Polizeiübergriff auf alternatives Kulturzentrum „El Averno“ in Lima

(Berlin, 15. August 2010, npl).- Während im Kulturzentrum „El Averno“ am vergangenen 7. August ein Rockkonzert mit mehreren Bands stattfand, haben sich etwa 40 Beamte der Peruanischen Nationalpolizei PNP (Policia Nacional de Perú) ohne Hausdurchsuchungsbefehl gewaltsam Zutritt zur Veranstaltung verschafft, die Vizepräsidentin des Zentrums Leyla Valencia vor den Augen ihres Sohnes geschlagen und sie sowie drei weitere Personen aus dem Publikum verhaftet, heißt es in Presse- und Augenzeugenberichten. Nach dem Polizeieinsatz fehlten Geld, ein Werk des Bildhauers Jorge Miyagui und ein Laptop, erklärte die Vizepräsidentin, die laut einem Kommunique des Kulturzentrums nach kurzer Zeit wieder freigelassen worden war.

Die Polizisten hätten argumentiert, dass sie im Rahmen einer Razzia gegen Drogenkriminalität Verdächtige im Kulturzentrum vermutet hätten und daher die Konzertbesucher*innen kontrollieren wollten, erklären die Künstler*innen und Augenzeug*innen Martín Molina und María Laura Vélez. Als die Polizei sich jedoch Zutritt verschafft hatte, habe sie niemanden kontrolliert. Das Averno hebt hervor, dass es keinen Durchsuchungsbefehl gegeben habe, und daher jede Rechtsgrundlage für solch ein Vorgehen fehle. Außerdem habe die Polizei auch keine Drogen gesucht, sondern stattdessen mehrfach „Drogen fallen lassen“, wofür es viele Augenzeug*innen der etwa 100 Konzertbesucher*innen gebe, unterstreichen die Molina und Vélez.

Das Kulturzentrum „El Averno“ ist seit 1998 wichtigster Treffpunkt einer „Gegenkultur“ in Lima und sowohl Ort für Rock- und Punkkonzerte, Theateraufführungen und Performances als auch für Lesungen oder politische Diskussionen. Es liegt in einer von Drogenkonsument*innen und Dealer*innen stark frequentierten Zone im Zentrum Limas. Ein Treffen von Angehörigen des Kulturzentrums mit dem Einsatzleiter der fraglichen Einheit der PNP, Hauptmann Carlos Remy Ramis, habe sich jedoch gut entwickelt, heißt es in dem Schreiben des Averno. Demnach soll es ein weiteres Treffen geben, bei dem sich die Polizei öffentlich bei der Vizepräsidentin Leyla Valencia entschuldigen wolle, außerdem solle die von den Einsatzkräften zertretene Tür ersetzt werden. „Das Gespräch war lang und die Atmosphäre gut“, erklärt das Averno.

Zu dem Versuch, „Drogen fallen zu lassen“, gebe es jedoch weiter keine Stellungnahme und auch die Verantwortung für den Einsatz werde hin- und hergeschoben, erklärt Molina. Leyla Valencia hatte gegenüber der peruanischen Zeitung La República erklärt, dass die beiden Einsatzwagen der Polizei, in denen die Verhafteten zur Polizeiwache abtransportiert worden waren, von der Stadt Lima gestellt worden seien. Die Stadt habe dies jedoch in einem Kommuniqué vom 9. August sofort dementiert, so Molina.

„Viele von uns haben die Polizeigewalt am eigenen Leib erlebt. Deshalb fällt es uns schwer, einer positiven Entwicklung zu trauen“, beteuern die Künstler*innen des Averno im Kommuniqué. Deshalb fordere das Zentrum dazu auf, wachsam zu bleiben und darauf hinzuarbeiten, dass die Vision von „zivilgesellschaftlicher Sicherheit“ sich tatsächlich ändere.

Trotz unterschiedlicher Positionen zum Averno hatte die Polizeirepression sowohl in der peruanischen Presse als auch in der Kunstszene große Bestürzung ausgelöst.

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