Poonal Nr. 662

KOLUMBIEN

VENEZUELA

ECUADOR

BOLIVIEN

ARGENTINIEN

CHILE


KOLUMBIEN

Bauern fordern Ende der Verhaftungen und Besprühungsaktionen

(Buenos Aires, 17.März 2005, púlsar-poonal).- Kolumbianische Bauern haben ihre Regierung aufgefordert, die Besprühungen mit dem Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat, die Massenverhaftungen, die Wohnsitzregistrierung der Bevölkerung und die Stigmatisierung der Landbevölkerung einzustellen. Mehrere tausend Bauern aus den benachbarten Departements Huila, Putumayo, Caquetá und Tolima machten sich auf den Weg nach Neiva, der Hauptstadt des Departements Huila, um dort für ihre Forderungen zu demonstrieren. Viele von ihnen wurden vom Militär an der Teilnahme an der Demonstration gehindert.

Die im kolumbianisch-ecuadorianischen Grenzgebiet lebenden Bauern verurteilen die Besprühungen mit Glyphosat, die der Ausrottung von Koka- und Schlafmohnpflanzungen dienen sollen. Sie erklärten, dass das Glyphosat die Gesundheit des Menschen beeinträchtige, die zur Selbstversorgung angebauten Produkte zerstöre und schädlich für die Tiere sei.

Auf einer Kundgebung am Ende der Demonstration schlugen die Bauern vor, die Koka- und Mohnpflanzen sollten mit der Hand ausgerissen werden. Außerdem forderten sie mehr Investitionen für Soziales in ihren Gemeinden, Dialoge auf regionaler Ebene und die sofortige Freilassung aller bei Massenrazzien verhafteten Bauern, die beschuldigt werden, Mitglieder oder Sympathisanten der Guerilla zu sein.

VENEZUELA

100.000 Hektar Landbesitz enteignet

(Buenos Aires, 14.März 2005, púlsar-poonal).- Der Gouverneur des Bundesstaates Cojedes Jhonny Yánez hat 110.000 Hektar Land mit unklaren Besitzverhältnissen enteignet. Die Eigentümer der betroffenen Grundstücke konnten die Rechtmäßigkeit ihres Besitzes nicht nachweisen. „Die Titel stimmten nicht mit dem realen Zustand der privaten Besitzverhältnisse überein“, erklärte Yanez.

Bei der Enteignung handelt es sich um Land von vier großen Haziendas. Nach einer Anhörung und einer Diskussion mit den bisherigen Besitzern erklärte die Regierung die Flächen zu „unrechtmäßigem Landbesitz der Nation”. Das staatliche Landinstitut legalisierte außerdem die Ansiedlung von 230 Bauernfamilien auf dem enteigneten Gelände.

Eine der Fincas besitzt ein Ökoreservat, das durch seine derzeitigen Eigentümer touristisch genutzt wird. Teile davon wurden nun aber zu “nationalem Eigentum” erklärt. Eine andere Finca ist seit Jahren in den Händen einer britischen aristokratischen Familie, die 5.000 Hektar Land mit ungeklärten Aneignungsverhältnissen besitzt. Durch die Größenordnung des Besitzes werden die Eigentümer laut venezolanischem Recht zu Großgrundbesitzern.

ECUADOR

Richter erkennen den Obersten Gerichtshof nicht an

(Buenos Aires, 15.März 2005, púlsar).- Tausende Justizangestellte sind in einen unbefristeten Streik getreten. Damit fordern sie den Rücktritt der Richter des Obersten Gerichtshofes, deren Amtseinsetzung gesetzeswidrig sei. Am ersten Streiktag erklärte der Richter Gonzalo Silva seinen Rücktritt. Seit der Ernennung der Richter des derzeitigen Obersten Gerichthofs am 8. Dezember 2004 sind bereits drei Richter zurückgetreten.

Der Nationale Richterverband FENAJE (Federación Nacional de Judiciales) fordert den Rücktritt der 31 Richter, die als Mitglieder des Gerichtshofes die Instabilität des Justizsystems im Land zu verantworten hätten. Im Rücktrittsschreiben Gonzalo Silvas heißt es: „Ich empfinde es als Zeichen von persönlicher Taktlosigkeit, eine Position innezuhalten, wenn ein Fehler unsererseits zu sehen ist, der von der FENAJE kommt.“

Die Richter haben vorgeschlagen, dass die 21 Präsidenten der Höchsten Gerichte zusammen mit den zehn ältesten Richtern für den Obersten Gerichtshof bis zum Ende der Justizreform verantwortlich sein sollen. Der ehemalige Außenminister Mauricio Gándara meinte, dass das Land zur Zeit einen durch die Regierung verordneten Staatsstreich erlebe. Falls sich diese Tatsachen bewahrheiteten, werde das Land unter Wirtschaftssanktionen und Ausgrenzung durch die Organisation Amerikanischen Staaten und der Uno zu leiden haben.

BOLIVIEN

CIDH fordert Regierung zum Handeln auf

(Fortaleza, 15.März 2005, adital).- Die Regierung Mesa steht unter Druck. Neben den Forderungen der Separatisten der Regionen Santa Cruz und Tarija, der Bevölkerung aus El Alto sowie der Bewegungen gegen das Kohlenwasserstoffgesetz wurde die Regierung jetzt auch noch dazu aufgefordert, dringende Maßnahmen zu ergreifen, um das Leben der Mitarbeiter des Zentrums für Justiz und Internationales Recht CEJIL (Centro por la Justicia y el Derecho Internacional) zu schützen. Die Forderung geht von der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (CIDH) aus. Die CIDH verpflichtet die bolivianische Regierung darüber hinaus, die 270 Mitglieder der indigenen Dörfer Tacana und Cavineño in der Region Miraflores im Norden des Amazonasgebietes zu schützen.

Nachdem das bolivianische CEJIL und das Zentrum für Recht und soziale Ermittlungen (CEJIS) vor der CIDH geklagt hatten, wurde sowohl die indigene Gemeinde als auch die Organisation CEJIS unaufhörlich von den Landbesitzern angegriffen. CEJIS berät Einheimische im Norden des Amazonas in Angelegenheiten, die den Landbesitz betreffen. Die Landbesitzer erkennen die Besitzurkunden der indigenen Bevölkerung nicht an. Zudem drohen sie den Indigenen mit Entzug des Landes, obwohl bereits ein gerichtlicher Bescheid des Nationalen Agrartribunals zu Gunsten der einheimischen Bevölkerung vorliegt und die Besitzurkunden anerkannt wurden.

Die Organisationen CEJIL und CEJIS appellierten an die Interamerikanische Menschenrechtsorganisation, weil die bolivianischen Behörden keine Stellungnahme zu den Übergriffen abgaben. Die Urheber der Bedrohungen seien öffentlich bekannt, da sie in den Medien offiziell die Übergriffe akzeptiert und sogar neue Angriffe angekündigt hätten. Dennoch sei nichts geschehen. Auch die Justiz schreite nicht ein.

“Im Jahr 2001 begann die Gemeinde Miraflores mit der Kastanienernte in ihrem Gebiet. Seitdem gibt es permanente Übergriffe und Drohungen von Seiten der Familie Tirina-Yarari, die ihr Land nicht bewirtschaftet sehen will,“ schreibt CEJIL. Seit vergangenem Jahr leben die Mitglieder der Gemeinde unter ständiger Räumungsandrohung und müssen sich von der Familie und den führenden Gremien der Kastanienproduktion der Region einschüchtern lassen.

Auch die Mitarbeiter von CEJIS sowie Büros der Organisation in Riberalta und Cobija wurden mehrmals angegriffen. Ihre Arbeit für die Besitzrechte, das Land und die Ernte der indigenen Bevölkerung und der a
nsässigen Bauern war hierfür ausschlaggebend: „Im Januar 2005 wurden die Bürogebäude attackiert und Teile des Archivs zerstört. Dazu kamen einschüchternde Nachrichten der Holz- und Kautschukhändler im Norden des Amazonasgebietes“.

Über die Anordnung des CIDH hinaus muss der bolivianische Staat Maßnahmen ergreifen und innerhalb von 15 Tagen das CIDH darüber informieren. Letztlich beinhaltet die Vereinbarung, dass Ermittlungen über die Vorfälle aufgenommen werden, damit gegen die Verantwortlichen gerichtlich vorgegangen werden kann.

ARGENTINIEN

Mehrheit steht im Kampf gegen Preiserhöhungen hinter Kirchner

(Buenos Aires, 14.März 2005, púlsar).- Die argentinische Regierung weitete ihren Boykottaufruf gegen alle Ölkonzerne aus, die Preissteigerungen vornehmen. Nachdem die Ölkonzerne Esso und Shell kontinuierlich die Benzinpreise anhoben, haben sie seit dem 11. März bereits die Hälfte ihrer Kundschaft in Argentinien verloren. Nach Angaben des Meinungsforschungsinstitutes „Analogías“ befürwortet eine überwältigende Mehrheit von 74 Prozent das Verhalten der Regierung und ist damit einverstanden, dass der Präsident persönlich die Argentinier auffordert, nicht bei Ölkonzernen zu kaufen, die den Preis der Treibstoffe anheben. 64 Prozent der Befragten forderten vom Präsidenten sogar, dass er die Bevölkerung zum Boykott gegen alle Unternehmen aufrufen solle, die Preissteigerungen vornähmen.

Néstor Kirchner rief die Bevölkerung auf, bei dem holländischen Olkönzern Shell „nicht eine einzige Dose Öl” zu kaufen, nachdem der Konzern sich entschieden hatte, die Treibstoffpreise anzuheben. Kurz danach beschloss der US-amerikanische Konzern Esso, bei der Preissteigerung nachzuziehen. Auch der uruguayische Konzern ANCAP hatte daraufhin seine Preise in Argentinien angehoben, was aber auf Anordnung des neuen Präsidenten Tabaré Vázquez rückgängig gemacht wurde.

Die Regierung Kirchner ist wegen der Erhöhung der Brennstoffpreise besorgt, weil darauf eine Inflation in anderen Sektoren folgen könnte. In den vergangenen Monaten führten die Preissteigerungen dazu, dass fast 200.000 Argentinier mehr als zuvor unter die Armutsgrenze fielen. In Argentinien gilt mittlerweile beinahe jeder Zweite als arm, weil er seine Grundbedürfnisse nicht ausreichend abdecken kann. Es handelt sich um mehr als 17 Millionen Menschen, von denen 6,5 Millionen als bedürftig eingestuft werden.

Verbraucherschutzorganisationen bestätigten, dass sie den ursprünglich nur gegen Shell verhängten Boykott gegen Esso ausweiten werden. Sie schließen nicht aus, angesichts der steigenden Kosten von Grundnahrungsmitteln gegenüber den Supermärkten zu ähnlichen Mitteln zu greifen. „Wenn es nötig ist, die Kampagne auszuweiten, werden wir das tun, und zwar auf alle Sektoren, die Preise erhöhen oder unfaire Preise für ihre Produkte verlangen,“ sagt Sandra González vom argentinischen Verbraucherbund „Asociación de Consumidores y Usuarios de la Argentina“.

CHILE

Mapuche-Häftlinge im Hungerstreik

(Buenos Aires, 10.März 2005, púlsar-poonal). Sechs Mapuche-Häftlinge, fünf Männer und eine Frau, haben im Gefängnis von Angol einen Hungerstreik begonnen. Sie fordern die Regierung auf, den Bedrohungen ihrer Gemeinschaften ein Ende zu setzen und alle inhaftierten Mapuches freizulassen.

Die Protestaktion wurde von Familienangehörigen und Freunden der politischen Mapuche-Häftlingen bekannt gegeben. Diese Gruppe hat auch eine Erklärung der Hungerstreikenden veröffentlicht. Darin wird die „sofortige Freiheit aller politischen Mapuchegefangenen, das Ende der Verfolgung von in die Illegalität abgetauchten Mapuches und das Schließen ihrer Rechtsfälle“ gefordert. Weiter fordern sie „das Ende der Verfolgung und Bedrohung der Mapuche-Gemeinschaften. Zudem sollen „Forstwirtschaftsunternehmen und Großgrundbesitzer vom Mapuche-Territorium verschwinden“.

Ein Teil der Hungerstreikenden steht unter Berufung auf das so genannte „Antiterror-Gesetz“ vor Gericht. Dieses Gesetz wurde noch unter der Regierung des Ex-Diktators Augusto Pinochet verabschiedet. Der Rest der Gruppe ist wegen gewöhnlicher Delikte angeklagt. Für die Mapuche-Sprecher sind diese Anschuldigungen ein Bestandteil des abgekarteten Spiels der Staatsanwaltschaft, initiiert von Großgrundbesitzern und Forstwirtschaftsunternehmen, „und stellen eine neue Strategie dar, um die Anführer der Gemeinschaften zu verfolgen.“

 

 

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