„El Diquís“ – Staatliche Elektrizitätsgesellschaft rudert zurück

von Oliver Lüthi

(San José, 20. Mai 2011, voces nuestras).- Im Süden Costa Ricas soll das größte Wasserkraftwerk Zentralamerikas entstehen. Zu den vom Projekt betroffenen Gebieten gehören auch 900 Hektar unbewohntes indigenes Territorium. Nach einem Besuch des UN-Sonderberichterstatters für die Rechte indigener Völker in der Region hat sich die für den Kraftwerksbau zuständige staatliche Elektrizitätsgesellschaft Costa Ricas ICE (Instituto Costarricense de Electricidad) vorübergehend aus dem Gebiet zurückgezogen, um einer umfassenden Konsultation der betroffenen indigenen Gemeinden Platz einzuräumen.

Staatliche Elektrizitätsgesellschaft besetzt indigenes Territorium

Das Wasserkraftwerk „El Diquís“ mit einer Kapazität von 650 Megawatt soll ab November 2018 Strom für über eine Million Menschen produzieren. Der Bau ist ein zentrales Projekt in der Strategie der costaricanischen Regierung, mit der sie einer künftigen Energieknappheit begegnen will. Um die geplante Energieleistung zu erreichen, müssen knapp 7.000 Hektar Land überflutet und die Bevölkerung von zehn Dörfern umgesiedelt werden. Zu den Gebieten, die dem Stausee zum Opfer fallen sollen, gehören auch die 900 Hektar indigenen Landes der Völker Térraba und China Kichá.

Obwohl die Gebiete unbewohnt sind, sind sie unveräußerlich. Dies ist sowohl in einem nationalen Gesetz aus dem Jahre 1977 als auch in der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation IAO über den Schutz der indigenen Völker so vorgeschrieben, die Costa Rica unterzeichnet hat. Nichtsdestotrotz hielt die costaricanische Elektrizitätsgesellschaft ICE seit 2008 rund 20 Hektar des betroffenen indigenen Territoriums besetzt, ohne zuvor die vorgeschriebene vorherige, freie und informierende Konsultation der indigenen Bevölkerung durchgeführt zu haben.

Klare Worte des UN-Sonderberichterstatters

Ende April besuchte UN-Sonderberichterstatter James Anaya die Konfliktregion im Süden Costa Ricas. Nach Gesprächen zwischen den betroffenen Gemeinden, dem für den Kraftwerksbau zuständigen Unternehmen und Vertreter*innen des costaricanischen Regierung erklärte sich der Stromkonzern ICE dazu bereit, sich vorübergehend aus dem betreffenden Gebiet zurückzuziehen, um einer Befragung der indigenen Gemeinden Platz zu machen. „Die Durchführung einer Konsultation der betroffenen Gemeinden ist obligatorisch. Dies ist gemäß internationalem Recht eine Verpflichtung“, ließ Sonderberichterstatter Anaya im Anschluss an die gemeinsamen Gespräche verlauten.

Vertreter*innen des ICE gaben derweil bekannt, dass der Rückzug aus dem betroffenen Gebiet unmittelbar bevorstehen würde. Auf dem besetzten Gebiet hatte das ICE in der Vergangenheit ein Lager errichtet und am Bau von Tunneln und Galerien gearbeitet. Laut Angaben des für den Bau zuständigen Unternehmens handelte es sich bei den Erdarbeiten um notwendige Vorbereitungen im Zusammenhang mit der laufenden Umweltverträglichkeitsprüfung, die bei Großprojekten dieser Art stets zu erfolgen hat.

Indigenenorganisation hält an Klage fest

Trotz der Erklärung des Stromunternehmens, sich aus dem umstrittenen Gebiet zurückzuziehen, hält die Vereinigung zur Integralen Entwicklung des indigenen Territoriums der Térraba ADI (Asociación de Desarrollo Integral del Territorio Indígena de Térraba) an ihrer Klage fest, die sie Mitte März bei einem Verwaltungsgericht eingereicht hatte. Damals hatte sie dem ICE acht Tage eingeräumt, um sich aus dem umstrittenen Gebiet zurückzuziehen und damit Platz zu machen für Gespräche über den Bau des Kraftwerks. „Wir halten es für notwendig, an der Klage festzuhalten, um zu einem guten Verhandlungsergebnis zu gelangen“ ließ die Vereinigung im Anschluss an das Treffen mit dem UN-Sonderberichterstatter verlauten.

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