Poonal Nr. 558

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 4. Februar 2003

Inhalt


MEXIKO

VENEZUELA

PARAGUAY

EL SALVADOR

GUATEMALA

PANAMA

ARGENTINIEN

NICARAGUA

BRASILIEN


MEXIKO

Bauern demonstrieren gegen Freihandelsabkommen TLCAN

(Mexiko-Stadt, 2. Februar 2003, poonal).- Rund 100 000 Menschen, vor allem aus den ländlichen Gebieten, demonstrierten am vergangenen Freitag (31.1.) in Mexiko-Stadt gegen das Nordamerikanische Freihandelsabkommen TLCAN (Tratado de Libre Commercio de América del Norte). Auch zahlreiche Gewerkschafter schlossen sich der Bauerndemonstration an, die am Zocalo, dem zentralen Platz der Stadt, endete.

Mexikos Präsident Vicente Fox habe jetzt zum letzten Mal die Möglichkeit, zu zeigen, dass er Interesse an der Lösung der Probleme der mexikanischen Landwirtschaft habe, erklärten die mobilisierenden Organisationen „El campo no aguanta más“ (das Land hält nicht mehr aus), „El Barzón“ und „Congreso Agrario Permanente“ (Ständiger Agrarkongress). Von Fox fordern sie, einen Dialog einzuberufen, an dem soziale Organisationen sowie die exekutiven und die legislativen Mächte eine neue nationale Vereinbarung im Agrarbereich schaffen.

Der TLCAN trat am 1. Januar 1994 in Kraft und gilt als Vorstufe des geplanten gesamtamerikanischen Freihandelsabkommens Alca. Am 1. Januar dieses Jahres bekam eine weitere Stufe des TLCAN Gültigkeit, nach der nun fast alle landwirtschaftlichen Produkte zollfrei nach Mexiko eingeführt werden können. Seit Monaten gehen deshalb zahlreiche Bauernorganisationen auf die Straßen. Sie fordern Nachverhandlungen insbesondere im Agrarbereich, da sie befürchten, dass der heimische Markt angesichts einer Schwemme von Billigprodukten aus dem Norden niederkonkurriert und zerstört wird.

VENEZUELA

Chávez für lateinamerikanische OPEC und Währungfonds

(Porto Alegre, 27. Januar 2003, adital-poonal).- Die Gründung eines lateinamerikanischen Währungsfonds sowie einer Organisation der Erdöl fördernden Länder (OPEC); so lauteten die Vorschläge des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez bei seinem Besuch am 26. Januar in Porto Alegre. Er brachte diese Anregungen während einer Befragung im Rahmen der Hauptversammlung des Parlaments des Bundesstaates Rio Grande do Sul zum Ausdruck.

Seinen Vorschlag verstand er als Ergänzung der Rede des brasilianischen Präsidenten Luis Inácio Lula da Silva vor dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Dieser kritisierte die internationalen Finanzinstitutionen wie die Weltbank und den Weltwirtschaftsfond (IWF), die seiner Meinung nach ihrer soziale Aufgabe, der Unterstützung der armen Länder, nicht nachkommen.

Die Petroaméricana wäre eine lateinamerikanische OPEC, erklärte Chávez weiter. Sie bedeute die Zusammenführung der Erdölunternehmen wie Petrobrás (Brasilien), PDVSA (Venezuela), Petroequador (Equador), Petrotrinidad (Trinidad) und YPF (Argentinien). Eine solche Institution könnte den Ausbruch Lateinamerikas aus der derzeitigen Weltwirtschaftsordnung bedeuten.

Die zwölf lateinamerikanischen Präsidenten müssten in ihren politischen Positionen übereinkommen, um so die Nabelschnur, die sie mit dem IWF verbände, zu durchtrennen und der Abhängigkeit zu entkommen. Chávez regte zudem die Gründung eines regionalen Fonds zur Lösung gemeinsamer sozialer Probleme an. Dieser könnte durch Beiträge der Länder unterhalten werden.

PARAGUAY

Präsident droht Amtsenthebung

(Montevideo, 24. Januar 2003, comcosur-poonal).- Paraguays Präsident Luis González Macchi wurde diese Woche vor dem Untersuchungsausschuss des Kongresses formal angeklagt. Die Vorwürfe: Korruption, Amtsmissbrauch und schlechte Amtsführung.

Der oppositionelle Abgeordnete Rafael Filizzola sagte, dass jeder einzelne dieser Vorwürfe schon Grund für eine Amtsenthebung sei. „Alle Anklagepunkte zusammen sind einschlägige Zeugnisse des Unglücks, die seine Regierung für unser Land bedeutet.“ Den Anschuldigungen zufolge soll Macchi 16 Millionen US-Dollar auf Konten in den Vereinigten Staaten abgezweigt und sich geweigert haben, Rechenschaft über geheimgehaltene Ausgaben abzulegen. Darüber hinaus vermutet man Unregelmäßigkeiten im Zuge der misslungenen Privatisierung der lokalen Telefongesellschaft, und auch mit der Entführung zweier linker Aktivisten wird der Staatschef in Verbindung gebracht.

In der Anklage wird erklärt, dass die Veruntreuung öffentlicher Mittel ein eindeutig illegaler Vorgang sei, in den auch hohe Funktionäre verwickelt seien, die in einigen Fällen dem Präsidenten sehr nahe stünden. Auch existierten Beweise, nach denen in diese Vorgänge Familienangehörige des Präsidenten einbezogen waren.

Der Präsident selbst gibt sich relativ gelassen. Laut Aussage seiner politischen Freunde könne die Opposition nicht mit den für eine Amtsenthebung nötigen Stimmen rechnen. Sie benötigt hierfür das Votum von mindestens 30 der 45 Mitglieder des Senates. Hingegen könne die Regierung wohl mit den 16 Stimmen rechnen, die für eine Abweisung der Amtsenthebung erforderlich sind.

González Macchi übernahm die Präsidentschaft im März 1999 nach dem Mord an dem Vizepräsidenten Luis María Argaña und dem darauffolgenden Rücktritt des damaligen Präsidenten Raúl Cubas.

EL SALVADOR

Ärzte setzen Streik gegen die Privatisierung der Sozialversicherung fort

Von Edgardo Ayala

(San Salvador, 29. Januar 2003, na-poonal).- Die Regierung und die Ärztekammer bleiben von einer Lösung des Konfliktes im Gesundheitssystems weit entfernt. Beide Parteien streiten seit vier Monaten über die Pläne des Präsidenten Francisco Flores, das soziale Sicherungssystem zu privatisieren. Der Protest der Ärzteschaft legte wichtige Krankenhäuser des Landes lahm. Tausende blieben ohne Zugang zur Gesundheitsversorgung.

Der Streik im Gesundheitswesen begann am 18. September, als die Ärzte und Mitarbeiter des salvadorianischen Institutes des Sozialen Sicherungssystems ISSS (Instituto Salvadoreño del Seguro Social) zu einer Arbeitsniederlegung aufriefen. Zuvor waren sie der Gewerkschaft beigetreten. Sie kämpfen gegen die Vorschläge von Flores, ein staatlich-privat gemischtes Gesundheitsvorsorgesystem zu schaffen. Der Präsident kündigte im Juli an, dass es auch private Gesundheitsleistungen für die Versicherten des ISSS geben werde. Momentan stellen die ISSS-Versicherten 20 Prozent der Mitglieder des gesamten staatlichen Systems.

Der Streik hatte unerwartete Nebenwirkungen. Der Bürgermeister San Salvadors Héctor Silva von der Nationalen Befreiungsfront Farabundo Martí FMLN (Frente Farabundo Martí para la Liberación Nacional) bot dem Präsidenten seine Hilfe als Vermittler an. Dies war eine Überraschung, da Flores die Macht mit der Unterstützung der Nationalistischen Republikanischen Allianz ARENA (Alianza Republicana Nacionalista) gewonnen hatte. Eine radikale Gruppe der FMLN reagierte wütend und alte Dispute zwischen ihnen und dem Bürgermeister wurden neu entzündet. Schließlich musste Silva seine Kandidatur für ein drittes Mandat bei den im kommenden März anstehenden Wahlen abgeben. Die Frente nominierte in letzter Minute einen neuen Kandidaten.

Die Streikenden erreichten ihren ersten Sieg, als das Parlament am 17. Oktober die Verordnung 1024 mit einem expliziten Verbot der Privatisierung des Sozialen Sicherungssystems erließ. Die Ärzte jubelten, aber die renommiertesten Unternehmer reagierten empört. Der Paragraph Nummer fünf dieses Gesetzes bedeutete für sie, dass alle Verträge zwischen der Verwaltung des ISSS und den privaten Unternehmen ab dem 1. Januar 2003 ungültig wären. Mehrere Firmen, unter anderen Wäschereien, Abfallentsorger und Essenslieferanten, aber auch private Geburts- und Spezialkliniken legten Widerspruch beim höchsten Gericht des Landes ein.

Am 14. November ratifizierte das Parlament die Verordnung 1024, aber der Streik wurde fortgesetzt. Die Ärzte hatten noch ökonomische Forderungen. Sie verlangten unter anderem die Bezahlung der Monate, in denen sie nicht gearbeitet hatten. Mit diesen Bedingungen verloren sie aber offensichtlich die Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung. „Am Anfang dachte ich, dass der Kampf der Mediziner gerecht sei, aber jetzt sehe ich das nicht mehr unbedingt so“, sagte Estela Márquez, die ungeduldig in dem Wartesaal der chirurgischen Klinik wartet.

Der Druck der privaten Unternehmer wurde am 9. Dezember belohnt, als das Tribunal für die Rechtmäßigkeit des obersten Gerichtes den Artikel fünf der Verordnung 1024 als rechtswidrig erklärte. Das bedeutet, dass die Verträge zwischen den Gesundheitseinrichtungen und den privaten Firmen nun doch Gültigkeit erhalten. Aufgrund dieser Ereignisse beschlossen die Ärzte, den Streik fortzusetzen.

Die Regierung untersagte den Ärzten die Lohnfortzahlung der Monate, in denen sie nicht gearbeitet hatten. Aber sie hatte jedem Arzt 1.500 US-Dollar angeboten, der vor dem 31. Dezember 2002 zu seiner Arbeit zurückkehrte. Die Streikenden lehnten den Vorschlag ab. Seitdem sind die Verhandlungen zum Stillstand gekommen.

Der Bischof von San Salvador Monsignore Gregorio Rosa Chávez vermittelte zwischen der Regierung und den Medizinern. Er beurteilte die Entscheidung der Regierung, Polizisten in die Krankenhäuser zu schicken, um die Versorgung der Patienten zu sichern, als Kriegs- und nicht als Friedenserklärung. „Das hilft nicht bei der Konfliktlösung“, fügte er hinzu.

Die katholische Universität Centroamericana José Simeón Cañas (UCA) veröffentlichte eine Pressemitteilung, in der sie die Parteien zur Vernunft aufrief. Des weiteren erklärte sie, dass sich der einzige Weg, eine Lösung zu finden, auf drei Punkte stützen müsse. Erstens müsse garantiert werden, dass die Gesundheitsversorgung staatlich bleibe. Zweitens sollten die Ärzte am Ende des Streikes keine Strafe erhalten, und schließlich müsse ein Plan aufgestellt werden, der eine Debatte eröffne, um die notwendigen Reformen des Gesundheitssystems voranzutreiben.

GUATEMALA

Attentat auf Radiosender verurteilt

(Guatemala, 28.Januar 2002, cerigua-poonal).- Die Kommission für Pressefreiheit der Journalistenvereinigung Guatemalas APG (Asociación de Periodistas de Guatemala) verurteilte das Attentat, das auf den Radiosender „Pop 95 FM“ verübt wurde. Außerdem kritisierte das Gremium die ständigen Morddrohungen und Einschüchterungen, denen einige der Mitarbeiter ausgesetzt sind.

Nach einer von der Pressevereinigung herausgegebenen Mitteilung sabotierten einige unbekannte Personen die Sendeanlage der lokalen Radiostation, die sich in dem Bezirk Chimaltenango befindet. Die Leiterin des Radiosenders Concepción Cojón brachte dies mit Meldungen in Zusammenhang, die durch den Sender verbreitet worden waren.

Die Kommission wies darauf hin, dass über das Radio verschiedene Unregelmäßigkeiten in der öffentlichen Verwaltung publik gemacht worden seien. Außerdem sei dort die Nichteinhaltung der Friedensverträge, die politischen Manipulationen durch die Regierungspartei und das Wiederaufleben der Zivilen Selbstverteidigungspatrouillen PAC (Patrullas de Autodefensa Civil) kritisiert worden.

Das neuerliche Attentat kommt zu den Morddrohungen und Einschüchterungen hinzu, denen mehrere Reporter ausgesetzt sind. Diese Situation war die Ursache für die Schließung des Informationsprogramms „Radioperiódico Vanguardia“.

In der Mitteilung der Vereinigung zum Schutz der Pressefreiheit in Guatemala wird versichert, dass die begangenen Aktionen gegen das Personal und die Einrichtungen von Radio Pop 95.1 eine klare Verletzung des Gesetzes zur freien Meinungsäußerung darstellten. Wegen der Schwere der Taten forderte die Kommission eine unverzügliche Ermittlung durch die Justizbehörden.

Durch diese Aktionen würde erneut versucht, die Wahrnehmung des Rechts auf freie Meinungsäußerung einzuschränken, genauso wie es in der Vergangenheit von den Gegnern des Aufbaus von Frieden und Demokratie im Land getan worden sei, ergänzte die Kommission für Pressefreiheit APG.

Die Vereinigung forderte die Regierung und die entsprechenden Behörden auf, ihre Verpflichtung zu erfüllen, die Verantwortlichen dieser Taten zu ermitteln und sie entsprechend zu bestrafen. Weiterhin bat er um die Solidarität nationaler und internationaler Organisationen zur Verteidigung der freien Meinungsäußerung.

Uno will Garantien für Zeugen im Gerardi-Verfahren

(Montevideo 24. Januar 2003, comcosur-poonal).- Die Aufklärungsmission der Vereinten Nation für Guatemala erbat Schutz für die Personen, die mit der Aufklärung des Mordes an Bischof Juan Gerardi 1998 in Zusammenhang stehen. In diesem Sinne forderte das Menschenrechtsbüro des Erzbischofs in Guatemala die Aufklärung des Mordes an dem Zeugen Noe Gomez. Das Opfer hatte gegen drei Soldaten ausgesagt, die wegen des Verbrechens an Gerardi angeklagt waren.

Die UNO-Mission erklärte, dass „das Opfer ebenso wie einige seiner Familienangehörigen Einschüchterungen von unbekannten Personen erlitten habe. Unter gegebenen Umständen… lassen wir den Raub als Motiv des Verbrechens beiseite, da es bedeutende Indizien gibt, die zeigen, dass es sich um eine außergerichtliche Exekution handelte.“

Bischof Gerardi wurde am 19. Dezember mit drei Kopfschüssen in seinem Haus ermordet. Dies geschah wenige Stunden, nachdem ein Bericht über die „Rückkehr des Historischen Gedächtnisses“ präsentiert wurde. In dem Bericht wurde eine genaue Schilderung über vielfältige Menschenrechtsverletzungen während des Bürgerkrieges veröffentlicht, die in der Mehrheit dem Militär und paramilitärischen Einheiten zugeschrieben werden.

Lehrerproteste zeigen erste Erfolge

(Guatemala-Stadt, 30. Januar 2003, cerigua-poonal).- Die große Protestveranstaltung der nationalen Lehrervereinigung Magisterio Nacional, der „große Marsch für die Würde“, ging am vergangenen Mittwoch mit dem Versprechen zu Ende, dass ein Gesetzesabkommen unterzeichnet werden sollte. Dies wurde von verschiedenen Sektoren als ein Erfolg des Gremiums gewertet.

Laut Pressemitteilungen vereinbarten die Vertreter der Lehrervereinigung und die Abgeordneten nach ungefähr vierstündigen Verhandlungen ein Gesetzesabkommen mit der Forderung an die Exekutive, die Verhandlungen über das Budget des Bildungsressorts wieder aufzunehmen.

Einer weiteren Übereinkunft zufolge soll der Präsident der Republik eine hochrangige Kommission mit den Bildungs-, Finanz-, Arbeits-, und Innenministern und sieben Vertretern der Lehrervereinigung, einem Vertreter der Einheit der Gewerkschafts- und Volksbewegungen UASP (Unidad de Acción Sindical y Popular) sowie einem Vermittler der katholischen Kirche ins Leben rufen. Diese soll den öffentlichen Protesten ein Ende setzen und die Aufhebung der vom Bildungsministerium angekündigten Sanktionen erwirken.

Bezüglich der Sanktionen kündigte der Bildungsminister Mario Torres während des Treffens der Lehrer mit den Regierungsvertretern im nationalen Fernsehsender an, dass er den Lehrern eine Frist von 24 Stunden gewährt habe, innerhalb derer sie ihre Arbeit wieder aufnehmen sollten. Andernfalls würde er eine Dienstenthebung für diejenigen veranlassen, die nicht auf ihren Posten seien. Zudem werde das Schuljahr verlängert.

Außerdem wurde bekannt, dass 2000 Inspektoren und Supervisoren des Arbeits- und Bildungsministeriums mindestens 600 Akten über Lehrer angelegt haben, die nicht an ihren Arbeitsplätzen in den verschiedenen Departements waren. Die abwesenden Tage will man nun von den Gehältern abziehen.

Vergangenen Mittwoch versammelten sich nach Angaben der Führung der guatemaltekischen Lehrervereinigung 55 000 Lehrer des Landes an vier Orten in der Hauptstadt: am Hipódromo del Norte, am Trébol, am Obelisco und an der Puente Belice. Von den jeweiligen Ausgangspunkten aus marschierten sie zur Plaza de la Constitución und forderten dort eine Gehaltserhöhung von 60 Prozent bzw. ein Minimum von 30 Prozent Erhöhung. Zudem legten sie 33 Petitionen zur Verbesserung des Bildungssystems vor.

Auf ihrem Weg brachten die Züge der Lehrer Tausende von Autos und LKW mehr als sechs Stunden lang zum Stillstand. Dennoch war den Lehrern die breite Unterstützung der Fahrer und Fußgänger gewiss, die ihre Sympathie durch Applaudieren, Mitsingen der Parolen und Hupzeichen zum Ausdruck brachten.

Nach der Versammlung im Kongress informierte die Leitung der nationalen Lehrervereinigung, dass sie in permanenter Versammlung bleiben wollten, und zwar so lange, bis die Angebote sich konkretisiert hätten. Der Unterricht würde weiterhin ausgesetzt, bis man zu endgültigen Verhandlungen käme.

PANAMA

Raum für Erinnerung an Verbrechen der Militärdiktatur

(Lima, 29. Januar 2003, na-poonal).- Der Stadtrat von Buenos Aires hat im Dezember 2003 das Institut „Espacio para la Memoria“ – Raum für Erinnerung – geschaffen. Das Institut soll die Erinnerung an die Menschenrechtsverletzungen, die während der Militärdiktatur (1976-1983) begangen wurden, wach halten. Ziel ist „die Konsolidierung des demokratischen Systems, die Achtung der Menschenrechte und die Wahrung der Werte Leben, Freiheit und Menschenwürde“.

Die Zentrale des Instituts wird sich auf dem Grundstück der Mechanikerschule der argentinischen Marine ESMA (Escuela Mecánica de la Armada) befinden. Die ESMA diente während der Militärdiktatur als geheimes Folterzentrum für 5000 Menschen, das nur wenige überlebten. Als Teil des „Projekts der Wiederbelebung der Erinnerung“ werden in Buenos Aires weitere Folterzentren in Museen verwandelt.

ARGENTINIEN

Repression gegen Jugendliche in Mendoza

(Montevideo, 24. Januar 2003, comcosur-poonal).- Kinder, Jugendliche und Heranwachsende sehen sich im Zentrum der Stadt Mendoza Massenverhaftungen durch die Polizei der gleichnamigen Provinz ausgesetzt. Dagegen startete das Zentrum für Rechts- und Sozialstudien CELS (Centro de Estudios Legales y Sociales) nun Aktionen. Die Organisation erklärte, dass der Befehl, gegen Kinder und Jugendliche vorzugehen, die auf öffentlichen Plätzen und Straßen betteln, verfassungswidrig sei und die staatliche Gewalt gegen die Kinder verstärke.

Für das Zentrum findet die Verhaftung Minderjähriger allein aufgrund der Tatsache, dass sie in der Öffentlichkeit betteln ebenso wie ihre Überstellung an die Justiz außerhalb jeder rechtlicher Norm statt. Damit werde auch gegen die UN-Kinderrechtskonvention verstoßen, die ein internationales Menschenrechtsinstrument mit Verfassungsrang ist. Die Konvention legt fest, dass Kindern oder Heranwachsenden ihre Freiheit nur entzogen werden kann, wenn eine Strafanzeige gegen sie vorliegt. Sie verbietet es, ein Kind gesetzwidrig oder willkürlich festzusetzen.

Außerdem merkte die Organisation an, dass Kinder nur im Einklang mit dem Gesetz und als letztes Mittel verhaftet, eingesperrt oder ins Gefängnis geworfen werden dürfen. Der Staat breche nicht nur seine internationalen Verpflichtungen, wenn er ein Kind verhaftet, nur weil es arm ist, sondern auch, wenn seine Politik keine Lösungen anbiete, die die Rechte der Kinder garantierten. Das CELS verlangt, dass die Minderjährigen sofort ihren Familien übergeben und Ermittlungen und Strafmaßnahmen gegen die Polizeibeamten eingeleitet werden müssten.

NICARAGUA

Proteste gegen hohe Lebenshaltungskosten

Von Trinidad Vásquez

(Managua, 24. Januar 2003. alc-poonal) Der Rat der Evangelischen Kirchen CEPAD (Consejo de Iglesias Evangélicas Pro Alianza Denominacional) hat die evangelischen Gemeinden und Gruppierungen aufgerufen, sich an den Aktionen der Verbraucherschützer und Basisbewegungen zu beteiligen, die sich gegen die Verteuerung der Lebenshaltungskosten und der Auflagen durch die Finanzpolitik der Internationalen Währungsfonds (IWF) richten.

Die Wirtschaftkrise, unter der Nicaragua leidet, eskalierte diese Woche nach der Ankündigung einer neunprozentigen Erhöhung der Trinkwasserpreise und durch die Erhöhung des Preises für einen Liter Milch auf mehr als einen halben Dollar. 15 nicaraguanische Córdobas entsprechen einem Dollar.

Der Vizedirektor der CEPAD Professor Evenor Jerez beteiligte sich an einer Mahnwache im Stadtzentrum. Jerez forderte, dass man von den Gebeten zu konkreteren Aktionen übergehen müsse. Die beabsichtige Preiserhöhung bei den öffentlichen Verkehrsmitteln müsste gestoppt und keine weiteren Preisanstiege bei den Grundnahrungsmitteln wie der Milch für Kinder zugelassen werden.

Die Regierung steckt angesichts der Benzinpreiserhöhung in einer schweren Krise. Aufgrund des nicht offen erklärten Kriegszustandes der US-amerikanischen Bush-Administration gegen den Irak kostet die Gallone Benzin (3,79 Liter) bereits mehr als ein Dollar.

Auch die Beschäftigten des Gesundheitssektors und Staatsangestellte kündigten Protestmärsche und Streiks an. Diese sollen sich gegen Massenentlassung aufgrund von Haushaltseinsparungen richten, mit denen die durch die Krise verursachten rückläufigen Steuereinnahmen kompensiert werden sollen.

Für die Nicaraguanische Verbraucherschutzliga LIDECONIC (Liga de Defensa del Consumidor Nicaragüense) und das Nicaraguanische Zentrum für Menschenrechte CENIDH (Centro Nicaragüense de los Derechos Humanos) ist der Beschluss zur Erhöhung des Trinkwasserpreises eine schwerwiegende Angelegenheit, da zusätzlich erwartet wird, dass das spanische Unternehmen Unión Fenosa die Strompreise erhöhen wird.

Gonzalo Carrión von CENIDH, das den Protest vom 21. Januar unterstützte, forderte die Bevölkerung auf, gegen die Erhöhung der Dienstleistungen und Grundnahrungsmittel zu protestieren.

BRASILIEN

Ein Indígena im Senat

(Lima, 29. Januar 2003, na-poonal).- Zum ersten Mal wird ein Indígena in Brasilien einen Senatssitz erhalten. Antônio Ferreira da Silva ist von der ethnischen Gruppe Apurina und Mitglied der brasilianischen Kommunistischen Partei (Partido Comunista do Brasil) des Amazonasstaates Acre. Er wurde als Nachfolger der beurlaubten Umweltministerin Marina Silva ernannt.

Der 43jährige Da Silva wird sein Amt im April besetzen. Eines seiner Ziele als Senator wird die Verabschiedung des „Indígena-Status“ sein, der seit 1991 im Kongress als Gesetzesvorlage vorliegt und bisher nicht verabschiedet wurde. „Unsere Rechte als auch die soziale Beteiligung und die Festlegung der Indígena-Territorien wurden von den Behörden immer ignoriert“, sagte Da Silva. Nach Angaben der Volkszählung von 2000 gibt es in Brasilien 225 Indígena-Gruppierungen, die 180 Sprachen sprechen und deren Bevölkerung nur 0,4 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmacht.

Erst der Klassenkampf und dann die Gerechtigkeit der Geschlechter

(Porto Alegre, 27.Januar 2003, adital-poonal).-Während des III. Weltsozialforums in Porto Alegre erklärte die indische Aktivistin Srilata Swaminathan, dass zunächst eine Auseinandersetzung der Klassen und Ethnien durchgestanden werden müsste, um eine umfassende Gleichheit der Geschlechter zu erreichen.

Swaminathan erklärte während der Arbeitsgruppe „Männer und Frauen – wie kann man einen wirklichen Wandel erreichen?“ die dringende Notwendigkeit, mit der die Grundbedürfnisse von Frauen erfüllt werden müssen. In Ländern wie beispielsweise Indien hätten etwa 90 Prozent der weiblichen Bevölkerung in ländlichen Gegenden nicht das Mindeste zum Leben.

Ähnliche Situationen gibt es in der Mehrzahl der armen Länder, wo 550 Millionen Frauen, also mehr als die Hälfte der ländlichen Bevölkerung, unterhalb der Armutsgrenze leben. Daraus ergibt sich für die Aktivisten die Frage, wie man überhaupt aus der Perspektive dieser Lebensbedingungen Konzepte von Gerechtigkeit und Freiheit verstehen kann? In Indien, so führt sie fort, „erleben wir das Extrem, dass wir nicht einmal die Option haben, unsere eigenen Ressourcen zu besitzen und zu verwalten.“

Kampagne zum Schutz von Pflanzensamen

(Montevideo, 30. Januar 2003, pulsar-poonal).- Vor mehr als 15000 Zuhörern starteten Vertreter der wichtigsten Bauernorganisationen während des Weltsozialforums in Porto Alegre eine internationale Kampagne zum Schutz von Pflanzensamen.

In den zentralen Reden der Konferenz „Erde, Territorium und Ernährungssouveränität“ ging es um die Festigung neuer Konzepte der Ernährungssicherheit und des Schutzes der Pflanzensamen, deren Patentrechte die Wirtschaftsmächte für sich beanspruchen.

„Das kann auf keinen Fall akzeptiert werden,“ sagte Joao Pedro Stédile, ein Führer der Landlosenbewegung MST (Movimento dos Trabalhadores Rurais sem Terra). „Ein Land, das die Möglichkeit verliert, seine eigenen Samen zu produzieren, ist immer dazu verurteilt, von den Wirtschaftsmächten Nahrung zu importieren. Und ein Land, das davon abhängig ist, besitzt keine Eigenständigkeit.“

„Ein Land, ein Volk zu ernähren, ist ein Thema der Sicherheit und der Souveränität. Das beinhaltet nicht nur die Produktion von Nahrungsmitteln, sondern auch das Produktionsmodell,“ unterstrich Robert Rosset, Vertreter einer US-amerikanischen Organisation, die gegen die Patentrechte an Pflanzensamen kämpft.

„Wir brauchen ein tragbares, ökologisches Modell, das die Umwelt schützt und die Ernährung der kommenden Generationen garantiert. Das bedeutet, wir müssen neue Technologien ablehnen, die uns genmanipulierte Samen aufzwängen wollen. Wir müssen diesen Firmen sagen, dass mit neuen Technologien nicht alte Ungerechtigkeiten gelöst werden,“ fügte Rosset hinzu und erntete langandauernden Applaus der Teilnehmer.

Francisca Rodríguez, eine Vertreterin aus Chile, hob die Rolle der Frau im täglichen Nahrungskampf hervor. Die Pflanzensamen seien Menschheitserbe und könnten deshalb nicht privatisiert werden, denn von ihnen hänge die Ernährung der Welt ab, betonte Rodríguez.

„Wir müssen starke und harte Bündnisse schließen, um unsere Samen zu verteidigen und unsere Ernährung sicherzustellen. Aus diesem Grund rufen wir eine internationale Kampagne ins Leben: Zum Schutz der Pflanzensamen als Menschheitserbe, die das Leben garantieren,“ schloss die chilenische Vertreterin.

 

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