Poonal Nr. 668

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 10. Mai 2005

Inhalt


MEXIKO

GUATEMALA

NICARAGUA

KUBA-VENEZUELA

PARAGUAY

ECUADOR

BOLIVIEN

BRASILIEN

ARGENTINIEN

PERU

CHILE

LATEINAMERIKA

AMERIKA


MEXIKO

Verfahren gegen Hauptstadt-Bürgermeister López-Obrador eingestellt

Von Wolf-Dieter Vogel

(Mexiko-Stadt, 9. Mai 2005, poonal).- Die mexikanische Generalstaatsanwaltschaft (PGR) hat am Mittwoch (4. Mai) ein umstrittenes Amtsmissbrauchsverfahren gegen den Bürgermeister der Hauptstadt Andrés Manuel López Obrador eingestellt. Damit hat die politische Krise in Mexiko auch ein formaljuristisches Ende gefunden. Bereits Mitte vorvergangener Woche hatte Präsident Vicente Fox von der konservativ-liberalen Partei der Nationalen Aktion (PAN) die Einstellung angekündigt und den amtierenden Generalstaatsanwalt entlassen.

Diesen Entscheidungen von Fox waren massive Mobilisierungen vorausgegangen. So demonstrierten am 24. April über eine Million Menschen gegen das Verfahren gegen den gemäßigt linken López Obrador. Der Hauptstadt-Bürgermeister und seine Partei der Demokratischen Revolution (PRD) vermuteten hinter dem juristischen Vorgehen ein Komplott, um den derzeit beliebtesten Politiker Mexikos an der Teilnahme an den Präsidentschaftswahlen im Juli 2006 zu hindern. Schließlich gilt der PRD-Politiker als aussichtsreichster Kandidat fürs oberste Staatsamt.

Die PGR-Entscheidung „ist ein Triumph der Bürger, die sich gegen das illegale Vorgehen gestellt und die Politik wieder auf den Weg der Demokratie gebracht haben,“ reagierte López Obrador. Der neu ins Amt gesetzte Generalstaatsanwalt Daniel Francisco Cabeza de Vaca hatten den Rückzug des Verfahrens damit begründet, dass der Bürgermeister zwar ein Vergehen begangen, man aber nach geltendem Recht keine spezielle Strafe für dieses Vergehen gefunden habe. López Obrador war beschuldigt worden, den Weiterbau einer Zufahrtstraße angeordnet zu haben, obwohl ein Gericht dies untersagt hatte.

Der Stadtobere hatte seinen Posten im Bürgermeisteramt vorübergehend verlassen, nachdem eine parlamentarische Mehrheit von Abgeordneten der PAN und der Partei der Institutionellen Revolution (PRI) dessen Immunität aufgehoben hatten. Doch schon nach der Millionen-Mobilisierung kehrte er wieder zurück. Am Mittwoch (4. Mai) kündigte er an, im Juli aus „ethischen Gründen“ endgültig zurückzutreten, falls er definitiv für die Präsidentschaft kandidiere. Am Freitag (6. Mai) trafen sich Fox und López Obrador zu einem gemeinsamen Gespräch. Das Verfahren spielte in der 15 Minuten dauernden Unterhaltung praktisch keine Rolle mehr. Am Montag (9. Mai) erklärte der PRD-Mann dann definitiv, seinen Posten am 31. Juli zu räumen, um für die Präsidentschaft zu kandidieren. Dies hängt jedoch noch davon ab, ob die PRD ihn als Kandidaten nominiert, wovon derzeit jedoch ausgegangen werden kann.

Der Rückzug von Fox und die damit verbundene PGR-Entscheidung konnten die angespannte Lage im Land beruhigen. Der Staatschef war durch das Verfahren innenpolitisch und auch international kritisiert worden. Man befürchtete einen Rückfall in die undemokratischen Zeiten der über 70 Jahre währenden PRI-Herrschaft, die mit der Wahl von Fox im Jahr 2000 beendet wurde. Durch seinen Umschwung ist der Präsident jedoch nun mit Kritik von Seiten der PRI- und PAN-Abgeordneten konfrontiert. Schließlich hatten die Parlamentarier Anfang April in ihrer überwiegenden Mehrheit für eine Immunitätsaufhebung von López Obrador und damit ganz im – damaligen – Sinne des Staatschefs gestimmt.

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GUATEMALA

Bauern erhalten Landgut als Teil des Sozialplans

(Quetzaltenango, 29. April 2005, cerigua-poonal).- AmFreitag (29. April) sprach der Präsident Óscar Berger insgesamt 231 Familien aus den ländlichen Regionen von San Marcos und Quetzaltenango das Landgut „La Florida“ zu. Das Grundstück liegt in Colomba Costa Cuca, Quetzaltenango, im Chuvá-Gebiet. Virgilio Pérez Calderón, Leiter der Sozialen Organisation zur Entwicklung Colombas (SIDECO), sagte, dass nach fast dreijährigem Kampf eine zufrieden stellende Lösung für die Bauern erreicht worden sei. Diese ist Teil des Sozialplans Plan de Atención Social, der vom Agrarforum Plataforma Agragria (PA) vorgelegt worden war.

Die Eigentumsübergabe bedeute eine erste positive Erfahrung für die Entwicklungskoordinatorin für Colomba (CODECO) und die PA auf der Suche nach Wegen aus der Kaffee-Krise und einer Verbesserung der brisanten Lage der Landarbeiter, kommentierte Pérez. Die PA habe sich um die Übereignung der Immobilie an die Landwirte bemüht, seitdem sie die Kaffeearbeiterreform gemäß der Regierungsvereinbarung 475-2002 angestoßen habe. Dennoch sei die Umsetzung unter dieser Regierung bisher nicht möglich gewesen. Sie hätten deshalb acht Jahre für die Grundstücksnutzung bezahlen müssen, einschließlich drei erlassener Jahre.

La Florida liegt 25 Kilometer nördlich von Colomba Costa Cuca. Die ursprünglichen Besitzer hatten das Anwesen dem Finanzinstitut Grupo Financiero Bancafe übergeben müssen, nachdem sie einen Kredit nicht hatten zurückzahlen können.

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Gewalt gegen Frauen vor der CIDH

(Guatemala-Stadt, 29. April 2005, cerigua-poonal).- DasZentrum für Gerechtigkeit und Internationales Recht CEJIL (Centro por la Justicia y el Derecho Internacional) mit Sitz in San José, Costa Rica, wird vor der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (CIDH) einen Fall von Gewalt gegen Guatemaltekinnen vorbringen. Soraya Long, Direktorin des CEJIL-Büros für Mittelamerika, gab bekannt, dass der Fall einer gewaltsam ermordeten Frau auch vor diese hohe Instanz gebracht werden soll, um den Staat dazu zu zwingen, seine ineffizienten Untersuchungsmechanismen zu verbessern.

Nach Angaben der Prozesspartei könnte die Anklage die Justizverwaltung des Landes dazu bringen, die
Forderungen der Frauenbewegung Movimiento de Mujeres in Bezug auf eine gründliche Untersuchung aller Fälle ermordeter Frauen zu erfüllen. Einer der wichtigsten Mechanismen, um dieser Situation zu begegnen, seien Untersuchungen. Dieser Aspekt sei in Guatemala jedoch ineffizient, signalisierte Long.

Long fügte hinzu, dass der guatemaltekische Staat zu den Ländern gehöre, gegen die am meisten Rechtsfälle vor dem Interamerikanischen Gericht für Menschenrechte CortIDH (Corte Interamericana de Derechos Humanos) anhängig seien. Neun Schuldsprüche seien bereits ausgesprochen worden, während viele weitere Fälle noch auf ein Urteil warteten. Den letzten Schuldspruch erhielt Guatemala für die Ermordung des Journalisten Jorge Carpio Nicolle. Zur Zeit stünde ein Urteil des CortIDH in Bezug auf zwei Fälle aus, bei denen zwei Personen irrtümlich zur Todesspritze verurteilt worden seien, fügte Long hinzu.

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NICARAGUA

Regierung und Opposition erzielen Einigung über Fahrpreise

Von Stefanie Kron

(Berlin,3. Mai 2005, npl).- Wenigstens Zeit hat Nicaraguas Präsident Enrique Bolanos gewonnen. Am Freitag (29. April) einigten sich Vertreter seiner rechtsliberalen Regierung, der Busunternehmer und studentischer Vereinigungen auf eine dreimonatige staatliche Subventionierung der Fahrpreise für den öffentlichen Personentransport, um die Tarife auf dem bisherigen Niveau zu halten.

Vorausgegangen waren vorvergangene Woche eine landesweite Welle von Streiks, Protestkundgebungen und Straßenblockaden gegen die von der Regierung angekündigte Erhöhung der Kraftstoffpreise und Beförderungstarife. Angeführt wurden die Proteste von den Beschäftigten und Managern der Busfirmen in der Hauptstadt Managua sowie von studentischen und gewerkschaftlichen Organisationen. Ihnen hatten sich eine Mehrheit der Bürgermeister des Landes und der Abgeordneten des Nationalkongresses mit der Forderung nach dem Rücktritt des Präsidenten angeschlossen. Das nun erzielte Abkommen sorgte zwar dafür, dass Bolanos vorerst im Amt bleibt und Ruhe auf den Straßen einkehrt. Die Krise der Demokratie in dem zentralamerikanischen Land schwelt jedoch weiter.

Die Hintergründe liegen in einem 1999 geschlossenen „Pakt“ zwischen der linken Oppositionspartei FSLN und jenem Flügel der rechtsliberalen Partei PLC, der den ehemaligen Präsidenten und PLC-Chef Arnoldo Alemán (1997-2001) unterstützt. Heute eint die „Arnoldistas“ und die von Ex-Präsident Daniel Ortega (1979-1990) geführte FSLN über ideologische Gräben hinweg das Ziel, die seit 2002 amtierende Regierung von Bolanos zu destabilisieren und den Präsidenten politisch zu isolieren. Bolanos war einst als PLC-Kandidat an die Macht gekommen, hatte sich dann aber von seinem Parteifreund Alemán abgewendet und für dessen strafrechtliche Verfolgung wegen Korruption eingesetzt.

Die Allianz zwischen FSLN und „Arnoldistas“ droht jedwede Äußerung sozialer Unzufriedenheit gegen die neoliberale Politik der Bolanos-Regierung seitens der Bevölkerung für jeweils eigene politische Interessen zu instrumentalisieren: Daniel Ortega will bei den Wahlen im Juni 2006 wieder Präsident werden und die „Arnoldistas“ möchten die Rechnung für den „Verrat“ von Bolanos an Alemán begleichen. Vieles spricht dafür, dass auch die um die Fahrpreise entbrannten sozialen Proteste und politischen Konflikte im April diesem Muster folgten.

Die Allianz gegen Bolanos ist besonders wirksam, weil Alemán, der momentan unter Hausarrest steht, auf die Unterstützung von Bürgermeistern und Abgeordneten zählen kann, während Ortega soziale Organisationen hinter sich weiß. Denn die FSLN verfügt nach wie vor über eine breite und gut organisierte Basis in vielen Teilen der Gesellschaft. So stehen sowohl die Vereinigungen der Busfahrer Managuas wie auch die Dachorganisation studentischer Organisationen CNE und der Gewerkschaftsverband FNT der FSLN nahe. Sie waren auch die Hauptakteure der Proteste gegen die Fahrpreiserhöhungen.

Der Pakt zwischen FSLN und „Arnoldistas“, die zusammen die Mehrheit der Abgeordneten im Nationalkongress und der Mitglieder der Bürgermeistervereinigung stellen, hat eine rechtsstaatlich höchst fragwürdige Situation im Land erzeugt. So wurden beispielsweise die Modi für die personelle Besetzung des Obersten Wahlgerichtes und des Nationalen Rechnungshofes reformiert. Seither ist es möglich, die wichtigsten Posten zwischen Mitgliedern der PLC und der FSLN aufzuteilen. Damit wird der Verfassungsgrundsatz von der Autonomie der staatlichen Gewalten de facto unterlaufen.

Die auf die Personen von Alemán und Ortega fixierte Allianz führt in der FSLN jedoch auch dazu, dass kritische Stimmen gegenüber Parteichef Ortega zum Schweigen gebracht werden. So schloss die FSLN-Führung den parteiinternen Gegenspieler Ortegas für die Präsidentschaftskandidatur Herty Lewites Anfang April kurzerhand aus der Partei aus. Der ehemalige Bürgermeister von Managua (2000-2004) gilt bei der sandinistischen Basis als sehr beliebt. Er hatte die Annäherung zwischen Ortega und Alemán kritisiert und sich stattdessen um ein positiveres Verhältnis zu Bolanos bemüht.

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KUBA-VENEZUELA

Chávez und Castro unterzeichnen Verträge

(Buenos Aires, 29. April 2005, púlsar-poonal).-Die Präsidenten Kubas Fidel Castro Ruz und Venezuelas Hugo Chávez Frías kamen zum ersten kubanisch-venezolanischen Gipfel zur Umsetzung des Vertragswerks „Alternativa Boliviarana“ (ALBA) zusammen. Die ALBA wurde von den beiden Staatschefs am 14.Dezember 2004 in Havanna unterzeichnet.

Im Casa Simón Bolívar in der Altstadt Havannas wurden nun im Beisein der beider Präsidenten mit venezolanischem Kapital zwei Unternehmen gegründet. Es handelt sich um Filialen des staatlichen Erdölkonzerns Petróleos de Venezuela (PDVSA) und der Venezolanischen Industriebank (Banco Industrial de Venezuela). Zugleich wurde die Eröffnung einer Filiale der Kubanischen Außenhandelsbank (Banco exterior de Cuba) in der venezolanischen Hauptstadt Caracas beschlossen.

Chávez und Castro unterzeichneten zudem Verträge über die Lieferung von venezolanischen Produkten im Wert von 412 Millionen Dollar, die auf die kubanischen Märkte gebracht werden und für soziale Entwicklung und die Verbesserung der Lebensqualität auf der karibischen Insel sorgen sollen. In Venezuela sollen sie nach Worten der Staatschefs 100 000 neue Arbeitsplätze schaffen.

Dieses erste Zusammentreffen wurde von 196 venezolanischen Firmen genutzt, um ihre Produkte auf dem Messegelände der EXPOCUBA auszustellen. Unter den Ausstellern vertreten waren unter anderem Produzenten von Nahrungsmitteln, Kleidung, Schuhen, medizinischen Einwegprodukten sowie Haushalts- und Industriegeräten.

Die ALBA, gedacht als Gegenstück zur insbesondere von den USA anvisierten Gesamtamerikanischen Freihandelzone ALCA, soll durch Kooperation der beiden Staaten u.a. zu einer Verbesserung der Gesundheitsversorgung, der Bildung und der ökonomischen Situation in Kuba und Venezuela führen.

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PARAGUAY

Auflehnung gegen Privatisierungsgesetz

(Fortaleza, 4. Mai 2005, adital).- Nach der„Quasi-Genehmigung“ des Privatisierungsgesetzes (poonal 667) durch die Senatskammer laufen nun öffentliche Firmen Paraguays Gefahr, von privater Hand verkauft zu werden. Vor diesem Hintergrund organisieren sich gegenwärtig soziale Verbände zu Protestmärschen.

Durch die Gesetzesgenehmigung obliegt es jetzt der Entscheidungsgewalt der Exekutive, mit öffentlichen Einrichtungen zu verfahren und ihr wird es zudem ermöglicht, weitere Reformierungen durchzusetzen. Das Gesetz werden zuerst die nationale Verwaltung der Elektrizitätswerke, die nationale Zementfabrik, die Ölgesellschaften Paraguays sowie die Vereinigung der Telekommunikations- und Mediengesellschaften Paraguays zu spüren bekommen. Ihnen droht nun der Verkauf.

Die Nationale Arbeitergewerkschaft (Central Nacional de Trabajadores) veröffentlichte bereits eine Mitteilung, in der sie das Vorgehen derjenigen Senatoren verurteilte, die der Abschaffung des Gesetzes 1.932 zustimmten. Weiterhin verwies das Kommuniqué darauf, dass dieser Eingriff, das heißt die weitere Machtübertragung auf die Exekutive, einen erneuten Angriff auf die Nationalverfassung darstelle.

Die Vereinigung zur Verteidigung öffentlicher Güter und des Staatsbesitzes (Frente en Defensa de los Bienes Públicos y el Patrimonio Nacional) gab indes bekannt, dass sie wenn nötig bereit sei, den erneuten Versuch der Privatisierung öffentlicher Einrichtungen aufzuhalten.

Wegen der enormen öffentlichen Proteste ruht seit mehr als acht Monaten die Umsetzung der Vereinbarungen zwischen der paraguayischen Regierung und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) in Bezug auf Telekommunikations- und Medienbetriebe, Zementwerke, Wasser-, Elektrizitäts-, Eisenbahn- und Hafenfirmen.

Nach der Freigabe des Gesetzes durch den Senat rief auch die Nationale Vereinigung zum Kampf für Souveränität und Leben (Frente Nacional de lucha por la Soberanía y la Vida) dazu auf, die Kampagnen wieder aufzunehmen und damit die drohenden Privatisierungen zu verhindern.

Das strittige Gesetz 1.615 (Privatisierungsgesetz) kam während der Unterzeichnung der „Stand-by“-Vereinbarung mit dem IWF im Jahre 2003 zur Sprache. Das Vorgängergesetz 1.932 verursachte bereits 2002 große öffentliche Unruhen. Diese gipfelten damals im Tod des Bauern Calixto Cabral und einer enormen Krise der Regierung Luis González Macchi.

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ECUADOR

Spannungen im Land halten an

(Quito, 3. Mai 2005, adital-poonal).- Selbst nachdem derecuadorianische Ex-Präsident Lucio Gutiérrez das Land aufgrund massiver Proteste der Bevölkerung verlassen musste, gehen die Einschüchterungsversuche gegen seine Gegner weiter. Der Sprecher der Ständigen Menschenrechtsversammlung Ecuadors APDH (Asamblea Permanente de Derechos Humanos) Alexis Ponce beklagte gegenüber dem Menschenrechtsombudsmann Claudio Mueckay die Angriffe auf Francisco (Paco) Velasco Andrade, dem Direktor des nichtkommerziellen Hauptstadtsenders Radio La Luna. Velasco werde nicht nur juristisch verfolgt, sondern sähe sich auch Drohungen gegen sein Leben und das seiner Familie ausgesetzt. Auch das Radio, das beim sozialen Aufstand gegen Lucio Gutiérrez und seinem anschließenden Sturz eine entscheidende Rolle gespielt hat, sei immer noch in Gefahr.

Die Einschüchterungsversuche, die bereits während des Regimes von Gutiérrez begonnen hatten, führten schließlich dazu, dass sich die Interamerikanische Plattform für Menschenrechte, Demokratie und Entwicklung PIDHDD (Plataforma Interamericana de Derechos Humanos, Democracia y Desarrollo) für Velasco engagiert. Die PDHDD setzt sich aus 15 Menschenrechtsorganisationen aus 15 verschiedenen Ländern des Kontinents zusammen. Im Februar diesen Jahres kam Velasco neben anderen ebenfalls bedrohten Menschen aus Ecuador in ein Schutzprogramm der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte der Organisation Amerikanischer Staaten CIDH-OEA (Comisión Interamericana de Derechos Humanos de la Organización de los Estados Americanos).

„Die Regierung hatte sich verpflichtet, das Abkommen mit der CIDH-OEA zu erfüllen und Paco Velasco sowie die weiteren bedrohten Personen von Mitgliedern der Streitkräfte schützen zu lassen. Allerdings kam der Staat seinen Verpflichtungen nicht nach,“ so Ponce. Seit der Beschlussfassung durch die CIDH-OEA seien beinahe drei Monate vergangen. Das beunruhige die betroffenen Menschen und die Antragssteller zutiefst. Denn die Drohungen, andere Einschüchterungsversuche und der Druck gegen Velasco, seine Familie und Radio La Luna hätten in dieser Zeit weiter zugenommen.

Nachdem die neue Regierung unter Alfredo Palacio gerade mal eine Woche im Amt war, hat Velasco neue Morddrohungen von Unbekannten erhalten, die sich selbst als „Banditenjäger“ bezeichneten. In der vergangenen Nacht (3. Mai) haben Mitarbeiter seines Radios ähnliche Drohungen erhalten.

Die APDH Ecuadors forderte von der Generalstaatsanwaltschaft, nach der Zeit der stillschweigenden juristischen Untätigkeit aufgrund der Machenschaften der früheren Regierung und des Kongresses nun endlich die Polizeikräfte zum Einschreiten aufzufordern. So soll dafür gesorgt werden, dass die am 20. April von der “Krisenkommission” geforderten und dann auch ausgestellten Haftbefehle gegen die „Bande“ von Gutiérrez und die Bucaramisten (Anhänger des ehemaligen Präsidenten Abdalá Bucaram) vollstreckt werden. Die “Krisenkommission”, der alle Menschenrechtsorganisationen des Landes angehörten, entwickelte in diesen turbulenten Wochen einen Notverteidigungsplan für die Bevölkerung angesichts der Übergriffe von Bucaramisten und der Repression der Regierung Gutiérrez.

Mit der „Bande“ sind die ehemaligen Funktionsträger in der Regierung sowie die Anführer der Gutiérrez-Anhänger und die Beamten in den Geheimdiensten gemeint, „die für die Welle von Drohungen und Anschlägen während des Regimes verantwortlich sind“. Die APDH bezeichnete den ehemaligen Präsidenten Bucaram als einen „feigen Lügner“, da er sich entgegen eigener Angaben nicht in Caracas aufhalte. Die Menschenrechtsorganisation erklärte, es sei unannehmbar, dass Bucaram aus dem Land habe fliehen können. Vermutlich sei er nach Peru gegangen, obwohl die Regierung angeordnet hatte, dass alle Grenzen von der Polizei kontrolliert werden sollten.

Die Menschenrechtsorganisationen des Landes werden formal die Auslieferung von Lucio Gutiérrez, der in Brasilien Asyl beantragt hat, fordern und eine Klage gegen ihn vor internationalen Gerichtshöfen anstrengen, da die Justiz im eigenen Land nicht zu funktionieren scheine. Schließlich verlangte die APDH auch Sicherheiten und Garantien für die Arbeit der Staatsanwaltschaft, deren Mitarbeiter bereits einmal ihre Büros aufgrund einer anonymen Bombendrohung verlassen mussten.

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Indigenenorganisation CONAIE bekommt politische Ämter zurück

(Buenos Aires, 4, Mai 2005, púlsar).- LourdesTibán von der Indigenenorganisation CONAIE (Confederación de Nacionalidades Indígenas del Ecuador) wurde von Präsident Alfredo Palacio zur neuen Generalsekretärin de
s Entwicklungsrates der Völker und Nationalitäten ernannt. Die ecuadorianische Indigenenbewegung übernahm auch Ämter im Staatssekretariat für zweisprachige Bildung und indigene Gesundheit.

Lourdes Tibán gab bekannt, dass sie ihre Arbeit auf die Stärkung des Gremiums fokussieren werde, das allen Nationalitäten und Völkern in der Umsetzung ihrer verschiedenen sozialen Entwicklungsprojekten helfen soll. Den ersten Schritt, den die CONAIE setzte, war, die Regierung zu bitten, ihnen ihre verlorengegangenen Räume in den staatlichen Indigeneninstitutionen zurückzugeben.

Die evangelikale Indigenenbewegung FEINE ihrerseits demonstrierte gegen die Nominierung und beschuldigte Palacio, der indigenen Einheit absichtlich zu schaden. Lourdes Tibán erwiderte, dass die Wiedererlangung dieser öffentlichen Funktionen „ein Recht ist, das die CONAIE von der Regierung Gutiérrez eingefordert hat“. Dieses Recht sei aber nicht erfüllt worden. Im Gegenteil habe man versucht, „den Rat umzubringen, indem man ihn für die berühmten Gegendemonstrationen zur Unterstützung von Gutierrez verwendete.“

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BOLIVIEN

Demonstrationen gegen Energiegesetz

(Fortaleza, 3. Mai 2005, adital).- Die soziale Lage inBolivien bringt die Regierung von Präsident Carlos Mesa erneut in Bedrängnis. Die Gewerkschaften der Stadt El Alto haben am 2. Mai Protestaktionen gegen das neue, vom Senat beschlossene Erdöl- und Erdgasgesetz gestartet. Präsident Mesa hat inzwischen die Polizei in Bereitschaft versetzt und einen Sicherheitsplan gegen die Proteste initiiert.

Die Regionale Arbeitergewerkschaft von El Alto COR (Central Obrera Regional), informelle Händler, Bauernorganisationen, die staatliche Universität von El Alto (Universidad Pública de El Alto), der Lehrerbund von La Paz (Federación de Maestros de La Paz) und der Gewerkschaftsdachverband COB (Central Obrera Boliviana) führten eine Demonstration durch. Höhepunkt der Protestaktion war die symbolische Inbesitznahme des Treibstofflagers von Senkata. Das Treibstofflager befindet sich am Rande El Altos auf der Straße nach Oruro.

Die Demonstranten kämpfen für die Verstaatlichung des bolivianischen Erdöls und Erdgases. Ein von den Senatoren beschlossene Gesetz sieht vor, dass die im Land tätigen Erdölkonzerne 18 Prozent Lizenzgebühren und 32 Prozent Steuern an den Staat abzuführen haben. Die Demonstranten verlangen hingegen 50 Prozent Lizenzgebühren für den bolivianischen Staat.

Mehrere Gewerkschaften haben der Regierung darüber hinaus einen Forderungskatalog präsentiert. Unter anderem werden Lohnerhöhungen gefordert, die dem Warenkorb angepasst sein sollen. Finanzminister Luis Carlos Jemio erklärte der Presse gegenüber, dass der begrenzte Staatshaushalt es nicht zulasse, auf Forderungen nach umfangreichen Lohnerhöhungen einzugehen.

Der Aktionsplan der sozialen Bewegungen sieht Straßenblockaden und Streiks vor. Auch ein Generalstreik wird nicht ausgeschlossen. Am 2. Mai versammelten sich Bauern in El Alto und marschierten ins zwölf Kilometer entfernte Zentrum der Hauptstadt La Paz. Dort hielten sie auf der Plaza San Francisco in der Nähe des Regierungspalastes eine Ratsversammlung ab. „Wir schließen uns allen Demonstrationen an und fordern eine Verstaatlichung des Erdöls und Erdgases. Außerdem erwarten wir, dass die Regierung endlich auf unsere 72 Forderungen eingeht. Wir werden die Straßen blockieren, weil man nur so auf uns hört,“ kündigte Felipe Quispe, der Anführer der Bauerngewerkschaft CSUTCB (Confederación Sindical Única de Trabajadores Campesinos de Bolivia), an.

Die Forderung nach Verstaatlichung der Erdöl- und Erdgasunternehmen kam auf, nachdem sich herausgestellt hatte, dass die 72 Verträge, die zwischen den Erdölunternehmen und den Regierungen unter Gonzalo Sánchez de Lozada (1993-1997), Hugo Banzer (1997-2001) und Jorge Quiroga (2001-2002) abgeschlossen worden waren, nicht vom Kongress ratifiziert wurden, wie es die Verfassung vorschreibt.

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BRASILIEN

Nationaler Marsch für die Agrarreform

(Buenos Aires, 2. Mai 2005, púlsar-poonal).- Seitdem 1. Mai marschieren die Landlosenbewegung MST (Movimento dos Trabalhadores Rurais Sem Terra) und andere Organisationen Richtung Hauptstadt Brasília, wo sie am 17. Mai ankommen wollen. Mit dieser Aktion wollen sie Änderungen in der Politik der Regierung von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva einfordern.

Bereits am 2. Tag beteiligen sich mehr als 11.000 Menschen, die aus der Stadt Goiania in Richtung Brasília aufbrachen. Erklärtes Ziel des “Nationalen Marschs für die Agrarreform” ist es, die brasilianische Regierung dazu zu bringen, ihre Versprechen einzulösen und 430.000 landlose Familien anzusiedeln, bevor die Amtsperiode von Präsident Lula im kommenden Jahr endet. Außerdem fordert die MST Änderungen in der Wirtschaftspolitik sowie eine Demokratisierung der Medien und lehnt das Gesamtamerikanische Freihandelsabkommen (ALCA) ab. Nachdem die Demonstranten die 200 Kilometer zurückgelegt haben, wollen sie am 17. Mai in Brasilia ein Schriftstück mit Forderungen und Vorschlägen überreichen, das sowohl dem Präsidenten als auch Vertretern des Parlaments und der Justiz ausgehändigt werden soll.

Der “Nationale Marsch für die Agrarreform” wurde vom MST und der Bauernorganisation Via Campesina Brasil initiiert. Zudem beteiligen sich an den Protesten das Landpastoral CPT (Comissão Pastoral da Terra), die Vereinigung der Kleinbauern MPA (Movimiento de los Pequeños Agricultores) und die Bewegung der besetzten Fabriken. Der MST organisierte bereits in den Neunzigerjahren einen solchen Marsch in die Hauptstadt. Die Aktion sorgte damals dafür, dass die Organisation zu einem ernstzunehmenden Verhandlungspartner in der Landfrage wurde.

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ARGENTINIEN

Militärs müssen erneut wegen Massaker ins Gefängnis

(Buenos Aires 2. Mai 2005, púlsar).- DerBundesrichter der nordargentinischen Stadt Resistencia Carlos Skidelsky hat die Verhaftung von neun Militärs angeordnet, die an einem 1976 in Margarita Belén stattgefundenen Massaker beteiligt waren. Bei dem Massaker wurden 22 politische Häftlinge ermordet. Die neun an der Erschießung beteiligten Militärs waren vor etwas mehr als einem Jahr freigelassen worden. Skidelsky entschied, dass sie wieder in Haft genommen werden sollten, weil es bei ihrer Entlassung zu Irregularitäten gekommen war. Eduardo Luis Duhalde, Sekretär für Menschenrechte der argentinischen Regierung, vertritt dieselbe Position. Vergangene Woche forderte er die Verhaftung der Militärs unter “strenger Einhaltung der national und international gültigen Gesetze”.

Die neun Militärs, die jetzt erneut ins Gefängnis müssen, sind nicht die einzigen am Massaker Beteiligten. Das Massaker fand am 13. Dezember 1976 am Straßenrand der Ruta 11 nahe des Ortes Margarita Belén statt. Margarita Belén liegt in der Nähe von Resistencia, der Hauptstadt der Provinz Chaco.

Der Richter Skidelsky war einer der ersten, der die 1985 von der Zivilregierung unter Raúl Alfonsin erlassenen Amnestiegesetze als nicht verfassun
gsgemäß bezeichnete. Momentan werden einige Verfahren gegen Verantwortliche und Ausführende des Staatsterrorismus zwischen 1976 und 1983 verhandelt. Manche Prozesse haben schon zur Verurteilung der Angeklagten geführt. Der Oberste Gerichtshof hat jedoch immer noch nicht über die Verfassungsmäßigkeit der Gesetze entschieden.

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PERU

Parlamentarische Kommission fordert Rücktritt von Toledo

(Buenos Aires, 4, Mai 2005, púlsar).- Die mit derUntersuchung der Unterschriftenaffäre der Präsidentenpartei beauftragte Kommission forderte heute (4. Mai) Staatschef Alejandro Toledo auf, sein Mandat niederzulegen. Mit den mutmaßlichen Fällen von Unterschriftenfälschung seiner Partei Perú Posible habe er ein Verbrechen gegenüber der öffentlichen Meinung begangen und die Glaubwürdigkeit verloren. Edgar Villanueva, Vorsitzender der parlamentarischen Kommission empfahl dem Kongress, nach der Untersuchung des Falles ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten. Ebenfalls unterbreitete die Kommission zwei weitere Ahndungsvorschläge gegen Toledo: Ein auf zehn Jahre angelegtes Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden oder eine Enthebung von Posten über einen Zeitraum hinweg, der noch bestimmt werden müsse.

Mit den drei präsentierten Vorschlägen bezieht sich die Kommission auf die mutmaßliche Verantwortlichkeit Toledos für die von seiner Partei durchgeführten Unterschriftenfälschungen. Mit diesen wurde die offizielle Wahlregistrierung vor der Wahlkommission im Jahr 1998 erreicht. Der heutige Mandatsträger war zu dieser Zeit Präsidentschaftskandidat. Villaneuva erklärte, „Toledo könne als Federführer des Skandals betrachtet werden und habe mit seinem Vorgehen als Hintermann die Öffentlichkeit getäuscht“. Weiter versicherte der Vorsitzende der Untersuchungskommission: „Jede vom Kongress angenommene Lösung muss gemäß der Verfassung getroffen werden.“ Die reguläre Amtszeit von Präsident Toledo begann im Jahr 2001 und endet am 28. Juli kommenden Jahres.

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CHILE

Staat klagt gegen Unternehmen wegen ökologischem Desaster

(Buenos Aires, 2. Mai 2005, púlsar-poonal).- Zumersten Mal in der chilenischen Geschichte klagt der Staat gegen eine große private Firma wegen Umweltzerstörung. Das Unternehmen wird verantwortlich gemacht für das massive Schwansterben, das gegen Ende 2004 in einem Naturpark im Süden des Landes festgestellt wurde. Der Verteidigungsrat des Staates Chile CDE (Consejo de Defensa del Estado de Chile) – eine Institution zur Verteidigung der juristischen Interessen des Staates – präsentierte vor dem Berufungsgericht von Valdivia die Anklage gegen die Firma Celulosa Arauco y Constitución (CELCO). Die Firma gehört zur Angelini-Gruppe, eine der einflussreichsten Unternehmenszusammenschlüsse des Landes.

Die Anklage stützt sich auf einen Bericht der Universität Austral in Valdivia. Das Dokument weist die Verantwortlichkeit der Zellulose-Fabrik für das Umweltdesaster in Rio Cruces nach. Das Berufungsgericht von Valdivia selbst hat nach Erhalt des Universitätsberichtes die Stilllegung der Produktionsanlagen von CELCO angeordnet. Nach Angaben von Anwälten und Ökologen bemühte sich das Unternehmen, die Angaben der Uni zu entkräften und die Verantwortung auf die Funktionäre des Umweltsektors unter der Regierung von Eduardo Frei abzuschieben, weil diese die Produktionsanlage autorisiert hatten.

José Araya, Präsident der „Aktion für die Schwäne von Valdivia“, räumte ein, dass es „hier Fahrlässigkeiten und Druck“ mit der geteilten Verantwortlichkeit von Beamten und der Angelini-Gruppe gebe. Die Hauptschuld liege aber bei dem Unternehmen, weil es erlaubte Werte überschritten und Umweltgesetze verletzt habe. José Araya stimmt mit dem Anwalt Fernando Dougnac von der nicht mit der Regierung verbundenen Anwaltschaft für Umwelt überein, dass das einzige Mittel zur Rettung und Erholung des Naturparks und zum Schutz der in angrenzenden Gebieten lebenden Bevölkerung die endgültige Schließung der Zellulose-Produktionsanlage sei. Der Naturpark von Río Cruces beherbergte bis letzten Oktober die größte Konzentration von Schwarzhalsschwänen von Lateinamerika. Mittlerweile, nach dem Desaster vom letzten Jahr, sind noch 300 Schwäne übrig geblieben.

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LATEINAMERIKA

Bereits acht ermordete Journalisten in diesem Jahr

Von Hernán Uribe

(Santiago de Chile, 2. Mai 2005, alai-poonal).- Nach der Ermordung von bereits acht Journalisten, der Zerstörung von Radiostationen und anderen Übergriffen gegen die Medien im ersten Quartal 2005 gibt es wenig Anlass, den 3. Mai als weltweiten Tag der Pressefreiheit zu feiern, wie er von den Vereinten Nationen verkündet wurde.

Die Journalisten wurden überwiegend Opfer der Drogenhändlermafia in Kolumbien und Mexiko. Es kam aber auch zu Morden durch andere Gruppen in Brasilien, Ecuador und Haiti. Dies belegt eine Studie über die ersten vier Monate des Jahres 2005 der Untersuchungskommission für Anschläge auf Journalisten – CIAP (Comisión Investigadora de Atentados contra Periodistas), Mitglied des Lateinamerikanischen Journalistenverbandes – FELAP (Federación Latinoamericana de Periodistas).

In Mexiko empfahl nun der Minister für Innere Sicherheit des Bundesstaates Tamaulipas Luis Gutiérrez Flores allen Journalisten Waffen zu tragen. Damit reagierte er auf den grausamen Mord an Guadalupe García, die nach neun Schüssen, die sie am 5. April 2005 trafen, zwei Wochen später verstarb. Die Todesschützen der Drogenhändler agieren vor allem in den mexikanischen Bundesstaaten Chihuahua, Sonora, Nuevo León und Tamaulipas, die alle an die Vereinigten Staaten von Amerika angrenzen.

Mit den in diesem Jahr vergangenen Verbrechen addieren sich die Attentate gegen Journalisten in Mexiko seit 1982 bereits auf 50 Morde. Darüber informierte am 27. April ein Artikel in der Tageszeitung „Exelsior“ von Teodoro Rentería, Präsident der Dachorganisation der Mexikanischen Journalistenverbände – FEPARMEX (Federación de Asociaciones de Periodistas). Mit Blick auf die Morde und andere Übergriffe auf Medienschaffende wie die Entführung einer Tochter der Journalistin Cecilia Vargas in Vallermosa kommt Rentería zu dem Schluss, dass „Mexiko noch vor Kolumbien die meisten Angriffe gegen Journalisten verzeichnet“.

Im Vergleich dazu ist in Kolumbien die Zahl der Ermordungen von Journalisten zurückgegangen. Parallel nahm jedoch die Zerstörung von Radiosendern und Übertragungsmasten zu. So wurden am 12. Februar in der Stadt Florencia bei einem Attentat die Sendemasten der Radiostationen Cristalina Estéreo und Espléndida Estéreo zerstört. Ähnliche Taten zerstörten auch die Fernsehsendestationen von RCN und Caracol in Mocoa (Distrikt Putumayo) am 2. März 2005, wie die Stiftung für Pressefreiheit – FLIP (Fundación para la Libertad de Prensa) mitteilte.

Sprengstoff und die Erzeugung von Interferenzen werden auch in Ecuador gegen den Radiosender „Radio Canela“ in Macas eingesetzt. Durch das Abschalten der Stromzufuhr wurde zudem regelmä&szlig
;ig versucht, „Radio Luna“ in Quito zum Schweigen zu bringen, da der Sender immer wieder über die Demonstranten berichtet hatte, die die Absetzung des Präsidenten Lucio Gutiérrez erwirkten.

Am 16. Februar kam es in El Salvador zu einem bis dahin einzigartigen Vorgehen gegen die Pressefreiheit. Der Canal 12 wurde während einer Live-Sendung des Moderators Mauricio Funes am 12. Februar einfach abgeschaltet. Funes konnte gerade noch die einleitenden Worte zum „Interview des Tages“ sprechen, als die Übertragung des Fernsehprogramms eingestellt wurde. Dieses Vorgehen wurde von zahlreichen zentralamerikanischen Journalisten verurteilt.

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AMERIKA

Chiles Innenminister Insulza wird neuer OAS-Generalsekretär

Von Gerold Schmidt

(Mexiko-Stadt, 2. Mai 2005, npl).- Sieben Monate war der Posten des Generalsekretärs der “Organisation Amerikanischer Staaten” (OAS) verwaist. Seit Montag (2. Mai) steht der neue Amtsinhaber fest. In Washington wählten 31 der 34 OAS-Mitgliedsländer Chiles Innenminister José Miguel Insulza zum Generalsekretär. Noch vor drei Wochen hatte es in fünf Wahlgängen fünf Mal eine Pattsituation zwischen Insulza und dem von den USA favorisierten mexikanischen Außenminister Luis Ernesto Derbez gegeben. Dieses Mal gab es keinen Gegenkandidaten. Derbez warf am Freitag vergangener Woche (29. April) frühzeitig das Handtuch, nachdem mit Paraguay und Haiti zwei Länder die Seiten gewechselt hatten. Offiziell begründete er seine Entscheidung damit, einen Bruch zwischen den Staaten des Kontinentes vermeiden zu wollen.

Beobachter heben hervor, das erstmals in der fast 60-jährigen Geschichte der OAS nicht der US-Favorit das Rennen machte. Im Oktober 2004 geriet der nur kurz als OAS-Generalsekretär amtierende ehemalige costarikanische Präsident Miguel Angel Rodríguez wegen eines Korruptionsprozesses in seinem Heimatland unter Druck und musste zurück treten. Washington sprach sich daraufhin für El Salvadors rechten Ex-Präsidenten Francisco Flores als Nachfolger aus. Der war jedoch nicht konsensfähig.

Bei Mexikos Außenminister schien dies zunächst anders zu sein. Plumpe Diplomatie und seine allzu offenbare Nähe zu den USA sorgten jedoch für eine starke Opposition in den Ländern des amerikanischen Südkegels, allen voran Brasilien. Auch die kleinen, aber in der OAS-Abstimmung gleichgewichtigen karibischen Caricom-Länder waren von der mexikanischen Kandidatur nicht überzeugt. Indirekt spielte hier sicherlich die Position der kubanischen Regierung eine Rolle. Das sozialistische Kuba ist als Folge der US-Politik aus der OAS ausgeschlossen, pflegt aber zunehmend gute Beziehungen zu den Caricom-Staaten. Das Verhältnis zu Mexiko ist dagegen in den vergangenen Jahren rasant schlechter geworden.

Der US-Außenministerin Condolezza Rice wurde spätestens bei einem Südamerika-Aufenthalt letzte Woche klar, dass Insulza der Sieg bei einer Stichwahl nicht zu nehmen gewesen wäre. Ebenso wenig bestand Aussicht auf Erfolg, sowohl Insulza – in Chile auch “der Panzer” genannt – als auch Derbez zum Rückzug zu bewegen und eine dritte Kandidatur ins Spiel zu bringen. Ihrem mexikanischen Kollegen soll Rice deutlich gemacht haben, ihn trotz aller Sympathien nicht bis zum bitteren Ende begleiten zu können. Der Gesichtsverlust für die USA wäre zu groß gewesen. Der Sozialdemokrat Insulza ist zudem alles andere als ein entschiedener politischer Gegner Washingtons. Die USA werden mit ihm als OAS-Generalsekretär leben können.

Das Amt, das Insulza offiziell am 25. Mai antreten wird, ist nicht einfach zu handhaben. Die OAS steht aufgrund nicht gezahlter Mitgliedsbeiträge einiger Länder auf finanziell schwachen Füßen. Politisch ist ihre Relevanz und Aktionsfähigkeit in den zurück liegenden Jahren nicht gerade bedeutend gewesen. Der Korruptionsskandal um Insulzas Vorgänger war der Glaubwürdigkeit der Organisation ebenso wenig dienlich wie der Geruch, vorrangig ein Instrument der US-Interessen auf dem Kontinent zu sein. Ob der “Panzer” mit seiner zehnjährigen Erfahrung als chilenischer Außen- und dann Innenminister der OAS ein neues Profil geben kann, ist fraglich.

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