Sicherheit und die freie Meinungsäußerung garantierten.

Nach eigenen Angaben wurde der Schriftsteller und Theaterkritiker Ariel Ribeaux am Morgen des 10. Dezember 2004 nur wenige Meter von seiner Wohnung in der Zone 7 in Guatemala-Stadt entfernt von einem Unbekannten angegriffen. Dieser war aus seinem Auto ausgestiegen und hatte zweimal auf Ribeaux geschossen.

HONDURAS

Politikerteam terrorisiert Journalisten

(Fortaleza, 14. Dezember 2004, adital-poonal).- Um das Image des amtierenden Bürgermeisters von Tegucigalpa Miguel Pastor nicht zu gefährden, fördert sein politischer Mitarbeiterstab die Verfolgung von hondureñischen Journalisten. Pastor bereitet sich derzeit auf die kommende Präsidents
chaftswahlkampagne vor.

Der jüngste Fall ist Rodolfo Montalbán, der vor kurzem vor dem Komitee für Freie Meinungsäußerung C-Libre (Comité de Libre Expresión) anzeigte, dass er Opfer von Verfolgung und Morddrohung seitens mit Pastor assoziierten Gruppen sei.

Montalbán, der für den Sender STC Noticias arbeitet, erhält gehäuft anonyme Anrufe, in denen gedroht wird, ihm körperliche Schäden zuzufügen, sollte er die Amtsführung des Bürgermeisters weiterhin kritisieren. Pastor strebt an, für die regierende Nationalpartei (Partido Nacional) als Präsidentschaftskandidat aufgestellt zu werden.

Die Verfolgung begann schon am 16. und 17. Oktober dieses Jahres, nachdem Montalbán und andere eine Anzeige gegen den Bürgermeister Tegucigalpas erstattet hatten. Die Journalisten wurden von zwei Unbekannten verfolgt und gefilmt. Das Auto der Verfolger gehörte der Fernsehproduktionsfirma PROMEGA, die Werbespots für den Bezirk der Hauptstadt produziert.

Die Firma scheint Verbindungen zu dem ehemaligen Militär Billy Joya Améndola zu haben, dem vorgeworfen wird, in den Achtzigerjahren den Todesschwadronen in Honduras angehört zu haben. Billy Joya übt zur Zeit einen Posten als Sicherheitsberater des Bürgermeisters Miguel Pastors aus und gehört dem Team an, das seine Präsidentschaftskampagne koordiniert.

Zu den Vorkommnissen, die Pastors politischer Bewegung "Neue Zeit" (Nuevo Tiempo) angerechnet werden, ist auch zu zählen, dass dem Journalisten Octavio Carvajal auf Druck des Bürgermeisters sein Programm in einer Radiosendung entzogen wurde.

EL SALVADOR

Bevölkerung hat großes Vertrauen in Kirche und Polizei

(San Salvador, 15. Dezember 2004, alc-poonal).- Eine kürzlich durchgeführte öffentliche Befragung unter der Federführung der Jesuitischen Universität "José Simeón Cañas" (UCA) ergab, dass ein hoher Prozentsatz der Salvadorianer großes Vertrauen in die Kirche und die Polizei (Policía Nacional Civil – PNC) hat. Andere gesellschaftliche Kräfte fallen dahinter zurück, so zum Beispiel politische Parteien, Medien und Parlament.

Die Untersuchung identifizierte vor allem katholische und evangelische Kirchen als die Institutionen mit dem größten Einfluss auf das sozio-politische Leben des Landes. Diese Rolle haben die Kirchen mit der Polizei gemeinsam. Die PNC war als Sicherheitsorgan in der Folge des Friedensabkommens von 1992 entstanden.

In El Salvador, einem Land mit sieben Millionen Einwohnern und der höchsten Bevölkerungsdichte in Zentralamerika, leben rund eine Million Protestanten; ihr Anteil wächst nach offiziellen Angaben kontinuierlich. Die Mehrheit der Bevölkerung ist jedoch weiterhin katholisch, wenn auch viele unter ihnen ihren Glauben nicht praktizieren.

Den Kirchen und der Polizei folgen unter dem Gesichtspunkt der Glaubwürdigkeit "eine Gruppe von Institutionen, in die die Bevölkerung nur mittelmäßiges Vertrauen hat. Zu diesen zählen das Militär, die Bürgermeister, die Zentralregierung, der Beauftragte für Menschenrechte, die Generalstaatsanwaltschaft und die Medien”, so Miguel Cruz, Direktor des Instituts für Meinungsforschung der UCA.

Nach Angaben dieser Studie, die in der letzten Novemberwoche durchgeführt und am 15. Dezember veröffentlicht wurde, zählen das Parlament und die politischen Parteien zu den Institutionen, in die die Bevölkerung El Salvadors das geringste Vertrauen hat.

NICARAGUA

Neuer Menschenrechtsbeauftragter sucht Freiwillige

(Managua, 15. Dezember 2004, alc-poonal).- In seinem ersten Auftritt vor der Presse legte der neue Ombudsmann für die Verteidigung der Menschenrechte Omar Cabezas der Bevölkerung ihre Mithilfe nahe. Die Leute müssten selbst über die Einhaltung der Menschenrechte wachen, da die von der Nationalversammlung getroffenen Voraussetzungen zu deren Schutz unzureichend seien. Jährlich stünden für die Arbeit des Menschenrechtsbeauftragten 289.000 Dollar zur Verfügung. Die damit mögliche Arbeit der Institution verdanke man zu großen Teilen internationaler Zusammenarbeit.

Der ehemalige sandinistische Aktivist und Leiter des Hilfswerks für benachteiligte Kinder "Los Pipitos" war unter der sandinistischen Regierung Vize-Innenminister. Er machte sich zudem als Autor des Buches "Die Erde dreht sich zärtlich, Compañera" (Original: "La montaña es algo más que una estepa verde") einen Namen.

Cabezas erklärte, bereits Angebote von zwei internationalen Organisationen erhalten zu haben. Die Namen der beiden Organisationen nannte er nicht. Diese seien dazu bereit, Projekte der Einrichtung zu unterstützen. Ferner wies er darauf hin, dass geplant sei, drei weitere Ombudsstellen zu schaffen: eine zur Verteidigung des Rechtssystems, eine für die bürgerliche Mitbestimmung sowie eine für benachteiligte Bevölkerungsgruppen, insbesondere für Kinder.

Der Kampf der Arbeiter im Gesundheitswesen geht weiter

(Buenos Aires, 14. Dezember 2004, púlsar).- Die Arbeiter im Gesundheitswesen sind am 13. Dezember in den Streik getreten. Sie fordern, dass der nicaraguanische Kongress die notwendigen Mittel einleitet, um eine Lohnerhöhung und eine Verbesserung der Medikamentenausstattung der Krankenhäuser zu erreichen.

Der Präsident der Arbeitervereinigung des Gesundheitswesen Gustavo Porras erhoffte sich von dem Streik einen großen Erfolg. Rund 20.000 Angestellte des Gesundheitswesen sollten insgesamt an der Aktion teilnehmen. Um die Verbesserungen zu erreichen, müssten die Abgeordneten des Kongresses einer Zuweisung von 35 Millionen Dollar zustimmen. Diese wird von den Gewerkschaftern des Gesundheitswesens gefordert, um die Löhne um 60 Prozent zu erhöhen.

Porras erklärte, dass die "Regierung 1998 eine systematische Lohnerhöhung für die Arbeiter im Gesundheitswesen verabschiedet hatte, aber nichts geschehen ist. Also wurden die Gewerkschaftsführer belogen." Während der Warenkorb für Lebensmittel für eine vierköpfige Familie bei 200 Dollar liegt, verdient ein Arzt 148 Dollar und ein Angestellter dieses Sektors gerade einmal 80.

KOLUMBIEN

Indígena-Organisation ONIC sendet SOS an internationale Gemeinschaft

(Fortaleza, 15. Dezember 2004, adital-poonal).- In den letzten drei Monaten registrierte der Dachverband der Indígenas Kolumbiens ONIC (Organización Nacional Indígena de Colombia) zahlreiche Menschenrechtsverletzungen an Angehörigen indigener Völker in der Region. Es handelt sich dabei um Fälle von Festnahmen, Verfolgung und sogar Mord. Der Organisation zufolge sei die Gewalt gegen indigene Völker in Kolumbien nichts Neues, habe jedoch in den letzten Monaten auffallend zugenommen. Angesichts der aktuellen Situation dieser Völker appelliert sie an die gesamte nationale und internationale Gemeinschaft, sich für die Respektierung der Menschenrechte der Indígenas in Kolumbien einzusetzen.

In einer Liste führt die ONIC die schwersten Fälle auf. Genannt werd
en unter anderem die Ermordung von Servelion Caizales Siagama vom Volk der Embera Chami am 15. Oktober im Embera-Reservat Gran Resguardo im Landkreis Mistrató, Departement Risaralda, sowie die Ermordung von Héctor Pacheco Carrillo vom Volk der Kankuamo am 1. November in der Siedlung Chemesquemena, Departement César, im Südosten der Sierra Nevada de Santa Marta.

Angehörige der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) ermordeten, so die ONIC weiter, am 6. November den geistigen Führer (Mamo) Mariano Suárez Chaparro der Arhuaco. Die Tat ereignete sich in der Siedlung Chinchorro nahe des Río Aracataca im Departement Magdalena.

Außerdem erwähnt die Liste die Entführung von Efrén Pascal, Gouverneur des Awa-Reservats Kuambi Yaslambi im Nordwesten des Departements Nariño. Verantwortlich dafür seien Angaben der ONIC zufolge Angehörige der FARC. Bis zum Tage der Veröffentlichung des Aufrufs sei Efrén Pascal nicht freigelassen worden.

Weiterhin wird eine gemeinsame Aktion der kolumbianischen Armee und der Staatsanwaltschaft erwähnt, bei der am 5. Dezember in Atánquez 14 Angehörige der Kankuamo wegen angeblicher Unterstützung der Guerilla verhaftet wurden. Atánquez liegt im Landkreis Valledupar, Departement César, und ist das politische Zentrum des Kankuamo-Reservats.

VENEZUELA

Nationalversammlung erhöht die Zahl der Mitglieder des Gerichtshofes

(Buenos Aires, 14. Oktober 2004, púlsar-poonal).- Die Entscheidung der venezolanischen Nationalversammlung, 17 neue Mitglieder des Obersten Gerichtshofes zu berufen, wurde von der Regierung Hugo Chávez begrüßt. Die Opposition kritisierte die Entscheidung.

Der Abgeordnete der Regierungspartei, Ricardo Gutiérrez, bezeichnete die Berufung der neuen Richter nach Ende der Abstimmung als "historisch". "Wir fühlen uns in Übereinstimmung mit dem Land und der Konstitution der Bolivarischen Republik Venezuela", sagte Gutiérrez. Der Abgeordnete Ricard Maduro nannte die Entscheidung als "eine Revolution" der richterlichen Gewalt.

Die Mitglieder der Parlamentsopposition verließen die Sitzung mit der Argumentation, dies sei ein Versuch des Chavismus die Justiz zu kontrollieren. Der Oppositionsabgeordnete Juan José Caldera wies darauf hin, dass die Erweiterung des Justizkollegiums dazu dient, die Interessen von Präsident Hugo Chávez zu befrieden. Dieser habe niemals seinen Ärger über den Freispruch von Militärangehörigen verborgen, die in den gescheiterten Staatsstreich im Jahre 2002 verwickelt waren.

Die neue Kammer des Obersten Gerichtshofes wird eine abschließende Entscheidung über Urteile fassen, die von der Generalstaatsanwaltschaft angefochten werden. Sie wird damit die letzte Instanz sein.

BRASILIEN

Auseinandersetzung um die Vernichtung von Diktatur-Dokumenten

(Buenos Aires, 14. Dezember 2004, púlsar).- Der Verantwortliche der brasilianischen Luftwaffe Carlos Bueno bestätigte, dass Diktatur-Dokumente vorsätzlich zerstört wurden. Er belebte damit die Diskussion um die Entscheidung des Präsidenten Luis Ignacio Lula da Silva, diese Archive aus der Zeit der Militärdiktatur zu öffnen. Jüngst hatte ein Fernsehsender darüber berichtet, dass solche Dokumente verbrannt wurden.

Diesen Dienstag (14. Dezember) begann offiziell die Untersuchung der absichtlichen Verbrennung des Materials. Die Unterlagen beinhalteten Informationen über illegale Repressionsmaßnahmen während der Militärdiktatur auf dem Luftstützpunkt der Stadt Salvador de Bahía im Norden des Landes. Der Luftfahrtkommandant Bueno bestätigte nun auch die Darstellung eines Zeitungsartikels, nach dem die Verantwortlichen des Stützpunktes weitere, noch intakte Dokumente gefunden hätten, die "bereit zur Verbrennung" gewesen seien.

Auf diese Weise nahm das Militär seine bisherigen Aussagen zurück. Bislang hatten die Armeeangehörigen behauptet, die im Fernsehen gezeigten Dokumente seien bei einem Brand im Flughafen Santos Dumont in Río de Janeiro verloren gegangen. Nun bestätigte das Militär, dass die Unterlagen erst kürzlich vernichtet wurden.

Es wird vermutet, dass die Zerstörung der Dokumente im Zusammenhang mit der Entscheidung des Präsidenten steht, die Geheimarchive der Militärdiktatur von 1964 bis 1984 zu öffnen. Der Befehlshaber des Luftwaffenstützpunktes Salvador kündigt an, dass mit Hilfe der Landespolizei die Suche nach den Personen oder Gruppen in Angriff genommen werde, die an der Vernichtung der Dokumente beteiligt waren.

PMDB verlässt Lulas Regierungskoalition

(Buenos Aires, 13 de dicembre 2004, púlsar).- Die Partei der Demokratischen Bewegung Brasiliens PMDB, die die größte politische Organisation des Landes ist, hat endgültig die Regierung von Luis Inácio Lula da Silva verlassen. Damit wird für die Regierungskoalition unter Führung der Arbeiterpartei PT die zweite Hälfte ihrer Amtszeit erheblich schwieriger.

Durch den Austritt der PMDB wird der Rückhalt für Präsident Lula geschwächt, da sowohl zwei Minister, die größte Fraktion im Senat als auch die zweitgrößte Fraktion im Abgeordnetenhaus für die Regierung verloren gehen. Neben dem sofortigen Regierungsaustritt hat die Partei beschlossen in der nächsten Präsidentschaftswahl im Oktober 2006 anzutreten. Die Entscheidung des Parteitags der PMDB könnte noch zurückgenommen werden, sollte ein kompliziertes Berufungsverfahren vor Gericht Erfolg haben das einige Mitglieder der PMDB betreiben, die gegen den Bruch mit Lulas PT sind.

Derweil versuchte Lula die Auswirkungen des Parteibeschlusses einzudämmen. Vor dem Parteitag sagte er zu Journalisten, dass er mit allen Politikern weiterarbeiten werde, die daran interessiert seien Brasilien zu helfen. Der Austritt der PMDB aus der Regierung Lulas, kann als erstes deutliches Signal der Neuausrichtung der politischen Kräfte Brasiliens vor den Präsidentschaftswahlen in 2006 gewertet werden.

ARGENTINIEN

Arbeitslose fordern Übereignung einer Mine

(Buenos Aires, 15. Dezember 2004, púlsar).- Die Abgeordneten aus der argentinischen Provinz Jujuy werden sich mit der Enteignung von Grundbesitz, Maschinen und Anlagen einer verlassenen Mine befassen. Zudem soll die Übergabe der Mine an frühere Arbeiter und Angehörige der Arbeitslosenbewegung diskutiert werden.

Das Projekt sieht vor, dass die ehemaligen Arbeiter der Minenanlage, die in der Ortschaft Tumbaya ansässig sind und der Bewegung Movimiento Territorial de Liberación angehören, den Abbau der Mine gemeinschaftlich betreiben. Das Vorhaben wird bereits von einigen Abgeordneten unterstützt.

Auf Initiative des Abgeordneten Juan Marcelo Zamora wird der Gesetzentwurf nun im Provinzparlament behandelt. Der Entwurf sieht vor, das frühere Unternehmen von Grundbesitz, Anlagen und Maschinen zu enteignen und diese an die "Minengenossenschaft MTL La Brava" zu übergeben, die aus ehemaligen Arbeitern des Unternehmens und Arbeitslosen
besteht.

Dieses Vorhaben würde hundert Arbeitsplätze schaffen. Außerdem würde es dazu beitragen, ein Umweltproblem zu lösen. Die Reste der Erze, die im Freien zurückbleiben, können durch Regengüsse große Verunreinigungen des Trinkwassers und der Flüsse in der Region verursachen. In der Mine wurde Borsalz abgebaut.

Der frühere Chef der Minenanlage Daniel Carrera erklärte, dass die Arbeiter versuchen würden, noch ausstehenden Gehälter von den früheren Besitzern einzutreiben. Gleichzeitig hätten sie angefangen, das Projekt auf die Beine zu stellen.

PERU

Polizeilicher Übergriff auf Studenten der Universität

(Buenos Aires, 15. Dezember 2004, púlsar).- In der peruanischen Provinz Huarez griff die örtliche Polizei Studenten an, die die Universität Santiago Antunez de Mayolo besetzt halten. Die Studenten fordern eine umfassende Renovierung und Umstrukturierung der universitären Gebäude. Durch den polizeilichen Angriff wurden zahlreiche Studenten verletzt. Zu den Zwischenfällen kam es, als zirka hundert Polizisten die Studenten aus dem Gebäude räumen wollten. Seit zwei Monaten halten die Studenten die Universität besetzt, um ihrer Forderung nach Umbau der Universitätsräume Nachdruck zu verleihen.

Trotz des polizeilichen Übergriffs konnten die Studenten jedoch nicht aus der Universität geräumt werden, da Ombudsmänner der DDP (Defensoría del Pueblo) und weitere ansässige soziale Organisationen in die Räumung eingriffen.

Der Zusammenschluss zur Wahrung der Interessen der Bevölkerung (Frente de Defensa de los Interesses del Pueblo) der Provinz Huarez fordert nun den Rücktritt der Verantwortlichen der Sicherheitskräfte, des Bezirksvorstands Julio Salirosas sowie des zweiten Bezirksvorstands Margarita Macedo. Zudem kritisierte die Organisation den Abbruch der Verhandlungen, die vor einigen Tagen stattfanden. Die Gespräche, an denen alle Beteiligten des Konflikts teilnahmen, hatten zum Ziel, den Universitätskonflikt zu lösen.

CHILE

Zufriedenheit über Anklage gegen Pinochet

(Buenos Aires, 14. Dezember 2004, púlsar).- Die Entdecker der Archive der "Operation Cóndor" äußerten sich anerkennend über das kürzlich bekannt gewordene Verfahren gegen Augusto Pinochet. Die Archive hatten eine zentrale Bedeutung, um zu beweisen, dass eine geheime Zusammenarbeit der Diktaturregime existierte. Die Operation koordinierte die Militärdiktaturen des Cono Sur in Argentinien, Chile, Paraguay und Uruguay in den Siebzigerjahren.

Der Rechtsanwalt Martín Almada entdeckte 1992 die "Terrorarchive" aus der Zeit der Diktatur unter Alfredo Stroessner in Paraguay. Dort wurden Verbindungen zur Operation Cóndor nachgewiesen. Almada sagte, dass das Urteil gegen Pinochet "einen Schritt darstellt, um sich über das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen in Chile bewusst zu werden".

Der chilenische Richter Juan Guzman Tapia wirft Augusto Pinochet die Verantwortung für neun Entführungen und einem Mord im Rahmen der Operation Cóndor vor. Die Verurteilung Pinochets kann jedoch nicht vollstreckt werden, bis die Vierte Kammer des Obersten Gerichtshofs über den Berufungsantrag der Anwälte Pinochets zur Verhinderung eines Arrests entschieden hat.

Der US-amerikanische Journalist und Forscher über die Operation Cóndor John Dinges gab zu Bedenken, dass der aufgedeckte Plan der Operation nur wegen der Kenntnisse von und Verbürgungen durch Pinochet so vereinbart und umgesetzt werden konnte. Ohne den Diktator wäre der Plan "unmöglich" gewesen, unterstrich Dinges bei der Präsentation seines Buches "Operation Cóndor – eine Dekade des Internationalen Terrorismus im Cono Sur" auf der Internationalen Buchmesse in Santiago de Chile. Das Buch basiert auf Zeugenaussagen und gesammelten Dokumenten aus 30 Jahren aus Italien, Frankreich, USA, Paraguay, Argentinien und Chile. Darunter befinden sich auch 200 Interviews und über 20.000 Dokumente aus Verlautbarungen der US-Regierung.

Vierter Versuch, die Immunität von Pinochet aufzuheben

(Buenos Aires, 15. Dezember 2004, púlsar).- Während die Staatsanwaltschaft den Haftbefehl gegen Pinochet wegen seiner Verantwortung im Plan Cóndor überprüft, verlangten die Rechtsanwälte, die ihn wegen "illegaler Bereicherung und Staatsbetrug" anzeigten, die Aufhebung seiner Immunität. Damit könnte Pinochet aufgrund seiner US-amerikanischen Bankkonten in Millionen-Höhe bei der Riggs-Bank verurteilt werden. Damit wäre die Verhaftung des ehemaligen Diktators möglich.

Die Rechtsanwälte Carmen Hertz und Alfonso Insunza legten den Antrag dem Berufungsgericht von Santiago vor. Er soll von dem Richter Sergio Muñoz überprüft werden, der den Fall seit letzten Juli untersucht. Die Maßnahme wurde ergriffen, nachdem der US-amerikanische Senat bekannt gab, dass der ehemalige Diktator Bankkonten im Wert von vier bis acht Millionen US-Dollar bei der Riggsbank von Washington hatte.

Als vorläufige Anordnung wurde ein Teil der Kapitalgüter im Wert von 4,2 Millionen US-Dollar eingefroren. Dabei handelt es sich um jene Gelder, die bereits von den USA nach Chile transferiert wurden. Muñoz lehnte jetzt einen Antrag von Pinochets Verteidiger ab, diese Anordnung wieder rückgängig zu machen.

Die vierte Anfrage zur Aufhebung der Immunität Pinochets wurde im Rahmen des Haftbefehls des chilenischen Richters Juán Guzmán Tapia vorgelegt. Sie versucht die Verantwortung Pinochets bei neun Entführungen und einem Mord im Rahmen des Plans Cóndor aufzuzeigen. Der Plan Condor war ein Repressionsprogramm gegen linke Gruppen, das die diktatorischen Regime Südamerikas gemeinsam in den Siebzigerjahren durchführten. Die Verhaftung Pinochets kann allerdings nicht ausgeführt werden, bis die Vierte Kammer des Obersten Gerichthofs nicht über einen von Pinochets Anwälten eingelegten Widerspruch entschieden haben.

 

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