Wieder Morddrohungen gegen Journalist*innen in Mexiko

von Markus Plate

(San José, 03. Juni 2014, voces nuestras-poonal).- In Mexiko-Stadt erhielt die Journalistin Marta Durán de Huerta Mitte Mai Morddrohungen per Telefon. Durán schreibt für die politische Wochenzeitschrift Proceso, ist unter anderem Korrespondentin von Radio Nederland und vertritt die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) in der Jury des Walter-Reuter-Preises, einem von den deutschen politischen Stiftungen in Mexiko jährlich ausgelobten JournalistInnenpreis. Radio Nederland und das Mexiko-Büro der RLS forderten von den Behörden umgehende Ermittlungen und effektive Schutzmaßnahmen für die Journalistin.

Marta Durán und Gustavo Sánchez Cabrera massiv bedroht

Marta Durán vermutet, dass die Drohungen eine Reaktion auf ihre jüngsten Arbeiten seien. Durán hatte die Mutter der Niederländerin Susanne Hester van Nierop unterstützt. Susanne van Nierop war 1998 in Ciudad Juárez ermordetet worden. Die Journalistin hatte zuletzt außerdem in mehreren Beiträgen über das Drogenkartell der Zetas geschrieben. Die Nationale Menschenrechtskommission nahm inzwischen Ermittlungen in beiden Fällen auf.

Der Journalist Gustavo Sánchez Cabrera, Herausgeber des Nachrichtenportals La Policiaca del Istmo, in der Stadt Salina Cruz, wird bereits seit mehreren Monaten belästigt und bedroht, ohne dass die Behörden in der Sache etwas unternommen hätten. Mitte Mai erhielt er eine explizite und sehr ernst zu nehmende Morddrohung. Es wird vermutet, dass hinter den Drohungen die organisierte Kriminalität steht.

Beschwerde bei Behörden eingelegt

Beide Journalist*innen haben umgehend Beschwerde bei verschiedenen zuständigen Behörden eingereicht: Gustavo Sánchez Cabrera bei der Sonderstaatsanwalt für Verbrechen gegen die Freiheit der Meinungsäußerung FEADLE (Fiscalía Especial para la Atención de Delitos cometidos en contra de la Libertad de Expresión) der Generalstaatsanwalt Mexikos; Marta Durán de Huerta bei der Menschenrechtskommission und der Generalstaatsanwaltschaft von Mexiko-Stadt.

Camille Soulier, Leiterin des Amerikabüros von Reporter ohne Grenzen, rief die Regierung von Enrique Peña Nieto auf, konkrete Schutzmaßnahmen für bedrohte Journalist*innen umzusetzen. Dazu hatte sich Mexikos Regierung erst im April gegenüber dem Generalsekretär von Reporter ohne Grenzen, Christophe Deloire verpflichtet.

Drohungen wird mit drastischen Mitteln Nachdruck verliehen

Marta Durán beschrieb dieser Tage eindrücklich die vielfältigen Versuche, Journalist*innen zum Schweigen zu bringen. So sei die Angriffsmethode “light” eine zivilrechtliche Diffamierungsklage. Eine solche abzuwehren, koste meist Monate Zeit, viel Geld und Nerven.

Eine andere Strategie seien Drohungen per Post, Telefon oder E-Mail. Diesen Drohungen würde oft mit drastischen Mitteln Nachdruck verliehen: Ein menschlicher Kopf als “Geschenk”, ein getötetes Haustier. Um zusätzlichen Druck auszuüben, würden immer wieder die Kinder von Journalist*innen für Stunden oder Tage entführt.

Auch würden die Zeitungsausträger*innen jener Blätter, für die die Journalist*innen arbeiten, entführt und gefoltert, um zu unterstreichen, dass die Drohungen Ernst gemeint sind.

Zunehmende Gefährdung seit Amtsantritt von Peña Nieto

Viele Journalist*innen würden auch von der Polizei festgenommen – ein weiterer Weg, sie einzuschüchtern. Jesus Lemus, ein Journalist aus dem Bundesstaat Michoacán wurde zum Beispiel für drei Jahre in ein Hochsicherheitsgefängnis gesteckt. Er hatte nach eigenen Angaben Beamte mit Artikeln in der von ihm herausgegebenen Zeitung “genervt”. Bis heute hat Lemus nicht erfahren, wofür genau er inhaftiert worden war.

Seit Beginn der Präsidentschaft von Enrique Peña Nieto und der Rückkehr der Partei der Institutionellen Revolution PRI (Partido Revolucionario Institucional) an die Macht, haben Anzahl und Intensität der Angriffe auf Journalist*innen zugenommen. Die Organisation Artikel 19 verzeichnete während des ersten Jahres der PRI-Regierungen 330 Drohungen und Übergriffe. Das entspricht durchschnittlich 27 Angriffen pro Monat – und es sind etwa 60 Prozent mehr als im letzten Jahr der Präsidentschaft Felipe Calderóns.

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