Überlebenskampf zwischen Schutt und Asche

von Enrique Torres

(Havanna, 16. Februar 2010, prensa latina).- Viele Überlebende des Erdbebens in Haiti fordern in den Ruinen der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince noch immer den Tod heraus. Sie suchen nach jeder Form von Nahrung, um ihre Familien durchzubringen. Unter den Trümmern von dutzenden Einkaufszentren, die beim Erdbeben am 12. Januar einstürzten, befinden sich nicht nur die Leichen der Angestellten, sondern auch Lebensmittel und andere Güter. Scharen von Plünderern versuchen dieser Güter habhaft zu werden – koste es was es wolle.

Mit Tagesanbruch verwandeln sich Viertel, wie jenes um den Boulevard de Dessalines, in schiere Ameisenhaufen in denen jeder versucht, sich durch den nächstbesten Spalt hindurchzuzwängen, um sich Zugang zu den gesuchten Schätzen zu verschaffen. „Hier kann man etwas zu essen finden. Das war ein Warenhaus, das Lebensmittel verkaufte “ sagt der junge Mackenson gegenüber Prensa Latina. Sein Haus im Elendsviertel Martissant wurde durch das Beben völlig zerstört. Mit einem Sack unter dem Arm und zuversichtlich, darin seine Fundstücke verstauen zu können, beteuert der 19-Jährige, dass es ihm mittlerweile wenig ausmache, dass er bei seiner Suche im Herzen der Schutthaufen zerquetscht werden und sterben könnte, falls er dabei von weiteren Nachbeben überrascht werden sollte.

Sein Blick ist völlig niedergeschlagen. Pessimismus angesichts einer Zukunft, die so unvorhersehbar ist, dass sie Mackensens Verwegenheit schwächt, die doch gerade jetzt so notwendig ist, um dem Schicksal die Stirn zu bieten. “Das Erdbeben ereignete sich am 12. Januar. Seit diesem Tag leben wir auf der Straße und suchen nach Gegenständen, Lebensmitteln und nach Material, um ein Haus zu bauen, in dem wir leben können”, erklärt der junge Mann.

Aus seiner Perspektive scheint es in Haiti in absehbarer Zeit keine Veränderungen zu geben. „Wenn dieser Wandel kommt, bin ich möglicherweise schon tot“, sagt Mackenson, der vor der Katastrophe in einer Tankstelle mit Autowerkstatt gearbeitet hatte. „Die Tankstelle wurde zerstört und dort starb auch der Besitzer“, erinnert sich der Teenager und fügt abermals hinzu: „Ich mich habe während des Bebens retten können und bin gesund. Alles andere ist mir egal.” Er unterstreicht, dass es unter den derzeitigen Bedingungen keine leichte Aufgabe sei, das Überleben zu sichern. Wenn Lebensmittel verteilt würden, so würden viele Leute diese wieder verkaufen, weil die Verteilung nicht so vonstatten gehe wie geplant und nicht so, dass es für alle reiche, auch, wenn es sich dabei um Lebensmittelrationen handele. Mackensons Familie, die glücklicherweise das Erdbeben überlebte, erhielt keinerlei Unterstützung. So kommt es, dass er sich jeden Morgen in Richtung Boulevard Dessalines auf die Jagd macht, um dort und in anderen Ecken der Stadt auf Beutetour zu gehen.

In den Ruinen der Stadt hat er nicht nur Gegenstände und Lebensmittel gefunden, sondern ist auch auf zahlreichen Leichen gestoßen. Doch abgesehen davon, dem Tod so von Angesicht zu Angesicht zu begegnen, hindert ihn dies nicht bei seinem Überlebenskampf zwischen den Skeletten der Bauten. Auf vielen Gebäuden die zwar noch stehen, jedoch ernsthafte Schäden davongetragen haben, steht auf den Fassaden in rot das Wort „abreißen“ geschrieben. Es ist ein hohes Risiko dort einzudringen, denn die Erde hat noch nicht zu beben aufgehört auch wenn die Erschütterungen an nicht mehr so stark sind.

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