Poonal Nr. 383

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen Nr. 383 vom 14. Mai 1999

Inhalt


BDI-Delegation zu Besuch – US-Abgeordnete wollen Embargo lockern

GUATEMALA

HONDURAS

NICARAGUA

PANAMA

MEXIKO

KOLUMBIEN

BOLIVIEN


BDI-Delegation zu Besuch – US-Abgeordnete wollen Embargo lockern

Von Hector Cabrera

(Havanna, 10. Mai 1999, npl).- Eine 50-köpfige Delegation des Bundesverbandes der deutschen Industrie (BDI) mit Verbandschef Hans-Olaf Henkel an der Spitze ist zu einem mehrtägigen Besuch in Kuba eingetroffen. Auf dem Programm stehen Gespräche mit dem kubanischen Vizepräsidenten Carlos Lage und dem Präsidenten der Zentralbank Francisco Soberon. Gleichzeitig bemühen sich 15 US- amerikanische Kongreßabgeordnete, die Handelsblokade gegen die sozialistische Insel zu lockern. Unterstützt von einflußreichen Wirtschaftsverbänden arbeiten sie eine Gesetzesinitiative aus, die US-Unternehmen den Export bestimmter Waren in den karibischen Inselstaat ermöglichen soll.

Angesichts der seit einigen Jahren zunehmenden Handelstätigkeit kanadischer, spanischer, italienischer und deutscher Unternehmen mit Kuba befürchtet die US-Industrie, bei einer zukünftigen Öffnung des kubanischen Marktes außen vor zu bleiben. Allein die deutschen Exporte stiegen im ersten Halbjahr 1998 um über 50 Prozent auf einen Umsatz von 77 Millionen Mark. Die Handelskammer der USA beantragte kürzlich bei ihrer Regierung die Zustimmung für die erste offizielle Visite in Kuba seit 40 Jahren. Mit drei Millionen Mitgliedsunternehmen ist die US-Kammer die weltweit größte Industriellen-Vereinigung und spricht sich seit längerem gegen die Sanktionsmaßnahmen aus. Unmittelbarer Anlaß für die Initiativen gegen das Embargo war die Entscheidung des weißen Hauses Anfang Mai, die Handelssperren gegen Libyen, Sudan und Iran aufzuheben. Präsident Bill Clinton hatte erklärt, daß „Nahrungsmittel nicht als außenpolitisches Instrument benutzt werden dürfen“.

Der Gesetzesentwurf für die Aufhebung der Sanktionen gegen Kuba soll den Export von Nahrungsmitteln, landwirtschaftlichen Produkten, Düngemittel und Medikamenten sowie die Entsendung von Ärzten ermöglichen. Neben der Handelskammer unterstützen seit Ende vergangener Woche auch die katholische Bischofskonferenz und gewerkschaftliche Gruppen den Gesetzesvorschlag.

Entgegen aller Bemühungen einflußreicher Sektoren gibt sich die US-Regierung in Bezug auf Kuba unnachgiebig. Staatssekretär Stuart Eizenstat erklärte, die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen Iran, Libyen und Sudan basierten auf einer Studie, derzufolge Handel mit den genannten Ländern nicht dazu beitrage, „die Bildung des Terrorismus dort zu fördern“. Für Kuba gelte dies hingegen nicht.

Tomas Donohue, Präsident der Handelskammer, zeigte sich über den Ausschluß der Karibikinsel von der Maßnahme „desillusioniert“. Diese Form einseitiger Sanktionen bewirke „lediglich die Verletzung US-amerikanischer Interessen, nicht jedoch eine Lösung der Probleme, wegen denen das Embargo eingesetzt wurden“, erklärte Donohue.

Während deutsche Unternehmen Investitionsmöglichkeiten auf Kuba vorrangig in den Bereichen Maschinenbau, Pharmaindustrie sowie in der Tourismusbranche sehen, hoffen die US-Handelskammer und landwirtschaftliche Organisationen, Kuba könne ein Markt für Weizenexporte werden. Ein großer Vorteil sei die Nähe zu den Vereinigten Staaten: Die Transportkosten sind ungleich niedriger als bei Konkurrenten aus Europa oder Kanada.

Die US-amerikanische Weizenlobby kann nicht nur auf den Rückhalt von Abgeordneten, Gewerkschaften und der katholischer Kirche zählen. Auch General John Sheehan, ehemaliger Befehlshaber der NATO, kritisierte die US-Regierung hinsichtlich ihrer Außenwirtschaftspolitik: „Seit neuestem erlaubt Washington den Export von Nahrungsmitteln an terroristische Staaten. Es ist daher inkonsequent, unseren Landwirten weiterhin den Verkauf ihrer Produkte an Kuba zu verbieten.“

GUATEMALA

Meilenstein im Friedensprozeß oder Polarisierung der Gesellschaft?

Guatemalteken entscheiden im Referendum über Verfassungsreformen

Von Gerardo Herrero

(Mexiko-Stadt, 13. Mai 1999, npl).- Ernst genommen, könnten sie das Land grundlegend verändern. Am Sonntag (16.5.) sind mehr als vier Millionen Guatemalteken in einem Volksentscheid aufgerufen, über wichtige Verfassungsänderungen abzustimmen. Die insgesamt 47 nach vier Themenblöcken geordneten Reformen wurden bereits im vergangenen Jahr im Parlament des mittelamerikanischen Landes verabschiedet. Sie können aber erst in Kraft treten, wenn auch im Referendum eine Mehrheit mit „Ja“ stimmt.

Die Verfassungsreform war eine der wesentlichen Vereinbarungen, die im Rahmen des endgültigen Friedensabkommens zwischen Regierung und der linken Guerilla-Organisation URNG im Dezember 1996 abgeschlossen wurde. Unter anderem sieht sie zahlreiche Rechte und die offizielle Anerkennung für die indigene Bevölkerungsmehrheit der Mayas vor. Andere Änderungen definieren und beschränken die Aufgaben der noch vor wenigen Jahren allmächtigen Streitkräfte.

Alle im Parlament vertretenen Parteien sowie Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften und die meisten anderen Verbände und Gruppierungen des Landes haben sich für das Ja ausgesprochen. Am Ausgang des Volksentscheides wird daher kaum gezweifelt. Für viele ist die Reform ein Meilenstein im Hinblick auf Demokratie und Frieden in Guatemala, wo 36 Jahre lang interner Krieg herrschte. Andere befürchten jedoch eine zunehmende Polarisierung oder zumindest einen Phyrussieg.

Denn die Begeisterung über eine in vielen Punkten völlig neue Verfassung ist nicht überall gleich groß. Die rechtsextreme FRG, nach der regierenden konservativen PAN von Präsident Alvaro Arzu die zweitstärkste Parlamentspartei, hat sich nur sehr schwach zum Ja bekannt. Andere, ebenfalls reaktionäre Parteien und Gruppierungen verschärften die Stimmungsmache gegen das „Ja“ in den letzten Wochen. Die offensichtlich politisch motivierte Ermordung eines Politikers der linken Parlamentspartei FDNG am Donnerstag dieser Woche belasteten das Klima noch mehr. Roberto Gonzalez war besonders aktiv in der Kampagne seiner Partei für die Verfassungsreformen gewesen.

Ein monatelanges Hickhack über Verfahrensregeln und Kompetenzstreitigkeiten, an dem Parlament, Oberstes Wahlgericht und das Verfassungsgericht beteiligt waren, verzögerten den Termin für den Volksentscheid. Die Opposition warf der Regierung zudem vor, es nicht besonders eilig mit den Reformen zu haben. Andererseits bemühten sich zahlreiche Gruppen, darunter die Koalition der Maya-Organisationen, den Inhalt der Verfassungsänderungen auch in abgelegenen Dörfern des Landes bekannt zu machen. Die Reformtexte wurden außer auf Spanisch, auch in vier der 23 Maya-Sprachen Guatemalas übersetzt. Wie erfolgreich diese Arbeit war, wird sich auch in der Wahlbeteiligung am Sonntag ablesen lassen. Oscar Clemente Marroquin, einer der bekanntesten Leitartikler des Landes, beschrieb bereits vor einigen Wochen die Bedeutung des Volksentscheides und der Reformen recht treffend. Es handele sich zwar um „einen wichtigen Schritt“ im Friedensprozeß der Nation, doch sei dies nicht genug, die Übel von Gesellschaft und Staat abzuschaffen. „Es ist nutzlos, in regelmäßigen Abständen Verbesserungen in die Verfassung einzubringen, solange wir mit dem kollektiven Akt fortfahren, sie nicht zu respektieren.“

HONDURAS

Haftbefehl gegen ehemaligen Militärchef

(Tegucigalpa, 4. Mai 1999, pulsar-Poonal).- Die hondurenische Justiz hat einen Haftbefehl gegen den ehemaligen Oberbefehlhaber der Streitkräfte des Landes, General Mario Hung Pacheco, verhängt. Hung Pacheco, der die Armee von 1994 bis 1998 leitete, wird vorgeworfen, einen privaten Sicherheitsdienst mit direktem Kontakt zum Drogenhandel begünstigt zu haben. Der als unberührbar geltende Ex-Militär ist außerdem wegen Menschenrechtsverletzungen und mehrerer außergerichtlicher Hinrichtungen angeklagt, für die er in den 80er Jahren während des schmutzigen Krieges gegen die linksgerichtete Opposition verantwortlich gewesen sein soll.

Im Fall der Sicherheitsfirma hatte Hung Pacheco sich über die Zivilbehörden hinweggesetzt, die für die Zulassung solcher Firmen zuständig sind und dem Unternehmen eine Arbeitszulassung ausgestellt. Die betreffende Firma soll einen Drogenhändlerring leiten. Die dem General vorgeworfenen Straftaten, Amtsanmaßung und Verbindungen zum Drogenhandel, werden mit mindestens fünf Jahren Gefängnis ohne Bewährung bestraft. Zum Zeitpunkt der Ausstellung des Haftbefehls war der General bereits untergetaucht. Seine Anwälte erklärten, daß sie wegen Formfehlern Berufung gegen die richterliche Anordnung einlegen werden.

NICARAGUA

Rückkehr zur Normalität

(Managua, 5. Mai 1999, pulsar-Poonal).- Mit der Unterzeichnung eines zwölf Punkte umfassenden Vereinbarungskataloges zwischen der Regierung und der Transportgewerkschaft CNT hat sich die Lage in Nicaragua nach sechs Tagen Transportstreik wieder nomalisiert. Nach achtstündigen, zähen Verhandlungen unterzeichnete Präsident Arnoldo Aleman vor laufenen Fernsehkameras das Kompromißpapier. Einer der Punkte ist die sofortige Freilassung von mehr als hundert inhaftierten Transportarbeitern. Der Präsident wird einen entsprechenden Erlaß verfügen, der vom Innenminister umgesetzt wird.

Mit dem Streikende werden sich verschiedene Polizeistellen für ihr verfassungswidriges Verhalten der letzten Tage vor der Bevölkerung verantworten müssen. Die Polizisten hätten sich aufgeführt, als ob der Ausnahmezustand verhängt worden sei, sagte Vilma Nunez von der Menschrechtskommision. Während der Streiks war es zu Straßenschlachten gekommen. Die Uniformierten hätten das Recht der Bürger auf freie Meinungsäußerung mißachtet sowie vollkommen respektlos und repressiv gehandelt, so Nunez. Festnahmen und Untersuchungshaft ohne richterlichen Befehl, Spionagetätigkeit und Machtmißbrauch gegenüber der Bevölkerung sind Inhalte verschiedener Klagen, die demnachste die Gerichte beschäftigen könnten, erklärte die Vorsitzende der Menschenrechtskommission weiter.

PANAMA

Neuverhandlung des Kanalvertrags steht nicht zur Debatte?

(Panama-Stadt, 5. Mai 1999, pulsar-Poonal).- Allem Anschein nach wollen die USA nicht erneut in Verhandlungen mit der frischgewählten Präsidentin Mireya Moscoso um eine Verlängerung ihrer Militärpräsenz auf panamaischem Territorium eintreten. Der stellvertretende Staatssekretär für hemisphärische Fragen im US- Außenministerium, Pete Romero, und der neue US-Botschafter in Panama, Simon Ferro, bestätigten, daß eine Neuverhandlung nicht auf dem Terminplan Washingtons stehe. Diese Erklärungen sind die Antwort auf das Verlangen republikanischer Abgeordneter, die Regierung solle Kontakt zu Panama aufnehmen, um noch einmal über die mögliche Einrichtung eines Multilateralen Antidrogenzentrums in dem mittelamerikanischen Land zu sprechen. Über diesen Umweg hätten die USA weiterhin Soldaten in Panama stationieren können, obwohl die Torrijos-Carter-Verträge von 1977 den vollständigen Abzug der US-Truppen vor dem Jahr 2000 vorsehen. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge bleibt es dabei: am Mittag des 31. Dezember 1999 werden die US-amerikanischen Soldaten als letzten Stützpunkt die Howardkaserne verlassen und die Schlüssel der panamaischen Regierung übergeben. Damit wird Präsidentin Mireya Moscoso nach fast einem Jahrhundert US-Kontrolle die Souveränität über den Kanal haben.

MEXIKO

Frauenmorde in Chihuahua – Kleine Hoffnung auf Ende der Straffreiheit

Von Cecilia Navarro

(Mexiko-Stadt, Mai 1999, fempress-Poonal).- Seit nunmehr sechs Jahren werden in Ciudad Juarez, Bundesstaat Chihuahua verstümmelte Frauenleichen gefunden, die Spuren von Folterung und Vergewaltigung aufweisen. Zwischen 1993 und heute sind 187 Frauen unter ähnlichen Umständen umgebracht worden. Bei den Opfern handelt es sich in den meisten Fällen um junge Frauen mit geringem Einkommen, die überwiegend als Arbeiterinnen in der Maquila- Industrie beschäftigt waren. Fast alle Ermordeten waren dunkelhäutige Frauen mit glattem Haar, was viele auf einen Serientäter schließen ließ. Verschiedene angebliche Täter wurden festgenommen und verurteilt. Außerdem wurde eine staatliche Stelle auf Landesebene zur Erforschung der Verbrechen geschaffen. Trotz alledem werden noch immer Kadaver vergewaltigter Mädchen gefunden. Die Bevölkerung ist empört über die Unfähigkeit oder den Unwillen der Behörden, den Verbrechen ein Ende zu setzen. Als Teil der im März begonnenen Kampagne „Schluß mit der Straffreiheit. Wir fordern: keine weitere Ermordung!“ fanden sich Frauen aus dem ganzen Land in Mexiko-Stadt ein, um beim Innenministerium die Einrichtung einer Behörde auf Bundesebene zu verlangen, die die Morde in der Grenzstadt untersuchen soll.

Hunderte schwarzgekleideter, Kreuze und Kerzen tragender Frauen nahmen an der Protestkundgebung teil. Eine Kommission von ihnen wurde ins Innenministerium vorgelassen, wo man ihnen versprach, mit den Behörden in Chihuahua zusammenzuarbeiten. Das Ergebnis ist die Schaffung einer Bundesbehörde, bei der Amtsträger auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene zusammenarbeiten, darunter das Innenministerium, die Generalstaatsanwaltschaft, die Staatsanwaltschaft von Chihuahua, die Gemeindepolizei von Ciudad Juarez, die Kriminalpolizei in Chihuahua und die Bundeskriminalpolizei.20

Als erstes Ergebnis der Zusammenarbeit wurde Jesus Manuel Guardado, alias „El Tolteca“ festgenommen, der verdächtigt wird, mindestens sechs der Morde verübt zu haben. Seine Festnahme führte außerdem dazu, die Beteiligung von acht Busfahrern aufzudecken. Sie hatten Frauen sexuell mißhandelt, die am Ende der Strecke allein in den Bussen geblieben waren. Die Frau des „Tolteca“ sagte aus, ihr Mann habe sie geschlagen und unzählige Male versucht, sie umzubringen. Die 25jährige hat fünf Kinder mit dem Angeklagten. „Er schlug mich sehr oft. Ich habe ihn angezeigt, weil ich ein Kind wegen seiner Schläge verloren habe,“ so die Zeugin. Zwei überlebende junge Frauen haben Manuel Guardado bei einer Gegenüberstellung identifiziert. Er selbst leugnet die Taten. Obwohl zwischen den 187 begangenen und den sechs anscheinend aufgeklärten Verbrechen noch eine große Spanne liegt, sehen es viele schon als Erfolg der frauenproteste, daß begonnen wurde die Aufklärung der Verbrechen ernsthaft in Angriff zu nehmen.

KOLUMBIEN

Guerilla läßt sieben Geiseln frei

(Bogota, 7. Mai 1999, pulsar-Poonal).- Die Nationale Befreiungsarmee (ELN) Kolumbiens hat am Freitag eine Gruppe von sieben Passagieren eines Linienfluges freigelassen, die sie am 12. Abril diesen Jahres als Geiseln genommen hatte. Nach der Freilassung bleiben noch 25 Passagiere in der Gewalt der Guerilla. Das Zentralkommando der Guerilla beschloß die Freilassung der Passagiere und verurteilte gleichzeitig die ablehnende Haltung der Pastrana-Regierung, den Freigelassenen Sicherheit zu garantieren. Die Regierung war nicht auf die Forderung der Guerilla nach Entmilitarisierung eines Teils der Provinz Bolivar eingegangen. Die ELN hat dies als Bedingung für die Freilassung aller Passagiere genannt. Unter den sieben jetzt Freigelassenen sind eine Nonne aus Ecuador und ein venezolanischer Bürger. Die Nationale Befreiungsarmee hatte zuvor neun der ursprünglich 41 Pasagiere gehen lassen.

Die Frau ist kein Privateigentum

(Bogota, Mai 1999, fempress-Poonal).- Das Verfassungsgericht hat den Artikel 140 des Bürgerlichen Gesetzbuches für verfassungswidrig erklärt. Die Richter haben somit den Weg dafür freigemacht, daß Witwen ihre Liebhaber heiraten können. Dem Artikel nach sind Ehen zwischen einer ehebrecherischen Frau und deren „Komplizen“ ungültig, wenn der Ehebruch per Gerichtsverfahren nachgewiesen werden kann. Das Verfassungsgericht stützte seinen Urteilsspruch auf die Gleichheit von Mann und Frau vor dem Gesetz. Der Artikel 140 dagegen sei diskriminatorisch, da er nur auf Frauen anzuwenden gewesen sei und den „perversen und symbolischen Effekt“ habe, die Frau, vor allem die verheiratete, als Eigentum des Mannes anzusehen. Das Recht auf Intimität und die freie Entfaltung der Persönlichkeit seien dadurch eingeschränkt. Das Gericht erinnerte außerdem daran, daß Ehebruch in Kolumbien seit 1936 keine strafbare Handlung mehr darstelle und heutzutage andere gesetzliche Wege beschritten würden, wie die Scheidung oder die Auflösung der ehelichen Gemeinschaft. Die Entscheidung, eine neue Ehegemeinschaft einzugehen, sei einzig und allein vom Individuum zu treffen und daher von jeglicher Einschränkung ausgeschlossen, hieß es in dem Richterspruch weiter.

BOLIVIEN

Demonstration der Kokabauern

(La Paz, 5. Mai 1999, recosur-Poonal).- Mehr als 15.000 Menschen versammelten sich Kokablätter kauend auf dem Hauptplatz von Cochabamba, um gegen die mögliche Absetzung ihres Abgeordneten Evo Morales zu demonstrieren. Die Kokabauern und -Bäuerinnen zogen danach durch die Stadt und machten auch dort gegen die von der Regierung betriebene Ausrottung ihrer Pflanzungen mobil. Die Landwirte verlangen Eigentum sowohl an Anbaufläche, als auch an der Ernte der Kokapflanzen. Fahnen der Aymara und der Quechua, sowie Musik aus der Gegend, begleitete den vom Gewerkschaftsverband COB angeführten Zug.Der Koka-Gewerkschafter Rolando Vargas verteidigte den einzigen Abgeordneten, den die Bauern hätten und sagte, seine Absetzung werde „von der Botschaft der Vereinigten Staaten und dem Innenministerium“ vorangetrieben, „um den Armen ihre Stimme zu nehmen.“ Er klagte die versuchte Vertreibung von 25.000 Koka anbauenden Familien an und versicherte: „Die Regierung wird uns nicht von unseren Ländereien vertreiben, auch wenn sie Polizei und Militär schickt!“

Morales selbst, der die sechs Koka-Campesinoverbände im nationalen Parlament vertritt, bezeichnete seine versuchte Absetzung als eine politische Intrige der USA und der großen Parteien MNR, ADN und MIR. Das Komplott gegen ihn sei geschmiedet worden, weil er Carlos Sanchez Berzain verklagt und Präsident Banzer und dessen Familie mit dem Drogenhandel in Verbindung gebracht habe. Die großen Parteien wollten ihn aus dem Parlament bugsieren, weil seine politische Bewegung permanent anwachse. Die Vertreter der Kokabauern kündigten an, die Demonstration in Cochabamba sei erst

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