Reform am Bergbaugesetz zugunsten transnationaler Unternehmen

von Luis Ángel Saavedra

(Lima, 16. August 2012, noticias aliadas).- Regierung setzt sich für verfassungswidrige Veränderungen am Bergbaugesetz ein, um ausländische Investitionen sicherzustellen.

Da sich die ecuadorianische Regierung der Förderung des großflächigen Bergbaus verschrieben hat, muss sie nun eine interne Gesetzgebung schaffen, die, auch wenn sie den Verfassungsprinzipien widerspricht, den wirtschaftlichen Interessen der transnationalen Bergbauunternehmen gerecht werden soll. Die Unternehmen weigern sich in dem Land zu investieren, solange ihnen nicht die völlige Kontrolle über die Erträge garantiert ist, die dieser Industriezweig erbringen wird.

Staat sollte an Einnahmen des Bergbaus beteiligt sein

Die letzte Verfassunggebende Versammlung Ecuadors (2007-2008) sorgte nicht nur dafür, dass die Rechte der Natur und somit auch der Schutz und die Reproduktion ihres Lebenszyklus in den Verfassungstext aufgenommen wurden, sondern sie übertrug dem Staat auch sehr überlegt die Kontrolle über den durch die Rohstoffförderung erzielten Gewinn. Dies gilt auch dann, wenn dieses Recht durch Konzessionen an gemischte oder private Firmen übertragen werden müsste.

In diesem Sinne gilt nach Artikel 408 der Verfassung, dass der Staat an dem Gewinn, der durch die Nutzung dieser Rohstoffe entsteht, teilhaben soll. Dieser Anteil darf jedoch nicht geringer sein als jener des Unternehmens, das den Rohstoff fördert.

Ausgehend von der Verfassung, erarbeitete die Nationalversammlung das im Januar 2009 erlassene Bergbaugesetz, in dem festgelegt wird, dass die wirtschaftlichen Gewinne des Staates dem Verfassungsartikel 408 unterliegen sollen. Artikel 93 des Bergbaugesetzes sieht seinerseits vor, dass das Vertragsunternehmen Abgaben leisten müsse von „nicht weniger als 5 Prozent der Verkäufe, sowie weitere Zahlungen, die 25 Prozent der Einkommenssteuer entsprechen, 12 Prozent der Gewinne, die in diesem Gesetz festgelegt sind, sowie 70 Prozent der Steuern für außergewöhnliche Einkünfte und 12 Prozent der Mehrwertsteuer“. Auf diese Weise garantiert der Staat, dass mehr als 50 Prozent der Erträge aus dem Bergbau als Steuern und Gebühren in seine Truhe wandern.

Erfolgreicher Vertragsabschluss mit EcuaCorriente

Dieser Norm zufolge wurde im vergangenen März der erste Vertrag über Bergbaukonzessionen im großen Stil mit der chinesischen Firma EcuaCorriente geschlossen. Das Unternehmen soll 1,4 US-Dollar in das Bergbauprojekt Mirador in der Bergkette des Cóndor investieren, das sich in Zamora Chinchipe, der südlichen Amazonasprovinz des Landes, befindet. Der Staat profitiert dabei von 52 Prozent der Einkünfte aus dem Bergbau. Da das Interesse des Unternehmens geopolitischer und nicht unbedingt wirtschaftlicher Art ist, hatte EcuaCorriente keine Bedenken, einen Vertrag zu unterzeichnen, der dem ecuadorianischem Staat zugute kommt.

„EcuaCorriente ist eine staatliche Firma [aus China], die zwar ein einträgliches Geschäft vor Augen hat, jedoch vielmehr daran interessiert ist, China den Zugang zu den natürlichen Rohstoffen zu sichern, die nötig sind, um dessen wirtschaftliches Wachstum aufrechtzuerhalten“, versichert Kléver Jiménez, Parlamentsabgeordneter der Plurikulturellen Bewegung Pachakutik MPP (Movimiento Pluricultural Pachacutik) aus der Amazonasregion.

Der Vertragsabschluss mit EcuaCorriente wurde als Beispiel für Standhaftigkeit und Souveränität präsentiert, der den Weg für zukünftige Verträge geebnet hätte und zwar nicht nur in Ecuador.

„Ganz Amerika schenkt diesem Vertrag Beachtung, denn er ist völlig neuartig. Der Staat erhält die meisten Einkünfte“, so der Präsident Rafael Correa bei Unterzeichnung des Vertrages über den Rohstoffabbau, bei dem EcuaCorriente jährlich etwa 180.000 Tonnen Kupfer fördern wird.

Verhandlungen mit Kinross auf Eis gelegt

Trotz der Entschlossenheit der Regierung sind die Verhandlungen mit dem kanadischen Bergbauunternehmen Kinross Gold Corporation seit Februar lahmgelegt. Kinross Gold plant im Zuge des Projekts Fruta del Norte, ebenfalls in der Bergkette des Cóndor an der Grenze zu Peru, Gold abzubauen. Dazu ist eine Investition von 1,3 Milliarden US-Dollar vorgesehen. Allerdings weigerte sich das transnationale Unternehmen ähnliche Bedingungen wie EcuaCorriente zu unterzeichnen.

„Ich möchte allen gegenüber klarstellen, dass wir, solange es zu keinen besseren wirtschaftlichen Einigungen kommt, die Verhandlungen nicht weiterführen werden“, so die Erklärung des damaligen Unternehmenschef Tye Burt, nachdem er die Verhandlungen mit Ecuador einstellte.

Die Forderungen von Kinross wurden als übertrieben eingestuft. Im Februar dieses Jahres verkündete Wilson Pastor, Minister für nicht-erneuerbare Rohstoffe, dass Ecuador kein Abkommen mit dem transnationalen Bergbauunternehmen unterzeichnen würde.

„Es gibt Dinge, die wir unmöglich akzeptieren können. Schließlich können wir nicht einfach das Gesetz verletzen oder ändern“, so Pastor.

Reform des Bergbaugesetzes angekündigt

Trotz dieser Erklärungen kündigte der Minister am 20. Juli die Änderung des Bergbaugesetzes an, wodurch einige Fehler ausgebessert werden sollen. Dies betreffe zum Beispiel die Tatsache, dass das Gesetz zwar die Abgabe von mindestens fünf Prozent der Einkünfte zusätzlich zu den Bergbausteuern vorsehe, jedoch keinen maximalen Wert festlege. Ebenso gab Pastor zu verstehen, dass die Steuern für außergewöhnliche Gewinne aufgrund der Preiserhöhung für Metall erst dann zu zahlen seien, wenn das Unternehmen die geleisteten Investitionen wieder erwirtschaftet hätte.

Zu diesem Zweck wird der Entwurf zum Reformgesetz, den die Exekutive der Nationalversammlung vorlegen wird, zwei Vorschläge enthalten: Der erste erwägt, die Steuereintreibung aufzuschieben bis das Vertragsunternehmen seine Investitionen wieder eingenommen hat und der zweite zielt darauf ab, einen maximalen Prozentsatz betreffend der Abgaben festzulegen. Damit gibt Pastor dem Druck des Unternehmens Kinross nach und folgt der Linie der Präsidentschaft, denn Correa schickte bereits voraus: „Es ist durchaus vernünftig, was Kinross von uns verlangt. Wir werden eine Gesetzesreform vorbereiten, so dass die Investitionen durch jeden außerplanmäßigen Gewinn beglichen werden können“.

Abgeordnete unter Druck

Der Weg zur Genehmigung der Reform in der Nationalversammlung wird nicht leicht werden. Auch wenn Alianza País, die politische Bewegung der Regierung, die knappe Mehrheit besitzt, ist das Thema des Bergbaus für die Abgeordneten sehr heikel und einige Regierungsanhänger*innen könnten sich bei der Abstimmung der Reform enthalten. In Anbetracht des derzeitigen politischen Szenariums allerdings, könnte Correa Druck auf die Abgeordneten ausüben, insofern diese für eine mögliche Wiederwahl bei der nächsten Wahlversammlung berücksichtigt werden wollen.

Die Frist zur Vorlage der Listen mit den Kandidat*innen, die sich für die Wahl der Nationalversammlung im Februar 2013 bewerben, läuft noch bis nächsten Oktober. Einige der jetzigen Abgeordneten sind sich über ihre Chancen unklar, in die neuen Listen aufgenommen und somit möglicherweise wiedergewählt zu werden. Die Abstimmung über die Reform des Bergbaugesetzes bietet sich als Möglichkeit, die Aufnahme in die Wahllisten auszuhandeln und den Wert, den die Stimme der Abgeordneten besitzt, zu verdeutlichen.

Weiterhin den transnationalen Unternehmen unterworfen

„Wir werden einen Markt der Kanditat*innen erleben mit dem Preis der Stimmen zur Annahme des Reformgesetzes. Dadurch fördern wir das neoliberale Modell, dem wir nie entkommen sind. Die Reformen des Bergbaugesetz sind ein Beispiel dafür, dass wir weiterhin den Interessen der transnationalen Unternehmen unterworfen sind und der Diskurs der Regierung über Souveränität völlig sinnentleert ist“, erklärt Jiménez, der beim ecuadorianischen Verfassungsgericht bereits eine Klage wegen Verfassungswidrigkeit der unterzeichneten Verträge mit EcuaCorriente einreichte.

Darin weist er darauf hin, das Abkommen würde nicht sicherstellen, dass der Staat 52 Prozent der Einnahmen erhalte, da darin 12 Prozent der Mehrwertsteuer enthalten seien. Diese fallen nur für gefertigte Produkte an, wohingegen die Erzeugnisse des Bergbaus roh und ohne Mehrwert exportiert werden würden. Er führt außerdem an, dass keine vorherige Befragung der vom Bergbau betroffenen Gemeinden, die vor allem der Nationalität Shuar angehören, durchgeführt worden sei. So würde es auch im Zusammenhang mit den von der Regierung angekündigten Reformen geschehen, sollten diese genehmigt werden.

 

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