Poonal Nr. 691

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 18. Oktober 2005

Inhalt


GUATEMALA

NICARAGUA

PUERTO RICO

KARIBIK

KOLUMBIEN

VENEZUELA

BRASILIEN

PERU

ARGENTINIEN-DEUTSCHLAND

URUGUAY

LATEINAMERIKA


GUATEMALA

Schlammlawinen legen Massengrab frei

(Quetzaltenango, 13. Oktober 2005, cerigua-poonal).- Dieguatemaltekische Staatsanwaltschaft hat mit den Untersuchungen eines sogenannten geheimen Friedhofes in der Gemeinde Las Nubes im Department Quetzaltenago begonnen. Nach Angaben des Distriktstaatsanwaltes Jorge Molina wurde das Massengrab durch von dem Hurrikan „Stan“ verursachte Schlammlawinen freigelegt.

Laut Molino konnte die Staatsanwaltschaft jedoch noch nicht mit den Ermittlungen vor Ort beginnen. Die klimatischen Bedingungen seien ungünstig und die Straße, die zu dem Ort führe, sei in einem schlechten Zustand. Das Gebiet sei auf Grund der Einstürze und Auswaschungen durch die Regenfälle von der Außenwelt abschnitten gewesen.

In der Nacht des 12. Oktober war der Vertreter der Staatsanwaltschaft noch nicht aus der Gemeinde zurückgekehrt, sagte aber, dass alles getan würde, um das Massengrab zu untersuchen. Die Zivile Nationalpolizei PNC unterstütze die Ermittlungen und sichere die Gegend. Die Knochenfunde würden verpackt und zur Analyse an die Anthropologische Forensische Gesellschaft Guatemalas FAFG (Fundación de Antropología Forense de Guatemala) geschickt, sagte Molina. Er bat die Einwohner der Gemeinde um Verständnis dafür, dass die Arbeiten nur langsam voranschreiten, da der schlechte Zustand des Geländes ein schnelleres Arbeiten verhindere. Jedoch versprach er, dass die Staatsanwaltschaft alles tun werde, um das Entstehen des Massengrab aus der Zeit des Bürgerkrieges aufzuklären.

Tote und Vermisste nach Hurrikan Stan

(Fortaleza/ Guatemala-Stadt, Oktober 2005,adital-cerigua-poonal).- Über die Hälfte des guatemaltekischen Territoriums ist von den Folgen des Hurrikans Stan betroffen. Die schlimmsten Schäden entstanden in von Indígenas bewohnten Gebieten. Nach Angaben der guatemaltekischen Nachrichtenagentur Cerigua wurden offiziell 654Todesopfer registriert, weitere 830 Menschen werden seit Tagen vermisst. Nach den heftigen Regenfällen sind 140.000 Menschen in Notunterkünften untergebracht, 12.000 Häuser wurden zerstört oder beschädigt.

Die Behörden in Guatemala rechnen jedoch mit insgesamt mehr als 2.000 Toten, da durch die tagelangen Niederschläge ganze Gemeinden von Schlammlawinen begraben wurden. Der guatemaltekische Vizepräsident Eduardo Stein sagte, dass die Regierung sich nicht in der Lage sähe, die Leichen zu bergen. Man habe die Dörfer zu Massenfriedhöfen erklärt, um den Ausbruch von Epidemien zu verhindern.

In vielen der betroffenen Indigena-Gemeinden ist noch keine Hilfe eingetroffen. Stattdessen schickte die Regierung jedoch Bergungstruppen in die von exportbestimmten Anbau dominierten Regionen an der Südküste. Die Regierung bot dort auch wirtschaftliche Hilfe an. Da die meisten von den starken Regenfällen betroffenen Regionen von der Landwirtschaft leben, wird befürchtet – zumal noch weitere Erdrutsche und Überschwemmungen angekündigt sind -, dass es in den nächsten Monaten zu erheblichen Versorgungsengpässen kommen wird. Bereits jetzt sind ganze Ernten zerstört.

Juan Tiney vom Dachverband lateinamerikanischer Landorganisationen CLOC (Coordinadora Latinoamericana de Organizaciones del Campo) kritisiert, dass die Tragödie in Guatemala instrumentalisiert werde, um politische Interessen zu verteidigen. In einigen Orten werde gelagerte Nahrung nicht an die Bevölkerung verteilt, man warte damit auf die Ankunft des Präsidenten. Das gleiche gelte für die lokalen Machtträger. „Man kümmert sich nicht darum, der armen Bevölkerung schnell zu helfen. Die Berichte der Regierung und das Medieninteresse richten sich fast ausschließlich auf die exportierenden Regionen der Südküste“, sagte Tiney.

Nach Meinung von Campesinoorganisationen ignoriere man die strukturellen Ursachen der Katastrophe. Systematisch hätte der Kahlschlag großer Forstunternehmen und der Bau von Staudämmen zur Zerstörung der Umwelt beigetragen. Guatemala –eines der ärmsten Länder Lateinamerikas- stecke derzeit in einer tiefen wirtschaftlichen und sozialen Krise. „Der Regierung kommt der Hurrikan sehr gelegen. Sie nimmt ihn zum Vorwand, um die Probleme im Land zu rechtfertigen. Deren Ursache sind aber nicht Naturkatastrophen, sondern eine Politik, die die Interessen vieler gesellschaftliche Sektoren nicht berücksichtigt.“

Reform des Telekommunikationsgesetzes gefordert

Von Elisa Sasvin

(El Progreso, 1. Oktober 2005, cerigua-poonal).- Der Guatemaltekische Rat für Basiskommunikation CGCC (Consejo Guatemalteco de Comunicación Comunitaria) kündigte verschiedene Aktionen an, um Regierungsbehörden und Nichtregierungsorganisationen über die Funktionsweise und das Selbstverständnis von Basisradios zu informieren. Man wolle so für die Dringlichkeit einer Reform des bestehenden Allgemeinen Telekommunikationsgesetzes sensibilisieren, meinte Joaquín Santos, der Sprecher des Rates.

Im Interview mit der Nachrichtenagentur Cerigua sagte Santos, der CGCC vertrete 240 freie Radios, die über das gesamte Staatsgebiet verteilt seien. Die Mehrheit sende aus den Departments Quetzaltenango und San Marcos sowie der Region Verapaz. Im aktuellen Telekommunikationsgesetz ist ein rechtlicher Schutz der freien Radios nicht vorgesehen. Viele Sender seien daher in ihrer Ausübung extrem behindert, einige hätten ihre Arbeit sogar ganz einstellen müssen, so Santos weiter.

Der CGCC sei mit einigen Kongressabgeordneten, insbesondere mit den Mitgliedern der Kommission für Kommunikationsrecht, im Gespräch, um eine entsprechende Gesetzesinitiative, die vor einigen Monaten im Sande verlaufen war, wiederaufleben zu lassen. Der Guatemaltekische Rat für Basiskommunikation habe sich außerdem mit Mitgliedern der Aufsichtsbehörde für Telekommunikation, der Ombudsstelle für Menschenrechte und der Kammer für Nachrichtenübertragung in Verbindung gesetzt.

Als Ergebnis dieser Gespräche habe
Präsident Óscar Berger versprochen, die Bemühungen des CGCC zu unterstützen. Vorrangig sei, dass den Basisradios rechtliche Anerkennung zugesprochen werde und Radiofrequenzen auf andere Weise als durch Versteigerung zugänglich gemacht würden, da die Trägerorganisationen der Basisradios über knappe finanzielle Mittel verfügten, so Santos.

Kennzeichnend für die freien Radios sei, dass sie nicht in privaten sondern in den Händen sozialer Verbände liegen; ihre Programme seien bildungsfördernd, ohne einem bestimmten Parteiprogramm oder religiösen Konzept anzuhängen. Sie setzen sich für die Gleichheit der Geschlechter, den Respekt der Menschenrechte und die Vielfalt der Kulturen ein. Die Hörer*innen würden Interessantes zum Thema Umwelt und Gesundheit und zu Serviceleistungen zu günstigen Preisen erfahren, erklärte Santos.

Journalist bedroht

(Guatemala-Stadt, 4. Oktober 2005, cerigua).- DieMenschenrechtsorganisationen Amnesty International (AI) und Reporter ohne Grenzen sind besorgt um die Sicherheit des Journalisten Edwin Paxtor. Paxtor wurde im Department Chiquimula mehrmals verfolgt und erhielt Morddrohungen.

Amnesty International fordert andere Menschenrechtsorganisationen auf, Briefe an die guatemaltekischen Behörden zu schreiben und darin ihre Sorge in Bezug auf die Sicherheit Paxtors und seiner Familie kundzutun. Damit soll Druck auf die Behörden ausgeübt werden, unverzüglich Maßnahmen zum Schutz des Journalisten und seiner Familie einzuleiten. AI ersucht weiterhin darum, schleunigst eine umfassende Untersuchung einzuleiten, um den Morddrohungen und Verfolgungen Paxtors auf den Grund zu gehen. Auch sollen die Untersuchungsergebnisse öffentlich gemacht und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Die Organsiation Reporter ohne Grenzen wandte sich an den Sonderstaatsanwalt für Delikte gegen Journalisten, Mario Castañeda, mit der Forderung schnell einzugreifen, um die Sicherheit Paxtors zu garantieren.

Die Drohungen gegen Paxtor mehrten sich, nachdem der Journalist den Übergriff auf vier Jugendliche im Juli dieses Jahres verurteilte. Verantwortlich waren vermutlich Polizisten der kriminologischen Abteilung aus dem Department Chiquimula. Erst kürzlich wurde Paxtor erneut bedroht. Der Journalist erhielt in der Nacht des 23. Septembers einen anonymen Anruf, in dem ihm der Anrufer mitteilte, dass ein Mord begangen worden wäre. Paxtor erhielt Anweisungen sich an den angeblichen Ort des Geschehens in einer äußerst abgelegenen Gegend zu begeben.

Eine Woche zuvor wurden die Töchter des Journalisten in der Nähe ihres Hauses bedroht. In diesen Tagen wurde Paxtor von einem roten Corolla verfolgt. Der Journalist ist verantwortlich für die Berichterstattung des lokalen Kabelfernsehsenders in Chiquimula. Zudem ist er Korrespondent für landesweite Medien wie die Zeitung “Prensa Libre”, “Noti7” sowie Radio “Cadena Sonora”. Paxtor hatte sich schon mehrmals informell aufgrund der Verfolgungen an den Gouverneur des Departments gewandt. Dieser hatte Paxtor sogar schon einmal bei einem seiner Presseaufträge begleitet, damit der Journalist ungehindert fotografieren konnte.

Regierung gesteht Menschenrechtsverletzungen ein

(Guatemala-Stadt, 3. Oktober 2005, cerigua).- Dieguatemaltekische Regierung erkannte über ihre präsidiale Menschenrechtskommission COPREDEH (Comisión Presidencial de Derechos Humanos) an, dass für die Angriffe und Bedrohungen gegen Menschenrechtsaktivisten illegal und klandestin agierende Personen und Sicherheitsapparate verantwortlich seien.

Der Bericht über die Situation von Menschenrechtlern in Guatemala wurde erstellt, aufgrund verschiedener Anfragen an die guatemaltekische Regierung von Aktivisten und Menschenrechtsorganisationen, darunter auch Amnesty International. Danach gesteht die Regierung ein, dass die Menschenrechtsorganisationen im Land „ohne Ausnahme“ Opfer von repressiven Maßnahmen wie Überfällen, Dokumentenraub und sogar Bedrohungen gegen ihre Mitglieder, Folterungen und illegalen Erschießungen geworden sind. Die COPREDEH bestritt allerdings, dass es eine staatliche Politik der Kriminalisierung von Aktionen der Menschenrechtsorganisationen gäbe.

Miguel Angel Albizúres vom Menschenrechtszentrum CALDH (Centro para la Acción Legal en Derechos Humanos) bezeichnete die Erklärung und Besorgnis seitens der Regierung als unzureichend, da keine wirklichen Fortschritte erzielt würden, um die individuellen und kollektiven Rechte der Bevölkerung zu wahren. Der Staat bekunde zwar seine Besorgnis, den Menschenrechtsaktivisten fehle jedoch immer noch ein geschütztes Umfeld, um ihrer Tätigkeit sicher nachgehen zu können. Sie würden weiterhin bedroht und mehrere seien ermordet worden, so Albizúres weiter. In den 19 Monaten Amtszeit der Regierung Berger habe es weiterhin Menschenrechtsverletzungen und Angriffe gegen die Aktivisten gegeben. Diese hätten eher zu- als abgenommen. Bisher habe man 127 Angriffe dokumentiert, so Albizúres.

NICARAGUA

Erfolg für Nemagon-Opfer

(Fortaleza, 10. Oktober 2005, adital-poonal).- Dasnicaraguanische Parlament hat ein Gesetz zugunsten der von dem Insektengift Nemagon geschädigten Personen verabschiedet. In den nächsten Wochen soll über einen weiteren Gesetzesvorschlag diskutiert werden, der für die Betroffenen eine lebenslange Rente vorsieht. Laut Radio „Mundo Real“ sieht die Gesetzesregelung auch rechtlichen Beistand für jene ehemaligen Bananenarbeiter vor, die gegen transnationale Konzerne wie Shell, Occidental, Dow and Standard Fruit klagen. Die Konzerne hatten in den 70er und 80er Jahren das Pestizid Nemagon auf Bananenplantagen eingesetzt.

Das Parlament hat auch einen monatlichen Betrag für die Gesundheitsbetreuung der Betroffenen bewilligt. Die Abgeordneten Edwin Castro und Roberto González von der Sandinistischen Nationalen Befreiungsfront FSLN (Frente Sandinista de Liberación Nacional) machten die transnationalen Konzerne für die entstandenen Schäden an Mensch und Natur verantwortlich. Sie fügten hinzu, dass die neuen Gesetze die erste „konkrete Antwort“ auf die Forderungen der Bauern seien und dass eine Verpflichtung bestehe sich weiterhin mit der Problematik zu beschäftigen

Die Bananen- und Zuckerrohrarbeiter hatten schon im Februar mit Protestaktionen begonnen und bis zur Verabschiedung der Gesetze jetzt, keine Antwor von der Regierung erhalten. Die Nemagongeschädigten kampieren seit sieben Monaten in Managua und klagen an, dass das Pestizid bereits für 986 Tote und mindestens 20.000 gesundheitlich geschädigte Bauern verantwortlich ist.

Das aus Debromochloropropane hergestellte Nemagon wurde in den Laboratorien von Dow Chemical entwickelt, um einen Wurm zu bekämpfen, der die Bananenstaude befällt und deren Farbe entzieht. Später wurde Nemagon auch in anderen Industriezweigen eingesetzt. Eine Studie von Dow Chemical, die bereits im Jahr 1958 erstellt wurde, sprach schon damals davon, dass Nemagon „Unfruchtbarkeit und andere ernste Schädigungen“ verursache. Im Jahr 1975 stufte die US-amerikanische Behörde für Umweltschutz das Produkt als krebserregend ein. Diese Behörde verbot im Jahr 1979 die Anwendung von Nemagon in den USA.

PUERTO RICO

Unabhängige Untersuchung gefordert

(Fortaleza, 30. September 2005,adital-comcosur-poonal).- Die Menschenrechtsorganisat
ion Amnesty International (AI) fordert eine unabhängige Untersuchung der tödlichen Schüsse auf den puertoricanischen Aktivisten Filiberto Ojeda Ríos durch Beamte der US-amerikanischen Untersuchungsbehörde FBI. Filiberto Ojeda Ríos war einer der führenden Aktivisten für die Unabhängigkeit Puerto Ricos und wurde in den USA per Haftbefehl gesucht. Er starb am 23. September durch Schüsse, nachdem FBI-Agenten die Farm umstellt hatten, auf der Ríos und seine Frau sich aufhielten.

Angehörige des Opfers beschuldigen die Agenten, sie hätten den Schusswechsel begonnen und Ojeda Ríos verbluten lassen. 24 Stunden lang rang Ojeda Ríos in seinem Haus mit dem Tod, bevor die Beamten ihm zu Hilfe kamen. Nach Angaben der Ehefrau hätten die Agenten bereits auf ihren Mann geschossen, als sie das Grundstück betraten. Das FBI erklärte, es hätte kein ungerechtfertigtes Vorgehen gegeben. Die Agenten hätten Anweisung gehabt auf Verstärkung zu warten, bevor sie das Haus betraten. Man habe befürchtet, in dem Haus befände sich Sprengstoff.

Amnesty International forderte, die Umstände des Falles zu untersuchen. „Um des öffentlichen Vertrauens, der Transparenz und der Integrität aller Beteiligten willen, muss eine unparteiische Untersuchung durchgeführt werden. Diese Unparteilichkeit muss auch erkennbar sein“, verlangt die Organisation.

Der 72-jährige Ojeda Ríos war Mitglied der nationalistischen Gruppe “Volksheer Boricua-Macheteros” (Ejército Popular Boricua-Macheteros) und setzte sich für die Unabhängigkeit Puerto Ricos von den USA ein. 1990 entkam er aus der Untersuchungshaft. Er war beschuldigt worden, 7,2 Millionen US-Dollar aus einem Depot der Wells Fargo Bank in Conneticut, USA, gestohlen zu haben. Zwei Jahre später wurde er in Abwesenheit, des Raubes schuldig gesprochen.

KARIBIK

Weitere Unterzeichner des Petrocaribe-Abkommens

Von Charles Arthur

(Nassau, 5. Oktober 2005, na-poonal).- Während des Zweiten Gipfels der regionalen Erdölgesellschaft Petrocaribe (Segundo Encuentro Petrocaribe), der am 6. September im jamaikanischen Montago Bay stattfand, unterzeichneten weitere neun karibische Staaten bilaterale Verträge mit Venezuela. Damit wird diesen Staaten der Bezug von Erdöl zu Vorzugspreisen ermöglicht. Der venezolanische Präsident hatte bereits mit Kuba und Jamaika entsprechende Verträge unterzeichnet. Die neuen Vertragspartner Venezuelas sind Antigua und Barbuda, Belize, Dominica, Granada, Guyana, die Dominikanische Republik, St. Kitts und Nevis, St. Vincent und die Grenadinen sowie Surinam.

Petrocaribe wurde am 29. Juni auf dem Ersten Energiegipfel der Regierungs- bzw. Staatschefs des karibischen Raumes im venezolanischen Puerto La Cruz ins Leben gerufen. Damals nahmen 16 Staaten an dem Treffen teil. Venezuela, der zur Zeit fünfgrößte Erdölproduzent weltweit, verpflichtete sich nun vertraglich, die karibische Region täglich mit 185.700 Barrel Erdöl zu versorgen. Die teilnehmenden Länder erhalten das Öl zu Preisen, die lediglich 60 Prozent des Weltmarktpreises betragen und können die übrigen 40 Prozent innerhalb der nächsten 25 Jahre über weiche Darlehen zu einem Zins von einem Prozent begleichen. Einen Teil der Beträge können die Staaten außerdem in Form von Dienstleistungen oder Produkten wie Reis, Bananen oder Zucker bezahlen.

Die Regierungen der karibischen Staaten erhoffen sich von Petrocaribe Einsparungen in Millionenhöhe. Der Premierminister Granadas, Keith Mitchell, rechnet sich durch das Abkommen Einsparungen in einer Höhe von zwischen 10 und 15 Millionen US-Dollar für sein Land aus. “Wir müssten verrückt sein, wenn wir nicht mitmachen würden, denn es wird der Regierung enorme Einsparungen ermöglichen und zu einem Aufschwung in der Wirtschaft als auch zu Verbesserungen im sozialen Bereich führen.”, sagte er.

Zu dem Abkommen gehört auch die Verpflichtung der venezolanischen Regierung, ein Versorgungsnetz zur Verfügung zu stellen, das die Raffinierung, den Transport und die Lagerung des Erdöls umfasst. Dazu gehört unter anderen eine große Flotte von Tankschiffen, die die kleinen Karibikstaaten direkt beliefern soll sowie die Bereitstellung von geeigneten Lagerungsmöglichkeiten. Venezuela wird außerdem in die bereits existierenden Raffinerien der jeweiligen Staaten investieren, um Verarbeitung des Erdöls vor Ort zu ermöglichen. So soll im kubanischen Cienfuegos eine Raffinerie fertig gestellt werden, deren Bau bereits mit Hilfe der ehemaligen Sowjetunion Ende der Achtzigerjehre begonnen worden war. Auch die Raffinerie in der jamaikanischen Hauptstadt Kingston soll von diesen Hilfsmaßnahmen profitieren. Im Gegenzug wird die jamaikanische Regierung aufgefordert, von ihren Plänen zur Privatisierung der Ölraffinerien Abstand zu nehmen.

Ein weiterer Aspekt des Petrocaribe-Bündnisses ist ein geplanter Unterstützungsfond von 50 Millionen US-Dollar, mit dem die venezolanische Regierung den anderen karibischen Staaten bei Projekten helfen will, die der Entwicklung des sozialen Sektors dienen sollen. Darunter fallen vor allem der soziale Wohnungsbau sowie eine finanzielle Unterstützung zum Ausbau der Privatwirtschaft. Es wird mit einer jährlichen Aufstockung des Fonds um weitere 50 Millionen gerechnet. David Comissiong, Sprecher der Clement Payne-Bewegung, einer Basisorganisation aus Barbados, lobt die Bemühungen von Seiten Venezuelas: „Das revolutionäre Denken, das Chávez der Karibik zurückbringt, ist in jedem Fall eine Alternative zur neoliberalen Handels- und Globalisierungspolitik der USA. Wir denken, dass Chávez der Mann der Stunde ist.“

Einige Mitglieder der Karibischen Staatengemeinschaft CARICOM (Comunidad del Caribe) haben es jedoch vorgezogen, dem Abkommen nicht beizutreten. Der Premierminister von Barbados, Owen Arthur, erklärte, dass sein Land aufgrund der bestehenden Verträge mit dem zweiten wichtigen Ölproduzenten in der Region, dem Inselstaat Trinidad und Tobago, kein Bedarf an venezolanischem Erdöl habe. Trinidad und Tobago, das dem Abkommen ebenfalls fernbleibt, beliefert die Staaten der CARICOM mit 60.000 Barrel täglich. Der Premierminister des Landes, Patrick Manning, kritisierte die Unterzeichner des Abkommens harsch. Der Vertrag habe das Potential, „der Wirtschaft seines Landes großen Schaden zuzufügen“. Der Energieminister, Eric Williams, zeigte sich besorgt angesichts der Zukunft der staatlichen Ölgesellschaft Petrotrin. Seiner Meinung nach bedrohe Petrocaribe “nicht nur die Existenzgrundlage der Raffinerie von Petrotrin, sondern auch die damit zusammenhängenden Handelsabkommen”.

Haiti, das ebenfalls Mitglied der CARICOM ist, hat auch entschieden, sich nicht an dem Abkommen zu beteiligen. Die Interimsregierung – die von den USA untestützt wird – hat bislang keine weiteren Absichtserklärungen abgegeben.

KOLUMBIEN

Toter und Verletzte bei Protesten gegen Freihandelsvertrag

(Fortaleza, 11.Oktober 2005, adital-poonal).- Derkolumbianische Dachverband der Indígenaorganisationen ONIC (Organización Nacional Indígena de Colombia) meldet, dass am 10. Oktober bei Zusammenstößen mit der Polizei in verschiedenen Teilen des Landes ein Indígena getötet und weitere 30 verletzt worden seien. Das Todesopfer ist Marcos Soto von der Ethnie der Emberá-Chamí aus dem Departement R
isaralda im Westen des Landes. Anlass der Auseinandersetzungen war der Auftakt von Protestmärschen tausender Indígenas, die sich unter anderem gegen die derzeit laufenden Verhandlungen zum Freihandelsvertrag mit den Vereinigten Staaten sowie die Wiederwahl von Präsident Uribe richten.

Angaben der ONIC zufolge starb Soto in dem Ort Remolino in der Gemeinde La Virginia im Departement Risaralda. In Remolino hatten sich tausende Emberá-Indígenas versammelt. Etwa zehn Indígenas wurden verletzt, als die Polizei gewaltsam gegen die Demonstranten vorging. Bei weiteren Zusammenstößen in der Ortschaft Caloto wurden 20 Angehörige der Ethnie der Nasa (Páez) verletzt. Caloto befindet sich im Departement Cauca im Südwesten des Landes.

Seit dem 10. Oktober haben sich etwa 6.000 in Risaralda lebende Chamí auf den Weg gemacht, um am 12. Oktober in der Departementshauptstadt Pereira einzutreffen. Die Regierung hatte den friedlichen Marsch am Sonntag (9. Oktober) verboten. Am 10. Oktober verkündete sie öffentlich, die Protestbewegung sei von der Guerilla infiltriert. Mit diesem Vorwurf wolle die Regierung die Aggression rechtfertigen, so die ONIC.

VENEZUELA

Landbesitzer organisieren sich gegen chavistische Enteignungen

(Buenos Aires, 3. Oktober 2005, púlsar).-Venezolanische Viehzüchter und Landwirte planen zwei große Versammlungen, um die Anullierung der Artikel 85 und 86 des Landgesetzes zu fordern. Die Gesetze würden “Übergriffe” auf ihr Eigentum legitimieren. Während der in mehreren Städten geplanten Veranstaltungen wollen sie die juristischen Schritte zur Verteidigung ihres Eigentums vor Gericht festlegen. Genaro Méndez, der Präsident des Verbandes der Viehzüchter und Landwirte FEDERAGA, kündigte Maßnahmen gegen die „Übergriffe der Regierung“ an.

Der venezolanische Präsident Hugo Chávez hingegen beschuldigt diese Kreise, Latifundienwirtschaft zu betreiben und bleibt bei seiner Ankündigung, dass das Land wieder zurückgegeben werden müsse. Chávez erklärte zwar, dass man „niemand von dort vertreiben“ werde, aber er gab auch zu verstehen, dass den Viehzüchtern nur begrenzt Land zur Verfügung stehen werde, um „gemeinsam“ dort zu arbeiten. Ebenso bekräftigte er, Aktionen „gegen die staatliche Politik, die auf einer gesunden rechtlichen Grundlage steht“, nicht zuzulassen. Währenddessen rufen die Land- und Viehwirte weiterhin dazu auf, juristische Schritte gegen die von Chávez initiierte Umverteilung des nutzbaren Landes anzustrengen.

BRASILIEN

Parteiinterne Wahlen in der Arbeiterpartei

Von Andreas Behn

(Rio de Janeiro, 11. Oktober 2005, npl).- Einzig der Sieger steht fest: Ricardo Berzoini ist der neue Parteipräsident der brasilianischen Arbeiterpartei PT. Ansonsten kennzeichnen interne Streitereien und Konflikte die tiefste Krise der Partei seit ihrer Gründung vor 25 Jahren: Die einen wollen Kontinuität, die anderen einen internen Neuanfang, während viele Protagonisten schon vor der parteiinternen Wahl am vergangenen Sonntag (9. 10.) der Partei den Rücken gekehrt hatten.

Im zweiten Wahlgang hatte Berzoini gut 51 Prozent der Stimmen errungen. Das ist ein knappes Ergebnis für den Repräsentanten des „Campo Majoritário“, der Mehrheitsströmung, die in den vergangenen Jahren eine absolute Macht innerhalb der Partei ausübte. Unterlegen war Raul Pont von der „Sozialistischen Strömung“. Er konnte auf die Unterstützung fast aller linken Strömungen innerhalb der PT bauen. Bei allem Zwist ist diesen unterschiedlichen Fraktionen gemein, dass sie das „Campo Majoritário“ sowohl für den gegenwärtigen Korruptionsskandal der PT wie auch für den umstrittenen neoliberalen wirtschaftspolitischen Kurs der Regierung von Präsident Luis Inácio „Lula“ da Silva verantwortlich machen.

Im Mittelpunkt aller Debatten der PT steht die Frage, wie der enorme Imageverlust und der interne Zersetzungsprozess – Folge des Korruptionsskandals – aufgehalten werden kann. Gewiss ist, dass es schwarze Kassen gegeben hat, dass der erfolgreiche Wahlkampf 2002 illegal finanziert wurde und dass Abgeordnete bestochen wurden. Im Verlauf des Skandals mussten mehrere hohe PT-Mitglieder Ministerposten oder Parteiämter niederlegen – unter ihnen auch José Dirceu, der starke Mann und die bisherige rechte Hand Lulas.

Dirceu und seine Mitstreiter, die jahrelang das Sagen in der Partei hatten, werden von der parteiinternen Opposition noch für weitere Übel verantwortlich gemacht – etwa für eine im Gegensatz zum Parteiprogramm eher konservative Ausrichtung der Regierung Lula, die im sozialen Bereich auf Strukturveränderungen verzichtet und dubiose Allianzen mit reaktionären Kräften einging. Kritisiert wird auch eine autoritäre Parteiführung, die keine kritischen Stimmen duldete und zum Ausschluss vieler linker Aktivisten führte.

Dennoch konnte das „Campo Majoritário“ samt Dirceu und Co. seinen Einfluss wahren, nicht zuletzt wegen der Zerstrittenheit der anderen, zumeist linken, Parteiströmungen. So waren insgesamt zehn Kandidaten beim ersten Wahlgang am 18. September für die PT-Opposition angetreten. Die meisten Stimmen bekam, mit knappem Vorsprung, Raul Pont. Insgesamt errangen die Minderheitsströmungen rund 58 Prozent der Stimmen. Doch dieser theoretische Vorsprung reichte offenbar nicht, dem Kandidaten des Establishment der PT im zweiten Durchgang den Rang abzulaufen.

Ricardo Berzoini steht keine leichte Aufgabe bevor. In erster Linie muss er die Partei zusammenhalten, nachdem bereits unzählige prominente und weniger bekannte Mitglieder im Verlauf der letzten Monate ausgetreten sind. Darunter auch mehrere Abgeordnete, die sich zum Teil kleineren linken Parteien angeschlossen haben. Innerhalb seiner eigenen Strömung muss Berzoini diejenigen, die maßgeblich in den Korruptionsskandal verwickelt sind, in Schach halten, während diese wiederum versuchen, disziplinarischen Maßnahmen zu entgehen. Sollte ihnen dies gelingen, stünde die Glaubwürdigkeit der neuen PT-Führung in Frage und ein neuer Konflikt mit der Linken innerhalb und außerhalb der Partei wäre vorprogrammiert.

Derweil schmieden die linken Minderheitsströmungen eigene Pläne. Da sie nach dem ersten Wahlgang mit knapp 60 Prozent der Stimmen mittlerweile die Mehrheit in der Partei bilden, haben sie für kommende Woche zu einem Strategietreffen aller Gruppierungen – mit Ausnahme des „Campo Majoritário – eingeladen. Ihr Plan ist, zu verhindern, dass die Mehrheitsfraktion die 18-köpfige Parteiführung bestimmt – wie es in der Vergangenheit immer der Fall war. Sollten sich die Linken dieses Mal überraschenderweise einig werden, könnten sie in dem Gremium die Mehrheit stellen und damit de facto über die Parteilinie bestimmen.

Jenseits solcher Strategiespiele versucht die PT zum politischen Alltag zurück zu kehren und den internen Wahlprozess als Erfolg darzustellen. Berzoini wie auch Präsident Lula sehen im Ausgang eine Bestätigung ihrer Politik. Auch Repräsentanten der anderen Strömungen heben hervor, die Wahlbeteiligung von fast 300.000 Mitgliedern im ersten und über 220.000 Mitgliedern im zweiten Wahlgang sei ein klares Signal, dass die PT die Krise mit Hilfe der aktiven Mitglieder überwinden werde.
Sie kritisierten diejenigen, die die PT in der Zwischenzeit verlassen hatten, anstatt darauf zu bauen, einen interner Reformprozess umzusetzen. Intellektuelle wie Paul Singer halten einen solchen Aufbruch für möglich, sofern ein wirklicher Bruch mit den „Verirrungen“ der alten Parteiführung gelingen sollte. Hierfür, so Singer, sei es notwendig, sich nicht mehr nur auf Wahlsiege zu konzentrieren, Basis orientierter zu agieren und die Geldströme der Partei besser zu kontrollieren. Einig sind sich die Kritiker auch darin, dass die in den Skandal Involvierten zur Rechenschaft gezogen werden sollten – gleichzeitig aber die Regierung Lula unterstützt werden muss.

PERU

Präsident der Wahrheitskommission bedroht

(Fortaleza, 11. Oktober 2005, adital).- Gegenübereiner peruanischen Zeitung aus Lima berichtet der Präsident der Wahrheitskommission Salomón Lerner von gegen ihn ausgesprochenen Drohungen. Während einer seiner Auslandsreisen hätte seine Sekretärin einen Anruf mit konkreten, an seine Person gerichteten Morddrohungen erhalten. Auch der Organisation Probidad berichtete Lerner, dass er in den vergangenen Wochen eine Reihe beleidigender e-Mails antisemitischen Inhalts erhalten hätte. Darin wurde Lerner aufgefordert, es zu unterlassen die peruanischen Streitkräfte zu kritisieren.

Zwei Jahre nach Veröffentlichung des Berichtes der Wahrheitskommission werden deren Mitglieder in der Presse von ehemaligen Militärs und Politikern hart angegriffen. Andere Mitglieder der Kommission, die im August 2003 einen Bericht über Menschenrechtsverletzungen während des peruanischen Bürgerkrieges verfasste, erhielten ebenfalls beleidigende Nachrichten. Lerner und weitere Mitglieder der Kommission wehren sich derzeit gegen neun anhängige Miltärverfahren und eine Zivilklage, die sie der Tatsachenverdrehung und der Verleumdung beschuldigen.

Angesichts dieser Tatsachen beantragte Probidad bei den Behörden eine nachhaltige Aufklärung des Falles und forderte den persönlichen Schutz des Präsidenten der Wahrheitskommission zu garantieren.

ARGENTINIEN-DEUTSCHLAND

Fortsetzung von Ermittlungen gefordert

Von Esteban Cuya

(Nürnberg, 12. Oktober 2005, alc).- Internationale Menschenrechtsvertreter haben den Nürnberger Oberstaatsanwalt Walter Grandpair aufgefordert, sich für weitere Ermittlungen gegen Mitglieder der argentinischen Militärdiktatur (1976-1983) einzusetzen. Er solle das denkbar Mögliche tun, damit gegen die Verantwortlichen für das Verschwindenlassen und die Ermordung von deutschen Staatsbürgern und von Menschen deutscher Abstammung ermittelt werde.

Einen Brief mit dieser Forderung haben folgende Personen unterschrieben: der argentinische Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel, Theo van Boven, Professor für internationales Recht an der Universität Maastricht (Niederlande), und der Franzose Daniel Jacoby, Generalsekretär der Stiftung „France Libertés“ und Ehrenpräsident des Internationalen Bundes der Menschenrechtsgruppen (Fédération Internationale des Ligues des Droits de l´Homme). Unterstützt wird das Schreiben auch von dem emeritierten Bischof von Chiapas, Samuel Ruiz García, und von Nora Morales de Cortiña von der Vereinigung der Mütter von der Plaza de Mayo (Asociación de Madres de la Plaza de Mayo).

Die Menschenrechtler schrieben: „Aus vertrauenswürdigen Berichten der Koalition gegen die Straflosigkeit (Coalición contra la Impunidad) wissen wir, dass das Gericht und die Staatsanwaltschaft Nürnberg entschieden haben, die Voruntersuchungen einzustellen und die Klagen zu den Akten zu legen. Angesichts der Entwicklungen im internationalen Strafrecht sind sie Argumente der Nürnberger Staatsanwaltschaft für die Einstellungen der Untersuchungen für uns nicht akzeptabel.“

Die Unterzeichner führten weiter aus: „Die Vereinten Nationen haben bereits Präzedenzfälle geschaffen zum Straftatbestand des erzwungenen und unfreiwilligen Verschwindens. Argentinische Militärs haben zugegeben, dass die Verschwundenen ermordet und in vielen Fällen ins Meer geworfen wurden. Die Klagen beizulegen mit dem Argument, dass die Leichen der Opfer der Militärdiktatur nicht mehr auffindbar sind, ist für uns nicht akzeptabel. Man würde damit der Logik der Täter entsprechen, die die Körper der Entführten und Gefangenen verschwinden ließen, um nicht für die Straftaten belangt werden zu können“.

Die Menschenrechtler würdigten zwar den Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zur Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofes, der unter anderem auch das Verschwindenlassen von Personen verfolgen will. Dennoch forderten die Menschenrechtler die deutschen Gerichte auf, weiterhin zu den Verbrechen während der argentinischen Militärdiktatur zu ermitteln. Schließlich würden Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht verjähren. Weiter kritisierten sie: „Uns alarmiert und beunruhigt, dass noch heute die negativen Auswirkungen von Gesetzen akzeptiert werden, die während der Nazi-Zeit erlassen wurden. Die Nazis haben damals jüdischen Menschen die deutsche Staatbürgerschaft entzogen. Es scheint uns inakzeptabel, Fälle von Menschen jüdischer Abstammung ad acta zu legen, die aus Deutschland flohen, um ihr Leben zu retten, nur mit der Begründung, dass sie nicht die deutsche Staatsbürgerschaft haben.“

URUGUAY

Frente Amplio genehmigt Teilnahme an Seemanöver UNITAS

(Buenos Aires, 30. September 2005, púlsar).- DieSenatoren des Linksbündnisses Encuentro Progresista – Frente Amplio – Nueva Mayoría haben die Teilnahme der uruguayischen Streitkräfte an dem Seemanöver UNITAS genehmigt. Das Manöver wird von den USA organisiert und findet in brasilianischen Gewässern statt. Schon immer unterstützten die uruguayischen Regierungen diese bereits seit 1959 stattfindenden Kriegsübungen. Als Oppositionskraft hatte die Frente Amplio jedoch immer Widerspruch gegen das Seemanöver eingelegt. Die Entscheidung für die Teilnahme Uruguays an den militärischen Übungen, jetzt wo das Bündnis an der Regierung ist, bedeutet einen entscheidenden Umschwung in der Haltung der Linken.

Die “Bewegung für Volksbeteiligung” (MMP), die von José Mujica, dem Minister für Viehzucht, Landwirtschaft und Fischerei, angeführt wird, ist eine der Fraktionen der Frente Amplio, die sich entschieden gegen die UNITAS- Manöver ausgesprochen hatte. Jedoch genehmigte die MMP nun die Teilnahme der uruguayischen Marine an dem Seemanöver “nur dieses eine Mal”. Begründet wird die Entscheidung damit, dass die Militärs bereits seit April für das Seemanöver geschult worden seien. Unterstützt wurde diese Haltung auch von der Asamblea Uruguay, der Fraktion der Frente Amplio, die den Wirtschaftsminister Danilo Astori stellt.

Die Manöver, die im Rahmen von UNITAS stattfinden, werden vom Südkommando der US-Streitkräfte, der US-amerikanischen Küstenwache und verschiedenen US-amerikanischen Behörden auf föderaler Ebene organisiert. Die Vereinigten Staaten rechtfertigen die Manöver mit der Behauptung, so besser gegen den Rauschgifthandel in der Region vorzugehen zu können. Die Manöver werden ab dem 11. Oktober im Atlantischen Ozean stattfinden. Daran beteiligt werden Kriegsflotten aus
den USA, Argentinien, Brasilien und Uruguay sein.

LATEINAMERIKA

Abkommen zwischen Vía Campesina und venezolanischer Regierung

Von Sally Burch

(Guatemala, 10. Oktober 2005, alai-poonal).- Nach Angaben ihres Generalsekretärs Rafael Alegría aus Honduras hat die internationale Bauern- und Inígenaorganisation Vía Campesina (VC) beschlossen, an der Weltkonferenz zur Agrarreform teilzunehmen, die von der UN-Organisation für Landwirtschaft und Ernährung FAO im kommenden März organisiert wird. In diesem Zusammenhang vereinbarten VC und die venezolanische Regierung, über mögliche Strategien zu reden, die von der Bauernbewegung und den für das Thema offenen Regierungen gemeinsam getragen werden könnten.

Vergangenen Dezember war das Forum zur Agrarreform in Valencia von VC mitorganisiert worden. “Nun endlich erfüllt die FAO unsere Forderung nach einer weltweiten Konferenz zur Agrarreform. Es geht darum, für uns als Bauernbewegung innerhalb der UN-Organisation FAO Handlungsspielraum zu erkämpfen und mit unseren Forderungen politische Bedeutung zu bekommen.“ Zu diesen Forderungen zähle eine Agrarreform aus einem globalen Blickwinkel, die den rechtlich geschützten Zugang zu Acker- und Weideland einschließe, mit anderen Worten, der Zugang zu Land müsse Teil der Staatspolitik werden, erklärte Alegría. Bis zum kommenden März werde Vía Campesina außerdem Standpunkte zu Finanzierungsfragen, Saatgut, Artenvielfalt und Ernährungssouveränität ausarbeiten. „Unser Ziel ist es, unsere Ideen gegen die Interessen der Weltbank durchzusetzen, die für den Zugang zu Land ausschließlich marktwirtschaftliche Gesichtspunkte gelten lassen möchte.“

Nach einer Debatte um die Frage, ob Vía Campesina an der Konferenz teilnehmen sollte oder nicht, wurde beschlossen, auf zweifache Weise teilzunehmen: von innen und von außen. “Das bedeutet, wir müssen uns unseren Raum erkämpfen, Verbündete für unsere Ziele finden und die Öffentlichkeit mobilisieren“, erklärte Alegría. Zeitgleich mit der Konferenz wird eine Parallelveranstaltung stattfinden.

Vor einigen Tagen wurde mit dem venezolanischen Landwirtschaftsminister Antonio Abarrán und der für Landfragen zuständigen Behörde vereinbart, im Januar ein Vorbereitungstreffen zwischen der Bauernbewegung und den „mehr oder weniger geneigten“ Regierungen zur Erarbeitung einer gemeinsamen Strategie für die Konferenz im März einzuberufen. Dazu sollen Vertreter der Regierungen Brasiliens, Venezuelas, Uruguays, Kubas und Boliviens eingeladen werden. Dazu meinte der VC-Generalsekretär: „Das hätten wir uns nie träumen lassen: die Bauernbewegung mit Regierungsvertretern an einem Tisch, um Handlungsstrategien in der UN-Organisation für Landwirtschaft und Ernährung auszuarbeiten. Das sehen wir als einen echten Schritt nach vorne an.“

In der Saatgutfrage spricht sich Vía Campesina entschieden gegen die genetischen Samenbanken der transnationalen Unternehmen aus, mit deren Hilfe genetisch verändertes Saatgut erzeugt werden soll. Gemeinsam mit der brasilianischen Landlosen-Bewegung und der venezolanischen Regierung hat VC ein Abkommen zum Aufbau einer Saatgut-Samenbank unterzeichnet, das den Erhalt von traditionellem Saatgut fördern und den Emanzipationsprozess Lateinamerikas stützen soll. Durch ihr Engagement konnten die beiden Bewegungen die Zusage des Präsidenten Chávez erwirken, dass genetisch verändertes Saatgut in Venezuela weiterhin verboten bleibt.

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