Referendum über erneute Präsidentschaftskandidatur von Uribe bleibt umstritten

(Fortaleza, 20. April 2009, adital).- Die Diskussionen um eine mögliche erneute Präsidentschaftskandidatur des kolumbianischen Präsidenten Álvaro Uribe halten an. Am 15. April hatte die für Verfassungsänderungen zuständige 1. Senatskommission ein Gesetzesvorhaben zur Einberufung eines Verfassungsreferendums angenommen. Mit dem soll darüber entschieden werden, ob einem kolumbianischen Präsidenten eine zweite Wiederwahl, d.h. eine dritte Amtszeit, ermöglicht werden darf oder nicht. Würde das Referendum angenommen, könnte Uribe bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2010 zum dritten Mal kandidieren.

Im von der Senatskommission bestätigten Gesetzesvorhaben wurde der Originaltext der Gesetzesinitiative verändert, der von mehr als vier Millionen Unterschriften unterstützt worden war. Während es im ursprünglichen Text hieß, dass derjenige, der bereits zweimal die Präsidentschaft ausgeübt hat, nochmals kandidieren darf – was bedeuten hätte, dass sich Uribe erst nach Ende seiner aktuellen Amtszeit erneut zur Wahl hätte stellen dürfen und damit nicht schon für die unmittelbar folgende Wahlperiode –, wurde der Text nun dahingehend geändert, dass ein bereits zweimal gewählter Präsident nochmals und schon während seiner noch laufenden Präsidentschaftszeit erneut kandidieren darf.

Nun muss das Vorhaben noch vom Plenum des Senats angenommen werden. Die Debatte darüber wird voraussichtlich zwischen dem 29. April und dem 6. Mai stattfinden. Nach der Annahme des Gesetzes würde das Referendum Mitte Mai noch vom Verfassungsgericht geprüft werden, bevor es der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt werden kann.

Alfredo Beltrán, Jurist und Richter am Verfassungsgericht, erklärte gegenüber der Tageszeitung „El Espectador“, die Diskussion über das Referendum weise Mängel auf. Die gesetzlichen Vorschriften zur Einleitung des Referendums seien nicht eingehalten worden, auch habe man den Finanzrahmen für die Kampagne zum Referendum überschritten. Im Jahr 2006 hatte der Jurist gegen die Verfassungsänderung gestimmt, die die erste Wiederwahl und zweite Amtszeit von Uribe ermöglichte. Wie sich vor einem Jahr herausstellte, waren damals bei der Abstimmung im Senat einzelne Abgeordnete bestochen worden, und nur so konnte das Gesetz beschlossen werden (vgl. http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Kolumbien/korruption.html). Zu den Hauptgeldgebern für das aktuelle Referendumsprojekt gehören Unternehmen, die große Staatsaufträge im Bereich Straßenbau und Ethanolproduktion erhalten haben. Auch das hatte in Kolumbien für einen Skandal gesorgt.

Beltrán wiederholte nun, er werde erneut gegen die Reform stimmen, da diese den 1991 geschaffenen Verfassungsapparat aushebele und zerstöre. Durch die Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten könne dieser die Zusammenstellung des gesamten Obersten Justizrates (Consejo Superior de la Judicatura) sowie die Auswahl der Mitglieder des Vorstands der kolumbianischen Zentralbank beeinflussen. Dadurch sei die Besetzung aller zentralen Posten an den amtierenden Präsidenten gebunden.

Auch der ehemalige kolumbianische Präsident Andrés Pastrana spricht sich gegen die Verfassungsänderung aus. In einem Brief an den Vorstandsvorsitzenden der Konservativen Partei (Partido Conservador) Efraín Cepeda Sarabia bezeichnete Pastrana den Versuch Uribes, an der Macht zu bleiben, als „andine Krankheit“, von der die Präsidialdemokratien der Region befallen würden. „Innerhalb dieses exotischen Rahmens erlebt Kolumbien die Realität eines Präsidenten, der während seiner Amtsausübung offen eine zweite Wiederwahl anstrebt, ohne dass ihm auch nur die formalen Schranken gesetzt werden, die für Staatsbedienstete gelten“, hob er hervor.

Pastrana wies seine Parteikolleg*innen darauf hin, es sei „die historische Pflicht der Konservativen Partei, mit Blick auf das gesamte Land darüber nachzudenken, ob das, was sie für eine gute Amtsführung hält, rechtfertigt, dass nach Ablauf der vierjährigen Verlängerungen höchstens noch Bruchstücke unserer Institutionen zurückgegeben werden“. Die Kritik richtet sich an den von den Konservativen nominierten Vorkandidaten für die Präsidentschaft, Andrés Felipe Arias, der Uribe bedingungslos unterstützt. Bis Februar 2009 war Arias Landwirtschaftsminister in der Regierung von Uribe. Es scheint wahrscheinlich, dass Arias, im Falles eines für Uribe vorteilhaften Ausgang des Referendums, seine Kandidatur zu Gunsten Uribes zurückzieht. Sollte Uribes Vorhaben, ein drittes Mal zu Wahlen anzutreten, scheitern, könnte Arias, so er die Wahlen gewinnen sollte, im Sinne von Álvaro Uribe regieren.

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