Poonal Nr. 240

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen Nr. 240 vom 08.05.1996

Inhalt


GUATEMALA

MEXIKO

ARGENTINIEN

KUBA

KUBA/MEXICO

PARAGUAY

URUGUAY

KOLUMBIEN

ECUADOR


GUATEMALA

Guerilla und Regierung ebnen den Weg für endgültigen Friedensschluß

(Mexiko-Stadt, 6. Mai 1996, POONAL).- Fast ein Jahr lang blockierte die fehlende Einigung über das Thema „sozio-ökonomische Aspekte und Agrarsituation“ die Verhandlungen zwischen der Revolutionären Nationalen Einheit Guatemalas (URNG) und der Regierungsdelegation. Am Montag war es soweit. Beide Seiten unterzeichneten in Mexiko-Stadt ein 37-seitiges Abkommen, das nach intensiven und streng vertraulichen Gesprächen in den vergangenen Wochen zustande kam. Nach allgemeiner Einschätzung ist damit das wichtigste Hindernis für eine endgültige Beilegung des seit 35 Jahren andauernden Krieges der Guerilla gegen die Machthaber aus dem Weg geräumt. Die ausstehenden Verhandlungen zur zukünftigen Rolle der Armee, der Eingliederung der Guerilla ins zivile Leben und Verfassungsreformen sehen auf dem Papier zwar noch schwierig aus, in der Praxis sind jedoch schon weitgehend Lösungen gefunden worden, die die URNG akzeptieren wird. Das jetzt abgeschlossene Thema dagegen galt als das wichtigste und schwierigste, weil das Elend der guatemaltekischen Bevölkerungsmehrheit und die ungerechte Landverteilung als Ursprung und Rechtfertigung des bewaffneten Konfliktes angesehen wurden. Wie problematisch die Umsetzung der zahlreichen gutgemeinten Absichtserklärungen in dem Dokument sein wird, zeigen die anhaltenden Landbesetzungen der Campesinobewegungen in Guatemala und der halsstarrige Widerstand vieler Großgrundbesitzer*innen gegen jegliche Veränderung.

Trotzdem herrschte in Mexiko-Stadt nach der Unterzeichnung des Abkommens Euphorie. Die Verhandlungsbeteiligten hatten zwar in den Tagen zuvor kaum etwas über den bevorstehenden Abschluß an die Öffentlichkeit dringen lassen, dennoch aber für den entsprechenden Rahmen am Montag gesorgt. So schickte UNO-Generalsekretär Boutros Ghali seinen Stellvertreter Marrack Goulding. Neben dem Gastgeber, dem mexikanischen Außenminister Angel Gurría, waren sämtliche Botschafter der sogenannten Gruppe der Freunde (Kolumbien, Venezuela, USA, Mexiko, Spanien, Norwegen), die in den Verhandlungen eine Vermittlerposition eingenommen hatten, anwesend. Auch die guatemaltekische Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchú fehlte nicht. Guatemalas Präsident Alvaro Arzú beglückwünschte sowohl die Regierungsdelegation wie auch die Guerilla per Telefon zu der Vereinbarung. Menchú sprach eher verhalten von einer „Hoffnung“ für die guatemaltekische Bevölkerung, während URNG-Kommandant Pablo Monsanto das Abkommen „in seiner Gesamtheit als sehr gut“ bewertete. Er sah bereits ein „anderes Land“. Gustavo Porras, der Delegationsleiter der Regierungsseite und in den 80er Jahren selbst einmal Mitglied der URNG, sprach davon, die Regierung habe „keine Konzessionen“ gemacht. Die Vereinbarungen entsprächen den „ernsthaften Anstrengungen“, die Lage der Bevölkerung zu verbessern.

Der seit Januar 1996 amtierende konservative Präsident Alvaro Arzú hatte erst vor wenigen Tagen den endgültigen Friedenschluß innerhalb der folgenden sechs Monate vorausgesagt. Bereits Ende März suspendierte die URNG ihre offensiven Aktionen unbefristet und stellte in Aussicht, von Unternehmern und Plantagenbesitzern keine „Kriegssteuer“ mehr zu erheben. Die Regierung befahl im Gegenzug den Militärs, in den Kasernen zu bleiben. Als Datum für die Friedensunterzeichnung wird schon der 15. September, der guatemaltekische Unabhängigkeitstag genannt. Ein weiterer möglicher Termin wäre der 20. Oktober. 1944 stürzte die Bevölkerung an diesem Tag mit Hilfe einiger fortschrittlicher Offiziere die Militärdiktatur und erlebte eine zehnjährige demokratische Periode. An den damaligen Reformanstrengungen, vor allen Dingen im Agrarsektor, wird sich auch die guatemaltekische Nachkriegszeit messen lassen müssen, von der Guerilla und Regierung jetzt so optimistisch reden.

Amilcar Mendez klagt hohen Militär an

(Guatemala-Stadt, 30. April 1996, cerigua-POONAL).- Der Menschenrechtsaktivist und Abgeordnete für das Demokratische Bündnis Neues Guatemala (FDNG), Amilcar Mendez, hat den General Sergio Camargo beschuldigt für einen bewaffneten Einbruch in sein Haus verantwortlich zu sein, bei dem seine Tochter unter Drogen gesetzt und entkleidet wurde. Der General nimmt in der Kommandokette der Streitkräfte den zweithöchsten Rang ein. Er leugnete die Anschuldigungen und forderte Mendez auf, die Angelegenheit unter vier Augen zu diskutieren. Präsidentensekretär Ricardo de la Torre forderte den Abgeordneten auf, Beweise vorzulegen. Es ist nicht das erste Mal, daß Mitglieder des FDNG und Camargo aneinander geraten. Im November übergab die Partei einen vermeintlich oder tatsächlich von dem General – damals Kommandant der Militärbase Quetzaltenango – unterschriebenen Brief der Öffentlichkeit, in dem die Kandidaten der Partei beschuldigt wurden, eine bewaffnete Besetzung des Universitätsgeländes von Quetzaltenango angeführt zu haben. Vertreter des FDNG trafen sich Ende April mit Präsident Alvaro Arzú, um den neuen Fall zu besprechen. Sie äußerten ihre Bereitschaft, auch mit Camargo zusammenzukommen.

Landarbeiter*innen kappen Ölleitungen französischer Förderfirma

(Sayache, Peten, 28. April 1996, cerigua-POONAL).- Friedliche Forderungen der Campesinos für einen Straßenausbau zwischen den Provinzen Alta Verapaz und Petén hatten keinen Erfolg. Jetzt haben die Bewohner*innen der Region energischere Maßnahmen ergriffen. Sie begannen damit, Ölleitungen der französischen Firma „Basic Resources“ zu schließen. Vorausgegangen waren seit Februar sechs Treffen von Campesino-Vertreter*innen mit dem Unternehmen und der guatemaltekischen Regierung. Noch am 9. April hatte die Ölgesellschaft versprochen, mit Hilfe der Regierung den Straßenausbau zu beginnen. Nach den Aussagen der Campesinovereinigung des Petén (UTP) geschah jedoch nichts. Auch die Bitte an Präsident Alvaro Arzú um seine Intervention habe außer Versprechen nichts eingebracht. Nun soll der Druck verstärkt werden. In der Provinz Alta Verapaz blockierten 800 Bewohner*innen die Straße nach Sayaxche, um die Lastkraftwagen von Basic Resources nicht passieren zu lassen. Die Campesinos argumentieren, daß das Unternehmen die Ölvorkommen in dem Gebiet ausbeutet, die Region selbst davon aber in keiner Weise profitiert. Ein weiterer Vorschlag neben dem Straßenausbau ist, die Steuerzahlungen von Basic Resources für die Entwicklung der Infrastruktur der Region zu benutzten.

Privatisierung heißt nun Entflechtung

(Guatemala-Stadt, 29. April, cerigua-POONAL).- „Entflechtung“ heißt das Schlüsselwort, mit dem die Regierung einen neuen Plan, die staatlichen Unternehmen zu privatisieren, nach verbreiteter Kritik maskiert. Finanzminister Alejandro Arevalo kündigte am 25. April entsprechende Maßnahmen an. Er sprach von Entmonopolisierung der Regierungsunternehmen, der Konzessionserteilung und dem Verkauf von Staatsvermögen. Einen Tag später kündigte der Kommunikationsminister Fritz García eine Gesetzesinitiative an, um die Telefongesellschaft GUATEL neu zu strukturieren und ihr das Monopolrecht zu entziehen. Private Gesellschaften sollten das Recht bekommen, mit GUATEL zu konkurrieren. Der Regierungshaushalt für 1996 sieht Erlöse von etwa 200 Millionen Quetzales (33,3 Millionen US-Dollar) aus dem Verkauf staatlichen Vermögens vor. Ein Abgeordneter der regierenden PAN schätzte, 57 Unternehmen könnten von der „Entflechtung“ profitieren.

Viele Kommentator*innen befürchten hinter den schönen Worten allerdings den Ausverkauf der Staatsunternehmen. „Es erscheint uns nicht gerecht, daß mit den Argumenten unzureichender Geschäftsführung und geringer Leistungsfähigkeit vorgegangen wird, denn für die Guatemaltek*innen wird sich die Privatisierung in erster Linie in dem Verlust des sozialen Nutzen der Unternehmen bemerkbar machen“, so heißt es beispielsweise in einem Leitartikel der Tageszeitung „El Gráfico“. Die Privatisierung von Staatsunternehmen in Mexiko habe die Wirtschaft dieses Landes in ein Desaster geführt. Gewerkschaften und oppositionelle Abgeordnete wollen sich mit der „Entflechtung“ ebenfalls nicht abfinden. „Wir weisen die Privatisierung kategorisch zurück und rufen die Regierung auf, eine weitere Destabilisierung des Landes zu vermeiden. Das könnte zu einer sozialen Explosion führen“, erklärte Alberto Ramirez von der CGTG. Die Kritiker*innen fürchten mehr Arbeitslosigkeit, höhere Preise für Dienstleistungen und fehlende Angebote für die ärmeren Schichten, wenn die Regierung die Privatisierungspläne umsetzt.

Busstreik fördet Pläne für Nahverkehr der Kommune

(Guatemala-Stadt, 28. April 1996, cerigua-POONAL).- Ein Teilstreik der Busunternehmen für den Personenverkehr in der Hauptstadt haben Bürgermeister Oscar Berger bewegt, eine eigene städtische Transportgesellschaft anzukündigen. Die Betreiber der Buslinien ließen am 25. April 800 Fahrzeuge stehen, um die Stadtverwaltung zu höheren Subventionen zu zwingen, die sie als Gegenleistung für einen festen Fahrpreis bekommen. Die Buseigentümer argumentieren, die steigenden Treibstoffpreise machten einen Gewinn unmöglich. Bürgermeister Berger ist nicht dieser Meinung. Ab August dieses Jahres werde eine städtische Busgesellschaft funktionieren. „Wir werden gute, leistungsstarke Busse haben, mit Sonderpreisen und freundlichen und uniformierten Fahrer*innen, die die Regeln respektieren“, erklärte er. Berger bezeichnete die privaten Gesellschaften als nicht effizient. Sie würden ihre Einheiten nicht instand halten und hätten den Transport der Bevölkerung an den Rand des Chaos gebracht. Die Stadtverwaltung hat den privaten Busunternehmen seit 1972 nach eigenen Angaben umgerechnet 100 Millionen Dollar an Subventionen bezahlt. Im Parlament wird derzeit ein Entwurf geprüft, der weitere Subventionen in Höhe von vier Millionen Dollar vorsieht. Die wiederkehrenden Versuche der privaten Busunternehmen, die Fahrpreise zu erhöhen, haben gewöhnlich stadtweite Aufstände und Zusammenstösse der protestierenden Menschen mit der Polizei provoziert. Bei einer nicht genehmigten Fahrpreiserhöhung im Jahr 1994 kam bei den Protesten ein Student um, der von der Polizei geschlagen und dann erschossen wurde. Ein Personennahverkehr unter städtischer Regie ist in der Vergangenheit öfter gefordert worden. Die Ankündigung des Bürgermeisters enthält jedoch eine pikante Note. Der die privaten Busgesellschaften kritisierende Oscar Berger ist Mitglied der regierenden PAN, die derzeit mit immer neuen Initiativen die Privatisierung vorantreibt.

MEXIKO

Angebliche Zapatisten wegen Terrorismus verurteilt

(Mexiko-Stadt, 5. Mai 1996, POONAL).- Wieder einmal stellt ein Richterspruch die Verhandlungen zwischen der mexikanischen Regierung und den Rebellen der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung (EZLN) in Chiapas in Frage. Seit ein Distriktrichter aus der chiapanekischen Hauptstadt Tuxtla Gutiérrez den aus Mexiko- Stadt stammenden Jorge Javier Elorriaga und den Tzeltal-Indio Sebastián Entzin vor wenigen Tagen wegen „Terrorismus, Verschwörung und Rebellion“ zu dreizehn beziehungsweise sechs Jahren Haft verurteilt hat, herrscht Ungewissheit, wie die Zapatist*innen reagieren werden. Bereits im Oktober 1995 hatte die vorübergehende Verhaftung des angeblichen ZapatistInnenführers Fernando Muñoz alias „Comandante Germán“ fast einen Abbruch der Gespräche provoziert. Am Sonntag sollte sich die Abgeordneten- und Senatorenkommission Cocopa mit der Führung der EZLN im Lacandonen- Urwald wegen eines gemeinsam für Ende Mai geplanten Forums treffen. Über das Ergebnis dieser Zusammenkunft, bei der das Gerichtsurteil eine wesentliche Rolle gespielt haben dürfte, lagen in der späten Sonntagnacht noch keine Nachrichten vor.

In der Öffentlichkeit wird vor allen Dingen über den Fall Elorriaga und dessen Hintergründe diskutiert. Elorriaga sitzt seit dem 10. Februar 1995 in Chiapas in Haft. Seine Festnahme erfolgte im Rahmen des Einmarsches der mexikanischen Bundesarmee in das Zapatistengebiet. Präsident Zedillo hatte ihn einen Tag zuvor wie seine Frau Gloria Benavides öffentlich der EZLN-Führung zugerechnet. Zweifel an dieser Version gab es von Anfang an. So erklärten beispielsweise zwei Bundesrichter später widerrufene Geständnisse von der in Mexiko-Stadt verhafteten Gloria Benavides für ungültig, da sie unter Folter erzwungen worden seien. Benavides ist seit einigen Monaten unter Auflagen frei, ihr Ehemann jedoch blieb in Haft. Daran änderte sich auch nichts, als er vor zwei Monaten die schon vorher bekannt gewordene Information bestätigte, er habe als anerkannte Kontaktperson zwischen dem damaligen mexikanischen Innenminister und Rebellensprecher Subcomandante Marcos gedient. Ebenso wenig half ihm, daß der Hauptbelastungszeuge gegen ihn, ein nach Angaben der Bundesstaatsanwaltschaft abgesprungener hoher Zapatist, nie öffentlich auftauchte. Auch das im März 1995 verabschiedete „Gesetz fuer den Dialog, die Friedensstiftung und den würdigen Frieden in Chiapas“, das unter anderem auf die Aufhebung der Strafverfolgung von tatsächlichen oder angeblichen Zapatist*innen abzielt, ließ Optimist*innen vergeblich einen Freispruch erwarten. Der Richter in Tuxtla Gutiérrez ließ sich von den Ungereimtheiten in der Anklage nicht beirren und machte Elorriaga anhand von fragwürdigen Indizien zum Mitglied der Ideologiekommission der Zapatist*innen. Und während Bundesstaatsanwalt Lozano Gracia während eines Aufenthaltes in Bolivien der Presse erklärte, die Zapatist*innen hätten nichts mit Terrorismus zu tun, verurteilte der Distriktrichter in Chiapas mit Elorriaga und Entzin erstmals in der modernen mexikanischen Rechtsgeschichte zwei „Terroristen“. Elorriaga selbst kommentierte: „Ich habe eine Schweinerei erwartet, aber nicht von diesem Ausmaß.“

Angeblich soll Mexikos Präsident Ernesto Zedillo überrascht und verärgert reagiert haben, als er von dem Urteil erfuhr. In der Cocopa bezeichnete auch ein Mitglied der Regierungspartei PRI den Gerichtsentscheid als „bedauernswert“. Der Abgeordnete vermutete Gruppen im „Dunkeln“, die den Versöhnungskurs des Präsidenten erschweren wollten. Andere Vermutungen gehen dahin, das Urteil sei ein Testballon der Regierung gewesen, um zu prüfen, wie stark die Proteste sein würden. Cocopa-Mitglied Heberto Castillo von der linksoppositionellen PRD legte sein Mandat in der Kommission vorerst nieder. Die gesamte Kommission tritt dem Anschein nach für eine Revision des Urteils ein und besprach mögliche Lösungen mit dem Innenministerium. Vor dem Sitz der Bundesstaatsanwaltschaft in Mexiko-Stadt protestierten am Wochenende mehrere hundert Menschen gegen die Verurteilung von Elorriaga und Entzin, die beide bereits Berufung eingelegt haben. So wie der Gerichtsentscheid wahrscheinlich durch politische Einflußnahme von dritter Seite zustande kam, so wird auch die Lösung des auf den ersten Blick juristischen Problems ebenfalls politischer Art sein müssen. Nachdem Bundesstaatsanwalt Lozano Gracia auf die Unabhängigkeit der mexikanischen Justiz verwies, deutete er am Sonntag drei Möglichkeiten an: Amnestie, Gnadenerlaß oder, so Gracia vielsagend, der Beweis der Unschuld im Berufungsverfahren.

Zapatist*innen in Alarmbereitschaft

(Mexiko-Stadt, 6. Mai 1996, POONAL).- Nach dem Urteil gegen zwei angebliche Mitglieder der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung (EZLN), die ein Richter als „Terroristen“ mit 13 und sechs Jahren Haft bestrafte, haben die Rebellen im Bundesstaat Chiapas erwartet harsch reagiert. Der Subcomandante Marcos sprach im Lacandonen-Urwald gegenüber der Presse von einem „klaren Kriegszeichen“ der Regierung. Die Zapatist*innen hätten die Botschaft „erhalten und verstanden“. Die eigenen Truppen seien in Alarmbereitschaft versetzt und warteten auf weitere Befehle. Marcos, Sprecher und Militärstratege der EZLN, beschuldigte die mexikanische Regierung, mit den Verhandlungen in San Andrés nur auf Zeit gespielt zu haben, um im geeigneten Moment mit der Armee gegen die Zapatist*innen vorgehen zu können. Die Medien bewerteten die Aussagen des Subcomandante teilweise als offiziellen Abbruch jeglicher Gespräche mit der Regierung. Dies geht aus den Worten von Marcos jedoch nicht eindeutig hervor. Schon einmal waren ähnliche Äußerungen von ihm im vergangenen Jahr vorschnell in dieser Weise interpretiert worden. Noch wird eine Revision des Richterspruchs nicht ausgeschlossen. Diese könnte eine gewisse Entspannung zur Folge haben.

ARGENTINIEN

Frauenrat im Schattenkabinett der Opposition

(Buenos Aires, Mai 1996, fempress-POONAL).- In das Schattenkabinett der oppositionellen Unión Cívica Radical ist jetzt auch ein nationaler Frauenrat aufgenommen worden, der auf der Ebene eines Ministeriums angesiedelt wurde. Der von María Lubertino geführte Rat soll drei Aufgaben wahrnehmen: Erstens alle Gesetze auf Landes- und Provinzebene aus der Geschlechterperspektive begutachten und über die Zusammenarbeit mit Abgeordneten und Senator*innen eigene Gesetzesreformen einbringen. Zweitens landesweit diskriminierende Akte gegen Frauen feststellen und Proteste, Klagen und entsprechende gesetzliche Aktionen dagegen unternehmen. Schließlich sollen die Regierungsmaßnahmen auf nationaler, regionaler und kommunaler Ebene überwacht werden, die die Frauen betreffen und/oder sie schädigen, wobei der Rat in diesen Fällen Alternativen vorschlagen soll. Laut María Lubertino wird ein bundesweites Netz zwischen den Frauenbehörden der 400 Rathäuser und fünf Provinzregierungen in den Händen der Oppositionspartei geknüpft, wenn die selbstgesteckten Aufgaben erfüllt werden.

Der Aufschwung läßt auf sich warten

– von Dafne Sabanes Plou

Buenos Aires, 2. Mai 1996, alai-POONAL).- Seit April 1991 herrscht in Argentinien der Konvertibilitäts- und Stabilitätsplan. Zum fünften Geburtstag ist die Inflationsrate zwar auf minus 1,5 Prozent gesunken, d. h., die Verbraucherpreise sinken. Das freut jedoch weder die Regierung noch die Oekonom*innen des Landes. Denn die Deflation geht Hand in Hand mit einer Arbeitslosigkeit, die nahe bei 20 Prozent liegt. 35.000 kleine Geschäfte im ganzen Land mußten schließen, die Konkurse in der Industrie und im Handwerk erreichten Rekordziffern, der Güterkonsum ist besorgniserregend zurück gegangen. Die Zahl der offenen Stellen ist um 37 Prozent geschrumpft. Das Jahr 1995 war hart für die Argentinier*innen. Die Wirtschaftskrise in Mexiko nach dem Sturz des Peso brachte den neoliberalen Wirtschaftsplan, der von Präsident Carlos Menem und seinem Wirtschaftsminister Domingo Cavallo aufrechterhalten wird, schwer ins Straucheln. Dieser Rückschlag diente nur dazu, zu zeigen, daß ein Großteil des Kapitals, das die argentinische Börse als erfolgreichen Reflex des Plans erscheinen ließ, sich als „Schwalbenkapital“ erwies. Die Kapitaleigentümer zogen ihr Geld zurück, als sie unsicher wurden und die Möglichkeiten eines saftigen Gewinns innerhalb kurzer Zeit schwinden sahen.

Der Fall der Börse und der Rückgang der Investitionen im Land ließ schnell eine Rezession mit negativem Wirtschaftswachstum und schweren sozialen Folgen deutlich werden, die bis dahin verdeckt war. Der drastische Rückgang der Inflation, die unter der Regierung von Raúl Alfonsín mit 197 Prozent im Juli 1989 bis dahin ungekannte Höhen erreichte, sowie der rasch wachsende Konsum infolge der Preisstabilität und der Kapitalzufluß an die Börse hatten nach der Machtübnernahme Menems zunächst für große Euphorie gesorgt. Doch schon bald wurden die Probleme sichtbar, die Argentinien nun in die Rezession zu stürzen droht. Handel und Industrie mußten sich nach der radikalen Marktöffnung kurzfristig auf die harte Konkurrenz aus Ausland einstellen, vor allem Textilprodukte kamen zu Dumpingpreisen ins Land. Die bis dahin von ausländischer Konkurrenz weitgehend abgeschotteten Unternehmen mußten rationalisieren, um die Kosten zu senken. Tausende Beschäftigte wurden entlassen. Auch die Überstunden, die in vielen Fällen die Löhne um 50 Prozent aufbesserten, fielen weg. In der öffentlichen Verwaltung erreichten die Lohneinbußen je nach Stelle zwischen 15 und 20 Prozent.

Die Arbeitslosigkeit, die sich seit Ende 1994 verstärkt bemerkbar macht, der Lohnverfall und der Rückgang der einheimischen Produktion – oft ist es für die Unternehmer*innen profitabler Produkte zu importieren, als sie im eigenen Land herzustellen – zeigten eine Krise des Modells auf. Es wurde etwas mehr nötig als die monetaristischen Maßnahmen, um den Untergang des Modells zu verhindern. Die angeführte Konvertibilität, die auf einem Verhältnis von Eins zu Eins zwischen Dollar und argentinischem Peso beruht, reichte nicht mehr aus, um die Wirtschaft stabil zu halten. Die normalen Staatsausgaben und die Bezahlung der Auslandsschuld verbrauchten eine Menge Geld. Die öffentlichen Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheit und Sicherheit sind heute heruntergekommen. Die Ergebnisse im Handelsverkehr sind ebensowenig befriedigend. In den ersten Monaten 1996 hat sich ein Handelsdefizit von 365 Millionen Dollar angehäuft. Während die Exporte in den MERCOSUR und die Europäische Union gut laufen, geschieht das nicht bei den Ländern des nordamerikanischen Freihandelsvertrages. Von dort kommen aber 24 Prozent der argentinischen Importe.

Einer Studie der privaten Argentinischen Unternehmensuniversität zufolge sind die Löhne der Arbeiter*innen durchschnittlich um 10 Prozent gesunken, seit der heimische Währung konvertibel ist. Der Durchschnittslohn liegt bei 550 Dollar, und voraussichtlich wird er weiter sinken. Die größte Sorge der Argentinier*innen, so das Ergebnis zahlreicher Straßenumfragen, ist, ihren Arbeitsplatz zu verlieren oder keinen neuen zu finden. Der hohe Prozentsatz qualifizierter Arbeitsloser drückt auf die Löhne. Dies bedeutet aber auch weniger Steuereinnahmen für den Staat. Die Steuerbehörde verzeichnet in den letzten Monaten weniger Zahlungen. Die Armut steigt wieder. Inzwischen leben 16 Prozent der argentinischen Haushalte in Armut. Das sind zwar immer noch weniger als zu Zeiten der Hyperinflation in den achtziger Jahren, damals waren 39 Prozent der Familien arm. Der Trend hat sich jedoch umgekehrt, seit 1992 steigt die Armut wieder rasch an. Damals schien alles in der argentinischen Wirtschaft erfolgreich zu sein.

Es gibt aber auch einige Hoffnungszeichen. Im Verwaltungs- und Dienstleistungssektor wurden jüngst verstärkt Stellen angeboten. In einigen wenigen Industriebereichen wie der Eisenindustrie, der Petrochemie sowie bei der Weiterverarbeitung von Lebensmitteln ist eine Aufwärtstendenz zu verzeichnen. Alle Unternehmen mit positiven Bilanzen verdanken dies ihrer gelungenen Anpassung an die Wirtschaftsumwandlung und der Eingliederung in den Exportmarkt. Dennoch: Als Präsident Menem seinen Fünfjahresplan vorlegte, um 1995 zum zweiten Mal gewählt zu werden, verspach er jährlich 350.000 neue Arbeitsplätze. Vor der Wahl 1989 gab er das Versprechen einer „Produktionsrevolution“. Dieses erste Versprechen bleibt als schlechter Scherz in der Erinnerung. Und niemand scheint mehr an das zweite Versprechen zu glauben. Unterdessen sind zwei Millionen Arbeitslose in den Dörfern und Städten ohne Hoffnung.

KUBA

Gewerkschaftssolidarität

(Havanna, 2. Mai 1996, prensa latina-POONAL).- Mehr als 300 ausländische Delegierte, die zum 17. Kongreß der ArbeiterInnenzentrale Kubas und dem Treffen „Für die Einheit und Solidarität der Arbeiter*innen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert kamen, drückten ihre Ablehnung gegen die nordamerikanische Blockadepolitik und besonders das Helms-Burton-Gesetz aus. Die Gewerkschaftsführer*innen aus 49 Ländern verschiedener Kontinente vereinbarten ein Folgetreffen für den Sommer 1997, um eine kontinent- und weltweite Koordinierung gegen den Neoliberalismus und für die Einheit der Arbeiterklasse zu suchen. Tagungsort soll ein weiteres Mal Havanna sein, wo zu dieser Zeit auch das Weltjugend und -studentInnenfestival durchgeführt werden wird.

Etwa 30 Vertreter*innen ausländischer Gewerkschaften ergriffen in Havanna das Wort. Brian Taylor von der Internationalen MechanikerInnenvereinigung aus den USA erklärte, die Presse seines Landes verzerre die kubanische Wirklichkeit. Taylor bezeichnete Kuba als einzige Hoffnung und Möglichkeit, die den ausgebeuteten Arbeiter*innen bleibe. Jesus Urrutia, Vorsitzender der Gewerkschafter*innen Spaniens im Chemie-, Metall- und Energiebereich, forderte, es sei an der Zeit, nach den Worten nun endlich Taten folgen zu lassen. Die Kubaner*innen hätten bei den Massendemonstrationen zum 1. Mai den Weg zur Einheit als eine gültige Alternative für Alle aufgezeigt. In ähnlichem Sinne äußerten sich David Grant von der Rundfunktgewerkschaft in Großbritannien und Silivia Solorzano aus Guatemala. Luis Blasina von der Einheitszentrale der Arbeiter*innen Uruguays trat dafür ein, die Kräfte zusammenzuziehen, um gegen den Neoliberalismus anzutreten und die kubanische Revolution zu unterstützen.

KUBA/MEXICO

Regierung dementiert: Keine Ausbildung mexikanischer Guerilleros

(Havanna, 2. Mai 1996, prensa latina-POONAL).- Das kubanische Außenministerium bezeichnete die angebliche Ausbildung von mexikanischen Guerilleros auf der Insel als „absolut falsch“ und jeder Grundlage entbehrend. Eine Sprecherin erklärte, die bilateralen Beziehungen Kubas und Mexikos seien ausgezeichnet und im Laufe der Jahre konsolidiert. Sie dementierte deutlich die Versionen ausländischer Medien in den Vortagen, nach denen Kuba während der 80er Jahre Guerilleros aus Mexiko militärisch vorbereitet habe. „Es handelt sich um rhetorische Erklärungen von denen, die sich selbst, die Geschichte und das kubanische Volk verraten“ (die Sprecherin bezieht sich damit auf Aussagen des Kubaners Dariel Alarcón, der als siebzehnjähriger an der kubanischen Revolution teilnahm, danach verschiedene offizielle Posten einnahm und seit einigen Monaten im Exil lebt. Sein gerade erschienenes Buch „Vida y muerte de la Revolución Cubana“ ist eine Abrechnung mit dem kubanischen System; die Red.). Solchen Personen dürfe kein Spielraum gegeben werden, die mexikanisch-kubanischen Beziehungen zu schädigen.

PARAGUAY

Generalstreik und Repression

(Montevideo/Mexiko-Stadt, 5. Mai 1996, comcosur-POONAL).- Nachdem die Krise, die durch die Rebellion des Generals Lino Oviedo ausgeöst wurde, überwunden ist, tritt die soziale und wirtschaftliche Krise wieder in den Vordergrund. Der 48stündige Streik, zu dem die vier Gewerkschaftszentralen Paraguays für den 2. und 3. Mai aufgerufen hatten, wurde zu 95 Prozent befolgt. Doch während Wasmosy mit Oviedo verhandelte, ihn umarmte und mit dem Verteidigungsministerium „belohnen“ wollte, ist sein Vorgehen gegen die Streikenden von Härte und Unterdrückung bestimmt. Bereits am ersten Tag des Generalstreiks, mit dem die Arbeiter*innen höhere Löhne durchsetzen wollten, ging die Polizei gegen Straßendemonstrationen vor und verhaftete mehrere Gewerkschaftsführer*innen. Insgesamt gab es 130 Verletzte und 20 Festnahmen. Der Polizeichef selbst gab Exzesse zu und leitete Untersuchungen ein, während der Präsident versuchte, die Verantwortung der Regierung dafür abzustreiten. Der Bürgermeister der Hauptstadt Asunción besuchte die inhaftierten Gewerkschafter und erklärte, sie seien von der Polizei schikaniert worden. „In diesen demokratischen Zeiten ist kein Vorgehen solcher Art gerechtfertigt“, kommentierte er. Ein Oppositionsabgeordneter versicherte: „Wasmosy hat die Kontrolle über das Land verloren, also müssen wir ihm helfen, daß er nach Hause geht und ausruht, denn er regiert nicht mehr.“

Umbesetzung in der Armee

(Mexiko-Stadt, 5. Mai 1996, POONAL).- In dem Bestreben, mögliche

Oppositon im Heer auszuschalten, setzte Präsident Carlos Wasmosy die erste wichtige Umbesetzung im Heer nach der erfolglosen Rebellion von General Oviedo durch. Er setzte Oberst Arturo Solalinde als Kommandant des dritten Kavallerieregimentes ab und ernannte an seiner Stelle den als loyal eingeschätzten Oberst Abel Guerín. Solalinde gilt als treuer Anhänger von Oviedo. Das dritte Kavallerieregiment hat innerhalb des Heeres eine herausgehobene Position. Es handelt sich um eine strategische Einheit mit Panzerwagen, die nur zehn Kilometer vom Zentrum der Hauptstadt Asunción stationiert ist. Bei der Ablösung des Diktators Alfredo Strössner im Jahr 1989 spielte das Regiment unter der Führung von Oviedo eine entscheidende Rolle. In den Folgejahren wurde die Einheit aufgerüstet, so daß ihre Kampfkraft heute deutlich höher ist als die der übrigen Militäreinheiten im Land.

URUGUAY

Tag der ArbeiterInnen

(Montevideo, 3. Mai 1996, comcosur-POONAL).- Mehr als 30.000 Arbeiter*innen feierten in der Hauptstadt den 1. Mai. Die massenhafte Teilnahme (im Verhältnis zur Bevölkerungszahl war es von Kuba einmal abgesehen die größte Maidemonstration in Lateinamerika und der Karibik in diesem Jahr; die Red.) ist auf die soziale Krise zurückzuführen, die uruguayische Einheitsgewerkschaft CNT in ihrem Aufruf deutlich ansprach. Die Arbeiter*innen verkündeten einen „Zusammenschluß ohne Ausschluß, die Bildung einer umfassenden landesweiten Bewegung, um das Land aus der Krise zu holen“. Mit dem Bild des gewerkschaftlichen Vorkämpfers José Artigas und unter dem Motto „Gemeinsam für Lösungen“ kritisierten die Kundgebungsteilnehmer*innen den Neoliberalismus und die Wirtschaftspolitik der Koalitionsregierung aus der Colorado Partei und der Partido Nacional. „Heute befinden wir uns gegenüber einem Krieg wirtschaftlichen, sozialen und ideologischen Zuschnitts, in dem versucht wird, jede Art von Volksorganisation zu spalten, zu atomisieren und auszulöschen, vor allem jene Gewerkschaften, die nicht bereit sind, faule Kompromisse einzugehen“, hieß es. Und weiter wurde darauf verwiesen, daß die „großen Importeure und jene Unternehmen, die sich der unproduktiven Finanzspekulation widmen“, nicht von der Krise betroffen seien. „Für den Herrn Präsidenten und seine Minister*innen sieht alles gut aus, obwohl die offiziellen Statistiken etwas anderes aussagen.“ Gewerkschaftsführer Edgardo Clavijo beklagte die „Krankheit der Leute, die fehlende Hoffnung, die jeden Tag mehr Uruguayer*innen ergreift“.

Ausrüstung von Community-Radios zerstört

(Montevideo, 3. Mai 1996, comcosur-POONAL).- Während in der uruguayischen Hauptstadt die Community-Radios des Landes und verschiedene internationale Organisationen das Treffen „Mit den Füßen auf dem Boden und der Stimme in der Luft“ organisierten, scheint eine Kampagne angelaufen zu sein, die „Stimmen in der Luft“ zum Schweigen zu bringen. Überraschenderweise ging die Stadtverwaltung von Montevideo, in deren Gebäude und unter deren Schirmherrschaft das Radiotreffen stattfand, gegen das Stadtteilradio El Puente (Die Brücke) vor. Sie drangen in das Büro des Jugendzentrums ein, von dem aus „El Puente“ sendet. Nachdem sie die Tür und meherere Schlösser aufgebrochen hatten, zerbrachen sie die Radioantenne, damit nicht mehr gesendet werden konnte. In der Gemeinde haben verschiedene Nachforschungen begonnen, um den Hintergrund der Aktion aufzuklären. Alle Organisationen des bevölkerten Stadtviertels La Teja verurteilten das Vorgehen der Behörde. In der Provinz Durazno schloß das Verteidigungsministerium unterdessen den Sender „FM Oxígeno“ und beschlagnahmte die Ausrüstung. Auf der anderen Seite autorisierten Präsident Julio Sanguinetti und Verteidigungsminister Raúl Iturria die Uebertragungen eines alternativen Sender während des Radiotreffens und schafften damit einen wichtigen Präzendenzfall. Von der Plattform des Hautgebäudes der Stadtverwaltung informierte „FM 88,7 Radio AMARC Uruguay“ über die Diskussionen der Teilnehmer*innen.

KOLUMBIEN

Ehegemeinschaft nur für Heteros

(Bogota, Mai 1996, fempress-POONAL).- Das Verfassungsgericht hat die Klage abgelehnt, die eheliche Gemeinschaft auch auf schwule und lesbische Paare auszudehnen. Damit sind diese Paare von den Rechten auf eheliche Vermögensübertragung, das Einfordern des Erbes und den staatlichen Gesundheits- und Rentenschutz für Ehepartner ausgeschlossen.

ECUADOR

Frauenmehrheit an den Universitäten

(Quito, Mai 1996, fempress-POONAL).- Die Zahl der Studentinnen an den Universitäten hat sich bedeutend erhöht. Betrug ihr Anteil 1970 noch 28 Prozent, so stellen sie in den größten ecuadoreanischen Städten inzwischen durchschnittlich mehr als die Hälfte der eingeschriebenen Student*innen. An den staatlichen Hochschulen von Cuenca und Guayaquil sind nach den Daten des Nationalrates der Universitäten und Politechnischen Schulen die Frauen in der Mehrheit, in Quito liegt ihr Anteil knapp unter 50 Prozent. An einer Privatuniversität in Guayaquil ist der Frauenanteil mit 65 Prozent am höchsten. Dagegen hinkt die Nationale Politechnische Hochschule der allgemeinen Entwicklung hinterher: dort sind nur 23 Prozent der eingeschriebenen Student*innen weiblich. Die beiden Extreme sind nicht verwunderlich. Die Privatuniversität bietet Studiengänge wie Journalismus, Marketing und Betriebswirtschaft an, die generell eher von Frauen gewählt werden. Die politechnische Schule bietet unter anderem Mathematik und Informatik an, Studiengänge, wo die Frauen noch unterrepräsentiert sind. Auch sonst kann von einer wirklichen Gleichheit männlicher und weiblicher Student*innen noch nicht geredet werden. Die Frauen brechen das Studium eher ab als die Männer und absolvieren weniger Postgraduiertenstudien. Außerdem fällt die Verantwortung für den Haushalt nach wie vor mehrheitlich den Frauen zu. Die Frage, wie dieser Ungleichheit begegnet werden kann, bleibt bestehen.

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