Poonal Nr. 569

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 22. April 2003

Inhalt


MEXIKO

BELIZE

PANAMA

PARAGUAY

ARGENTINIEN

URUGUAY

ECUADOR

BOLIVIEN

BRASILIEN

PERU

LATEINAMERIKA


MEXIKO

Lehrer*innen, Indígenas und Student*innen demonstrieren in Chiapas

(Tuxtla Gutiérrez, 11. April 2003, adital-poonal).- Etwa 40 000 Sympathisant*innen des Nationalen Zapatistischen Befreiungsheeres (EZLN) demonstrierten in über zehn chiapanekischen Gemeinden für die Freilassung der 93 ihrer Meinung nach politischen Gefangenen und forderten gleichzeitig den Rücktritt des Gouverneurs Pablo Salazar.

Die Indígenas stammten aus verschiedenen Gemeinden der Regionen Zentrum, Küste, Hochland und der Grenzregion zu Guatemala. Sie forderten den Rücktritt Salazars. Er habe sich unfähig gezeigt, sich um die Belange des Bundesstaates zu kümmern.

Die Demonstrationen fanden anlässlich des 84. Geburtstags des „Caudillo des Südens“ Emiliano Zapata statt. Der berühmte Nationalheld ist ein wichtiges Symbol für die oppositionellen sozialen Bewegungen der Bauern, Indígenas, Arbeiter*innen und Student*innen Mexikos.

José de la Torre, ein Bauernführer der Organisation „La Casa del Pueblo de Venustiano Carranza“ (Das Haus des Volkes von Venustiano Carranza) gab zu Protokoll: „Wir sind 40 000 oder mehr Bauern aus 24 Organisationen, die in zwölf Gemeinden mit EZLN-Präsenz demonstrieren.“

Torres fuhr fort, dass die chiapanekische Regierung nicht den politischen Willen habe, seine gefangenen Compañeros zu befreien. Die Staatsanwalt klagt diese des Mordes an acht Indígenas der des Paramilitarismus bezichtigten Organisation „La Alianza San Bartolomé de los Llanos“ an. La Casa del Pueblo wird zudem vorgeworfen, der Guerilla-Organisation „Ejército Popular Revolucionario“ (Revolutionäre Volksarmee EPR) anzugehören.

Die Bäuer*innen und Indígenas riefen Sprüche der EZLN und feierten Emiliano Zapata. Auch Tausende von Lehrer*innen der siebten Abteilung der Gewerkschaft SNT füllten die Straßen der Hauptstadt von Chiapas. Sie forderten eine Erhöhung des Bildungsetats von zwölf Prozent, eine Gehaltserhöhung, den Bau und die Renovierung von Schulen, sowie den Rücktritt von Salazar als Chef der Landesregierung.

Allein im März wurden 5000 illegale Einwanderer ausgewiesen

(Guatemala-Stadt, 14. April 2003, adital).- In den vergangenen Wochen sind täglich bis zu 13 Reisebusse an der guatemaltekisch-mexikanischen Grenze bei El Carmen, Malacatán, San Marcos, eingetroffen, um illegal eingereiste Zentralamerikaner abzuschieben. Die Flüchtlinge waren von Beamten der mexikanischen Einwanderungsbehörde (INM) aufgegriffen worden. Nach Behördenangaben stammen 80 Prozent der Ausgewiesenen aus Honduras.

Am vergangenen Freitagnachmittag erreichten drei Busse mit mexikanischem Kennzeichen die Grenze bei El Carmen und übergaben den guatemaltekischen Behörden 114 abgewiesene Einwanderer aus El Salvador und Honduras. In denselben Autobussen sollten die Flüchtlinge weiter bis zur honduranischen Grenze bei Agua Caliente und zur salvadorianischen Grenze bei Ciudad Pedro de Alvarado transportiert werden.

In den vergangenen Tagen und vor den Osterfeiertagen haben die Ausweisungen abgenommen. Man geht allerdings davon aus, dass sie in den nächsten Tagen wieder zunehmen wird, da sich mehrere hundert Abschiebehäftlinge noch in mexikanischen Gefängnissen befinden.

Nach Angaben der Polizeistation der Grenzstadt El Carmen stehen nicht genügend Beamte zur Verfügung, um die Busse, wie vorgesehen, mit je zwei Beamten bis zur honduranischen und salvadorianischen Grenze begleiten zu können.

Weiterhin beklagen die Beamten, die die mexikanischen Busse begleiten, dass seit Januar die Essenszahlungen von 35 Quetzals pro Person ausgeblieben seien. Sie fordern die Regierung auf, dieses Problem zu beseitigen, zumal bekannt sei, dass die US-amerikanische Botschaft die Regierung in dieser Angelegenheit finanziell unterstütze.

Migration und Maquiladoras – keine Perspektive für Chiapas

Von John Ross

(San Cristobal de las Casas, 8. April 2003, na).- Das Reisebüro Hernández Comfort in dem ländlichen Ort Huixtla, 380 Kilometer entfernt von San Cristóbal de las Casas im südlichen Bundesstaat Chiapas, hat keine farbigen Plakate von strahlenden Stränden aushängen. Es gibt keine Faltblätter, die die neuesten Angebote nach Acapulco oder Cancún anpreisen. Im Gegenteil, das einzige was dieses Büro mit Reisen zu tun hat, ist ein handgemaltes Schild, das mögliche Kunden darüber informiert, dass der Bus nach Tijuana jeden Donnerstag fährt.

Die 4000 Kilometer lange Odyssee kostet 1200 Pesos, etwa 116 Dollar also. Für 200 Pesos mehr garantiert das Büro in Tijuana Arbeit in einer der so genannten Maquiladoras, den ausländischen Montagefabriken, die für den Export produzieren. Wenn der Reisende weiter in den Norden will, garantieren die „Schieber“ seine Ankunft in den Vereinigten Staaten oder in Kanada für weitere 1500 Pesos.

Diese so genannten Reisebüros tauchen jetzt überall in Chiapas auf. Nach Informationen des Nationalen Bevölkerungsrats CONAPO (Consejo Nacional de Población) stellen die Chiapaneken 13 Prozent der rund 500 000 Bewohner aus sieben südlichen mexikanischen Bundesstaaten, die in den letzten fünf Jahren in den Norden migriert sind. Bevölkerungsspezialisten aus Chiapas betrachten die von der CONAPO geschätzte Zahl von 120 00 Migranten jährlich als weit unter der Realität.

Der Aufstand des Zapatistischen Befreiungsheeres EZLN (Ejército Zapatista de Liberación Nacional) im Jahr 1994 rief keine bedeutsame Migration aus Chiapas hervor. Der Anstieg der Migration begann nach den schweren Unwettern und Überschwemmungen im September 1998, die dem Hurrikan Mitch vorausgingen, bevor dieser einen Monat später Zentralamerika verwüstete. Eine halbe Million Menschen aus verschiedenen Gegenden der Region machten sich danach auf den Weg Richtung Norden.

Durch den Verfall des Kaffeepreises in den Kaffeeanbaugebieten der Region, die sich etwa vom Bundesstaat Puebla im Süden von Mexiko-Stadt bis zum zentralamerikanischen Isthmus zieht, ist seit dem Jahr 2000 die Migration angestiegen. Genau auf diese Gegend bezieht sich das grandiose Entwicklungsprojekt Plan Puebla Panama des mexikanischen Präsidenten Vicente Fox.

Nach Worten des chiapanekischen Gouverneurs Pablo Salazar verlassen wegen der dauerhaft niedrigen Preise 500 Kaffeeanbauer aus Chiapas monatlich ihre Fincas. Daniel Pensamiento, Journalist der Tageszeitung Reforma, der kürzlich in einem Bus von Huixtla bis an die Nordgrenze reiste, erfuhr, dass drei der 45 Mitreisenden ihre Kaffeepflanzungen verkauft hatten, um die Busreise zu bezahlen.

Als der Bus an der Grenze ankam, sei die Mehrzahl der Reisenden ausgestiegen, um den langen Weg in die Vereinigten Staaten über die heiße Wüste in Arizona anzutreten. Hunderte von Menschen haben auf dieser Route in den letzten Jahren das Leben verloren. Seit diesem Jahr sind viele der Toten aus Chiapas.

Auch ihr Geld haben sie dort verloren. In den Büros der Western Union-Dinero Expreso auf dem zentralen Platz in San Cristóbal de Las Casas bemerkt José Gabriel Madrigal einen Anstieg der Geschäfte, seit der Kaffeepreis abgestürzt ist. Madrigal bearbeitet nun 50 Geldsendungen wöchentlich. Die Mehrzahl seiner Kunden sind indígene Frauen aus den Kaffeeanbaugebieten, für die die Schecks ihr einziges Einkommen sind.

Wissenschaftler sagen, dass in einigen Dörfern in Chiapas nur noch Frauen, Kinder und alte Menschen leben. Dieses Phänomen kennt man aus anderen Bundesstaaten wie Michoacán, Zacatecas und Oaxaca, die eine hohe Migrationsrate haben.

Ironischerweise sind die Gemeinden, die die Zapatisten unterstützen, intakter als die, die von der Partei der Institutionalisierten Revolution PRI (Partido Revolucionario Institucional) kontrolliert werden. Die Letzteren machten sich während der 71jährigen priistischen Regierungszeit von den Zugeständnissen der Regierung abhängig. Oventic, eine zapatistische Bastion mitten im Kaffeeanbaugebiet, blüht dagegen auf und die lokalen Vertreter versichern, dass kein zapatistischer Bauer den Ort verlassen habe. Die 38 autonomen Gemeinden in der Region Los Altos und im Urwald haben auch einen Laden in San Cristóbal, in dem Stoffe und Kunsthandwerk verkauft werden.

Sehr wichtig, um die zapatistischen Gemeinden von der Migration abzuhalten, sind Solidaritätsgrupppen wie das US-amerikanische Cloudforest Institute und Human Bean Co., die im gerechten Handel des organischen Kaffee arbeiten. Beide Gruppen kaufen die Bohnen der Kooperative Muk Vitz. Zu der Kooperative gehören 27 zapatistische Gemeinden und sechs autonome Dörfer in den Bergen.

Kerry Appel, die Gründerin von Human Bean Co., die Kaffee der Marke „Zapatista“ verkauft, zahlt den Bauern der Kooperative 1,61 US-Dollar für die Libra. Der organische Kaffee macht jedoch nur 15 Prozent der Produktion von Muk Vitz aus. Der Rest wird zum Marktpreis verkauft.

Präsident Fox will mit dem Plan Puebla Panama die Migration reduzieren. Der Entwicklungsplan wurde entworfen, um internationale Investoren in die Region zu bringen, die zwar reich ist an Bodenschätzen, in der aber die Menschen arm sind. Eine Schlüsselkomponente des Planes ist die Ansiedlung von Weltmarktfabriken im Süden, wo die Arbeitskraft billiger ist. 300 dieser Fabriken stellen heute schon in Tehuacán im Bundesstaat Puebla Blue Jeans für den US-amerikanischen Markt her. Eine Zone für diese Maquiladoras soll im Flachland von Tehuantepec im Isthmus von Oaxaca eingerichtet werden. Eine Handvoll dieser Fabriken wurden schon auf der Halbinsel Yucatán-Campeche installiert.

Trans-Textile International, die erste Maquiladora in San Cristóbal, wurde im April 2002 eröffnet. Eigentümer ist die mexikanische Gruppe KN Industrial, man erhofft sich, dass 1500 Arbeiter*innen angestellt werden, wenn die Fabrik mit voller Leistung funktioniert. „Wir geben den Frauen eine Verdienstmöglichkeit“, sagte die Produktionschefin Maclovia Pérez, obwohl sich der Einkommenslevel nicht entwickeln wird. Das regionale Mindesteinkommen liegt bei ungefähr 0,6 US-Dollar in der Stunde, beachtlich weniger als die 1,20 US-Dollar, die man in den Maquiladoras in Tijuana bezahlt.

Obwohl Kritiker sagen, dass die Weltmarktfabriken die traditionellen Mayagemeinden beeinträchtigen, verkauft Fox seinen Marsch nach Süden als nachhaltige Entwicklung. Doch die Transportkosten in den Norden über gefährliche und kurvenreiche Strassen über die Berge machen die Ersparnis durch die niedrigeren Einkommen wieder wett. San Cristóbal ist soweit weg vom US-amerikanischen Markt, dass die Produktion ebenso gut in China stattfinden kann. Um von den Subventionen und den niedrigen Löhnen zu profitieren, sind im Jahr 2003 bereits 200 Maquiladoras aus Mexiko nach China umgezogen.

BELIZE

Premierminister wurde trotz Korruptionsvorwürfe wieder gewählt

(Belize, 9. April 2003, na-poonal).- Said Musa bleibt Premierminister von Belize. Bei den Unterhauswahlen vom 5. März errang die regierende Vereinigte Volkspartei (People's United Party PUP) 22 der insgesamt 29 Sitze. Der Sieg löste bei armen Belizern Hoffnungen auf eine Verbesserung im Gesundheits- und Schulsektor aus.

Dagegen haben Umweltschützer und Bewohner des Rio-Macal-Tales die Verwaltung von Musa kritisiert. Es sei Druck ausgeübt worden, um ein umstrittenes Wasserkraftwerk in einem Tropenwaldgebiet zu bauen. Die oppositionelle Vereinigte Demokratische Partei (United Democratic Party UDP) hat die Ausgabenpläne der Regierung kritisiert.

Der Vizeminister Johnny Briceño erklärte, dass sich die zweite Amtsperiode Musas auf drei wichtige Bereiche konzentrieren werde: ein nationales Gesundheitsversicherungssystems, Aufstockung des Erziehungsetats und Anstrengungen, um die Korruption im Staatsapparat zu stoppen.

Die Regierung hat ein Pilotprogramm für Gesundheit im Süden der größten Stadt des Landes, Belize, begonnen. Es richtet sich an mehr als 40 000 Einwohner. In den kommenden drei Jahren werde dieses Programm auf das ganze Land ausgedehnt, sagte Briceño. Die Kindersterblichkeit liegt derzeit bei 25 Säuglingen pro 1000 Geburten. Auch wenn diese Ziffer im Vergleich mit seinen Nachbarländern – in Guatemala liegt sie bei 46 pro 1000 Geburten – besser ist, liegt die Rate von Belize über dem Weltdurchschnitt.

Ein weiterer Schwerpunkt der Sozialausgaben soll der Erziehungssektor sein. „Die Erziehung wird das Erkennungszeichen der PUP-Regierung sein“, sagte Briceño. „Zum ersten Mal geben wir dafür mehr als 50 Millionen US-Dollars aus. Das ist fast ein Viertel des Haushalts.“

Nachdem er zuvor auch das Amt des Finanzministers bekleidet hatte, steht Premier Musa jetzt dem Erziehungsministerium vor. „Musa hat sich schon immer um die Erziehung gekümmert“, sagte Adele Catzim, die seit zwölf Jahren in diesem Sektor für Staatsorganisationen Belizes arbeitet, „ich glaube, er hat dieses Amt aufgrund der öffentlich geworden Korruptionsfälle übernommen.

Die 13 Mitglieder des neuen Kabinetts wurden am 7. März vereidigt. Ralph Fonseca, Ex-Minister für Haushalt, Investitionen und Handel, wurde Finanzminister. Es ist das erste Mal in der Geschichte des Landes, dass dieses Amt nicht vom Premierminister bekleidet wird. Fonseca, von dem Kenner sagen, dass er seit der Wahl Musas 1998 de facto der Finanzminister gewesen sei, ist einer der wichtigsten Befürworter des umstrittenen Wasserkraftwerkes Chalillo, das das Tal des Río Macal in einer Höhe von 50 Meter überschwemmen wird.

Die UDO hat die Wirtschaftspolitik Fonsecas kritisiert, die auf exzessive Ausgaben und Kreditaufnahmen beruhe. Während der Amtszeit Musas stieg die Auslandsschuld Belizes von 40 auf 80 Prozent des jährlichen Bruttoinlandsproduktes. Trotzdem versicherte die Regierung, die Kreditaufnahmen seien notwendig gewesen, um die Schäden zweier Hurrikane zu beheben. Außerdem habe das Wirtschaftswachstum in den letzten fünf Jahren durchschnittlich 6,7 Prozent betragen.

Die Wahlkampagne der UDP konzentrierte sich vor allem darauf, eine Serie von Korruptionsfällen anzuklagen, in die PUP-Minister verwickelt waren. Der Minister für Öffentlichen Dienst, Kommunikation, Migration und Transport, Max Samuels, war in den illegalen Verkauf von Pässen Belizes an Ausländer verwickelt. Auch wenn er nicht vor Gericht gestellt wurde, so verlor er doch sein Amt und erhielt auch keinen Ministerposten mehr im neuen Kabinett von Said Musa. Die US-Botschaft in Belize widerrief das Visum Samuels, der als Mitglied der Repräsentantenkammer wieder gewählt wurde.

In einem anderen Fall wurden Vorwürfe gegen den Erziehungsminister erhoben. Er habe an Nichtstudenten Erziehungsgutscheine verteilt, die gegen Geld eingewechselt worden seien. Dies soll einen Gewinn von mehr als 250 000 US-Dollars gebracht haben.

Mehr als 79 Prozent der insgesamt 126 000 Wahlberechtigten eilten an die Urnen. Dessen ungeachtet klagten Wähler und Kandidaten über unzählige Fälle von Stimmenkauf, die die 22-jährige Demokratie Belizes unterhöhlten.

Diane Haylock, Ex-Verwaltungsdirektorin der nicht regierungsabhängigen Gesellschaft zur Förderung von Erziehung und Untersuchung (Society for the Promotion of Education and Research – SPEAR), die für die UDP kandidierte, sagte, dass sie sicher sei, dass der Stimmenkauf den Stimmenunterschied in ihrem Distrikt ausgemacht habe.

„In den letzten zwei Wochen vor den Wahlen waren meine beiden Gegner damit beschäftigt, Schecks auszustellen und Wählern Geldumschläge zu überreichen“, bekräftigte sie. Eine Familie mit vier Wahlberechtigten habe von dem einen Kandidaten 500, von dem anderen 350 Dollar erhalten, sagte Haylock.

Auch wenn die Demokratische Volksunion ankündigte, dass sie Druck machen werde für eine Wahlreform, gibt sich Haylock wenig optimistisch in Bezug auf Änderungen. Als sie SPEAR leitete, regte sie eine Reihe von Reformen an, unter anderem eine aus öffentlichen Mittel finanzierte Kampagne und Regeln für die politischen Parteien. „Niemand hat sich darum gekümmert“, sagte Haylock. „Die Stimme der Zivilgesellschaft ist zum Schweigen gebracht worden.“

PANAMA

US-Regierung soll Reinigung der Ufer des Panama-Kanal fortsetzen

(Montevideo, 9. April 2003, pulsar).- Die Präsidentin Mireya Moscoso erklärte, dass die Reinigung der Schießplätze, die von der US-Armee in Panama benutzt wurden, noch kein abgeschlossenes Thema für ihre Regierung sei. Die Amtsinhaberin reagierte damit auf die aktuellen Erklärungen der US-Botschafterin Linda Watt, die meinte, dass die Schießplätze ein abgeschlossenes Thema für die US-Regierung seien. Panama fordert von den USA die Reinigung von 3500 Hektar Land an den Ufern des Kanals, die nach 85 Jahren militärischer Besetzung kontaminiert sind.

PARAGUAY

Korrupte Colorado-Partei ist Favoritin bei Präsidentschaftswahl

Von Andreas Behn

(Berlin, 22. April 2003, npl).- Am Sonntag (27.4.) wird in Paraguay gewählt, doch ändern wird sich aller Voraussicht nach nichts. Die Colodaro-Partei, seit über 50 Jahren ununterbrochen an der Macht, wird das südamerikanische Binnenland weiter regieren – nicht zuletzt dank der zerstrittenen Opposition, die, anstatt auf einen gemeinsamen Kandidaten zu setzen, sich lieber einen engagierten Kampf um den zweiten Platz liefert.

Wahlprognosen sagen dem Colorado-Kandidaten Nicanor Duarte Frutos mit 38,1 Prozent einen klaren Sieg voraus. Da es in Paraguay keinen zweiten Wahlgang gibt, könnte der 46-jährige Duarte Frutos Anfang August das Präsidentenamt antreten und die illustre Reihe korrupter wie selbstherrlicher Staatsoberhäupter fortsetzen. Unter ihnen der langjährige Militärdiktator Alfredo Strössner (1954-1989) oder der umstrittene Raúl Cubas, der 1999 nach nur zwei Amtsjahren während gewalttätiger Proteste zurücktreten musste.

Die einzigen ernsthaften Konkurrenten des Favoriten sind der unabhängige Kandidat Pedro Fadul und der liberale Julio César Franco. Fadul, dem derzeit 28,8 Prozent der Stimmen zugetraut werden, ist die eigentlich Überraschung des Wahlkampfs. Erst vor gut einem Jahr hat er mit seiner Wahlplattform namens „Geliebte Heimat“ die politische Bühne betreten und offenbar bereits mehr Menschen überzeugt als die traditionelle liberale Oppositionspartei PLRA, der nur gut 17 Prozent vorausgesagt werden.

Abschlagen auf Platz vier liegt mit sieben Prozent Guillermo Sánchez Guffanti, der nur deswegen Schlagzeilen macht, weil er für die politische Gruppierung von Lino Oviedo kandidiert. Oviedo lebt im brasilianische Exil und wird in Paraguay wegen eines Putschversuchs steckbrieflich gesucht.

Der Unternehmer Fadul, der als Sozialdemokrat und kirchennah bezeichnet wird, gilt derzeit als einzige Alternative zum Colorado-System, das seit langem Synonym für Klientelismus und völlige Stagnation in Wirtschaft wie Politik ist. Aber auch er hat kein glaubwürdiges Programm vorzuweisen, so dass weder die zersplitterte Linke noch die Unternehmerschaft dem 48-jährigen Unabhängigen ihre Unterstützung zusagten.

Keine parlamentarische Repräsentation haben bislang die sozialen Bewegungen, die in den vergangenen Jahren immer stärker wurden. Insbesondere Bauernbewegungen, Gewerkschaften und die Obdachlosenbewegung organisierten Streiks und große Demonstrationen, wodurch sie die Regierung mehrfach veranlasst hat, soziale Einschnitte und Sparmassnahmen rückgängig zu machen.

Politische Themen waren in diesem Wahlkampf allerdings die Ausnahme. Nicanor Duarte Frutos, der bereits in zwei vorherigen Regierungen Minister für Erziehung und Kultur war, profilierte sich pikanterweise in erster Linie als Kritiker seines Parteifreundes und noch amtierenden Präsidenten González Macchi, der wegen Korruption und offensichtlicher Unfähigkeit die Sympathien aller Paraguayer verspielt hat. Fadul und César Franco gelang es derweil nicht, aus der Warnung vor einem erneuten Colorado-Präsidenten Kapital zu schlagen. Die Mehrheit der 2,4 Millionen Wahlberechtigten, die neben dem Staatsoberhaupt noch 45 Senatoren, 80 Abgeordnete und 17 Länderregierungen neu bestimmen müssen, wird sich wohl erneut für „Mehr von dem Gleichen“ entscheiden und den Colorado-Politikern fünf weitere Jahre Macht in einem verarmten Land bescheren.

ARGENTINIEN

Brukman-Wiederbesetzung gewalttätig verhindert

(Mexiko-Stadt, 22. April 2003, poonal).- Über 200 Verletzte und zahlreiche Festnahmen forderte der Versuch der Arbeiter und Arbeiterinnen von Brukman, die Textilfabrik wieder zu besetzen. Gegen eine Demonstration am Montag (21. 4.), an der Tausende von Mitgliedern der Arbeitslosen-Bewegung Piqueteros, der Nachbarschaftsversammlungen sowie auch die Madres de Plaza de Mayo teilgenommen hatten, war die Polizei im Stadtteil Balvanera von Buenos Aires massiv aufgefahren. Als sich vier Arbeiter der bislang besetzten Fabrik dem Gebäude näherten, griffen die Sicherheitskräfte mit Tränengas und Gummigeschossen an. Es folgten schwere Straßenschlachten.

Die Textilfabrik Brukman war im Dezember 2001 von den Beschäftigten besetzt worden, um sie nach der Flucht der Unternehmensführung in Eigenregie weiter zu betreiben. Brukman galt als eine der Ikonen unter den zahlreichen besetzten Fabriken Argentiniens, die in Selbstverwaltung betrieben werden. Die aktuellen Spannungen begannen, nachdem ein Gericht beschlossen hatte, dass die Fabrik den Eigentümern zurückgegeben werden müsse. Am vergangenen Freitag (18. 4.) wurden die Besetzer und Besetzerinnen trotz anhaltender Verhandlungen geräumt.

Die Festgenommenen vom Montag wurden am folgenden Tag wieder freigelassen. Für den Abend des Dienstages wurden neue Demonstrationen angekündigt.

Die Räumung sowie die Konfrontationen zwischen den Demonstrierenden und der Polizei fanden nur wenige Tage vor den am Wochenende angesetzten Präsidentschaftswahlen statt. Teile der Piqueteros, der Fabrikbesetzer, der Stadtteilversammlungen und der darüber hinaus organisierten Linken rufen zum Boykott dieser Wahlen auf. Ihre Forderung an die Politiker, mit der sie seit dem Zusammenbruch des argentinischen Systems im Dezember 2001 auf die Straße gehen: „Que se vayan todos“ – „Alle sollen abhauen.“

Protest gegen geplante US-Basis für Kerntests

(Montevideo, 9. April 2003, púlsar).- Per Dekret spricht die Regierung von Tierra del Fuego den Vereinigten Staaten ein Stück Land für den Aufbau einer nordamerikanischen Basis zu, „um Kerntests mit friedlichen Absichten durchzuführen“. Das Dekret geht auf ein 1998 von der Provinz erlassenes Gesetz zurück. Gemäß dem Anhang „können unterirdische Tests mit friedlicher Absicht durchgeführt werden“.

Auch wenn das Dekret schon im Juli letzten Jahres unterschrieben wurde, erfährt die Öffentlichkeit erst jetzt davon. Genau wie viele andere Regierungsgeschäfte wurde es hinter dem Rücken der Bevölkerung verhandelt. Der Gewerkschaftsbund der Mitarbeiter*innen von „Educación Fuegina“ (Sindicato Unificado de los Trabajadores de la Educación Fueguina) erklärte sich mit dem Dekret nicht einverstanden. Der Verband hebt hervor, dass es mit dem kriegerischen Wahnsinn der Vereinigten Staaten zusammenhänge, dem sich die nationale und die regionale Regierung gefügig mache.

„Aufgrund unserer Geschichte, unserer Würde, unserer Identität können wir die Anwesenheit dieses Imperialisten in Tierra del Fuego nicht zulassen, deswegen fordern wir vom Gouverneur Carlos Manfredotti die Aufhebung des Gesetzes“, schließt die Sprecherin der Gewerkschaft.

URUGUAY

Kampagne für die Straflosigkeit von Komplizen der Diktatur

(Montevideo, 5. April 2003, comcosur). – Die Bestätigung des Urteils gegen den ehemaligen Kanzler aus Diktaturzeiten Juan Carlos Blanco vor dem Berufungsgericht hat die gesamte Partei „Partido Colorado“ in Bewegung versetzt. Blanco wird beschuldigt, Beteiligter am Verschwinden der Lehrerin Elena Quinteros zu sein. Sie wurde 1976 aus den Gärten der Botschaft Venezuelas durch Militäreinheiten entführt und ihr Verbleiben ist bis heute ungeklärt. Damals war Blanco Kanzler. Angesichts der Bestätigung haben Mitglieder seiner Regierungspartei nach rechtlichen Alternativen gesucht, um ihm Straffreiheit zu sichern.

Nach Angaben der Zeitung „La Republica“ will die Regierung dafür sorgen, dass Blanco aus dem Gefängnis entlassen wird, „egal auf welchem Wege“. Es werden mehrere Alternativen erwogen. Ein „Interpretationsgesetz“ zum Amnestiegesetz könnte eingebracht werden, das neben Polizei- und Militärangehörigen auch Zivilisten, die Menschenrechtsverletzungen vor und während der Diktaturzeit begangen haben, berücksichtigt. Man könnte Blanco auch direkt begnadigen oder eine persönliche Amnestie durchführen.

Beteiligte der Liste 15 des Präsidenten Jorge Batlle sagten gegenüber der Zeitung, dass es der beste Weg wäre, den Vorschlag des Abgeordneten Daniel Garcia Pintos anzunehmen. Dieser will besagtes Amnestiegesetz dahingehend interpretieren, dass es die für Militär- und Polizeiangehörige vorgesehene Amnestie auch auf Zivilisten ausdehnt, die an der Diktatur „unter jeglichen Ämtern teilgenommen haben“.

„Mit diesem Projekt bringt man alles mit einem Mal zu Ende“ erklärten die Informanten in direkter Anspielung auf die Tatsache, dass Ex-Präsident Juan Maria Bordaberry ebenfalls ein Prozess droht. Ihm wird die Ermordung von acht kommunistischen Militärs im Jahre 1973 vorgeworfen.

Vizepräsident Luis Hierro (Partido Colorado/Sanguinettismo) tritt als Sprecher der Kampagne für die Straflosigkeit von Zivilisten auf. Das ist nur allzu logisch, da eine sehr große Mehrheit der Komplizen der Diktatur seiner Partei angehören.

In einem Interview von CX 14 Radio El Expectador gab er vor, eine sichere Verteidigung zu schaffen, um zu vermeiden, dass sich „Fehler“ wie der Fall von Blanco wiederholten. „Meine Sichtweise ist“, sagte er, dass, „auf welchem Wege auch immer, das Land nicht wieder in die Etappe der Überprüfungen eintreten kann.“ Er sei bereit, „diese politische Position in allen Teilen zu verteidigen, in den eindeutigsten und anspruchsvollsten politischen Begriffen, weil ich glaube, dass wir dabei sind, einen schweren Fehler zu begehen.“ Es habe sich „leider ein längst abgeschlossen Kapitel geöffnet. Man darf es nicht öffnen, weil es sonst dem Land und allem, was wir bis zur heutigen Zeit erreicht haben, Schaden zufügen wird.“

IWF fordert Umschuldung

(Montevideo, 12.April 2003, comcosur-poonal).- Der internationale Währungsfonds (IWF) wies die uruguayischen Schuldner darauf hin, dass die Organisation ihre Unterstützung für das Land einstellen werde, sollte der von der Regierung des Präsidenten Jorge Batlle vorangetriebene Prozess einer „freiwilligen Umstrukturierung“ nicht umgesetzt werde.

Dies bedeutet, wenn das Land auch nur einen Peso erhalten will, muss es die Einnahme ihres Kapitals in Höhe von 5,235 Milliarden US-Dollar um fünf Jahre verschieben. Der IWF stellt so klar, dass er nicht bereit ist, Geld zurückzuzahlen, welches dann bei den Gläubigern landet, die ihre fälligen Gelder kassieren. Und wenn der IWF dieses Geld nicht einbringt, kann Uruguay nicht eine Schuld bezahlen.

Der geschäftsführende Direktor des IWF Horst Köhler wies gestern in einer Botschaft an die Mitglieder der Finanzgemeinschaft darauf hin, dass der Erfolg der Umschuldung Uruguays von der Fortsetzung der Rückzahlungen der Organisation abhänge. Köhler erklärte, dass die Regierung Uruguays mit dieser Umschuldung das Ziel verfolge, „genügend Bargeld zu erhalten, um alle alten Finanzierungsprobleme in den nächsten zwei oder drei Jahren zu beseitigen“ und „mittelfristig eine tragbare Schuld zu erreichen“.

„Für eine erfolgreiche Umschuldung braucht man eine hohe Beteiligung, damit das Programm funktioniert und die nächste Revision vollständig ist. Außerdem ist die Unterstützung der Finanzgemeinschaft und Investitionen von privater Seite und von Institutionen für den Erfolg des Programms unerlässlich“, betonte er.

Gleichzeitig lobte Köhler das diesjährige Wirtschaftsprogramm der uruguayischen Regierung und versicherte, es enthalte „fortwährende makroökonomische Anpassungen und Strukturreformen, welche die Bedingungen für eine Erholung des Wachstums und eine gute Außenposition schaffen“.

„Die Behörden kommen mit ihrer Reform des Bankensystems gut voran und führen auch andere Strukturreformen durch, um das produktive Potential ihrer Wirtschaft zu verbessern“, erklärte er weiterhin. Auch der Präsident der Interamerikanischen Entwicklungsbank BID (Banco Interamericano de Desarollo) Enrique Iglesias unterstützt das Programm Uruguays. In einer Mitteilung äußerte er: “ Wir sind sicher, dass die in Übereinstimmung mit dem IWF begonnene Politik und die gewährte Unterstützung der internationalen Finanzorganisationen den geeigneten Rahmen für eine Reaktivierung und Erhaltung des Wirtschaftswachstums in Uruguay schaffen werden.“

ECUADOR

Gutiérrez auf dem explosiven Weg des IWF

(Quito, 25. März 2003, adital).- Die Unterzeichnung einer Vereinbarung mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) eröffnet gleichzeitig ein Szenario der Ungewissheit bezüglich der Durchführbarkeit der Abmachung. Basierend auf einer Erklärung des Finanzministers Maurizio Puzo soll dessen Behörde in den kommenden 13 Monaten Kredite in Höhe von 205 Millionen US-Dollar vom IWF erhalten.

Eine der Verpflichtungen, die Regierungschef Lucio Gutiérrez eingehen wollte, wurde vom Kongress zurückgewiesen. Sie betraf einen Gesetzesvorschlag bzgl. Zollüberschreitungen, durch die die Zinsertragssteuer um jährlich mehr als eine Milliarde US-Dollar umgangen worden wäre. Das Scheitern hat nun die Interessenskonflikte im Kongress zu Tage gefördert und die politische Unfähigkeit der Regierung in der Gesetzgebung bewiesen. Thomas Pohl von der Dresdner Bank Lateinamerika bemerkte zu dem Vorfall: “ Es ist möglich, dass die Übereinkunft noch dieses Jahr scheitert, wenn die Regierung nicht sofort versucht, die Mehrheit im Parlament zu erlangen.“

Dora Currea, Vertreterin der Interamerikanischen Entwicklungsbank (BID), hat ihre Zufriedenheit über die Ausrichtung der Regierung an die Strategie des IWF nicht verleugnet. „Die Regierung ist in gewisser Weise dabei zu lernen, Politik zu machen, obwohl der Präsident dies ohne Zweifel schnell tut.“ Gleichzeitig besteht sie darauf, dass die Erfüllung der Vereinbarung von der Fähigkeit des Präsidenten abhängt, auf die Abgeordneten zuzugehen.

Die aktuelle Mehrheit wurde am 5. Januar diesen Jahres gebildet. Sie unterliegt der Kontrolle der Allianz zwischen der Sozialchristlichen Partei der Rechten und der Linken Demokraten (Sozialdemokraten), um zu verhindern, dass sich eine regierungsnahe Mehrheit konsolidiert. Geführt wird die Regierung aber von Gutiérrez und dem politischen Arm Pachakutik der linken Indigena-Organisation Connaie.

Indígena-Widerstand gegen Erdölförderung

(La Paz, 26. März 2003, na).- Die amazonische Kichwa-Gemeinde Sarayaku, die am Ufer des Flusses Bobonaza in der Provinz Pastaza lebt, hat beschlossen, um jeden Preis die Erdölförderaktivitäten in den Gebieten ihrer Vorfahren zu verhindern.

Der Konflikt, der sich seit November zugespitzt hat, begann schon 1996, als die ecuadorianische Regierung die Territorien zur Erdölexploration und Erdölförderung im Block 23 freigab, ohne die Eigentumstitel der Einheimischen zu respektieren. Diese Titel hatten die Indígenas vier Jahre zuvor in Erfüllung aller legalen Anforderungen erworben. Der Block 23, der der Brennstofffirma CGC (Companía General de Combustibles ), einem argentinischen Tochterunternehmen des US-amerikanischen Konsortiums Texaco-Chevron, zugesprochen worden war, schließt die Gemeinde Sarayaku ein.

Die ecuadorianische Verfassung garantiert die kollektiven Rechte indigener Völker. Dazu gehört das territoriale Anrecht auf traditionelle Gemeinschaftsländereien und seine entgeldfreie Zuerkennung entsprechend dem Gesetz. Den Kichwas war es gemeinsam mit anderen Shuar- und Achuar- Gemeinden der Region 1992 gelungen, die territoriale Zuteilung von 254 000 ha Primärwald zu erlangen. Das ecuadorianische Institut für Agrarreform und Kolonisierung IERAC (Instituto Ecuatoriano de Reforma Agraria y Colonización) sprach ihnen damals die Titel zu.

Sarayaku stellt eine der historischen Kichwa-Siedlungen mit der höchsten Bevölkerungsdichte und der größten territorialer Ausdehnung im ecuadorianischen Amazonasgebiet dar. Sie ist in einer Assoziation von sechs Gemeinden mit einer Bevölkerung von 1.500 Einwohner*innen organisiert.

„Die Zuerkennung von indigenen Territorien an Konzerne hat die Rechte des Volkes der Sarayaku verletzt, da die notwendige Konsultation der Gemeinden nicht stattgefunden haben. Durch diese Umfragen hätte man erfahren können, ob die Gemeinden den Eintritt der Erdölfirmen in ihr Land autorisieren“, erklärt Patricio Benalcázar, Präsident der regionalen Menschenrechtsorganisation INREDH (Fundación Regional de Asesoría en Derechos Humanos ).

Dies ist der jüngste Fall einer Serie von Konflikten mit Erdölfirmen in den letzten Jahren, die auf den fehlenden Respekt der territorialen Rechte indigener Völker zurückgehen. Die Firma Texaco war auf die Zahlung von einer Milliarde US-Dollar verklagt worden, da sie zwischen 1964 und 1992 16 Millionen Gallonen Rohöl und 20 Milliarden Gallonen kontaminierter Abwässer im amazonischen Regenwald hatten auslaufen lassen. Die Klage wird noch immer in ecuadorianischen Gerichten verhandelt. Ebenso haben sich die amazonischen Völker Achuar und Shuar mit der US-amerikanischen Erdölfirma ARCO angelegt und sie 1999 gezwungen, nicht an den legitimen Repräsentant*innen der indigenen Gemeinden vorbei zu verhandeln. In einem weiteren Verfahren wurde die US-amerikanische Erdölfirma Occidental Exploration and Production Company dazu gebracht, einen code of conduct im Umgang mit Indígenas einzuhalten.

BOLIVIEN

Jährlich 62 Millionen US-Dollar Verlust wegen Flussverschmutzung

(La Paz, 14. April 2003, adital).- Die Bergbauindustrie verursacht Millionenschäden an der Natur. Jedes Jahr rechnet man im Süden Boliviens durch die bedrohliche Verschmutzung des Pilcomayo mit Verlusten von über 62 Millionen US-Dollar, meldete die Liga zur Verteidigung der Umwelt (LIDEMA).

„Das Ministerium für nachhaltige Entwicklung sowie die zuständige Umweltbehörde schätzte in einem Bericht, dass die durch die Bergbautechnik in Potosi provozierten Schäden der genannten Summe für die Gebiete von Potosi, Chuquisaca und Tarija entsprechen. Auf der anderen Seite trägt die Bergbauindustrie nicht sichtlich zur Schatzkammer des Staates bei“, bestätigt eine Erhebung von LIDEMA.

Die Verschmutzung hat den Pilcomayo tödlich verletzt. Der Fluss mündet in Argentinien und Paraguay und entspringt in der Cordillera de los Frailes im Gebiet von Potosi. Er durchläuft auf bolivianischem Territorium Chuquisaca, El Chaco, Tarija und Villamontes.

Die Meldung von LIDEMA weist darauf hin, dass „ein hoher Stand von Wasserverschmutzung des Pilcomayo existiert, hauptsächlich verursacht durch Leimabfälle der Bergbautechnik, die ohne Umweltmanifest arbeiten. Diese Situation verschärfe sich mit jedem Tag, weil die Behörden und „der zuständige Regierungsorganismus kein Umweltgesetz verabschieden und es auch nicht vorhaben.“

BRASILIEN

Biopiraterie schwer zu bekämpfen

(Brasilia, 11. April 2003, adital).- Das Amazonasgebiet ist eine der artenreichsten Regionen Brasiliens. Weite Teile sind immer noch unerforscht und unentdeckt, sie sind also ein weißer Fleck auf der Landkarte der Industrie, die Interessen an den genetischen Informationen der Pflanzen und Tiere hat. Die illegale Ausbeutung der natürlichen Ressourcen, der Tiere, der Samen und der Pflanzen der brasilianischen Wälder und die Aneignung und Monopolisierung des traditionellen Wissens der Urwaldvölker mit dem Ziel wirtschaftlichen Gewinns wird als Biopiraterie bezeichnet.

Der letzte Fall von Biopiraterie im Amazonasgebiet am 17. Februar erzeugte wegen seiner technologischen Neuheit der angewandten Methoden besondere Aufmerksamkeit. Die beiden Deutschen Tino Hummel, 33, und Dirk Helmut Reinecke, 44, wurden am Flughafen von Manaus verhaftet, als sie versucht hatten, mit Amazonasfischen auszureisen, deren Export verboten ist. Sie hatten sechs Kisten mit einer speziellen, in Brasilien bisher unbekannten Aluminiumlegierung beschichtet, in denen sie die verschiedenen Fischarten transportierten. Damit wurde erreicht, dass die Detektoren am Flughafen das Material nicht erkannten. Die Entdeckung machte die Bundespolizei, die von der Menge des Gepäcks der beiden befremdet war und beim Öffnen der Kisten 280 Fische 18 unterschiedlicher Arten entdeckte.

„Einige dieser Tiere waren nicht einmal katalogisiert „, erklärt einer der Polizisten. Die Deutschen wurden unter der Anschuldigung der Biopiraterie und des Schmuggels gefangen genommen, da es in den Kisten drei Fischsorten gab, die nur mit der Genehmigung des Brasilianischen Instituts für Umwelt und erneuerbare Ressourcen IBAMA in Umlauf gebracht werden können. José Barroso, der Regionalleiter von IBAMA, meint, dass es schwierig sei, die Biopiraterie zu bekämpfen, da sehr subtil agiert würde und die technologischen Mittel der Biopiraten die des Instituts überträfen: „Weder die Mitarbeiter noch die Technologie, die dem IBAMA zur Verfügung stehen, sind ausreichend“.

Efrem Ferreira, der Forschungs-Koordinator des Staatlichen Instituts für die Erforschung des Amazonasgebiets (INPA), erklärte, dass ein anderes Problem die große Menge an Zierfischen sei, die legal über das IBAMA exportiert werden. „Vom IBAMA gibt es ein Gesetz, dass den Export einiger Fischarten erlaubt. Allerdings gibt es keinen Experten auf der Welt, der in einem Plastikbeutel vom Augenschein her identifizieren könnte, welche Zierfischarten sich darin befinden,“ erläuterte er weiter.

Der Kampf gegen die Biopiraterie wird direkt vom IBAMA, das über polizeihoheitliche Rechte verfügt, und von der Bundespolizei geführt. Bei einigen Aktionen werden diese von der Brasilianischen Flughafenverwaltungsgesellschaft Infraero unterstützt. „Selbst wenn wir bei der Verfolgung alle Leute, die wir haben, einsetzen würden, hätten wir noch Probleme,“ sagt er. Um das Material zu transportieren, für das sich die Pharmaindustrie interessiert, braucht man kein großes Gepäck.

Ein weiteres Problem Brasiliens ist die lange Grenze zu seinen Nachbarländern. Barroso bereiste kürzlich die Grenzgebiete zu Peru, Kolumbien und jene im Bundesstaat Amazonas. Er berichtete, dass er Tage unterwegs war, ohne einem Menschen zu begegnen. „Das öffnet Möglichkeiten für jeglichen Biopiraten, ins Amazonasgebiet zu kommen und Boden-, Mineral- und botanische sowie zoologische Proben zu nehmen und wieder ohne Probleme zu gehen.“

Für den INPA-Koordinator Ferreira kann nur das Wissen über die brasilianische Artenvielfalt die Biopiraten stoppen. „Das Amazonasgebiet ist nicht nur Brasilien, auch wenn dieses Land den größten Teil beherbergt. Die Tiere respektieren keine Grenzen“. Große Teile der Flora und Fauna, die in Brasilien gefunden werden, existieren ebenso in Peru, Bolivien und Guyana.

„Also, wenn wir unsere Biodiversität nicht erforschen, wenn kein Geld investiert wird, um zu erkennen, was wir haben, werden die entwickelten Länder mit Unterstützung der Länder, die eine ähnliche Artenvielfalt haben, reinkommen, und sich Zugang zu diesen Informationen verschaffen. Das ist die Wahrheit. Es wird kein Gesetz geben, das unser Problem lösen wird. Das kann nur das Wissen erreichen.“

PERU

Schulbildung für Kinderarbeitskräfte

(Montevideo, 10. April 2003, púlsar).- Die Internationale Organisation für Arbeit und die Vereinigung für Soziale Kommunikation „Calandria“ in Peru eröffneten die landesweite Kampagne „Schulbildung für Mädchen, die im Haushalt arbeiten“. Hauptziel der Kampagne ist es, den mehr als 110 000 Kinderarbeitskräften in Peru den Zugang zur Schulbildung zu erleichtern.

Schätzungen zufolge gehen 43 Prozent der Kinder, die in Haushalten angestellt sind, nicht zur Schule. Als Teil der Kampagne wurden peruanische Journalisten aufgerufen, sich am Reportage-Wettbewerb „Auf der Suche nach einem Lächeln“ zu beteiligen, dessen Ziel es ist, die Bevölkerung über die Bedeutung eines Zugangs zu Bildungseinrichtungen für die Kinder und Jugendlichen aufzuklären.

Die Kampagne wird u.a. vom Bildungsministerium, dem Arbeitsministerium, Unicef, Save the Children, Marcha global, dem Centro Bartolomé de las Casas in Cusco und der Vereinigung Frau und Familie in Cajamarca unterstützt.

LATEINAMERIKA

Die Aussichten der Nachkriegsordnung sind nicht sehr ermutigend.

Von Cecilia Remón

(Lima, 9. April 2003, na).- „Wir stehen einer Neuordnung unseres Planeten gegenüber, die nicht auf diplomatischen Koordinaten oder Verhandlungen zwischen Ländern basiert, sondern viel mehr auf dem alleinigen Gebrauch von Gewalt“, behauptet der peruanische Ökonom Humberto Campodónico. Die Angst, die USA könnten mit wirtschaftlichen Sanktionen reagieren, habe einige zentralamerikanische Staaten dazu veranlasst, den US-Angriff auf den Irak zu unterstützen. Vertreter*innen von El Salvador, Honduras, Nicaragua und Panamá erklärten am 18. März, dass nun „der endgültige Zeitpunkt gekommen sei, an dem der Irak sich zu entwaffnen hat“.

Das gemeinsame Kommunique wurde im Rahmen der Ordnung der Zentralamerikanischen Integration, zu der auch Belize, Costa Rica und Guatemala gehören, veröffentlicht. Andere multilaterale Zusammenschlüsse, politische und ökonomische, wie die Andengemeinschaft und der gemeinsame südliche Markt (MERCOSUR) haben dies wiederum nicht gefordert.

Für den peruanischen Analytiker Alejandro Deustua führt die Unfähigkeit Lateinamerikas, zu einer gemeinsamen Position gegenüber dem Angriff auf den Irak zu gelangen, zu einer Verstärkung der bilateralen Beziehungen zwischen den Staaten Lateinamerikas und den USA. „Es handelt sich hier um einen entscheidenden Moment für Lateinamerika. Die Positionen zwischen den Ländern sind sehr unterschiedlich und deswegen werden in den Verhandlungen die eigenen Interessen in den Vordergrund gestellt. Das heißt, dass von jetzt ab der Pragmatismus in ökonomischen und politischen Beziehungen überwiegen wird“, sagte er.

Im Nachkriegsszenario, so die Analytiker, wird die Politik strategisch neu ausgerichtet. „Es gibt Länder, die wahrscheinlich Sicherheitsangelegenheiten in den Vordergrund stellen werden, wie Kolumbien, Bolivien und Peru. Andere, wie Chile, stellen den bilateralen Handel in den Vordergrund“, meint Deustua. Durch diese Orientierung, so nimmt Campodónico an, läuft die Andenregion Gefahr, sich in eine militarisierte Zone der Region zu verwandeln. Die Grundlage der Beziehungen von Bolivien, Kolumbien und Peru zu den USA wird der Kampf gegen die Drogen sein, und es existiert bereits die Tendenz, das Problem aus einer militärischen Perspektive anzugehen.

„Die Perspektive der Länder“ so Campodónico, „wird die Verstärkung der Militarisierung der Beziehungen sein, vor allem in Bezug auf den Anbau und die Produzenten von Kokablätter, bei denen die USA darauf bestehen, sie als Drogenpflanze zu definieren“. Die nachdrückliche Beseitigung und das Verbot der Anpflanzungen seien ein Ausdruck der verhängnisvollen Politik im Kampf gegen Drogen, wie sie von den USA in den Andenländern etabliert wurde.

Darüber hinaus, so Deustua, wird die Besatzung des Iraks für die USA immense Kosten verursachen. „Es werden enorme Mittel für den Wiederaufbau eingesetzt werden müssen. Dadurch wird sich die Zusammenarbeit der Vereinigten Staaten mit Lateinamerika verringern“, so seine Meinung.

Dazu wird die Nachkriegsrezession kommen, unter der Europa und die USA leiden werden. „Die Perspektiven für Exporte werden sich für die lateinamerikanischen Länder nicht verbessern, insbesondere für den produzierenden Sektor“, so Campodónico. „Dies wird zweifellos das wirtschaftliche Wachstum der Region betreffen. Die Weltbank und die Interamerikanische Bank für Entwicklung (BID) haben ein Wirtschaftswachstum von 2,5 bis 3 Prozent vorhergesagt. Diese Berechnung könnte nach unten korrigiert werden.“

Auch für Zentralamerika wird dies schwerwiegende Konsequenzen haben, weil die „USA der wesentliche Handelspartner der Kontinentalenge ist“, wie Enrique Bru, der Direktor der Internationalen Organisation für Arbeit (ILO) für Zentralamerika, darlegt. Fast 60 Prozent der zentralamerikanischen Exporte fließen in die Vereinigten Staaten.

Für den mexikanischen Ökonom Fidel Aroche könnte ein Ausweg aus der Situation in der Verstärkung der eigenen Märkte und des regionalen Handels liegen. „Das könnte bereits spontan in einigen Ländern mit eigenen Absatzmärkten und kleinen und lokalen Produzent*innen geschehen“, gab er an. Die Perspektive dagegen, sich zu Blöcken zusammen zu schließen und sich auf eine gemeinsame Linie gegenüber den USA bezüglich der Verhandlungen für die gemeinsame Freihandelszone ALCA zu einigen, sei praktisch nicht möglich.

  

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