Poonal Nr. 576

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 10. Juni 2003

Inhalt


MEXIKO

ARGENTINIEN

PERU

CHILE


MEXIKO

Zum Tod von Luis Suárez

Von Gerold Schmidt

(Mexiko-Stadt, 5. Juni 2003).- „Der Tod dieses aufrichtigen und engagierten Menschen macht uns alle traurig“, schrieb die mexikanische Schriftstellerin und Journalistin Elena Poniatowska zum Tod von Luis Suárez. Wie viele andere sah sie nicht nur „den großen Verlust für den mexikanischen Journalismus“, sondern wies auf die Lücke hin, die Don Luis als „generöse und zugängliche“ Person hinterlässt. Luis Suárez war Urgestein, einer, den der Journalismus bis in die letzten Tage nicht losließ und der in Mexiko in gewisser Weise für eine Epoche steht. Er gehörte zu den letzten Vertretern jener Generation von Spanienflüchtlingen, die in den Jahren 1939/40 über Umwege nach Mexiko kamen und häufig eine wichtige Rolle im öffentlichen Leben ihrer neuen Heimat spielten.

1918 in der spanischen Provinz Sevilla geboren, arbeitete Suárez bereits mit 17 Jahren beim Radio und der Zeitung „El Liberal“ in Sevilla. Doch 1936 schloss er sich der Volksmiliz an und kämpfte bis 1939 an verschiedenen Fronten gegen die Franco-Truppen. Über Frankreich gelangte der damals 21-jährige nach der Niederlage der Republikaner zusammen mit seiner schwangeren Frau nach Mexiko. 1941 eingebürgert, fasste er bald als Redakteur und Reporter in verschiedenen Printmedien Fuß. Spätestens in den 60er Jahren war er zu einer festen Größe im mexikanischen Journalismus geworden, bekannt durch seine Berichterstattung aus Konfliktgebieten in Lateinamerika und der ganzen Welt sowie vor allem durch seine Interviews mit politischen Persönlichkeiten. So war Luis Suárez einer der ersten, der Fidel Castro nach dem Sieg der kubanischen Revolution in Havanna ausführlich interviewte. Bis zuletzt verband ihn mit Castro, dessen Regierung er leidenschaftlich verteidigte, eine Freundschaft. Oft gelang es Suárez, Personen zum Gespräch zu bewegen, die sich sonst kaum der Presse stellten. Der Schriftsteller B. Traven, der mexikanische Guerillaführer Lucio Cabañas, aber auch der nicaraguanische Diktator Somoza sind dafür Beispiele.

In mehr als 30 Büchern verarbeitete Suárez seine beruflichen Erfahrungen. Die ins deutsche übersetzten Bücher „Bekenntnisse Diego Riveras“ oder „Mexiko. Tage einer Stadt“ wurden zu Erfolgsbüchern in der DDR. 1976 gehörte Don Luis in Mexiko-Stadt zu den Mitbegründern der Lateinamerikanischen Journalistenvereinigung FELAP, der heute die große Mehrheit der nationalen Journalistenverbände Lateinamerikas angehören. Als Generalsekretär und zuletzt im Ehrenamt des Präsidenten blieb Suárez eine zentrale Figur der FELAP. Ende der 80er Jahre begleitete Don Luis die ersten Gründungsschritte von Poonal. Seine Kontakte in Lateinamerika halfen, die Idee eines von einheimischen Agenturen getragenen alternativen Nachrichtenpools zu Lateinamerika für ein deutschsprachiges Publikum in ein konsolidiertes Projekt zu wandeln. Die Anbindung Poonals an das FELAP-Büro in Mexiko-Stadt blieb bis heute bestehen.

Es ist etwa fünf Jahre her, es war ein Samstag, da erschien in allen wichtigen mexikanischen Medien eine Falschmeldung über den angeblichen Tod von Don Luis. Mit dem ihm eigenen Humor mokierte er sich in einem Zeitungsbeitrag „Wie ich meinen eigenen Tod erlebte“ über die Nachricht und freute sich über die freundlichen Nachrufe und seine gute Gesundheit. Am Samstag, den 31. Mai 2003, war die Hoffnung auf eine Falschmeldung vergeblich.

ARGENTINIEN

Kirchner fordert politischen Prozess gegen das Oberste Gericht

(Buenos Aires, 5. Juni 2003, adital-poonal).- Mit dem vom staatlichen Fernsehen ausgestrahlten Aufruf an den Kongress, so bald als möglich die Bedingungen dafür zu schaffen, dass gegen „einen oder mehrere“ der Mitglieder des Obersten Gerichtshofes ein Verfahren eröffnet werden kann, griff der neue argentinische Präsident Néstor Kirchner zu einer außergewöhnlichen Maßnahme. Er hofft damit die Spannungen und Widerstände zu beseitigen, die von der „menemistischen“ Mehrheit in der Institution ausgehen und die in den vergangenen Jahren die Straflosigkeit von Ex-Präsident Carlos Menem und seinem Apparat sichergestellt hat.

Einer der Pfeiler der langjährigen Herrschaft Menems war eben jene Ernennung „williger Gefolgsleute“ in das erweiterte Oberste Gericht. Während seiner Amtszeit hatte er die Zahl der Richter erhöht und ihm nahestehende Personen eingesetzt. Damit sicherte er sich die eigene Straflosigkeit weit über den Zeitpunkt hinaus, zu dem er nicht wieder als Präsident antreten durfte. Denn die Justiz ist die einzige Gewalt in Argentinien, deren Ämter nicht nach einiger Zeit zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Ernennung auf Lebenszeit ist den Richtern von der Verfassung garantiert und die einzige Möglichkeit, sie von diesem Posten wieder zu entheben, ist ein politischer Prozess.

Im vergangenen Jahr hatte Interimspräsident Eduardo Duhalde bereits einen Versuch unternommen, gegen neun dieser Richter einen politischen Prozess einzuleiten. Eine Maßnahme, die von der Bevölkerung nachdrücklich gefordert worden war, vor allem während der Protesttage am 19. und 20. Dezember 2001 und die notwendig gewesen wäre, um das Kräfteverhältnis zuungunsten des Menemismus zu verändern. Allerdings wurde das Vorhaben trotz der Befürwortung durch die Abgeordnetenkommission „Politische Prozesse“, von der Mehrheit im Kongress nicht gebilligt und der Vorschlag ad acta gelegt.

Kirchner geht mit seinem Aufruf jetzt wieder in die Offensive gegen den Vorsitzenden Richter Julio Nazareno – der seinerzeit mit Carlos und Eduardo Menem zusammen Jura studierte – und die „automatische menemistische Mehrheit“ im Obersten Gericht. Dies betrifft vor allem die Richter Eduardo Moliné O´Connor, Adolfo Vázquez, Guillermo López und Antonio Boggiano.

In seiner Rede ging der Präsident auch auf den Druck ein, den Nazareno mit Anschuldigungen, Kirchner habe vor, eine ihm hörige Richterschar einzusetzen, erzeugen wolle. „Wenn sie jetzt dieses Oberste Gericht rauswerfen – was glauben Sie, wen sie da einsetzen werden? Ihnen feindselig gesinnte Richter etwa?“, fragte Nazareno. Kirchner bestritt diese Vorwürfe.

Er beschrieb das derzeitige Oberste Gericht als in der Vergangenheit verhangen und nicht fähig Reformen durchzuführen. Und er beschuldigte es der versuchten Erpressung mit Hilfe noch anstehender wichtiger Urteile um ihm Gegenzug die Straflosigkeit für die Richter zu garantieren. So stehen zum Beispiel Urteile aus, über die Verfassungsmäßigkeit der Aufhebung der Gesetze zum „Unbedingten Gehorsam“ (Obediencia Debida) und zum „Schlussstrich“ (Punto Final) sowie eine Entscheidung zur „Redollarisierung“ der Bankguthaben, die während der Krise vom Dezember 2001 in Peso-Guthaben umgewandelt worden waren.

Die Urteile zu den ersten beiden Gesetzen könnten die Streitkräfte destabilisieren, während das letzte zu finanziellen Engpässen bei der Regierung führen würde. Aus diesem Grund widersprach Kirchner deutlich dem Versuch Nazarenos, seine Regierung unter Druck zu setzen.

PERU

Lehrer uneinig – Streik geht weiter

(Mexiko-Stadt, 9. Juni 2003, poonal).- Die Lehrer und Lehrerinnen der öffentlichen Schulen haben am vergangenen Sonntag beschlossen ihren Streik fortzusetzen, weil die Lehrergewerkschaft SUTEP (Sindicato Unitario de Trabajadores en la Educación en Perú) bisher noch zu keiner Einigung mit ihrer Basis kam. Die peruanische Regierung droht mit Entlassungen, wenn die Lehrerschaft am gestrigen Montag nicht wieder die Arbeit aufnehme. Sie kündigte außerdem strafrechtliche Verfolgung derjenigen Personen an, die weiterhin den Ausnahmezustand ignorieren oder die Schüler am Betreten der Schulgebäude hindern.

Die Führung der SUTEP hatte am 4. Juni mit der peruanischen Regierung ein 40 Punkte umfassendes Abkommen ausgehandelt, das zum Ende des Streikes und des von der Regierung verhängten Ausnahmezustands führen soll. In dem Abkommen ist neben verbesserten Arbeitsbedingungen eine Erhöhung des Einkommens der Lehrer von 29 US-Dollar monatlich vorgesehen und die Verpflichtung für einen progressiven Anstieg der Gehälter bis zum Jahr 2006.

Eine Gruppe in der SUTEP hält an der ursprünglichen Forderung nach einer Gehaltserhöhung von 60 US-Dollar monatlich fest, die auch für Lehrer im Ruhestand gelten soll. Um das weitere Vorgehen zu klären hat der nationale Lehrerrat dreitägige Beratungen beschlossen. Während dieser Zeit wird weiter gestreikt.

CHILE

Journalisten kündigen wegen Zensur

(Montevideo, 1. Juni 2003, comcosur-poonal).- Mit einer öffentlichen Erklärung kündigten am 24. Mai die Mitglieder der Redaktion der Tageszeitung „La Nación Domingo“ ihren Rücktritt von ihren Posten an. Die Geschäftsleitung des Verlages hatte zuvor die Veröffentlichung der Reportage „Die schwarze Kasse des Indap“ verweigert.

Herausgeber Julio César Rodríguez, sein Stellvertreter Mirko Macari, die Journalist*innen Alejandra Matus, Marcela Ramos und Marcelo Padilla, die Mitarbeiter*innen Leonardo Navarro, Pablo Basadre, Macarena Silva, Claudia Molina und Juan Sharpe; sowie die Kolumnisten Paul Walder, Guillermo Tejeda und Domingo Domínguez, beschuldigten die Leitung von La Nación, politischem Druck nachgegeben zu haben.

Die Beilage „Investigativer Journalismus“ gehört zur Zeitung „La Nación“. Diese wird vom Verlag La Nación S.A. herausgegeben, dessen Aktien zu 69 Prozent in Staatsbesitz sind. Die zensierte Reportage stammt von der Journalistin Alejandra Matus. Sie bezieht sich auf eine Untersuchung über den Verbleib von ca. einer Milliarde US-Dollar, Mittel, die während der vergangenen zehn Jahre für Programme zur Unterstützung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft bestimmt waren. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass mehr als 60 Prozent der Gelder bei Firmen verblieben sind, die als Vermittler fungierten. Die Mehrheit der Firmen sind mit den chilenischen Christdemokraten verbunden.

Die Belegschaft von La Nación Domingo erklärte, dass sie die Reportage im Verlauf dieser Woche in einem anderen Medium veröffentlichen werden.

Die Organisation Journalisten gegen Korruption PFC (Periodistas Frente a la Corrupción) sandte ein Protestschreiben an die Leitung von „La Nación“, in der sie diesen Akt der Zensur scharf verurteilten. Darüber hinaus dankte die PFC dem Journalistenteam von La Nación Domingo für ihre exzellente Arbeit während der letzten zehn Monate und für die beispielhafte Art, wie sie sich jetzt weigerten, Versuche der Zensur hinzunehmen.

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CHILE

Chilenische Schwule fordern Zivilehe

(Santiago, 28. Mai 2003, sem).- Seit dem 23. Mai sind in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires homosexuelle und unverheiratete heterosexuelle Paare gesetzlich anerkannt und kommen in den Genuss eines Teils der Rechte, die bisher Verheirateten vorbehalten waren. In Chile nimmt jetzt ein ähnliches Projekt Form an.

Rolando Jiménez, Präsident der Bewegung zur Integration und Befreiung Homosexueller MOVILH (Movimiento de Integración y Liberación Homosexual), kündigte für die kommenden Wochen die als „historisch“ bezeichnete Veröffentlichung eines Gesetzesprojektes an, das die familiären Beziehungen zwischen Personen gleichen Geschlechts regeln soll.

Der Gesetzesvorschlag legalisiert nicht nur die Bindung homosexueller Paare, sondern regelt auch ihre Besitz- und Erbangelegenheiten. „Die Erarbeitung dieser Gesetzesinitiative kostete uns mehr als ein Jahr. Jetzt ist sie fertig, und wir werden sie in zwei bis drei Wochen veröffentlichen. Wir haben die Unterstützung von Abgeordneten aller Fraktionen und mehr als dreitausend Unterschriften der chilenischen Homosexuellen“, sagte Jiménez.

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KOLUMBIEN

Migration aus dem Amazonasgebiet

(Bogotá, 3.Juni 2003, adital-poonal).- Mehr als 1 500 Kolumbianer und Kolumbianerinnen mussten im letzten Jahr aufgrund des Konfliktes im Land ihre Lebensräume verlassen. Die meisten von ihnen gehören Ethnien aus dem Amazonasgebiet an und sind vor allem nach Ecuador, Venezuela, Peru und Panama geflohen.

Bedrohungen durch Guerrilleros einerseits und durch Paramilitärs andererseits und das Besprühen der Koka- und Mohnpflanzungen mit Chemikalien durch die Regierung, sind die Gründe für die Migration.

Nach einer Studie der kolumbianische Nichtregierungsorganisation CODEHS, einer Beratungsorganisation für Menschenrechte und Vertreibung sind 2,9 Millionen Kolumbianer seit 1985 vertrieben worden. Fünf Prozent seien Indígenas und „der Staat hat diese Vertreibungen weder vermieden, noch die Wahrheit über die Ereignisse aufgeklärt, weder die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen und noch viel weniger die Opfer entschädigt“.

Am stärksten von dem Konflikt betroffenen sind die Indígenas. Die indígene Organisation Zonal aus Putumayo schreibt in ihrem Bulletin vom Mai 2003, dass 500 Familien aus zwölf indígenen Gemeinden in Putumayo das Land ihrer Ahnen verlassen mussten. Aufgrund des Konfliktes in Kolumbien mussten sie sich andere Lebensorte suchen. Die Nationale Indígene Organisation ONIC (Organización Nacional Indígena de Colombia) klagt ihrerseits an, dass im letzten Jahr 50 kolumbianische Indígenas im amazonischen Grenzgebiet mit Ekuador und Peru erschossen wurden. 27 Personen sind als verschwunden gemeldet.

Nach Meldungen des Flüchtlingskommissariats der Vereinten Nationen ACNUR (Oficina de Naciones Unidas para los Refugiados) sind etwa 200 Personen, einschließlich 90 Kindern aus dem Gebiet Rio de Oro in Richtung Venezuela geflüchtet, als kolumbianische Paramilitärs vor kurzem in die Region kamen. ACNUR erhielt ebenfalls nicht bestätigte Berichte, nach denen etwa 600 Personen, auch Indígenas der Ethnie Bari, in die Berge in der Nähe des Rio de Oro geflüchtet sein sollen. In den letzten Wochen wurden bewaffnete Konfrontationen zwischen der kolumbianischen Guerrilla und paramilitärischen Kräften in den Grenzgebieten bekannt. Diese bewaffneten Gruppen sind ebenfalls mit dem venezolanischen Militär aneinandergeraten.

Für das ACNUR stellen die Ereignisse eine besorgniserregende Verschlimmerung des kolumbianischen Konfliktes dar, ebenso wie die wachsende humanitäre Notversorgung in den angrenzenden Staaten. Die Organisation fordert alle Kämpfer dringend auf, die Rechte der Zivilbevölkerung zu respektieren. Die Regierungen der Nachbarstaaten bittet sie ihren internationalen Verpflichtungen nachzukommen und das Recht auf Asyl zu garantieren.

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GUATEMALA

Spannung wegen möglicher Kandidatur von Putschist Ríos Montt

(Guatemala-Stadt, 3. Juni 2003, cerigua-poonal).- Die Oppositionsparteien, die Zivilgesellschaft und die Justizgremien erwarten mit Spannung, ob das Wählermeldeamt RC (Registro de Ciudadanos) der Obersten Wahlbehörde die Einschreibung des General José Efraín Ríos Montt für die Kandidatur zum Präsidenten des Landes akzeptieren wird oder nicht.

Sollte es eine Entscheidung zu Gunsten der Regierungspartei FRG (Republikanische Front Guatemalas – Frente Republicano Guatemalteco), der Rios Montt angehört, geben, so bedeutet dies eine Verletzung der Verfassung der Republik, die es Ex-Putschisten wie Montt in Artikel 186 verbietet, Präsident von Guatemala zu werden. Er war Kopf der Regierung, die das Regime von Romeo Lucas García am 23. März 1982 mit Hilfe eines Putsches stürzte, argumentiert die Opposition.

Laut den lokalen Zeitungen erwartet man, dass das Wählermeldeamt die Einschreibung ablehnen wird, wie es bereits 1990 und 1995 der Fall war. Damals hatten die Oberste Wahlbehörde TSE (Tribunal Supremo Electoral), der Oberste Gerichtshof CSJ (Corte Suprema de Justicia) und der Verfassungsgerichtshof CC (Corte de Constitucionalidad) gegen die Anfrage entschieden.

José García, Direktor der Abteilung für politische Organisationen OP des RC, erklärte, dass man die diesbezügliche Untersuchungsfrist ausgeweitet habe, um sich die Zusammenhänge des Wahlgesetzes und des Gesetzes über politische Parteien genauer anzusehen.

Laut der Presse sei die Chance, dass das Wählermeldeamt die Kandidatur von Efraín Ríos Montt für das Präsidentenamt akzeptiere, gering, wenn man bedenke, dass dessen Direktor Miguel Solís Rojas bereits 1995 in seiner Funktion als Chef des OP dagegen entschied.

Damals begründete Solís seine Entscheidung damit, dass „die Umstände dieselben sind, wie bei den allgemeinen Wahlen im Jahr 1990. Das Verbot in Artikel 186 der Verfassung hat sich nicht in irgendeiner Weise verändert. Die augenscheinliche und obligatorische Schlussfolgerung ist daher, dass es Herrn José Efraín Ríos Montt weiterhin verfassungsrechtlich verboten ist, für das Präsidentenamt der Republik zu kandidieren“.

Einige Kandidaten hatten bereist angekündigt, dass sie im Falle eines positiven Bescheides, die Entscheidung beim Verfassungsgerichtshof anfechten würden. Die Urteile aus den Jahren 1990 und 1995 gegen die Einschreibung des Generals für die Kandidatur müssten laut Analysten, rechtlichen Institutionen und der Zivilgesellschaft auch dieses Mal beibehalten werden, um nicht die verfassungsmäßige Ordnung zu verletzen.

Verschiedene Gruppen sehen eine Verbindung zwischen den Justizbeamten der Obersten Wahlbehörde und des Verfassungsgerichtshofes mit der FRG und fürchten, dass es doch zu einer Entscheidung zu Gunsten von Ríos Montt kommen könnte.

Der ehemalige Militärdiktator und derzeitige Kongresspräsident Ríos Montt wird für die Morde an tausenden von Oppositionellen während der Militärregierung im Jahr 1982 verantwortlich gemacht.

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 GUATEMALA

Ermordung von zwei ANN-Führern

(Guatemala-Stadt, 30, Mai 2003, cerigua).- Die linke Partei Allianz Neue Nation ANN (Alianza Nueva Nación) forderte die Justiz- und Sicherheitsbehörden auf, die Ermordung von zwei ihrer politischen Führer im Ort San Juan Ermita in Chiquimula umgehend aufzuklären. Man geht davon aus, dass beide von Sympathisanten der Regierungspartei FRG umgebracht wurden.

Der Sprecher der ANN, Ricardo Sáenz sagte, dass am Abend des 28. Mai Daniel Mancilla López und Catalino Pérez durch mehrere Schüsse, wahrscheinlich von Anhängern der Partei Republikanisch Guatemaltekische Front FRG (Frente Republicano Guatemalteco), getötet worden sind.

Sáenz meinte weiter, dass in diesem Bezirk nunmehr drei Aktivisten der ANN seit Jahresbeginn ermordet wurden. Im März sei schon Arnulfo Gutiérrez Mejía, Führer und Mitglied des kommunalen Kommitees von Olapa zu Tode gekommen. Dazu kommen zahlreiche Fälle von Morddrohungen.

Sáenz schrieb die Verantwortung an den Verbrechen den paramilitärischen Verbänden zu, die die ländlichen Gebiete Guatemalas kontrollieren. Er beschuldigte zudem die FRG gewalttätige Methoden anzuwenden, um einen erneuten Sieg der Partei bei den nationalen Wahlen im kommenden November zu garantieren.

Für die ANN ist eine politische Motivation der Verbrechen gegen ihre Parteimitglieder denkbar und man habe auch schon mehrfach auf die Gefahr hingewiesen, in der sich die Anhänger in einigen Landesteilen, unter anderem in Chiquimula, befinden, sagte Sáenz.

Die ANN forderte die Generalstaatsanwaltschaft, den Obersten Gerichtshof und die Regierung auf, sowohl die Mörder, als auch die intellektuellen Urheber der Verbrechen zu finden und zu verurteilen. Weiter bat sie die Wahrheitskommission der Vereinten Nationen in Guatemala MINUGUA (Misión de Verificación de las Naciones Unidas en Guatemala) sowie die Staatsanwaltschaft für Menschenrechtsangelegenheiten, den Vorfällen nachzugehen.

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DOMINIKANISCHE REPUBLIK

Regierung übernimmt die Kontrolle einer Tageszeitung

(Lima, 4. Juni 2003, na).- Am 15. Mai übernahm die Regierung die Kontrolle des Listín Diario, der ältesten Tageszeitung des Landes. Ein Tag zuvor wurde der Hauptverantwortliche der Zeitung, Ramón Báez Figueroa, einer der reichsten Männer des Landes, verhaftet. Ihm wird Geldwäsche, Missbrauch sozialer Leistungen, Betrug und die Ausstellung ungedeckter Schecks vorgeworfen. Die Übernahmeaktion der Tageszeitung beinhaltete auch die Schließung von 70 Radiosendern, vier Fernsehkanälen und drei weiteren Tageszeitungen, die von Báez Figuera kontrolliert wurden.

Die Zentralbank beschuldigt Báez Figueroa, für den Bankrott der Interkontinental Bank Banister verantwortlich zu sein, deren Präsident er war. Die Zentralbank schritt im Fall Banister ein, als klar wurde, dass ein Betrug in der Größenordnung von etwa 2,2 Milliarden US-Dollar stattgefunden hatte. Diese Summe entspricht etwa 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukt des Landes und ist damit größer als der Haushalt der Dominikanischen Republik.

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KARIBIK

Japanische Hilfe hat ihren Preis

(Lima, 4.Juni 2003, na-poonal).- Viele der karibischen Staaten sind mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten konfrontiert, da die Exportrate ihrer Agrarprodukte auf den traditionellen Märkten sinkt. Japan hat jetzt an Bedeutung gewonnen als neues Geberland für Mittel der Entwicklungshilfe.

Bis ins Jahr 2001 – dann war die US-Rate höher -, war Japan der größte bilaterale Geber ausländischer Hilfe auf der Welt. Obwohl das meiste Geld nach Asien floss, profitierten Lateinamerika und die Karibik in den letzten zwei Jahrzehnten von dieser Hilfe. Im Jahr 2000 summierte sich in der Region ein Betrag von 800 Millionen US-Dollar.

In der Karibik waren die Dominikanische Republik und Jamaika die Länder, die den größten Teil der japanischen Hilfe erhielten. Ab Mitte der 90er begann Japan den Bereich und die Höhe der regionalen Hilfe zu erweitern. Die bedeutendste und strittigste Initiative in dieser Richtung, war die Vergebung von großen Beträgen an sechs kleine ostkaribische Staaten, die zuvor keinen oder nur wenig Kontakt mit Japan hatten.

Antigua und Barbuda, Dominica, Granada, San Cristóbal und Nevis, Santa Lucía und San Vicente und die Granadinas erhielten hohe Summen an Entwicklungsgeldern. Im Finanzjahr 2002-03 vergab Japan 11,7 Millionen US-Dollar für die Entwicklung des Fischmarktes von Grenville in Granada und weitere 13,8 Millionen US-Dollar für neue Installationen zur Fischentladung im Hafen von Marigot in Dominica.

Die Mittel scheinen an bestimmte Bedingungen gebunden zu sein, die bei lokalen und internationalen Umweltschützern Besorgnis verursachen. Sie behaupten, dass Japan seine Hilfe an die zuvor genannten Staaten vergebe, mit dem Ziel Unterstützung für eine Kampagne zu gewinnen, die das Moratorium für den kommerziellen Walfang aufheben soll. Dieses Moratorium wurde von der Internationalen Walkommission CBI (Comisión Ballenera Internacional) im Jahr 1986 erhoben. In den letzten Jahren konzentrierte sich die Kampagne darauf, genügend Fürsprecher für die japanische Position bei den CBI-Mitgliedern zu gewinnen, um einen Normenwechsel herbeizuführen.

Die sechs ostkaribischen Inselstaaten haben kein spezielles Interesse am Walfang. Seit sie neue japanische Hilfsgelder erhielten und CBI-Mitglieder wurden, stellten sie sich jedoch bei den Abstimmungen auf die Seite Japans. Besonders auf Dominica ist man jetzt um das ökotouristische Image besorgt, weil die dortige Regierung das bisher erfolglose Vorhaben Japans, das Moratorium zu kippen, unterstützt.

Atherton Martin, ehemaliger Umweltminister und Präsident der Umweltorganisation Dominica Conservation Association betrachtet die Beziehung zwischen dem Verhalten seines Landes im CBI und den japanischen Zuwendungen als „unwürdig, abscheulich und widersprüchlich für den Kampf unserer Souveränität“. Martin behauptet, dass „Entwicklung nicht bedeute Geld von irgendwo zu erhalten, wenn man auf eine bestimmte Art abstimme. Entwicklung bedeute die Aufrechterhaltung der Richtlinien seiner Entwicklungspläne“.

Die Position der ostkaribischen Staaten wird bei der Abstimmung beim nächsten Treffen der CBI im Juni nochmals unter Beweis gestellt. Brasilien und Argentinien gaben bekannt, dass sie bei der Kommission die Einrichtung eines Walschutzgebiets südlich der Äquatorlinie im Atlantischen Ozean beantragen werden.

Obwohl japanischen Diplomaten die Verbindung zwischen der Vergabe von Geldern und der unterstützenden Wahlstimme negieren, war der Vorstand des japanischen Fischereibüros weniger zurückhaltend. Im Juli 2001 sagte er vor Journalisten, dass „Japan keine militärische Macht sei“, und aus diesen Gründen die „Werkzeuge“ der diplomatische Kommunikation und Hilfeversprechungen einsetzen müsse.

Dies könnte die neue Welle der Mittelzuweisungen an andere karibische Staaten ohne offensichtliche Verbindungen zu Japan erklären. Eines der Länder ist Haiti. Das Land erklärte sich in den 90er Jahren bereit Gegenhilfe anzubieten, indem es die Bestrebungen Taiwans nach einem Sitz in der UNO, unterstützte. Obwohl die Mittel für die haitianische Regierung wegen der umstrittenen Wahl im Jahr 2000 gestrichen wurden, hat Japan in den letzten zwei Jahren Hilfsgelder für Lebensmittel in Höhe von mehr als 10 Millionen US-Dollar bewilligt.

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