Massiver landesweiter Streik im Agrarsektor

von Ricardo Marapi Salas

(Buenos Aires, 19. August 2013, púlsar/teleSUR).- Tausende Bäuerinnen und Bauern haben am Morgen des 19. August einen sogenannten landesweiten Agrar-Streik in ganz Kolumbien begonnen. Dieser war schon Wochen zuvor angekündigt worden. An dem Streik nehmen diverse landwirtschaftliche Organisationen teil, in denen Kaffeebauern, Reisbauern und Baumwollpflücker*innen versammelt sind. Aber auch weitere Bereiche haben sich dem Streik angeschlossen, wie LKW-Fahrer und Angestellte des Gesundheitswesens. Insgesamt handelt es sich um 3.000 landwirtschaftliche und soziale Organisationen Kolumbiens, die gemeinsam die Nationale Agrar- und Volksplattform (Mesa Nacional Agropecuaria y Popular) bilden.

Die Landwirt*innen kritisieren die Wirtschaftspolitik der amtierenden Regierung unter Präsident Juan Manuel Santos. Zudem beklagen sie die schwerwiegenden Auswirkungen, unter denen sie seit der Einführung der Freihandelsverträge, speziell mit den USA, leiden würden. Aydeé Moreno, Führungsmitglied der Landwirtschaftsgewerkschaft Fensuagro (Federación Nacional Sindical Unitaria Agropecuaria) erklärte, eine ihrer Forderungen sei, dass „die kolumbianische Regierung sich verpflichtet, die Probleme zu lösen, die es auf dem Agrarsektor in den Bereichen Gesundheit, Wohnraum und Dienstleistungen gibt“.

Dutzende Verletzte und Festnahmen

Die Streikführer*innen hatten betont, ihre Proteste seien friedlich und deshalb Behörden und Polizei aufgefordert, für die öffentliche Sicherheit zu sorgen und keine Auseinandersetzungen mit den Bauernorganisationen zu provozieren.

Dessen ungeachtet war es in den darauffolgenden drei Tagen zu Massenmobilisierungen und Straßenblockaden gekommen. In zehn kolumbianischen Provinzen wurden insgesamt 30 Straßen blockiert. Als Sicherheitskräfte versuchten, diese gewaltsam aufzulösen, kam es zu schweren Auseinandersetzungen, die Dutzende Verletzte forderten. Über 150 Demonstrant*innen sind bisher festgenommen worden.

Streiks weiten sich aus

Inzwischen kann der Streik auf die Unterstützung der Produzent*innen von Reis, Mais, Baumwolle, Milch, Kakao, Kaffee und Kartoffeln zählen; sowie von LKW-Fahrern, Bergarbeitern, Student*innen, Viehwirt*innen und Lehrer*innen. Ziel sei es, „gehört zu werden“. So lange werde man unbefristet weiter streiken.

Die Auswirkungen der Proteste „sind schon in einigen Gegenden und in der Hauptstadt Bogotá spürbar“, stellte die kolumbianische Tageszeitung El Espectador am 21. August fest. So seien die Preise unter anderem für Kartoffeln, Zwiebeln, Obst und andere Produkte gestiegen.

Am selben Tag kritisierte Innenminister Fernando Carrillo, dass die Straßenblockaden nicht nur die Bewegungsfreiheit der Kolumbianer*innen, sondern auch den Dialog mit den Behörden unmöglich machten. „Sollten die Proteste friedlich sein, wird es einen Dialog und sozialverträgliche Lösungen geben“, kündigte er an. Seine Regierung sei zum Gespräch bereit, sobald die Straßen freigegeben würden.

Einer der Auslöser des Streiks war der Aufschrei der LandarbeiterInnen; sie fordern von Präsident Santos, „die Umsetzung der Freihandelsverträge zu stoppen“. Diese würden dem Land und der Bevölkerung nachhaltig schaden.

Bauern von Catatumbo überlegen, sich Streik anschließen

Unterdessen kündigten die Landwirt*innen aus der kolumbianischen Region Catatumbo ebenfalls am 21. August ihre Absicht an, sich eventuell dem Agrar-Streik anzuschließen. 20 Tage, nachdem sie ihre eigenen Straßenblockaden aufgelöst und die Proteste unterbrochen haben, habe die Regierung „ihr Angebot zum Dialog mit Garantien und ohne Tabus nicht eingehalten“. Die Bauernorganisation in der nordöstlich gelegenen Provinz Norte de Santander beklagte, dass „die Gemeinden weiterhin mit Distanzwaffen angegriffen werden. Die Vernichtung der Kokapflanzungen geht weiter, das Schutzgebiet wird unrechtmäßig nicht anerkannt und es gibt noch immer keinen Runden Tisch.“ Die Landwirt*innen kritisierten in einer Erklärung, dass ihre Lage seit Wochen unverändert sei. „Wir haben die Straßen wieder freigegeben mit dem Versprechen der Regierung als Pfand (…) aber heute fühlen wir uns erneut betrogen. Die angeblichen Befehle des Präsidenten bezüglich der Vernichtung der Kokapflanzen werden nicht eingehalten. Es scheint, dass die Versprechen von Präsident Santos mit jeder Stunde mehr an Wert verlieren.“

Armee ignoriert Anordnungen von Santos

Die Landarbeiter*innen zitierten den kolumbianischen Senatspräsidenten Juan Fernando Cristo, der eine „direkte Nichtbefolgung seitens der Armee“ von Befehlen des Präsidenten beklagte. Daher seien sie gezwungen, so die Landarbeiter*innen der Region Catatumbo, darüber nachzudenken, sich dem Agrar-Streik anzuschließen, solange die Regierung zulasse, dass „die Armee weiterhin offensichtlich unsere Rechte verletzt.“

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