Schmutziger Wahlkampf-Endspurt in Brasilien

(Berlin, 24. Oktober 2018, poonal).- In der letzten Woche vor der Stichwahl in Brasilien am 28. Oktober verschärft der Favorit für die Präsidentschaft, der rechtsextreme Jair Bolsonaro, noch einmal die Tonlage. Gleichzeitig werden immer mehr verstörende Details bekannt. Viele Brasilianer*innen fühlen sich an die Zustände unter der Militärdiktatur (1964-1985) erinnert. Zehntausende demonstrierten am Samstag, 20. Oktober, in vielen Städten Brasilien gegen Bolsonaro. Sie warnten vor einem radikalen Rechtsruck und plädierten für die Verteidigung von Rechtsstaat und Demokratie.

Am selben Wochenende haben Brasiliens Bundespolizei und Justiz Ermittlungen wegen der massenhaften Versendung von Falschinformationen in sozialen Medien aufgenommen. Die Ermittlungen der Bundespolizei richteten sich gegen Technologieunternehmen der Kommunikationsbranche wegen des Verdacht der Verleumdung beider Präsidentschaftskandidaten, erklärte der Minister für öffentliche Sicherheit, Raul Jungmann. Zuvor hatte die Arbeiterpartei PT des Gegenkandidaten Fernando Haddad Strafanzeige gegen den rechtsextremen Konkurrenten Jair Bolsonaro wegen der Verbreitung von Falschinformationen über den Nachrichtendienst WhatsApp erstattet.

Massenhafter Einsatz von Fake News

Zuvor hatte die angesehene Tageszeitung „Folha de São Paulo“ berichtet, Unternehmen hätten vor der ersten Wahlrunde am 7. Oktober ein massenhaftes Verschicken von WhatsApp-Nachrichten an viele von Brasiliens 120 Millionen WhatsApp-Nutzer*innen finanziert, in denen der linke Präsidentschaftskandidat Fernando Haddad verleumdet wurde. Sowohl die Verschickung sogenannter Fake News als auch eine Wahlkampffinanzierung seitens Unternehmen sind in Brasilien verboten.

Bolsonaro wies die Vorwürfe zurück und erklärte, er sei nicht für das Verhalten von Unterstützer*innen seiner Kampagne verantwortlich. WhatsApp hat bereits angekündigt, Unternehmen künftig davon abhalten zu wollen, den Dienst für das massenhafte Versenden von Nachrichten zu nutzen. Facebook sperrte am 22. Oktober zahlreiche Accounts von Bolsonaro-Unterstützer*innen. Die nun gesperrten Seiten seien für die Verbreitung von Falschmeldungen und illegaler Propaganda genutzt worden, begründete Facebook den Schritt.

„Es riecht nach Faschismus“

Für Aufregung sorgten zudem Äußerungen von Jair Bolsonaros Sohn Eduardo, der Anfang Oktober in das Bundesparlament wiedergewählt worden war. Auf einer Wahlkampfveranstaltung im Juli verkündete Eduardo Bolsonaro auf die Frage, was passieren würde, falls ein gewählter Präsident Bolsonaro daran gehindert würde, das Amt anzutreten: „Wenn wir das Oberste Gericht schließen wollen, reicht es, zwei Soldaten hinzuschicken“. Das Video der Veranstaltung wurde erst am Wochenende bekannt.

Diese Aussage rief große Kritik hervor. Der Vorsitzende des Obersten Gerichts, Dias Toffoli, nannte die Äußerungen einen „Angriff auf die Demokratie“. Fernando Haddad bezeichnete den Ex-Militär und seine Söhne als „Milizionäre“, die eine Gefahr für das Land darstellten. „Es riecht nach Faschismus“, erklärte der renommierte Ex-Präsident Fernando Henrique Cardoso. Ein weiterer Richter des Obersten Gerichtshofs, Alexandre de Moraes, forderte am 22. Oktober die Staatsanwaltschaft auf, zu prüfen, ob Eduardo Bolsonaros Äußerungen gegen nationale Sicherheitsgesetze verstoßen habe.

In Umfragen für die Stichwahl am Sonntag, 28. Oktober liegt der umstrittene Rechtsaußen mit 55 bis 60 Prozent in Führung. Der 63-Jährige hat mehrfach frauenfeindliche und rassistische Äußerungen gemacht. Er vertritt konservative Werte und eine liberale Wirtschaftspolitik. Mehrfach lobte der langjährige Bundesabgeordnete die Zeit der Militärdiktatur sowie die Anwendung von Folter. Den ersten Wahlgang Anfang Oktober hatte Bolsonaro mit großem Vorsprung gewonnen.

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