Zwei Mal Ríos: der eine nicht prozessfähig, die andere darf nicht kandidieren. Vorläufig

(Montevideo, 09. Juli 2015, la diaria).- Die Verteidigung von José Efraín Ríos Montt war sich sicher, dass der guatemaltekische Ex-Diktator einen Schuldspruch wegen Völkermordes aufgrund des Ermordung von 1.771 Indigenen vom Volk der Ixil während seiner Regierungszeit vom März 1982 bis August 1983 würde umgehen können. Im Jahr 2013 war Ríos Montt bereits zu 80 Jahren Haft verurteilt worden, doch nur wenige Tage danach kam das Verfassungsgericht zu dem Schluss, dass es Unregelmäßigkeiten im Prozess gegeben habe, annullierte die richterliche Entscheidung und verfügte, dass eine erneute mündliche Verhandlung stattfinden müsse.

Die für den 5. Januar 2015 geplante Neuaufnahme des Prozesses wurde dann verschoben, da die Verteidigung von Ríos Montt die Richterin Irma Valdez wegen Befangenheit angefochten hatte, so dass die Richterin ersetzt und die Hauptverhandlung suspendiert werden musste. Nun, da sich mit dem 23. Juli 2015 ein weiteres Datum für den Beginn des Prozesses nähert, kommt ein psychiatrisches Gutachten des Nationalen Forensischen Instituts INACIF (Instituto Nacional de Ciencias Forenses) zu dem Schluss, dass der 88-jährige Ex-Diktator „nicht prozessfähig“ sei. Roberto Garza, Leiter der INACIF erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur Efe, dass dieses Gutachten nur „Empfehlungen“ enthalte, die endgültige Entscheidung darüber müsse vom Gericht getroffen werden. Zudem habe es bereits frühere Gutachten über den „unumkehrbaren“ Zustand von Ríos Montt gegeben.

Doch das Gutachten ist kategorisch in seinen Schlussfolgerungen. Es konstatiert, dass der Ex-Diktator „nicht im Vollbesitz seiner geistigen Fähigkeiten ist, er ist nicht in der Lage irgendeinen Urteilsspruch gegen sich zu verstehen, er ist nicht in der Lage, die Bestandteile eines Prozesses und die juristischen Verfahren zu verstehen und er ist nicht in der Lage, etwas zu seiner eigenen Verteidigung beizutragen“. Es diagnostiziert ein „Bild des kognitiven Verfalls“, das „Wunschvorstellungen und Halluzinationen“ einschließt und sich nur verschlimmern kann. Die Verteidigung des Ex-Diktators bezeichnete das Gutachten als „schlagkräftig“ und einer seiner Anwälte, Jaime Hernández erklärte gegenüber Efe, das Gericht müsse es akzeptieren, denn „denn nur eine verrückte oder demente Person“ würde nicht so verfahren.

Dieses, für den Ex-Diktator vorteilhafte Gutachten wurde bekannt, nachdem zwei Tage zuvor seine Tochter Zury Ríos, die ihren Vater als „ihre Inspirationsquelle“ bezeichnet, einen Rückschlag bei dem Versuch erlitt, Guatemala zu regieren. Das Wahlregister hatte ihre Einschreibung als Präsidentschaftskandidatin für die Partei Vision mit Werten Viva (Visión con Valores) zu den Wahlen am kommenden 6. September abgelehnt, wie die Tageszeitung Prensa Libre berichtet. Die Behörde argumentierte dabei, dass nach Artikel 186 der Verfassung sich niemand zum Präsidenten bzw. zur Präsidentin oder zur Vizepräsidentin bzw. zum Vizepräsidenten aufstellen lassen könne, der oder die bis zum vierten Grad mit „Caudillos“ oder „Anführern“ von Staatsstreichen oder bewaffneten Revolutionen blutsverwandt ist.

Zury Ríos, die als Abgeordnete im Parlament sitzt und es 2011 geschafft hatte, ihre Kandidatur als Präsidentin erreichen, erklärte, das Verfassungsgericht habe nun eine andere Meinung zum Thema abgegeben, und die Oberste Wahlbehörde werde dieser Interpretation in einen Tagen Folge leisten. Nach Angaben der guatemaltekischen Presse hatten Berater*innen von Ríos jedoch angeführt, dass es Fälle gegeben habe, bei denen die Wahlbehörde diesen Einschränkungen nicht folgte. Sie erinnerten an Jacobo Arbenz, Sohn des Revolutionsführers mit gleichem Namen, der sich dennoch hatte als Präsidentschaftskandidat einschreiben dürfen. Außerdem führen sie Kinder von gewählten Präsidenten an, die ebenfalls ihre Kandidatur durchsetzten, obwohl die Verfassung in diesem Falle eine Kandidatur nur dann erlaubt, während ihre Eltern gerade die Staatsoberhäupter sind.

Die Internetseite des Senders Guatevisón informierte, dass Viva die Kandidatur von Ríos gegenüber der Wahlbehörde, dem Obersten Gerichtshof und sogar dem Verfassungsgericht verteidigen könnte und gab dabei zu bedenken, dass das Verfassungsgericht „den ganzen Gerichtsprozess über deutlich zugunsten des Vaters von Zury geurteilt hat, einschließlich dabei, ihn von dem Urteil gegen ihn wieder zu befreien“.

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