Massive Proteste sozialer Bewegungen in Paraguay

(Fortaleza, 07. November 2008, adital-púlsar).- In Paraguay hat die Frente Social y Popular, der mehr als 100 soziale Organisationen und Gewerkschaften angehören, Anfang November einen dreitägigen Protest im Hauptstadtdistrikt Asunción und in anderen Departments des Landes durchgeführt. Das Bündnis fordert, dass die Regierung eine Reihe von Versprechungen einhält, die im sogenannten „Plan der Möglichkeiten“ festgelegt wurden.

Am ersten Tag der Proteste gingen die Sicherheitskräfte vor dem Innenministerium mit Gewalt gegen die Demonstrant*innen vor, dabei wurden Dutzende Menschen verletzt. Schätzungen zufolge haben an die 40.000 Menschen an Protesten und Straßenblockaden im ganzen Land teilgenommen.

An vorderster Stelle verlangt die Frente die Umsetzung eines von ihr entwickelten Notfallplans für das Land sowie eine grundlegene Reform des Justizsystems. Die sozialen Bewegungen beklagen, dass die Korruption den Fortschritt des Landes unmöglich mache. In diesem Zusammenhang verlangt die Frente den Rücktritt des Generalstaatsanwaltes Candia Amarilla und aller Mitglieder des Obersten Gerichtshofes.

In einem Aufruf zu den Protesten heisst es: „Grundlegende Veränderungen sind nötig. Die Bürger Paraguays erwarten, dass diese in allen Bereichen des Lebens spürbar werden, vor allen Dingen durch eine schnelle Reform des korrupten und mafiösen Justizsystems. Aber auch beim Kongress, der in Bezug auf die nationalen Interessen und die sozialen Probleme des Landes Beweise für einen wirklichen Veränderungswillen und Patriotismus schuldig bleibt.“

Der Aufruhr der Kleinbauern gegen die Justiz geht auf deren Räumungen von Siedlungen zurück, die am Rande von Großgrundbesitzländereien eingerichtet worden waren. Sie stellten eigentlich keine Verletzung des Privateigentums dar, doch unter dem Vorwand, Straftaten verhindern zu wollen, war die Justiz mit Vertreibungen, Haftbefehlen und (willkürlichen) Festnahmen gegen einige der Bauernführer*innen vorgegangen.

So wurde am zweiten Tag der Proteste, am 5. November, das Innenministerium von Tausenden Demonstrant*innen umringt, die Eier warfen und Parolen gegen das Justizsystem und vor allem gegen Generalstaatsanwalt Candia Amarilla riefen. Die Polizei griff die Protestierenden mit Gewalt an und schoss mit Gummigeschossen auf sie. Dabei wurden auch Frauen und Kinder getroffen.

Nach Angaben von Ärzt*innen mussten 40 Personen behandelt werden. Am Nachmittag bewegten sich die Demonstrant*innen in Richtung der brasilianischen Botschaft, um die Neuverhandlung des Vetrages von Itaipú, ein Abkommen über die gemeinsame Nutzung des Stausees Itaipú durch Brasilien und Paraguay, und die Wiederherstellung der enegierpolitischen Souveränität zu fordern.

Am 6. November, dem dritten Tag der Proteste, gab die Regierung nach einem Treffen zwischen Regierungsvertreter*innen und Bauernführer*innen bekannt, einen nationalen Rat für Agrarreform einzurichten. Das Institut für ländliche Entwicklung Indert (Instituto Nacional de Desarrollo Rural de la Tierra) soll die neue Institution kontrollieren. Der Rat, der seine Arbeit offiziell am 12. November aufnehmen sollte, wird sich um die Lösung der größten Probleme im Agrarsektor kümmern.

Zudem sagte die Regierung zu, im Rahmen eines Notfallplanes in Ernährung, Trinkwasser und Strom für den landwirtschaftlichen Sektor zu investieren. Die Demonstrant*innen zogen sich nach dieser Vereinbarung in ihre Heimatregionen im Landesinneren zurück. Jedoch bestehen sie weiterhin auf ihrer Forderung nach Rücktritt des Generalstaatswanwaltes und der Mitglieder des Obersten Gerichtshofes.

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