Poonal Nr. 547

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen vom 5. November 2002

Inhalt


ECUADOR

BRASILIEN

ARGENTINIEN

URUGUAY

MEXIKO

GUATEMALA

HONDURAS

JAMAIKA

PERU

VENEZUELA


ECUADOR

Mitte-Links-Regierung mit Indígena-Beteiligung?

Von Luis Ángel Saavedra

(Quito, 31. Oktober 2002, na-poonal).- Neben dem Sieg des ehemaligen Oberst Lucio Gutiérrez im ersten Wahlgang am 20. Oktober verzeichnet auch die Indígena-Bewegung Gewinne. Die traditionellen Parteien blieben außen vor. Gutiérrez ist Vorsitzender der Patriotischen Gesellschaft (Sociedad Patriótica), einer Koalition aus Organisationen der Indígenas und der Linken. Mit 21 Prozent gewann er bei der Präsidentschaftswahl die meisten Stimmen und muss am 24. November in einer Stichwahl gegen den Multimillionär Álvaro Noboa antreten. Noboa wurde als Favorit gehandelt, musste sich mit 17,4 Prozent der Stimmen jedoch mit dem zweiten Platz begnügen.

„Das Volk muss sich entscheiden zwischen einem Radikalen, einem chinesischen Kommunisten und einem Unternehmer, einem Mann der Arbeitsplätze.“ Mit diesen Worten legte Noboa den Ton seiner Kampagne für die zweite Runde fest. Er bezieht sich dabei auf die Allianz, die Gutiérrez mit der tendenziell maoistischen PPD (Partido Popular Democrático, Demokratische Volkspartei) und anderen linken Bewegungen eingeht. „Wenn sie wollen, dass uns Fidel Castro oder Chávez regiert, dann wählen sie Gutiérrez; aber wenn sie wollen, dass es Demokratie gibt, dass ein Mann regiert, der was von Wirtschaft und Handel versteht, ein Mann, der an Gott glaubt, dann wird das Volk Álvaro Noboa wählen“, fügte der Führer der PRIAN (Partido Renovador Independiente Álvaro Noboa, Unabhängigen Erneuerungspartei A.N.) hinzu.

Die ersten Verlautbarungen von Gutiérrez nach der Wahl fielen dagegen eher moderat aus. Er wiederholte die aus seiner Wahlkampagne bekannten Forderungen: Zurückdrängung der Korruption und Verurteilung der Banker, die mit Geldern der Anleger geflohen sind. Zudem versprach er, diese nach Ecuador zu holen, um ihnen den Prozess zu machen. „Wir wollen einen transparenten Dialog schaffen, mit den ehrlichen Unternehmern, mit den Bauern, den Studierenden, den Arbeitern, den Frauen und den Kindern – auch die Kinder wissen was sie wollen -; wir wollen mit allen reden, um dieses Land aus den Krallen der Korruption zu befreien, weil wir wollen, dass es Arbeit geben wird, weil wir wollen, dass die Menschen nicht mehr aus diesem großen und reichen Land flüchten müssen“, sagte Gutiérrez.

Zweifelsohne konnte auch Gutiérrez eine Spekulationswelle an den internationalen Finanzmärkten nicht verhindern. So verloren ecuadorianische Wertpapiere nach der Wahl an der Börse von New York innerhalb von 24 Stunden sechs Punkte. Er konnte auch nicht die Kritik der Verlierer-Parteien verhindern: „Das ecuadorianische Volk hat sich einmal mehr für das Abenteuer entschieden“ höhnte León Febres Cordero, der frühere Vorsitzende der rechtsgerichteten Christlich-Sozialen Partei und fügte hinzu: „Die Ecuadorianer haben das Nichts, repräsentiert von Noboa, und die Linke von Gutiérrez ausgewählt“.

Die traditionellen Parteien haben nach dieser Wahl einen schweren Stand, da es das erste Mal ist, dass keine von ihnen die zweite Runde erreicht hat, obwohl sie weiterhin eine wichtige Rolle in den Regionen und im Parlament spielen. Von ihnen erzielte der ehemalige Regierungschef Rodrigo Borja (1988-92) von der Demokratischen Linken mit einem vierten Platz noch das beste Ergebnis vor dem Ex-Präsident Osvaldo Hurtado (1981-84), der mit einem Prozent noch den vorletzten Platz erreichte. Dessen schlechtes Abschneiden ist mit seiner Unterstützung des ehemaligen Präsidenten Jamil Mahuad (1998-2000) zu begründen. Dieser wurde am 21. Januar 2000 unter Mitwirkung des jetzigen Wahlsiegers Gutiérrez von der Indígena-Bewegung abgesetzt.

„Die neuen Bewegungen und politischen Parteien konnten die Seilschaften der traditionellen Parteien in den Provinzen nicht zerstören, obwohl sie die nationalen Schemata aufbrachen“, fasst Luis Eladio Proaño, ein politischer Analyst, das Wahlergebnis zusammen. Die von CONAIE (Confederación Nacional de Indígenas del Ecuador – Bund der Indígenas) und FENOCIN (Federación Nacional de Organizaciones Campesinas, Indígenas y Negras del Ecuador – Verband der Bauern-, Indígena-, und Schwarzen-Organisationen) repräsentierte Indígena-Bewegung erreichte ihr Ziel, ihre Position im Nationalkongress mit ca. 15 Abgeordneten zu festigen.

„Unser Ziel waren die Parlamentssitze, aber jetzt, wo auch unser Kandidat gewonnen hat, sind wir sehr zufrieden“, sagt Leonidas Iza, Vorsitzender der CONAIE. Der abtrünnige Kandidat der Indígenas, Antonio Vargas, kam mit 0,67 Prozent auf den letzten Platz. „Vargas hat die Rechnung für sein Verhalten gezahlt, jetzt weiß er, dass er die Indígena-Bewegung nicht repräsentiert“ begründete dies Iza. Vargas hat nicht einmal in seinem Geburtsort Puyo gewonnen. In der Hauptstadt der Amazonasprovinz Pastaza wurde er von Gutiérrez überrundet.

Die Chance der Indígena-Bewegung liegt nun darin, sich auf eine Beteiligung an einer möglichen Mitte-Links-Regierung, wie sie Gutiérrez bilden wird, festzulegen. Das bedeutet aber auch eine Herausforderung, da sie zum ersten Mal Teil des Regierungsapparates wäre, den sie seit ihres ersten Aufstandes im Jahr 1990 bekämpft haben. Der Vorsitzende der CONAIE steht diesem Dilemma optimistisch gegenüber: „Aus der Ferne haben wir die Stiere schon gesehen, jetzt scheint es, dass wir ihnen in der Arena gegenüber stehen werden“.

BRASILIEN

Die Drohungen der USA und die Interessen Brasilien

Von José Reinaldo Carvalho*

(Sao Paulo, 4. November 2002, npl).- Schon als sich abzeichnete, dass der Kandidat der Arbeiterpartei PT, Inácio Lula da Silva, bei den Präsidentschaftswahlen in Brasilien gewinnen würde, begannen außenpolitische Kreise in den USA damit, Bedingungen zu stellen und illegitime Drohungen gegen die zukünftige Regierung des südamerikanischen Landes zu formulieren. Seitdem kommen aus Washington regelmäßig Hinweise, Aufforderungen und kritische Anmerkungen, die einen Vorgeschmack auf eine neue Art von Konflikt darstellen, der sich auf kommerzieller, finanzieller und diplomatischer Ebene zwischen dem Giganten des Südens und dem Imperium des Nordens entwickeln könnte.

Die Bush-Regierung setzt von vornherein auf Konfrontation und geht mit drei explosiven Waffen gegen Brasilien vor. Kenneth Dam, Vize-Finanzminister der USA, war es überlassen, die erste, die „finanzielle Waffe“ in Stellung zu bringen. Nachdem er mit Wirtschaftsminister Pedro Malan und Zentralbankpräsident Armínio Fraga genau jene lobte, die für den Bankrott Brasiliens verantwortlich sind, sagte Dam, seine Regierung sei bereit, mit Lula zu kooperieren, sofern dieser eine „vernünftige Politik“ betreibe. Und als ob er über seinen eigenen Haushalt spräche, empfahl der US-Politiker Maßnahmen zur Haushaltsstabilisierung, zur Inflationskontrolle und zur Einhaltung von Verträgen, sprich zur Zahlung der Auslandsschulden. In Bezug auf den jüngsten 30-Milliarden-Kredit des Weltwährungsfonds formulierte Kenneth Dam eine offene Erpressung: „Das Geld ist da, sofern auch die richtige Politik gemacht wird.“

Während diese Worte gesprochen werden, erlebt Brasilien die schlimmsten Auswirkungen dieser Wirtschaftspolitik, die Präsident Fernando Henrique Cardoso unter Aufsicht des IWF und des US-Finanzministeriums betrieb. Stetige Geldabwertung, explosionsartige öffentliche Verschuldung im In- und Ausland und Rezession.

In bislang aggressivstem Ton formulierte der US-Handelsbeauftragte Robert Zoellick die „kommerzielle Waffe“. Seiner Meinung nach hat Brasilien keine andere Wahl, als sich in die Gesamtamerikanische Freihandelszone ALCA zu integrieren. Andernfalls müsse sich „Brasilien gen Süden orientieren und mit der Antarktis Handel treiben“. Mit dieser Beschimpfung reagierte die US-Regierung auf Äußerungen Lulas, dass der ALCA keine Integration, sondern einen Anschluss an die USA bedeute. Eine Beschimpfung, die die Drohung enthält, Brasilien nicht nur von den USA, sondern auch von seinen lateinamerikanischen Nachbarn zu isolieren. Dabei sieht die Wirklichkeit ganz anders aus: Isoliert ist die Haltung der USA, die die anderen Staaten Amerikas zur Öffnung ihrer Märkte zwingen wollen, ohne im Gegenzug die eigenen Handelsrestriktionen abzubauen.

Bei diesem Versuch, auf die inneren Angelegenheiten Brasiliens Einfluss zu nehmen, darf natürlich eine „politische Waffe“ nicht fehlen. Hier war es der US-Staatssekretär für Lateinamerika, Otto Reich, der von der zukünftigen Regierung Brasiliens verlangte, die „Werte der Vereinigten Staaten“ zu beherzigen: So Beförderung von Menschenrechten und Demokratie, ohne dass Reich ausführte, was er darunter verstehe, sowie die Nichteinmischung bei den Nachbarländern, zum Beispiel in der Form, Terroristen Unterschlupf zu bieten. Natürlich warnte Reich erneut vor der angeblichen Achse Brasilia-Caracas-Havanna und vor einer Verschlechterung der Beziehungen zu Washington.

* Der Journalist José Reinaldo Carvalho ist Vizepräsident der Kommunistischen Partei von Brasilien (PCdoB) und zuständig für Internationale Beziehungen.

Neue Studie über Einkommensverteilung veröffentlicht

(Rio de Janeiro, November 2002, oficina de informações-poonal).- In der ersten Rede des neu gewählten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva bekräftigte Lula, seine Regierung beabsichtige, einen breiten Konsumgütermarkt im Land aufzubauen, um der historisch gewachsenen Ungleichheit unter sozialem Ausschluss beizukommen.

Nach einer bisher unveröffentlichten Studie des vom ehemaligen Minister für Arbeit Edward Amadeo geführten Meinungsforschungsinstituts Tendencias Consultoria wird sich Lulas Aufgabe schwieriger gestalten als zunächst angenommen. Die wesentlichen Ergebnisse der letzte Woche in der Zeitschrift „Valor“ veröffentlichten Studie zeigen, dass die Einkommensverteilung im Land wesentlich ungerechter ist, als eine national angelegte Studie des Brasilianischen Instituts für Statistik und Geografie (IBGE) ergab.

Den Aussagen Amadeos von Tendencias Consultoria zufolge ist das Einkommen jeder zweiten Familie in Brasilien so niedrig, dass es gerade für die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln ausreicht. Sie leben von der Hand in den Mund. Die meisten dieser in Armut lebenden Familien sind zudem existentiell abhängig von Sozialprogrammen.

Die Studie von Tendencias ist differenzierter als die des statistischen Instituts IBGE, da sie mehr Bewertungskriterien einschließt. Zum einen berücksichtigt die Tendencias-Studie bei der Berechnung des absoluten Familieneinkommens neben dem regulären Einkommen zusätzliche, nicht erfasste Einnahmen, etwa durch Vermietung, Schenkungen und Vermögen. Zum anderen ermittelt die Studie das verfügbare Einkommen, das abzüglich der monatlichen Fixkosten für weitere Konsumgüter übrigbleibt.

Laut den Ergebnissen auf Grundlage des ersten Kriteriums fallen 49 Prozent des absoluten Einkommens auf zehn Prozent der Reichsten im Land, und nicht nur 42,7 Prozent, wie die Studie des IBGE 1999 angab. Wie Wirtschaftsexperten von Tendencias Consultoria der Zeitschrift „Valor“ erklärten, wächst das Einkommen dieser Gruppe, weil sie Einnahmen aus Vermietungen beziehen und sich am Finanzmarkt beteiligen.

Dagegen haben 20 Millionen brasilianischer Familien ein negatives verfügbares Einkommen. Nachdem sie die Rechnungen für Wasser, Gas und Strom sowie für Grundnahrungsmittel, Hygieneartikel und Verkehrsmittel gezahlt haben, bleibt ihnen nichts mehr übrig für „Luxusartikel“ wie Parfüm, Joghurt, Erfrischungsgetränke oder den Kauf für ein Sofa oder einen neuen Fernseher in Ratenzahlung.

Die Studie zeigt, dass sich im vergangen Jahr das absolute Einkommen von 50 Millionen Familien auf insgesamt 850 Milliarden Reais belief, während das verfügbare Einkommen bei lediglich 240 Milliarden Reais lag. Der Spielraum für Einnahmen im Dienstleistungssektor, bei Banken und der Konsumgüterindustrie ist daher entsprechend gering. Innerhalb der vergangenen fünf Jahre sind die Umsätze in diesem Bereich um 20 Prozent gesunken.

Zwar war laut der Tendencias-Studie das Familieneinkommen der Ärmsten in den vergangenen Jahren aufgrund einer Erhöhung des Mindestlohns, die über der Inflationsrate lag, und durch Rentenzahlungen für sechs Millionen Landarbeiter*innen gestiegen. Eine solche Politik dient zwar der Bekämpfung des Hungers, für den Aufbau eines breiten Binnenmarktes für Konsumgüter jedoch, wie ihn der neue Präsident Lula anstrebt, ist sie unzureichend. Den einzigen Weg, dies zu erreichen, verspricht die Ablösung des derzeitigen am Finanzsektor orientierten Wirtschaftsmodells, das hohe Steuerbelastungen und große Einkommensungleichheit in Kauf nimmt, durch ein am Wachstum ausgerichtetes Modell, dessen Grundlage eine ausgleichende Verteilung der Einkommen und ein gezieltes Haushalten bilden.

ARGENTINIEN

Mercedes-Benz richtet Untersuchungskommission ein

Von Esteban Cuya

(Stuttgart, 30. Oktober 2002, alc-poonal).- Die deutsche Firma Mercedes Benz (heute Daimler Chrysler) hat sich für die Einrichtung einer Untersuchungskommission entschieden. Die Kommission soll (unter anderem) die Vorwürfe bezüglich der mutmaßlichen Verwicklung eines Mercedes-Benz-Managers in die Verbrechen der argentinischen Militärdiktatur zwischen 1976 und 1983 aufklären. Dieser Entschluss wurde von Daimler Chrysler im Auftrag ihrer „kritischen Aktionäre“ und der firmeneigenen Gewerkschaft in Deutschland gefasst.

Die Koalition gegen Straflosigkeit hatte mittels einer Postkartenaktion schon seit einem Jahr eine Untersuchungskommission gefordert. Seit 1998 strengt die Koalition Strafprozesse gegen die argentinische und chilenische Militärdiktatur in Deutschland an. Mit der Einrichtung einer Untersuchungskommission zeigen die Bemühungen zur Aufklärung der Wahrheit erste Erfolge. Die Koalition gegen Straflosigkeit forderte Mercedes Benz außerdem dazu auf, eine finanzielle Entschädigung für alle direkten Familienangehörigen der Gewerkschafter, die von der Firma in Argentinien verfolgt wurden und „verschwunden“ sind, zu zahlen.

Seit 1999 ermittelt die Justiz in Nürnberg gegen Juan Tasselkraut, einen ehemaligen Mercedes-Benz-Manager. Laut Strafanzeige von Rechtsanwalt Wolfgang Kaleck hat Tasselkraut zwischen 1976 und 1977 das argentinische Militär beim „Verschwindenlassen“ von 14 Gewerkschaftern der Mercedes-Benz-Niederlassung in Gonzales Catán, Provinz Buenos Aires, unterstützt.

Die Staatsanwaltschaft in Nürnberg erkennt das Recht der Familienangehörigen von Opfern an, in Deutschland zu prozessieren, auch wenn die Betroffenen nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. In diesem Fall rechtfertigt die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen damit, dass der angeklagte Juan Tasselkraut über die deutsche Staatsangehörigkeit verfüge. Erst kürzlich sagte der Beschuldigte vor der deutschen Botschaft in Argentinien aus.

Sicherlich wurden die von der argentinischen Militärdiktatur zwischen 1976 und 1983 begangen Menschenrechtsverletzungen von vielen transnationalen Unternehmen wie Mercedes Benz sowie einigen westlichen Regierungen schweigend hingenommen oder aktiv in Form von Waffenlieferungen und der Entsendung von Truppen unterstützt.

Die Entscheidung von Mercedes Benz für eine Untersuchungskommission soll dazu beitragen, dass sich in Zukunft die Chefetagen von Firmen der Ablehnung der Gesellschaft gegenüber Geschäften mit Regimes, die Menschenrechtsverletzungen begehen, bewusst sind.

5.000 kleine Radiosender sollen geschlossen werden

(Montevideo, 27. Oktober 2002, comcosur-poonal).- Die Vereinigung der Pressearbeiter in Buenos Aires, UTPBA (Unión de Trabajadores de Prensa de Buenos Aires) lehnte ein Gesetzesvorhaben ab, das gestern (26. 10.) von der Kammer der Senatoren verabschiedet wurde. Unter dem Vorwand, vermeintliche Delikte bei der Ausstrahlung von Informationen verhindern zu wollen, soll eine repressive Anpassung der Meinungsfreiheit in den frequenzmodulierten Radiostationen (FM) vorgenommen werden. Dadurch würden mehr als tausend journalistische Arbeitsplätze und viele kleine Unternehmen, die für landesweite Ausstrahlung von Basiskommunikation sorgen, dem Erdboden gleichgemacht.

Die UTPBA erklärte sich in Alarmbereitschaft und kündigte Aktionen und Mobilisierungen für den Erhalt von fast 50.000 Arbeitsplätzen der Medienbranche in Basis-, Provinz-, und Universitätsradios an. In der Parlamentssitzung vom 23. Oktober wurde das Gesetzesvorhaben von der Abgeordnetenkammer konkretisiert. Die einzelnen Artikel sollten in der darauffolgenden Woche bearbeitet werden.

Nach Meinung der UTPBA bedeutet „die geplante Schließung von Sendern und die Bestrafung derjenigen Radiostationen, die nicht rechtmäßig vom Staat autorisiert wurden“, den Gipfel einer von langer Hand geplanten Kampagne verschiedener Gruppierungen. Wirtschaftsstarke Unternehmen, Multimediafirmen und dazugehörige politischen Vereinigungen wollten sich die Frequenzen aneignen, die derzeit der Bevölkerung im Sinne des Informationsrechtes für alle zur Verfügung stünden. Für die Organisation stellt dieses Gesetz einen weiteren Schritt im Konzentrationsprozess von Eigentum und in der Zentralisierung von Informationen der Kommunikationsmedien dar.

Das Gesetzesvorhaben ist Teil eines nicht zu verbergenden Versuches, eine juristische Situation auszunutzen, die von den Regierungen und Parlamenten vor der Militärdiktatur geschaffen wurde. Erstens sei das Hörfunkgesetz von 1980, das auf der Doktrin der „nationalen Sicherheit“ basiere, nicht modifiziert worden und zweitens sei trotz der zahlreichen begonnenen Ausschreibungen niemals geregelt worden, wie der Raum genutzt werden soll, der seit vielen Jahren von zahlreichen kleinen FM-Sendern besetzt wurde.

Die letzte Regulierung diesbezüglich begann Anfang 1998. Die geforderten wirtschaftlichen und technischen Voraussetzungen enthüllten die Absicht, das Radiospektrum auf bestimmte Gruppen und dazugehörige parteipolitische Interessen zu konzentrieren. Die Anforderungen wurden dauernd verändert und waren damit für die Basisradiosender niemals realisierbar. Die UTPBA erinnerte daran, dass sich während des Weltkongresses für Kommunikation im September 1998 mehr als 2000 Journalisten von FM-Radiostationen gegen „jedweden Versuch von Seiten der Regierung“ aussprachen, „die Basisradiostationen zu schließen“.

Ebenso klagten sie an, dass die definitive Verabschiedung dieses „repressiven Gesetzesvorhabens“ durch den Senat „den Provinzen ihre Kommunikationsmedien entziehen würde, die sich in Händen von lokalen Radiostationen befinden und im Dienste der Kommunen stehen. Dies verschlimmert die Arbeitslosigkeit der Mitarbeiter und außerdem würden auf diesem Sektor des Journalismus die schlimmsten Züge der Doktrin der nationalen Sicherheit wieder eingeführt“.

URUGUAY

Gesetzesinitiative zur Straffreiheit bei Abtreibung beschlossen

(Montevideo, 26.Oktober 2002, comcosur-poonal).- Die Gesundheitskommission der Abgeordnetenkammer stimmte am vergangenen Donnerstag (24.10) für eine Gesetzesinitiative zur Straffreiheit bei Abtreibung sowie für eine legale Schwangerschaftsunterbrechung bis zur zwölften Woche.

Die Initiative sieht zahlreiche Schritte bis zum tatsächlichen Schwangerschaftsabbruch vor. Frauen, die eine Abtreibung wünschen, erhalten demnach zuerst eine Beratung über die Adoptionsmöglichkeiten in Uruguay. Wenn sie an ihrem Entschluss festhalten, ist danach unter legalen Bedingungen eine kostenlose Abtreibung möglich. Die zeitliche Begrenzung ergibt sich aus den möglichen Gesundheitsrisiken, die eine Abtreibung nach der zwölften Schwangerschaftswoche birgt.

Der von der Kommission beschlossene Textentwurf muss nun noch der Abgeordnetenkammer vorgestellt werden. Zudem bedarf er der Zustimmung der Senatorenkammer, bevor er Gesetz werden kann. Man geht davon aus, dass der Entwurf eine heftige politische Debatte lostreten wird, da in keiner der fünf vertretenen Parteien Einigkeit über das Thema herrscht. Zudem wird sich selbstverständlich auch die katholische Kirche zu Wort melden, die sich von jeher gegen jede Art der Strafbefreiung bei Abtreibung ausgesprochen hat.

Ex-Minister wegen Menschenrechtsverbrechen verhaftet

(Montevideo, 29. Oktober 2002, alc-poonal).- Zum ersten Mal in der Geschichte Uruguays verfügte ein Gerichtsbeschluss die Verfolgung und Verhaftung eines ehemaligen hohen Funktionärs der Militärdiktatur wegen Verbrechen gegen die Menschenrechte.

Die Organisation „Dienst für Frieden und Gerechtigkeit“ (Servicio Paz y Justicia, SERPAJ) erklärte den 18. Oktober, den Tag der Gerichtsentscheidung, zum „sehr wichtigen Tag für den Kampf für Wahrheit und Gerechtigkeit in Uruguay“.

An diesem Tag ordneten ein Richter und ein Staatsanwalt die Eröffnung eines Gerichtsverfahrens und die Verhaftung von Juan Carlos Blanco wegen Mittäterschaft beim Verbrechen der Freiheitsberaubung an. Blanco war zu der Zeit, als Elena Quinteros verschwand (1976), Außenminister der Militärdiktatur.

In Uruguay gilt ein Gesetz, durch das die Taten, die Polizisten oder Angehörige des Militärs während der Diktatur begingen, für verjährt erklärt werden. Dieses Gesetz wurde am 16. April 1989 durch eine Volksabstimmung bestätigt und hat den Opfern und Familienangehörigen das Recht auf gerichtlichen Schutz und den Zugang zu wirksamen Rechtsmitteln verwehrt. Damit wurde verhindert, dass die Fakten aufgeklärt und die Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden können. Das Verjährungsgesetz schützt jedoch keine Zivilisten wie Blanco.

Der Gerichtsbeschluss zur Eröffnung eines Verfahrens bedeutet einen Wandel in der Haltung einer der Staatsgewalten. Zum ersten Mal werden Justiz und Innenministerium in diesem Sinne aktiv und ändern damit ihre bisherige Position ins Gegenteil. Bisher verschwanden alle Anzeigen mit Hinweis auf das Verjährungsgesetz in den Archiven.

Verteidigungsminister Yamandú Fau erklärte wiederholt, dass die Entscheidung der Justiz in diesem Fall Instabilität schaffe. Die Anwälte des ehemaligen Ministers haben Einspruch eingelegt, und nun wird auf die Entscheidung des Berufungsgerichts gewartet, das die Einleitung eines Gerichtsverfahrens entweder bestätigt oder aufhebt.

Diese Situation beunruhigt nach Angaben von SERPAJ alle Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich viele Jahre lang für Wahrheit und Gerechtigkeit und den Kampf gegen die Straflosigkeit für Menschenrechtsverletzungen während der Militärdiktatur von 1976 bis 1985 eingesetzt haben.

MEXIKO

Die Affäre „Pemexgate“

(Lima, 31. Oktober 2002, na-poonal).- Der Untersuchungsausschuss der Abgeordnetenkammer erhielt am 21. Oktober einen zweiten Ausschlussantrag gegen die Abgeordneten Carlos Romero Deschamps und Ricardo Aldana, zwei Ex-Gewerkschaftsführer des staatlichen Erdölmonopolisten PEMEX. Beide werden beschuldigt, Finanzen dieses Unternehmens für die Wahlkampagne der Partei der Institutionellen Revolution (PRI) im Jahre 2001 umgeleitet zu haben. Damals verlor die Regierung erstmals nach 71 Jahren die Macht.

In diesem Zusammenhang steht auch die Festnahme des Ex- Generaldirektors Rogelio Montemayor am 9. Oktober in den USA aufgrund eines Auslieferungsgesuchs der mexikanischen Regierung. Ende September erhob Präsident Vicente Fox wegen Unterschlagung öffentlicher Gelder eine Klage vor Gericht gegen sechs Gewerkschaftsführer und Angestellte von PEMEX – einschließlich Romero, Aldana und Montemayor.

Der Skandal begann Anfang des Jahres, als die Untersuchungsergebnisse der Rechnungsprüfungsstelle und der Generalstaatsanwaltschaft der Republik über die umgeleiteten Finanzmittel von PEMEX durch die Gewerkschaft zur Finanzierung der Wahlkampagne des damaligen Präsidentschaftskandidaten der PRI Francisco Labastida bekannt wurden. Der Betrag, der sich schätzungsweise auf mehr als 120 Millionen US-Dollar beläuft, lag zunächst auf einem Bankkonto in Europa und wurde, bevor er bei der PRI ankam, auf ein Konto in den USA überwiesen.

Obwohl Führer der PRI anmerkten, dass das von der Regierung eingeleitete Verfahren nur Teil einer Kampagne gegen ihre Partei sei, gaben sie bekannt, auf die Einhaltung eines unvoreingenommen Verfahrens zu achten. Der PRI-Abgeordnete Eduardo Andrade beantragte am 23. Oktober, die Verhandlungen und Befragungen der Angeklagten öffentlich stattfinden zu lassen, „damit die Grundrechte der Angeklagten nicht verletzt würden“.

Ex-Generäle zu hohen Haftstrafen verurteilt

Von John Ross

(Acapulco, 5. November 2002, na-poonal).- Die von der mexikanischen Armee durchgeführte Verhaftung von zwei Generälen, die bei der „Campagna insurgente“ des Militärs und der Polizei des Bundesstaates Guerrero gegen Guerrillagruppen teilgenommen hatten, stellt ein noch nie da gewesenes Eingeständnis der Existenz des schmutzigen Krieges gegen die Guerilla in den Siebzigerjahren dar. Francisco Quirós und Mario Arturo Chaparro Acosta wurden wegen 143 Mordfällen angeklagt, die sich zwischen 1973 und 1979 ereignet hatten. Es wird angenommen, dass die meisten Toten Anhänger des Guerillaführers Lucio Cabañas und seiner Partei der Armen (Partido de los Pobres) waren.

Den Generälen wurde vorgeworfen, die mutmaßlichen Guerilleros von Militärflugzeugen aus in den Pazifischen Ozean geworfen zu haben. Vor allem aber sollen sie ins mexikanische Drogengeschäft involviert gewesen sein und Geld von verschiedenen Banden angenommen haben. Am 28. Oktober begann gegen Quirós und Chaparro der Prozess vor einem Militärgericht, und bereits am vergangenen Freitag (1.11.) wurden die beiden zu 16 bzw. 15 Jahren Haft verurteilt.

Menschenrechtsgruppen applaudierten anfänglich über die Verhaftungen. Sie wurden als ein Fortschritt gesehen, um die Verantwortung für das Verschwinden hunderter von Personen während des schmutzigen Krieges aufzuklären. Bei näherer Betrachtung kam jedoch der Verdacht auf, dass das Militär eine breitere zivile Untersuchung über die Gräueltaten verhindern möchte. Nach Angaben des Sonderstaatsanwaltes für soziale und politische Bewegungen der Vergangenheit Ignacio Carillo Prieto wird durch die Verurteilung der beiden Generäle vor dem Militärgericht ein ziviler Prozess verhindert. Seiner Meinung nach könnten weitere hundert Offiziere von hohem Rang, wie zum Beispiel der letzte Verteidigungsminister Enrique Cervantes, in die Straftaten dieser Zeit involviert sein.

Die Verhaftung der beiden Generäle wurde vor der jährlichen Gedenkfeier an das Massaker von Tlatelolco bekannt gegeben. Bei diesem Massaker wurden am 2. Oktober 1968 vermutlich Hunderte von streikenden Studenten auf dem Platz der drei Kulturen in Tlatelolco, einem großen Wohnkomplex in Mexiko-Stadt, ermordet. Chaparro wurde auch vorgeworfen, einer Militäreinheit angehört zu haben, die das Feuer in Tlatelolco eröffnet hatte.

Ein weiteres Anzeichen dafür, dass die Machenschaften des Militärs nicht vom Sonderstaatsanwalt untersucht werden sollen, ist, dass der Militärstaatsanwalt Jaime Antonio López Portillo dem Generalstaatsanwalt und Ex-Militär Rafael Macedo de la Concha eine Liste mit 37 von der Partei der Armen ermordeten Soldaten zwischen 1973 und 1979 übergeben hat. Er beantragte einen Prozess gegen die überlebenden Mitglieder dieser Organisation. Die Liste führt einen Teil der Namen der rund 350 während des schmutzigen Krieges in Guerrero umgekommenen Soldaten.

Der Landlehrer Cabañas, der seit 1968 am bewaffneten Kampf teilgenommen hatte, wurde sechs Jahre später ermordet. Diese Ermordung ereignete sich kurz nach dem der Gouverneurskandidat Rubén Figueroa der damals regierenden Partei der Institutionellen Revolution PRI (Partido Revolucionario Institucional) entführt worden war. Ehemalige Einwohner von Atoyac, einem Ort an der Pazifikküste, in dem die meisten Auseinandersetzungen stattfanden, sagten, dass mehr als 600 zivile Parteimitglieder von Cabañas einschließlich 126 seiner Familienangehörigen verschwanden oder ermordet worden seien.

Bis Quirós und Chaparro verhaftet wurden, weigerte sich das Militär zuzugeben, dass der schmutzige Krieg stattgefunden hat. Der General a.D. Alberto Quintana, einer der 100 Personen auf der Liste der Verdächtigen des Sonderstaatsanwaltes, erklärte kürzlich in einem Interview mit der mexikanischen Tageszeitung La Jornada, dass „der schmutzige Krieg nicht existierte. Es war ein sauberer Krieg. Der Präsident befahl uns, das Land vom Kommunismus zu säubern.“

Quirós und Chaparro wurden auch angeklagt, den verstorbenen Drogenbaron Amado Carillo, bekannt als der „Herr der Himmel“, geschützt zu haben. Ein Dutzend der 326 Generäle der Division und Brigade von Mexiko wurden wegen des Verdachts der Beteiligung am Drogenhandel verhaftet. Sowohl bei den Drogen- als auch bei den Menschenrechtsprozessen steht die Verfassungsgarantie in Frage, weil Militärangehörige von einer zivilen Verurteilung befreit wurden. Aus diesem Grund sind Menschrechtsverteidiger skeptisch gegenüber dem Prozess gegen Quirós und Chaparro.

Rosario Ibarra de Piedra, deren Sohn Angehöriger einer bewaffneten Gruppe war und 1976 unter Gewahrsam verschwand, sagt: „Die Armee baut ihre eigenen Regeln auf, sie klagen sich selbst an, sie sprechen sich selbst frei und alle gehen dann glücklich nach Hause. Es ist immer das Gleiche: Die Armee wäscht ihre dreckige Wäsche zu Hause“. Ibarra ist Gründerin von Eureka, der wichtigsten Gruppe von Familienangehörigen von Vermissten in Mexiko.

GUATEMALA

Frente Petenero gegen Wasserkraftwerke

(Guatemala-Stadt, 29 Oktober 20002, cerigua-poonal).- Obwohl der Energie- und Bergbauminister Guatemalas Raúl Archila den Bau des Wasserkraftwerkes am Fluss Usumacinta ablehnend beschieden hatte, kündigte die Front des Petén gegen Wasserkraftwerke an, dass sie weiter dafür kämpfen werde, jedes Projekt, das die Biosphäre der Mayas oder Menschenleben gefährden könnte, zu verhindern.

In einer Pressemitteilung der Frente erklärt diese, dass guatemaltekische Regierungsbehörden des öfteren verneint hatten, dass es Energieprojekte an den Flüssen Usumacinta, Pasión und Salinas gäbe. Nach mexikanischen Veröffentlichungen ist aber der Bau eines Wasserkraftwerkes mit einer Kapazität von 3.000 Megawatt in der Region geplant, wodurch ein künstlicher See entstehen würde.

Ebenso behauptet die Organisation, dass die Präsidenten bei ihrem Gipfeltreffen im mexikanischen Mérida im Bundesstaat Yucatán am 27. und 28. Juni eine Absichtserklärung über den Bau von Stromkraftwerken entlang des Flusses Usumacinta unterzeichnet hatten, was im Widerspruch zu deren öffentlichen Erklärungen stehe.

In der mexikanischen Tageszeitung Tabasco Hoy erschien am 30. Juni ein Artikel, nach dem die Unterzeichnung dieser Erklärung den formellen Beginn für das Bauvorhaben des internationalen Projekts Boca del Cerro am Rio Usumacinta einleitete. Es handelt sich dabei laut des Dokuments um fünf kleine Kraftwerke von der Grenze mit Guatemala bis ins Gebiet des mexikanischen Bundesstaates Tabasco.

Die Front des Petén gegen Wasserkraftwerke bestätigte, dass sie angesichts all dieser widersprüchlichen Handlungen ihren Kampf gegen den Bau jeglicher Art von Stauwerke fortsetzen werde, da diese Wälder und heilige Stätten überfluten und die dort lebende Bevölkerung vertreiben würden.

Verschiedene zivilgesellschaftliche sowie Umweltorganisationen im Petén hatten sich zur Front des Petén gegen Wasserkraftwerke mit dem gemeinsamen Ziel zusammengeschlossen, den Bau von Wasserkraftwerken an den Flüssen Usumacinta, La Pasión und Salinas zu verhindern.

HONDURAS

Morde an Minderjährigen gehen weiter

(Lima, 21.Oktober 2002, na-poonal).- Am 4. Oktober diesen Jahres gaben Regierungsbeamte zu, dass einige „Funktionäre“ an Morden von Kindern beteiligt gewesen sein könnten. Dieser Vorwurf war auch schon von Menschenrechtsorganisationen erhoben worden. Drei Tage später versprach Präsident Ricardo Maduro als Antwort auf den Bericht einer Sonderkommission der Regierung, einen Untersuchungsausschuss zu bilden, um die Anschuldigungen der Menschenrechtsorganisationen in Bezug auf Hinrichtungen an Minderjährigen zu untersuchen. Während der letzten vier Jahre wurden die betroffenen Jugendlichen in vielen Fällen als „mutmaßliche Straftäter“ eingestuft.

Der Bericht basiert auf Informationen der Generalstaatsanwaltschaft von Honduras, der Kommission für Menschenrechte sowie von zwei Nichtregierungsorganisationen, Casa Alianza und JAJA. Er dokumentiert 574 Morde an Minderjährigen unter 18 Jahren im Zeitraum von 1998 bis zum 30. Juni diesen Jahres, von denen jedoch nur vier Prozent der Fälle der Polizei zugeschrieben wurden. Insgesamt wurden 55 der Jugendlichen im Jahr 1998 umgebracht, 67 im Jahr 1999, 36 im Jahr 2000, 276 im Jahr 2001 und 140 in diesem Jahr.

Anfang Oktober präsentierte die Berichterstatterin für Menschenrechte der Vereinten Nationen Asma Jahangir einen Bericht, demzufolge honduranische Sicherheitskräfte „Kinder ohne Angst vor einer möglichen Bestrafung umbringen“ und dass „die Regierung nichts unternimmt, um die Verantwortlichen festzunehmen“.

JAMAIKA

Wahlsieger Nationale Volkspartei

(Lima, 31. Oktober 2002, na-poonal).- Die Nationale Volkspartei (People's National Party – PNP) hat am 17. Oktober zum vierten Mal hintereinander seit 1989 die Wahlen gewonnen. Mit einer Mehrheit von zehn Sitzen siegte sie vor der Jamaikanischen Arbeiterpartei (Jamaica Labour Party – JLP).

Die PNP erhielt unter ihrem Präsidenten Percival J. Patterson 35 der 60 Parlamentssitze. Edward Seagas Arbeiterpartei sichert sich die restlichen 25 Mandate. Keine der anderen Parteien Jamaikas wird im Parlament vertreten sein. Nach bekannt werden der Wahlergebnisse sagte Seaga, dass er die Niederlage noch nicht akzeptiere. Er erkannte jedoch an, dass die Nationale Volkspartei die Mehrheit der Sitze gewonnen habe.

„Ich bin noch nicht bereit, es (das Wahlergebnis, d. Red.) anzuerkennen. Es gibt noch eine Reihe von ziemlich abgelegenen Orten, in denen nachgezählt oder der Wahlprozess überprüft werden muss. Das könnte dort zu Neuwahlen oder zu Entscheidungen des Wahlrates führen“, erklärte Seaga.

PERU

Regierung räumt Verletzung der Menschenrechte ein

(Montevideo, 25. Oktober 2002, comcosur-poonal).- Die peruanische Regierung hat vor der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte (Comisión Interamericana de Derechos Humanos – CIDH) Zwangssterilisationen während der Regierung von Alberto Fujimori eingeräumt. Im Rahmen einer so genannten Vergleichlösung bestätigte die Regierung den Fall der Bäuerin Mamérita Mestanza, die nach einer Zwangssterilisation 1998 gestorben war. Die Regierung verpflichtete sich, die Familie der Frau zu entschädigen. Im Juli 2002 bat die peruanische Regierung öffentlich um Entschuldigung für die Verletzungen der Menschenrechte im Fall der Zwangssterilisationen.

Die Lösung im Fall vom Memérita Mestanza bietet neue Möglichkeiten für Untersuchungen und Gerechtigkeit, die die Frauen erwarten, die ihrer Rechte beraubt wurden, speziell jener, die das Geschehene öffentlich gemacht haben, trotz der Drohungen, Verhöhnungen, Leugnungen und des komplizenhaften Schweigens, denen sie von Funktionären der Fujimori-Regierung, nationalen Institutionen und internationalen Geldgeber ausgesetzt waren, die sich nun alle Mühe geben, ihre Verantwortung zu leugnen.

VENEZUELA

Wahlen a la venezolana

(Santo Domingo, November 2002, textosdom-poonal).- Seit einer Woche entwickelt sich auf einem Platz in Caracas ein neues und originelles Wahlverfahren. Darauf sollten die Völker der Welt schauen, die interessiert sind, sich mit dem modernsten und fortschrittlichsten Wahlverfahren auszustatten.

Es ist noch mehr: Das von den Gegnern von Regierungschef Hugo Chávez in Gang gebrachte revolutionäre Wahlsystem benötigt noch nicht einmal eine zentrale Wahlbehörde und die damit verbundenen Unannehmlichkeiten bei der Berufung.

Der Canal 32 (Mundovision) hat sich in diesen Tagen zur Aufgabe gemacht, das in Kraft getretene Wahlsystem zu demonstrieren, dessen Einfachheit und niedrige Kosten es verdient, in jedem Land eingeführt zu werden.

An Stelle der Auszählung der traditionellen Stimmzettel, ein höchst teures Verfahren, das zudem in den letzten Wahlgängen immer mit dem Sieg von Chávez endete, werden Militärs gezählt.

Dank der von Fernsehen übertragenden Bilder konnte ich mitbekommen, wie sich eine Gruppe von 14 venezolanischen Militärs mitten auf dem Platz und umgeben von Hunderten von Personen damit beschäftigte, jene Militärangehörigen zu zählen, die zu ihnen stießen, als wären sie Wähler, die sich zum Stimmabgabe einfinden würden. Die einzige Unannehmlichkeit dieses modernen Systems ist allerdings seine Schwerfälligkeit: Nachdem man eine Woche lang Militärs gezählt hatte, waren es gerade einmal 21 Offiziere und einfache Soldaten.

Der Empfang jeden Militärs wurde von den Versammelten mit großem Applaus und wohlfeilen Worten durch den Verantwortlichen für das Abzählen der Soldadeska quittiert. Mit dem Mikrofon in der Hand und einem Stil, der jedem Fernsehstar neidisch werden lassen könnte, nahm er mit schwärmerischen Worten die Ankunft der „Stimme“ entgegen.

Ein weiterer interessanter Aspekt dieses neuen Wahlverfahrens: Bei der traditionellen Form drücken die abgegebenen Stimmzettel inhaltlich wenig aus, wenn sie wie leblos leise in die Urne fallen. Bei dieser einzigartigen Wahlform allerdings präsentieren sich die Wähler, wenn sie sich auf dem Platz vor dem Willkommenskomitee einfinden, dem versammelten Publikum, identifizieren sich mit Namen und Rang, drücken gar ihren Jubel über ihre Entscheidung unter dem Beifall der Versammelten aus.

In Argentinien und anderen lateinamerikanischen Bevölkerungen, wo man völlig angeekelt von den vielen Wahlfarcen und heuchlerischen Gewählten ist, sollte man sich an diesem bahnbrechenden Auszählverfahren ein Beispiel nehmen, mit Zustimmung der Botschaften der USA und Spaniens, der Unternehmer und der Kirche.

 

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