Untersuchungsbericht: 83 Tote durch US-amerikanische Penicillin-Experimente

(Havanna, 30. August 2011, prensa latina/poonal).- Neue Enthüllungen über die illegalen medizinischen Experimente eines US-amerikanischen Forscherteams an Guatemaltek*innen in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts decken heute das Ausmaß dieser Aktivitäten auf.

Experimente an 5.500 GuatemaltekInnen

Am vergangenen 29. August wurde in Washington der Bericht der entsprechenden Untersuchungskommission veröffentlicht. Darin wird die Zahl der bei diesen Experimenten getöteten Guatemaltek*innen mit 83 beziffert. Etwa 5.500 Personen waren ohne ihr Einverständnis von 1946 bis 1948 von nordamerikanischen Wissenschaftler*innen als Versuchskaninchen für diese Experimente benutzt worden.

Federführend bei den Versuchen war der Arzt John Charles Cutler, der für den United-States-Public-Health-Service tätig war und später in die „Tuskegee-Syphilis-Studie“ involviert war, die den Verlauf der unbehandelten Syphilis klären sollte.

Unter den etwa 1.300 Personen, die mit Gonorrhö und Syphilis infiziert wurden, waren Gefangene, geistig behinderte und Prostituierte. Mithilfe der Versuche sollte die Wirkungsweise von Penicillin im Einsatz gegen diese Geschlechtskrankheiten erforscht werden.

“Völkermörderischer Akt”

Als diese Ereignisse im November 2010 öffentlich bekannt wurden, lösten sie in Guatemala große Empörung aus. Präsident Álvaro Colóm äußerte entschiedene Kritik und war kurz davor, diese Experimente als einen “völkermörderischen Akt” gegen die guatemaltekische Bevölkerung zu bezeichnen. US-Präsident Obama hatte sich vergangenen Oktober offiziell für die Menschenversuche entschuldigt.

Laut Aussagen des Vizepräsidenten Rafael Espada, der die Untersuchungen von guatemaltekischer Seite aus leitete, wurden im Westen des Landes fünf noch lebende Personen gefunden, welche im Rahmen der Versuche mit den genannten Krankheiten infiziert worden waren. Diese Menschen sind inzwischen 84 und 85 Jahre alt. Sie werden zusammen mit ihren Familien in die Hauptstadt übersiedeln, wo sie sich entsprechenden Untersuchungen unterziehen werden, um die Schwere der Infektion zu bestimmen, sagte Espada.

Auch Forscher*innen der Universität von Pennsylvania, USA, bearbeiten diese Fälle und dokumentieren ihre Befunde. In Abstimmung mit dem Verantwortlichen auf guatemaltekischer Seite werden die Ergebnisse an Barack Obama überreicht werden. Obwohl ein vorläufiger Bericht bereits in Colóms Händen ist, wird die Kommission ihre abschließende Bewertung erst im kommenden Oktober übergeben.

Weniger als 700 Infizierte erhielten medizinische Behandlung

Gemäß den vorläufigen Schlussfolgerungen der nordamerikanischen Untersuchungskommission erhielten weniger als 700 der 1.300 zwischen 1946 und 1948 mit einer Geschlechtskrankheit infizierten Personen eine Behandlung.

Laut Berichten, die bereits nach Guatemala gelangt waren, hat die Vorsitzende der Bioethik-Kommission und Präsidentin der Universität von Pennsylvenia, Dr. Amy Gutmann, diese Versuche als eindeutig unmoralischen Akt und als historische Ungerechtigkeit eingestuft.

Bekannt wurden die Experimente im Januar 2010 durch die Medizinhistorikerin Susan M. Reverby. 

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