Rotes Kreuz weist Anschuldigung über Veruntreuung zurück

von Cristina Fontenele

(Fortaleza, 22. Juli 2015, adital).- Das Rote Kreuz der Vereinigten Staaten wird beschuldigt, 500 Millionen US-Dollar unterschlagen zu haben. Das Geld war für den Wohnungsbau Haitis gesammelt worden, nachdem ein Erdbeben das Land am 12. Januar 2010 zerstört hatte. 300.000 Menschen kamen dabei ums Leben, 350.000 wurden verletzt und mehr als zwei Millionen obdachlos. Laut Nachforschungen der Nachrichtenagenturen für investigativen Journalismus ProPublica und NPR hätte das Rote Kreuz nur sechs Häuser bauen lassen, behaupte aber, Wohnungen für mehr als 130.000 Menschen zur Verfügung gestellt zu haben.

Das rote Kreuz nahm zu den Anschuldigungen wie folgt Stellung: Man sei hinsichtlich der Veröffentlichung der gewährten Informationen durch ProPublica / NPR abermals „enttäuscht“ über die fehlende Ausgewogenheit der Berichterstattung, welche zusammenhanglos und ungenau erfolgt sei. ProPublica / NPR sei Berichterstatter auch aller vorherigen Reportagen über das Rote Kreuz gewesen. „Es ist enttäuschend, unsere Arbeit in den Schmutz gezogen zu sehen, besonders in Anbetracht der Tatsache, dass wir schriftlich auf mehr als 100 Fragen geantwortet und ein Interview mit unserem Leiter für operative internationale Tätigkeiten gewährt haben“, so eine Mitteilung auf der Homepage der Hilfsorganisation.

Nach Angaben von David Meltzer, dem Leiter für operative internationale Tätigkeiten beim Roten Kreuz, sah sich die Organisation der schwierigen Aufgabe gegenüber, auszuwählen, wie das Geld bestmöglich verwendet werde – auf schnellstmögliche und effizienteste Art und Weise. Die sechs gebauten Häuser wären Teil eines Pilotprojektes in Port-au-Prince gewesen. Ende 2011 schlug das Rote Kreuz ein Projekt für mehrere Millionen US-Dollar mit dem Namen ‘Lamika’ vor (eine Abkürzung, die im Haitianischen „Ein besseres Leben in meinem Viertel“ bedeutet), für den Bau von Häusern, die eine dauerhafte Heimat für die Menschen darstellen sollten.

“Vielen Menschen geholfen”

Es wurden Pläne für drei verschiedene Gemeinden entwickelt, von denen sich zwei außerhalb von Port-au-Prince befanden. Aber die Wohnungen blieben dort häufig unbewohnt, weil die Menschen es vorzogen, in ihr Viertel zurückzukehren, in dem sie vor dem Erdbeben gelebt hatten und wo sie in der Nähe ihrer Arbeitsplätze, der Schulen und der Familie sein konnten. Das Rote Kreuz ist jedoch der Meinung, dass mit diesen Lösungen mehr Menschen geholfen worden sei als mit einem Neuaufbau.

Wenn es für neue Häuser keine Grundstücke gab, wurden dem Roten Kreuz gemäß andere Lösungen für Unterbringungsmöglichkeiten gefunden, wie zum Beispiel mit Mietzuschüssen, Reparaturen und der Instandsetzung von bestehenden Strukturen. So sei das Versprechen erfüllt worden, „zehntausenden Haitianern die Rückkehr in ihre Häuser zu ermöglichen“. Laut der Organisation wurden auch Schulen neu gebaut und instandgesetzt, ebenso wie Straßen und wichtige Punkte für die Wasserversorgung in den Vierteln.

Den Ausführungen des Roten Kreuzes gemäß halfen die Gelder dabei, acht Krankenhäuser und Praxen zu bauen und in Betrieb zu nehmen, einen Ausbruch von Cholera in Schach zu halten, Trinkwasser zu reinigen und zur Verfügung zu stellen und mehr als 100.000 Menschen dabei zu helfen, aus improvisierten Zelten in eine bessere und sicherere Unterkunft zu ziehen. Laut der Organisation wurden Notunterkünfte in Form von 860.000 Zelten für Menschen zur Verfügung gestellt, deren Häuser beschädigt oder zerstört worden seien.

Zur “dauerhaften Erholung” beigetragen

In dem Bericht erläuterte Gail J. McGovern, seit 2008 Geschäftsführerin und Vorsitzende des US-Amerikanischen Roten Kreuzes, dass die Organisation Spenden in Höhe von 488 Millionen US-Dollar für das Erdbeben in Haiti erhalten habe. Die Summe sei zu 100 Prozent ausgegeben worden. Man hätte damit mehr als 4,5 Millionen Menschen geholfen und zur „dauerhaften Erholung“ des Landes beigetragen. Die Verteilung der Spenden sei wie folgt vorgenommen worden: 14 Prozent (66 Millionen US-Dollar) zur Notfallversorgung, 35 Prozent (173 Millionen US-Dollar) für Unterkünfte, zehn Prozent (47 Millionen US-Dollar) für Wasser für Trinkwasser und dessen Reinigung, 15 Prozent (73 Millionen US-Dollar) für das Gesundheitswesen (ohne die Bekämpfung der Cholera), elf Prozent (56 Millionen US-Dollar) zur Katastrophenvorbeugung, zehn Prozent (48 Millionen US-Dollar) zur Überlebenssicherung und fünf Prozent (25 Millionen US-Dollar) zur Vorbeugung von Cholera.

Nach Angaben der Geschäftsführerin wurden zehn Millionen US-Dollar für den Wiederaufbau des Krankenhauses Saint Michel in Jacmel im Südosten Haitis ausgegeben und im Jahr 2013 5,5 Millionen US-Dollar für den Bau der Universitätsklinik in Mirebalais. Man habe 15.000 Häuser reparieren lassen und mehr als 27.000 Menschen Mietzuschüsse gezahlt. 48 Millionen US-Dollar wurden für Berufsausbildungen, Zuschüsse in Form von Bargeld und Programme zur Überlebenssicherung ausgegeben.

Nicht zum ersten Mal sieht sich das US-amerikanische Rote Kreuz in Finanzskandale verwickelt. Nach dem Attentat vom 11. September 2001 sammelte die Organisation mehr als 564 Millionen US-Dollar für den Liberty Fund, welcher nach den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon ins Leben gerufen wurde. Dem Roten Kreuz warf man jedoch vor, nur 154 Millionen US-Dollar davon verteilt zu haben. Auch sah sich die Organisation dem Vorwurf ausgesetzt, Gelder veruntreut zu haben, die für die Beseitigung der durch Hurrikan Katrina verursachten Schäden gesammelt worden waren. Der Hurrikan richtete am 29. August 2005 in der südlichen Küstenregion der Vereinigten Staaten großen Schaden an, insbesondere in dem Gebiet um New Orleans. Mehr als eine Million Menschen mussten evakuiert werden. Damals wurden 14 Angestellte des Roten Kreuzes beschuldigt, 200.000 US-Dollar veruntreut zu haben.

 

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