Vier Kekchi-Aktivist*innen wegen Landkonflikt am Río Dulce ermordet

(Fortaleza, 18. Februar 2011, adital).- Mehrere Anzeigen sowie Bitten um Schutzmaßnahmen der Behörden für die Gemeinde Quebrade Seca (Department Izabal) konnten die Ermordung von vier jungen Aktivist*innen Mitte Februar offenbar nicht verhindern, weil die Behörden nicht auf die Anzeigen wegen eines Landkonfliktes reagierten. Die Kekchi-Gemeinde macht daher den guatemaltekischen Staat für die Morde mitverantwortlich. Außerdem fordert die Gemeinde eine gründliche Untersuchung der Mordfälle und die Verurteilung der Beschuldigten und bittet die Behörden um Schutz für die Anwohner*innen.

Schüsse aus nächster Nähe

Die Student*innen Sebastián Xuc Coc, Alberto Coc Caal, Catalina Mucú Maas und der Indígena Amilcar Choc (alle Angehörige des indigenen Maya-Volkes der Kekchi) hätten am späten Nachmittag des 12. Februar mit dem Boot von der Universität Izabal zu ihrer Gemeinde Quebrada Seca am Río Dulce zurückkehren sollen. Dort kamen sie jedoch nie an. Ihr Boot wurde am 13. Februar mit Einschüssen und Blutspuren gefunden.

Die Leichen von Sebastián Xuc Coc, Alberto Coc Caal und Catalina Mucú Maas fand man am 14. Februar in der Nähe des Ortes, an dem auch das Boot entdeckt worden war. Die Leiche von Amilcar Choc wurde erst am 15. Februar im Fluss entdeckt. Alle Opfer wurden durch mehrere Schüsse ermordet, die offensichtlich aus nächster Nähe abgegeben worden waren.

Damit sei genau das eingetroffen, was die Gemeinde befürchtet hatte: Die Ermordung der Jugendlichen aufgrund von Streitigkeiten um Landbesitz, so eine öffentliche Erklärung der Gemeinde: „Als Gemeinde haben wir in den Ämtern Anzeigen erstattet, jedoch erhielten wir keinerlei Antwort. Vor 15 Tagen reiste eine Delegation unseres Ortes in die Hauptstadt, um auf unsere Lage hinzuweisen und forderte zudem Schutzmaßnahmen ein, die hätten verhindern sollen, dass wir nun den Tod unserer Brüder und unserer Schwester beklagen müssen.”

Umstrittene Landbesetzung

Die Gemeinde macht Gilberto Reyes Villatoro und dessen Sohn Alberto Villatoro gemeinsam mit Gabino Galicia de León, Julián Pop Choc und Gerardo Leiva verantwortlich für die Morde. Diese hätten sich zusammen getan um Delikte zu begehen und Ländereien zu besetzen, auf denen die Gemeinde seit mehr als 80 Jahren lebt.

“Seit mehreren Monaten wird unsere Gemeinde von einer Gruppe von Personen bedroht und schikaniert, die sich unseres Vertrauens und unseres guten Willens bedient haben. An einem Tag erlaubten wir ihnen auf unserem Land zu leben und ahnten nicht, welchen Schaden sie uns zufügen würden”, erinnern sich die Gemeindemitglieder.

Solidaritätsbekundungen von Indigenen- und Bauernorganisationen

In der darauffolgenden Woche haben verschiedene Organisationen Nachrichten und Stellungnahmen der Solidarität mit der Gemeinde veröffentlicht und deren Forderungen unterstützt. So haben beispielsweise die Landesweite Koordinationsstelle von Indigenen und Bauern und Bäuerinnen CNOC (Coordinadora Nacional Indígena e Campesina) und der LandarbeiterInnen- und Bauernverband CUC (Comité de Unidad Campesina) in den folgenden Tagen Mitteilungen verbreitet, wonach sie die Taten der Landspekulant*innen in der Region des Río Dulce ablehnen und verurteilen sowie Gerechtigkeit in dem Fall der drei ermordeten Jugendlichen fordern.

Eilaktion von Amnesty International für bedrohte Gemeinde

Amnesty International berichtet zudem, dass die Ermordeten sich für die Rechte der Menschen in der Gemeinde Quebrada Seca eingesetzt und an den Verhandlungen zum Landstreit teilgenommen hatten. In jüngster Zeit hätten weitere Aktivist*innen der Gemeinschaft Morddrohungen erhalten. „Die Angehörigen der Gemeinschaft befinden sich in Gefahr und müssen bei der Feldarbeit und allen anderen alltäglichen Tätigkeiten um ihr Leben fürchten“, so die Menschenrechtsorganisation, die mit einer Eilaktion auf die Fälle reagiert hat.

Schlampige und zögerliche Ermittlungen in der Kritik

Alarmierend sei demnach auch, dass lokalen Quellen zufolge die zuständigen Behörden – das Innenministerium (Ministerio de Gobernación) und die Generalstaatsanwaltschaft (Ministerio Público) – den Bitten der Gemeinde, nach den Vermissten zu suchen und am Tatort Beweise aufzunehmen, nur zögerlich nachgekommen waren. So nahm beispielsweise die Generalstaatsanwaltschaft wichtige Beweismittel wie die Rucksäcke der Getöteten und vier Patronenhülsen nicht auf – die Rucksäcke wurden stattdessen an die Familien zurückgegeben.

Amnesty International äußert sich besorgt über die mangelhafte Beweisaufnahme und befürchtet, dass dies die weiteren Ermittlungen grundlegend beeinträchtigen werde. Hinzu komme noch, dass die zuständigen Behörden Drohungen und andere Zwischenfälle, die Angehörige der Gemeinschaft in den letzten Wochen angezeigt hatten, nicht untersucht habe, kritisiert die Menschenrechtsorganisation.

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