Poonal Nr. 195

Deutsche Ausgabe des wöchentlichen Pressedienstes lateinamerikanischer Agenturen Nr. 195 vom 30.05.1995

Inhalt


ARGENTINIEN

NICARAGUA

HAITI

GUATEMALA

MEXIKO

KUBA

BOLIVIEN

PERU

PANAMA


ARGENTINIEN

Unterschichten wählten Menem

Von Dafne Sabanes Plou

(Buenos Aires, 25. Mai 1995, alai-POONAL).- Eine Woche nach der Wiederwahl des Präsidenten Carlos Menem gab das Forschungszentrum über die Öffentliche Meinung Ergebnisse einer Umfrage unter den Wähler*innen bekannt. Danach stimmten gerade die ärmsten Bevölkerungsschichten für den Fortbestand der Regierung. Aber nicht nur die Unterschicht gab zu 62 Prozent Menem ihre Stimme. Von den Arbeitslosen waren es 52 Prozent und von den Unterbeschäftigten 55 Prozent. Um das Bild abzurunden: In den Provinzen im Norden Argentiniens, wo die Arbeitslosigkeit bei durchschnittlich 18 Prozent liegt (Landesdurchschnitt 12 Prozent) erhielt Menem einen Stimmenanteil von etwa 60 Prozent.

Die Zahlen widersprechen jeder Vorhersage. Ein Land, das von der höchsten Arbeitslosenrate seit 50 Jahren und einer beispiellosen Rezession betroffen ist, wählt einen Präsidenten, der noch vor wenigen Wochen öffentlich beichtete: „Wenn die Leute gewußt hätten, was 1989 (erste Wahl Menems ins Präsidentenamt) mein Wirtschaftsplan war, hätten sie nicht für mich gestimmt.“ Der neoliberale Anpassungsplan, an die konkreten Anweisungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) gebunden, hat die argentinische Gesellschaft in den letzten vier Jahren in zunehmendem Masse verarmen lassen. Dennoch wählten landesweit 49,9 Prozent Menem. Das sind mehr als 1989, als sein Stimmenanteil 47,4 Prozent betrug. Das Ergebnis überraschte selbst die Regierung.

Stabilität und Tradition als bestimmende Motivation

Erst Ende Februar schälte sich ein Präsidentschaftskandidat heraus, der Menem die Macht hätte streitig machen können: José Octavio Bordón, Senator aus der Provinz Mendoza und vorher wie Menem ein Mitglied der 'Partido Justicialista'. Bordón predigte Aufrichtigkeit, Ethik und Stabilität. Doch im letzten Punkt überzeugte er nicht sehr. Er trat für das Bündnis für ein solidarisches Handeln (FREPASO) an, das aus Kräften der Mitte und der Linken zusammengesetzt ist. Die FREPASO konnte in der Zeit seit Ende Februar ihr Programm und ihre Präsenz beim Wahlvolk nicht konsolidieren. Obwohl Bordón nach nur zweieinhalb Monaten Wahlkampf landesweit 27 Prozent der Stimmen erhielt, vermittelte seine Partei nicht genügend Kohärenz und die Fähigkeit, inmitten der Wirtschaftskrise eine starke Regierung stellen zu können.

Die Radikale Bürgerunion, traditionelle Gegenspielerin der 'Partido Justicialista', wählte ihren Kandidaten schlecht aus. Horacio Massaccesi zeigte wenig Redekraft, seinem Programm fehlte es an Stichhaltigkeit. Zudem mußte er gegen die grausame Erinnerung an die Hyperinflation kämpfen, die 1989 unter der Regierung seiner Partei ausgelöst einen monatlichen Spitzenwert von 197 Prozent erreichte. Die erwähnte Umfrage, von der auflagenstärksten argentinischen Tageszeitung „Clarin“ veröffentlicht, gibt auch Auskünfte über die Gründe des Wahlverhaltens. Zu den wichtigsten Motiven gehörten: die Fortführung des Wirtschafts- und Stabilitätsplanes (48,2 Prozent), die Tradition, „ich war immer Peronist“ (13,1 Prozent), Menems Amtsführung (11,3 Prozent) und Menems Charisma (9 Prozent).

Ein zweiter Wahlgang hätte das Land lahmgelegt

Ende April zeichnete sich den Umfragen nach die Möglichkeit eines zweiten Wahlganges zwischen Menem und dem Kandidaten des FREPASO ab. Das durch die „Beichten“ der Militärs über die Verbrechen an den politischen Oppositionellen unter der Militärdiktatur (1976- 83), die Korruptionsanklagen und die zunehmende Rezession geschaffene Klima, nahm der Regierung Glaubwürdigkeit. So schrumpfte Menems Vorsprung plötzlich von 42 auf 34 Prozent. Dies hätte einen zweite Runde bedeutet. Da sprach Wirtschaftsminister Domingo Cavallo schnell über ein mögliches Chaos, Ungleichgewichte und Bankprobleme in der Wartezeit zwischen den zwei Wahlgängen. Der reine Gedanke, die so schwer erkämpfte Stabilität zu verlieren, scheint die Wähler*innen überzeugt zu haben, um Menem erneut die Macht zu geben. Auch der Gebrauch und Mißbrauch der geschätzten Symbole des Peronismus, die vom Populismus Juan Domingo Perons (in der 40er Jahren Gründer der heutigen Partido Justicialista und dreimaliger Präsident) und seinen Anhänger*innen so lange hochgehalten wurden, taten ihre Wirkung. Das traditionell peronistische Wahlvolk war unfähig, seinen Kandidaten zu „verraten“.

Zwei Tage nach der Wahl schlossen drei Autofabriken

Kaum 48 Stunden nach den Wahlen beschlossen drei Autofabriken, die Produktion aufgrund des Verkaufsrückgangs und hoher Lagerbestände vorübergehend einzustellen. Die kleinen und mittleren Unternehmen verkraften die Dollarkredite mit Zinsen von jährlich 20 Prozent nicht. Die Grundstückgeschäfte stocken. Bei den Kreditkarten wird die Liste der Schuldner*innen von Tag zu Tag länger. Der „Frühling“ des Konvertibilitätsplanes (Parität des argentinischen Peso mit dem Dollar; die Red.) ist vorbei. Die Rezession macht der Regierung Sorgen, weil das Steuereinkommen nicht hoch genug ist, um die Ziele des Internationalen Währungsfonds zu erfüllen.

Es bleibt die Hoffnung auf die Exporte, die im ersten Vierteljahr 1995 beträchtlich stiegen, da Peso und Dollar weltweit billiger wurden. Menem setzt darauf, der zweiten Amtszeit einen sozialen Anstrich zu geben: Menem will das Ministerium für Sozialentwicklung und das Beschäftigungsministerium gründen. Für einige Beobachter*innen ist dies allerdings mit der mehrdeutigen Sprache aus „1984“, dem unvergessenen Roman von George Orwell, verbunden. Laut Gallup bleiben die größten Sorgen für die Argentinier*innen die Arbeitslosigkeit, die Korruption und die Bildung. Menem hat versprochen, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Zu den anderen beiden Punkten hat er sich nicht geäußert und nichts weist daraufhin, daß die Regierung sie zu ihren Prioritäten zählt.

NICARAGUA

Institutionen-Krise und Justizchaos

Von Eduardo Tamayo

(Managua, 15. Mai 1995, alai-POONAL).- Mit zwei nebeneinander bestehenden Verfassungen, zwei Gerichtshöfen und einem heftigen Streit, in den das Parlament, die Regierung und der Oberste Gerichtshof bereits seit drei Monaten verwickelt sind, haben die politische Krise und das Rechtschaos in Nicaragua ihren Höhepunkt erreicht. Stein des Anstoßes sind die Reformen der sandinistischen Verfassung von 1987. Sie wurden Ende Januar 1995 von der Nationalversammlung, dem Parlament, unter Vorsitz des Christdemokraten Luis Alberto Guzmán verabschiedet. Das Parlament gab der Regierung 15 Tage Zeit, die Reformen im offiziellen Amtsblatt zu veröffentlichen. Doch Präsidentin Violeta wies die Neuerungen zurück und setzte sie nicht in Kraft. Nachdem die Frist verstrichen war, veranlaßte Guzmán die Veröffentlichung zum 24. Februar. Seitdem hat Nicaragua zwei Verfassungen: für die Regierung gilt die von 1987, für das Parlament die neue Reformverfassung.

Die Unfähigkeit der nationalen Akteur*innen, sich zu einigen, ging so weit, daß sie eine internationale Vermittlung forderten. Auf Initiative des PNUD und der „Freundesgruppe“ Nicaraguas (Kanada, Spanien, Mexiko, Niederlande, Schweden) setzen sich die drei Staatsgewalten zusammen, um ihre Kontroverse zu diskutieren. Nach vier langen Gesprächsrunden bestand die einzige Einigung zwischen Regierung und Parlament darin, nicht mehr weiter für und gegen die Reformen zu werben und die Amtszeit von Violeta Chamorro zu respektieren (die Parlamentsmehrheit hatte zuvor damit gedroht, die Präsidentin und Regierungschefin abzusetzen; die Red.).

Zwei oberste Gerichtshöfe im Land

Die brüchige und unzureichende Vereinbarung gilt jedoch nicht mehr, seit der Oberste Gerichtshof ein Urteil gegen die Verfassungsreformen fällte. Das oppositonelle Parlament sprach daraufhin von einer „Komplizenschaft zwischen Gericht und Regierung“. Die Zusammensetzung des Obersten Gerichtshof ist ein weiteres Streitmotiv zwischen den Kontrahenten. Nach der reformierten Verfassung soll die Zahl der Richter*innen von 9 auf 12 erhöht werden. Die Nationalversammlung ernannte die fehlenden fünf Richter*innen – zwei der neun Plätze waren seit längerem vakant. Doch das Gericht akzeptierte nur einen Richter. Damit war das Quorum von acht erfüllt, was dazu berechtigte, sich über die Beschwerde zu äußern, die regierungstreue Parlamentarier*innen gegen die Verfassungsreformen eingelegt hatten. Die Entscheidung des Gerichtshofes vertiefte die institutuionelle Krise, denn jetzt erkennt die Nationalversammlung den Obersten Gerichtshof in seiner aktuellen Zusammensetzung nicht mehr an. Für die Regierung dagegen ist nur er legitim. So gesehen scheint es neben zwei Verfassungen auch zwei Oberste Gerichte in Nicaragua zu geben. Das politische Klima ist wieder hitziger geworden, nachdem die Absetzung der Präsidentin Chamorro und des Gerichtsvorsitzenden Orlando Trejo durch das Parlament von Luis Alberto Guzmán wieder in die Diskussion gebracht worden ist.

71 der 92 Parlamentsabgeordneten stimmten den Verfassungsreformen zu. Diese Koalition umfaßt die Dissidenten der FSLN, die die Partei verliessen, um die Bewegung der Sandinistischen Erneuerung (MRS) zu gründen. Die meisten Änderungen beziehen sich auf formale Aspekte der repräsentativen Demokratie, lassen aber die Formen der direkten Partizipation des Volkes an der Politik, die die Bevölkerung im revolutionären Jahrzehnt nach dem Sieg der FSLN 1979 erreichte, außen vor. Die Reformen versuchen, das politische System zu modernisieren und die öffentliche Amtsführung transparenter zu machen. Dem Kongreß geben sie mehr Rechte bei wirtschaftlichen und politischen Entscheidungen sowie internationalen Verhandlungen.

Der Zwangswehrdienst wird abgeschafft und der unpolitsche Charakter von Armee und Polizei festgeschrieben. Die Punkte, die die Präsidentschaftskandidatur betreffen, bietet nanch wie vor den meisten Konfliktstoff. So ist die direkte Wiederwahl verboten und kein(e) Verwandte(r) des/der amtierenden Präsidenten/in darf kandidieren. Diese Regelung würde die Aspirationen von „Doña Violetas“ Schwiegersohn Antonio Lacayo zunichte machen. Der aktuelle Minister des präsidentiellen Büros möchte die Schwiegermutter zu deren Amtsende im Januar 1997 ersetzen. Die starke und unnachgiebige Opposition der Regierungschefin gegenüber den Reformen ist dem Umstand zu verdanken, daß ihr die Verfassung von 1987 breite Vollmachten gibt, ihr autoritäres und am Internationalen Währungsfonds ausgerichtetes Projekt durchzusetzen.

Bevölkerung reagiert zunehmend gleichgültiger

Statt die Bevölkerung zur Mobilisierung aufzurufen, um den Streit zu entscheiden, haben die Konfliktparteien sich für den Propagandakrieg entschieden. Letztenendes profitieren lediglich die Medien. Die Bevölkerung verhält weitgehend gleichgültig. Sie sorgt sich mehr um ihre schweren Alltagslasten als um dasKräfte messen der Machtspitzen. Die offene Arbeitslosigkeit ist bei 24 Prozent angelangt. Die Verpflichtungen der Regierung gegenüber dem IWF beinhalten bis Juni 8.000 Entlassungen von Staatsangestellten. Das Niveau der extremen Armut, der Unsicherheit, der Kriminialität ist schwindelerregend gestiegen. Die Forderungen der zusammen 600.000 Ex-Kämpfer*innen, Kriegsvertriebenen, Rückgesiedelten, Flüchltingen und der 10.000 Kriegsversehrten wird keine angemessene Aufmerksamkeit geschenkt.

Die Popularität der Regierung von Violeta Chamorro ist genauso schwindelerregend gefallen. Die Versprechen werden nicht erfüllt und die Korruption hat sich in den Spitzen der Macht eingenistet. Ein Beispiel ist die sogenannte „piñata chamorrista“. Damit wird die fehlende Transparenz der Regierungsgeschäfte bezeichnet, besonders der Verkauf der Staatsunternehmen zu lächerlichen Preisen. Der Wert der Unternehmen beträgt das 14 bis 20fache ihres Verkaufspreises. Für die Staatskasse blieb wenig übrig.

Die Auslandsschuld, die auf über 8 Milliarden Dollar gestiegen ist, konnte nicht neuverhandelt werden. Jede/r NicaraguanerIn schuldet 2.697 Dollar. Die kommende Regierung wird diese schwere Last erben. Die hohe Auslandshilfe, die die Regierung besonders in den ersten Jahren ihrer Amtszeit erhielt, erlaubten ihr, die Wirtschaft zu stabilisieren und die Hyperinflation zu kontrollieren. Doch das Regime konnte – besonders in der Landwirtschaft – die Produktion nicht wiederbeleben. Es ist auch nicht seine Priorität, die Arbeitslosigkeit anzugehen und die Kaufkraft der Bevölkerung zu verbessern.

Nur die Rechten schlagen Kapital aus der desolaten Situation

Hinter dem aktuellen rechtlichen Zwist verbergen sich die Interessen der verschiedenen politischen Akteure die Violeta Chamorro beerben wollen. Die FSLN hat eine scheinbare Neutralitätshaltung eingenommen. Sie kritisierte den fehlenden Dialog zwischen den zwei Staatsgewalten. Daniel Ortega, der repräsentativste Führer der Partei äußerte sich scharf. Falls Parlament und Regierung die Krise nicht lösen könnten, müßten sie zum 'Carajo' geschickt werden und die Bevölkerung soll neue Autoritäten wählen“. Sergio Ramírez reagierte auf diese Erklärungen schnell und klagt die „alte Garde der FSLN“ und die „Unternehmertechnokratie der Regierung“ an, die modernisierende Reform stoppen zu wollen. Nach Ramírez ist Nicaragua immer von bestimmten Familien mit bekannten Nachnamen beherrscht worden. Jetzt jedoch, so der ehemalige Vizepräsident „laufen der strukturelle Wechsel, die Veränderung der Gesellschaft, die wirtschaftliche Gerechtigkeit, über die demokratische Beteiligung und über die Kraft der Institutionen ab, nicht mehr wegen der Macht der Individuen“.

Die sandinistischen Erneuerer der MRS setzen auf die Mitte. Obwohl sie die Reformen aktiv unterstützt haben, schweigen sie jedoch bisher gegenüber der Wirtschaftspolitik der Regierung. Die taktische Hilfe der FSLN an die Regierung, erlaubte den Sandinisten, Machtquoten in bestimmten Staatsinstitutionen zu behalten. Gleichzeitig profitierte ein Teil der Sandinistenspitze von der kritisierbaren Aufteilung des Vermögens, das von den Somozisten beschlagnahmt wurde oder unter dem sandinistischen Regime erworben wurde. Im Gegenzug konnte die Chamorro-Regierung ihren neoliberalen Wirtschaftsplan durchführen. Die taktischen Vereinbarungen der FSLN mit dem Regime haben sie daran gehindert, sich in eine alternative politische Kraft zu wandeln, die die Unzufriedenheit der Bevölkerung kanalisiert und sich als eine reale Option für 1997 zu präsentieren.

Auf der anderen Seite schlägt das populistische Bündnis der Rechten politisches Kapital aus der Krise des politischen Systems. Es wird von Managuas Bürgermeister Arnoldo Alemán angeführt. Dieser erscheint als der aussichtsreichste Kandidat in der Nachfolge Chamorros. Einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise unterzogen, angesichts des Mißkredits und der Spaltung der demokratischen Kräfte, zeigt sich die Zukunf der Nicaraguaner*innen ungewiß und nicht vorhersagbar: In dieser Situation können die Gruppen, die die Ideologie der freien Marktwirtschaft propagieren, im Trüben fischen.

Suizid unter Jugendlichen steigt

Von Lidia Hunter

(Managua, 18. Mai 1995, sem-POONAL).- Der Selbstmord wird in Nicaragua zu einer alltäglichen Praxis, vor allen unter den Jugendlichen. Dabei sind die männlichen Heranwachsenden anfälliger als die weiblichen. Oft scheinen die Gründe für die dramatische Entscheidung irreal zu sein. So im Fall eines 12jährigen Schülers, der sich erhängte, weil seine Schwester ihm nicht erlaubte, eine brasilianische Telenovela zu sehen. Ein junger Mann versuchte, sich mit einem Kopfschuß umzubringen, weil seine Arbeitskollegen nicht auf ihn warteten, um ein Baseballspiel in der Hauptstadt zu sehen. Ähnliche Fälle hat es bereits viele in diesem Jahr gegeben. Die Polizeistatistik von Managua registriert bis Anfang Mai 51 Selbstmorde in der Hauptstadt, wo fast die Hälfte der 4 Millionen Landesbewohner*innen wohnt. In 42 Fällen waren es Männer bzw. Jungen, die sich umbrachten.

Ein knappes Drittel der Suizide geschieht aus gefühlsmäßigen Gründen, bei gut 20 Prozent der Fälle sind wirtschaftliche Schwierigkeiten entscheidend. Etwa in einem Viertel der Fälle gibt es kein offenes Motiv. Doch die von SEM befragten Expert*innen nennen übereinstimmend die wirtschaftlichen und politischen Spannungen, die Auflösung der Familien und den Werteverlust als Ursachen für die Suizide bei Jugendlichen. Die Psychologin Liseth López meint: „Es gibt zuviel sozialen Druck, Elend und Hunger.“ Ein Lehrerin berichtet von ihren Schüler*innen, deren einziges Frühstück aus Mangos besteht, die im Schulhof wachsen. Von 63 Mitgliedern der Klasse leben 90 Prozent nicht mit beiden Elternteilen zusammen. Die Lehrer*innen forderten bereits Hilfe von der psychologischen Fakultät der Universidad Centroamericana an. Der Direktor eines Radioprogrammes für Jugendliche ist überzeugt: „Die Suizidwelle ist nichts anderes als eine fehlende wirkliche Investition in die Jugend. Es gibt kein Interesse daran, was mit ihnen passiert.“

HAITI

Das Land wird vermarktet

(Port-au-Prince, Mai 1995, hib-POONAL).- Zwei Konferenzen im Mai, denen Präsident Jean-Bertrand Aristide als Gastgeber vorstand, bestärkten Haitis Weg zum Neoliberalismus und einem export- orientierten Wirtschaftswachstumskurs. Am Ende versprach die Regierung, weitere Steuern abzuschaffen, bekräftigte die Privatisierung von Staatsunternehmen und verpflichtete sich zu Strompreiserhöhungen. Sie bezeichnete den Internationalen Währungsfonds und die Weltbank als „Partner“, die strukturelle Anpassungspolitik als Richtlinie und glorifizierte den Privatsektor.

Beim ersten Treffen kamen die Mitglieder der „Beratungsgruppe“ der multilateralen und bilateralen Geldgeber mit der haitianischen Seite zusammen. Es war eine Folgekonferenz der Treffen vom August 1994 mit der Regierung im Exil. Die Beratungsgruppe wird von US- Funktionären und von stark us-beieinflußten Institutionen wie IWF und Weltbank dominiert. Sie entwarf und überwacht nun den sogenannten „Paris-Plan“, der mit Haiti vereinbart wurde. Die Vertreterin der Interamerikanischen Entwicklungsbank (BID), Nancy Birdsall, lobte „die feste und schwierige Verpflichtung der Regierung zu einem Wachstum, das vom Privatsektor geleitet wird und das durch die Schaffung von Arbeitsplätzen auf die unmittelbaren Bedürfnisse der haitianischen Menschen zielt“. Andere lobten die Versöhnungspolitik des Präsidenten und seine Entscheidung, öffentliche Unternehmen zu verkaufen, „um stark benötigte Dienste zu verbessern“. Leichte Kritik kam von Haitis Premierminister Smarck Michel. Er bat darum, die Hilfe schneller auszuzahlen. Von den versprochen 1,2 Milliarden Dollar sind bisher nur 300 Millionen Dollar ausbezahlt worden.

Die zweite Konferenz mit 400 potentiellen Investor*innen hatte den Titel „Wirtschaftssymposium – Die wirtschaftliche Zukunft Haitis in die Hand nehmen“. Dieses Treffen organisierte der Präsident selbst. In seiner Eröffnungsrede sprach er von seiner Entschlossenheit, Haiti bei den Nahrungsmitteln zum Selbstversorger zu machen. Das lobenswerte Ziel ist jedoch mit den neoliberalen Richtlinien seiner Regierung unvereinbar. Diese werden die bäuerlichen Produzent*innen vom Land drängen und Farmen in Agro-Industrien verwandeln, die Exportprodukte produzieren. Die Regierung forderte zu Investitionen im Land auf. Finanzministerin Marie Michele Rey bekräftigte ihren Glauben in das freie Unternehmertum, die Liberalisierung der Wirtschaft und den Wettbewerb. Die Konferenz trug noch mehr zu dem Eindruck bei, daß Haiti auf dem Weg zu einem Modell der neoliberalen Wirtschaft ist. Zum Abschluß würden mehrere große Verträge mit Geschäftsleuten angekündigt, die 1991 den Putsch unterstützt hatten.

Lehrer*innen erkämpften Lohnerhöhung

(Port-au-Prince, 16. Mai 1995, hib-POONAL).- Zweittägige zum Teil gewalttätige Strassendemonstrationen und eine Medienkampagne brachten den staatlich angestellten Lehrer*innen eine Gehaltserhöhung von 120 Prozent. Nach mehrmonatigen Auseinandersetzungen kam die Zusage von Präsident Aristide persönlich. Er überging damit Bildungsminister Emmanuel Buteau, der stets behauptet hatte, es sei nur eine 30prozentige Gehaltserhöhung möglich. Die Lehrer*innen, die zusammen mit vielen Schüler*innen nicht nur die Erhöhung, sondern auch allgemein bessere Lehrbedingungen fordern, verlangten ursprünglich das dreifache Gehalt, um die Inflation auszugleichen. Doch am Ende akzeptierten die beiden Gewerkschaften, die die Proteste anführten, das Angebot des Präsidenten. Sie forderten ihre Mitglieder jedoch auf, „mobilisiert zu bleiben“. Noch werde um bessere Arbeitsbedingungen verhandelt.

Der Arbeitskampf der Lehrer*innen schloß einen landesweiten Schulstreik am 8. und 9. Mai ein. An diesen Tagen gingen die Schüler*innen für die Lehrer*innen auf die Straße. Dabei kam es zu mehreren Auseinandersetzungen, als sie die Privatschulen aufforderten, sich aus Solidarität der Demonstration anzuschließen. UNO-Soldaten sprühten mehrfach Tränengas in die protestierende Menge und gaben Warnschüße in die Luft ab. Viele Beobachter*innen berichteten über Erwachsene unter den Schüler*innen, die nicht identifiziert werden konnten. Eine Tatsache, die Anlaß gab über eine gezielte Provokation zu spekulieren.

Jurastudent*innen wehrten sich gegen Direktiven

(Cap-Haitien, 11. Mai 1995, hib-POONAL).- Die Student*innen der Rechtsschule in Cap-Haitien widersetzten sich erfolgreich Privatisierungsversuchen. Sie konnten berichten, daß ihre Fakultät ab Herbst offiziell Teil der Haitianischen Staatsuniversität sein wird. Sie setzten sich damit gegen ihren Direktor Charles Manigat durch. Ausschlaggebend war die Zusammenarbeit der vier größten StudentInnenorganisationen, deren Aktionen Druck auf das Universitätsrektorat und die staatlichen Behörden ausübten. Zur Zeit wird die Rechtsschule von einem StudentInnenkomitee geleitet, das unter anderem einen Fakultätsrat und neue Dozent*innen wählen wird.

GUATEMALA

Neue Cholera-Gefahr

(Guatemala, 24. Mai 1995, cerigua-POONAL).- Obwohl allein in einem Landkreis der Provinz El Progreso inzwischen 800 Cholerafälle bekannt wurden, werden vielfach keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen. Das Gesundheitsministerium berichtet von der Weigerung von mindestens 65 guatemaltekischen Landkreisen, das Wasser für die Haushalte zu chloren. Unterdessen gibt es im ganzen Land Anzeichen für eine neue Cholera-Epidemie. In dem Dorf Sanarate zerstörten 2.000 Personen aus Wut über die Untätigkeit des Behörden fast die gesamte Einrichtung der Ortsverwaltung und zwangen den Bürgermeister zum Rücktritt. Das Dorf wird mit Wasser aus einem Fluß versorgt. Wie in anderen Orten auch, kam das Wasser ungechlort in die Häuser. Mehr als 200 Personen erkrankten an der Cholera, bisher starben in Sanarate zwei Erwachsene und ein Kind an der Seuche. Die Kranken mußten im örtlichen Krankenhaus größtenteils auf dem Boden liegen, weil es an Betten fehlte.

Ex-Diktator Rios Montt droht erneut mit Putsch

(Guatemala, 26. Mai 1995, cerigua-POONAL).- Der aktuelle Kongreßpräsident und frühere Putschist General Efraín Rios Montt droht mit einem Staatsstreich durch das Militär, falls es ihm verweigert wird, sich als Präsidentschaftskandidat für die Wahlen vom 12. November registrieren zu lassen. Die Verfassung verbietet die Kandidatur von Montt, weil dieser 1982 durch einen Putsch gegen den damaligen Regierungschef General Lucas García an die Macht kam. Der Verfassungsgerichtshof des Landes bekräftigte dies durch ein Urteil im Jahr 1990.

In einer ersten Reaktion bezeichnete Guatemalas Präsident Ramiro De León Carpio die Staatsstreiche als „Teil der Vergangenheit““. Verteidigungsminister Mario Enríquez verneinte die Erfolgsaussichten eines Putsches. Besonders starke Kritik an den Äußerungen Montts kam von der katholischen Bischofskonferenz des Landes. Deren Sprecher Bischof Alvaro Ramazzini nannte den General einen „gefährlichen Politiker ohne moralische Prinzipien“, der alle Probleme mit Gewalt lösen wolle. Der Bischof wies auch auf die unter Montts anderthalbjähriger Diktatur eingeführte Politik der verbrannten Erde hin, die viele tausend Tote forderte und mehrere hundert Dörfer dem Erdboden gleichmachte. In diese Zeit fällt ebenso die Einrichtung von Sondergerichten und der paramilitärischen Zivilpatrouillen.

Verfassungsgericht unterstützt Friedensabkommen

(Guatemala, 26. Mai 1995, cerigua-POONAL).- Die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (OIT) über Indígenavölker und Volksstämme ist mit der guatemaltekischen Verfassung vereinbar. Dies entschied das Verfassungsgericht des Landes. Es erklärte damit das Abkommen über die Identität und die Rechte der Indígenavölker für gültig, das Regierung, Armee und Guerilla vor einigen Wochen unterzeichnet hatten. Es sieht unter anderem vor, daß die guatemaltekische Regierung den Kongreß dazu drängt, sich der Konvention 169 anzuschließen. Dies hat das Land als eines der wenigen auf der Welt bisher noch nicht gemacht.

Das guatemaltekische Zentrum für die Verteidigung der Verfassung (CEDECON) hatte bestimmte Teile der Konvention 169 für nicht vereinbar mit der Verfassung angesehen, da sie deren Regelungen außer Kraft setze. Die Mayaführerin Rosalina Tuyuc dagegen begrüßte das Urteil. Es sei wichtig für Entscheidungen über Land, das historisch den Indígenavölkern gehöre. Der Großgrundbesitzer und Präsident der Landwirtschaftskammer, Humberto Pretti reagierte bezeichnenderweise „überrascht“ auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtes. Die Meinung des CEDECON sei nicht berücksichtigt worden.

MEXIKO

Neue Kämpfe in der Machtelite?

(Mexiko-Stadt, 28. Mai 1995, POONAL).- Auf dem internationalen Flughafen von Mexiko-Stadt verhafteten die Zollbehörden den Unternehmer Jorge Hank Rhon wegen der versuchten illegalen Einfuhr von Luxuswaren im Wert von 46.500 Dollar. Obwohl er bereits nach 10 Stunden gegen Kaution wieder freigelassen wurde, erregte die Verhaftung in Mexiko erhebliches Aufsehen. Der Hintergrund: Carlos Hank Gonzal'ez, der Vater Jorge Hanks, gilt als einer der reichsten und mächtigsten Männer des Landes. Unter der Vorgängerregierung von Präsident Carlos Salinas war er Landwirtschaftsminister. Da die Familie Hank in der Vergangenheit bei der Rückkehr von Auslandsreisen niemals Probleme hatte, gibt es jetzt Gerüchte, bei der Verhaftung habe es sich um eine gezielte Aktion der neuen mexikanischen Regierung unter Ernesto Zedillo gehandelt.

Vater Hank wurde als graue Eminenz in der Salinas-Regierung und innerhalb der Revolutionären Institutionellen Partei (PRI) gehandelt. Der Oppositionspolitiker Porfirio Muñoz Ledo von der Partei der Demokratischen Revolution Mexikos (PRD) beschuldigte ihn, „Chef der harten Linie innerhalb der Regierung“ zu sein, die gegen eine friedliche Lösung im Chiapaskonflikt und gegen die Abschaffung des Wahlbetruges sei. Frühere Vorwürfe sagen aus, Hank habe sich an der Privatisierung von Staatsunternehmen persönlich bereichert. Die Wochenzeitung „Proceso“ berichtet in ihrer jüngsten Ausgabe ausführlich über die umfangreichen und oft dubiosen Geschäfte des Unternehmers und seiner Familienangehörigen.

Laut der „Los Angeles Times“ wird in den USA gegen die Familie Hank wegen möglicher Verbindungen zu Drogenkartellen ermittelt. So zahlreich die Vorwürfe und Indizien in den verschiedensten Fällen auch sind, wirkliche Beweise wurden bisher nicht auf den Tisch gelegt. Die Familie Hank, insbesondere das Familienoberhaupt, galten als unangreifbar. Die schnelle Freilassung von Jorge Hank Rhon wird als Beweis für ungebrochene Machtfülle angesehen. Sollte ein Machtkampf der Hintergrund sein, dann ist die Stellung Carlos Hanks nach den Worten des Procesos nicht mehr als „angekrazt“.

KUBA

Ölproduktion höher als prognostiziert

(Mexiko-Stadt, 27. Mai 1995, prensa latina-POONAL).- Im ersten Vierteljahr 1995 förderte Kuba 354.000 Tonnen Erdöl. Dies sind 21.000 Tonnen mehr als ursprünglich geplant. Im April wurden zudem neue Vorkommen entdeckt, deren Qualität alle bisherigen Funde übersteigt. Das Öl bedeutet eine Hoffnung für das Land, die Wirtschaftskrise zu überwinden.

BOLIVIEN

Atempause im Arbeitskampf

(Mexiko-Stadt, 25. Mai 1995, POONAL).- Die Bolivianische

ArbeiterInnenzentrale (COB) und Präsident Gonzalo Sánchez Lozada kamen am 23. Mai zu einer Übereinkunft, die ein vorläufiges Ende der seit fünf Monaten andauernden Arbeitskonflikte bedeutet. Gewerkschaftsführer Oscar Salas sprach davon, daß die meisten Forderungen der Arbeiter*innen in der Vereinbarung enthalten seien. Dennoch wird darin auf viele Konfliktpunkte, die in den vergangenen Monaten zu Demonstrationen und einem Generalstreik führten, nicht eingegangen.

So gibt es keine Zusicherungen für die von der Gewerkschaftszentrale geforderten Lohnerhöhungen von mehr als acht Prozent in diesem Jahr. Genauso bleibt es bei einem Mindestlohn von umgerechnet 43 Dollar monatlich. Die COB hatte 121 Dollar verlangt. Von der umstrittenen Privatisierung sechs staatlicher Unternehmen, gegen die die Gewerkschaften heftig protestierten, ist in der Übereinkunft mit der Regierung keine Rede. Über die Forderungen der staatlichen Lehrer*innen, mit deren Protesten der Konflikt anfangs begann, wollen Regierung und COB weiterverhandeln. Konkrete Vereinbarungen gab es dazu nicht. Immer noch sind drei führende Mitglieder der LehrerInnengewerkschaft in Haft. Offen bleibt ebenso die Frage des immer noch verhängten Ausnahmezustandes. Er gilt seit dem 18. April und wurde für drei Monate ausgerufen. Nach der leichten Entspannung könnte er jedoch vorzeitig aufgehoben werden.

PERU

Fujimori geht gegen Universitäten vor

(Mexiko-Stadt, 28. Mai 1995, POONAL).- Am Sonntag waren die zwei peruanischen Hauptstadt-Universitäten San Marcos und Cantuta immer noch von stark bewaffneten Armee- und Polizeieinheiten besetzt. Die Gefahr direkter Zusammenstöße mit den Student*innen wächst. Am Donnerstag hatte das Parlament in einer Geheimsitzung ein Gesetz verabschiedet, das es der Regierung für ein Jahr erlaubt, an den Universitäten zu „intervenieren“. Präsident Fujimori befahl im Anschluß an die Abstimmung die Neuorganisierung der staatlichen Universitäten des Landes. Einen Tag später, am 26. Mai, marschierten die Regierungseinheiten auf die Universitätsgelände. Das drastische Vorgehen wird von offizieller Seite damit begründet, in den Studienzentren sei eine „terroristische Infiltration“ entdeckt worden. Diese Aussage zielt auf die Guerillabewegung „Sendero Luminoso“ (Leuchtender Pfad). Der Organisation wird ein Dynamitattentat im Kasino eines Hotels wenige Stunden vor der Geheimsitzung des Parlamentes zugeschrieben.

Möglicherweise steht die militärische Besetzung weiterer Universitäten bevor. Das neue Gesetz erlaubt zudem einer „Reorganisierungskommission“ Unirektor*innen, deren Stellvertreter*innen, die Universitätsversammlung und weitere Organe abzusetzen und „überflüssiges“ Personal an den Universitäten zu entlassen. Nach dem Überraschungsschlag formieren sich erste Proteste. Die Student*innen organisieren eine Reihe von Protestmärschen. Dabei wurden bisher 21 von ihnen verhaftet. Am Samstag kamen in der Hauptstadt Lima 38 der 53 Universitätsrektor*innen zusammen. Sie wiesen das Gesetz übereinstimmend zurück.

Bereits 1992 marschierten Soldaten in die Universitäten

Die Rektor*innen beschuldigten die Regierung ein autoritäres Modell durchzusetzen, das versuche, kritisches Denken abzuschaffen. Sie sind sich auch darin einig, die beiden abgesetzten Rektoren Wilson Reátegui und Alfonso Ramos von der San Marcos und der Cantute Universität zu unterstützen. Gleichzeitig betonten sie ihren Kampf gegen die subversive Infiltration in ihren Studienzentren – ein offensichtlicher Versuch, die Regierungsargumentation zu schwächen. An dem Treffen nahm auch César Paredes teil. Er ist Vorsitzender der Nationalen RektorInnenkonferenz und wurde bei den jüngst abgehaltenen Präsidentschaftswahlen zum zweiten Vizepräsidenten des Landes gewählt.

Die beiden jetzt besetzten Universitäten sind nicht zum ersten Mal Opfer staatlicher Repression, seit Alberto Fujimori an der Macht ist. Bereits 1992 marschierten Soldaten auf die San Marcos Universität. Dies geschah direkt nach dem sogenannten „Autogolpe“ (Eigenputsch) von Fujimori am 5. April 1992. Die Begründung lautete damals wie heute: Infiltration durch die Subversion. Die Universität Guzmán y Valle, besser bekannt als La Cantuta, erlangte im Juli 1992 traurige Brühmtheit. Ein Dozent und neun ihrer Studenten wurden entführt und später von einem Kommando der Armee ermordet.

PANAMA

Erster Arbeitsprotest unter Balladares

(Mexiko-Stadt, 24. Mai 1995, POONAL).- In Panama protestierten am 23. Mai 39 Gewerkschaften mit einem 24stündigen Warnstreik gegen eine Reform des Arbeitsgesetzes. Während die Regierung den Streik als gescheitert bezeichnete, sagten die Organisator*innen, ihr Aufruf sei weitgehend befolgt worden. Zumindest sechs Stunden lang war der Autoverkehr in der Hauptstadt durch eine Reihe von Protestmaßnahmen gelähmt. Es handelt sich um die ersten Arbeitskämpfe, seit Präsident Peréz Balladares im September des vergangenen Jahres die Regierungsgeschäfte übernahm.

Die Reform des panamaischen Arbeitsgesetzes ist noch keine beschlossene Sache. Sie wird im Rahmen eines „Modernisierungsplanes“ des Präsidenten derzeit noch in einer Drei-Parteien-Kommission diskutiert. Darin sind neben Regierungsfunktionär*innen und Unternehmervertreter*innen auch Mitglieder aus fünf Gewerkschaften. Letztere hatten sich neben einigen anderen größeren Gewerkschaften nicht an dem Aufruf zum Warnstreik beteiligt. Die drohen jedoch damit, sich den Protesten anzuschliessen, falls die Regierung ihr Reformprojekt in seiner heutigen Abfassung durchsetzen wolle. Präsident Balladares kündigte bereits an, im Juli eine außerordentliche Sitzungen des Parlaments einzuberufen, um die von ihm favorisierten Änderungen absegnen zu lassen.

CC BY-SA 4.0 Poonal Nr. 195 von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert