Paraguay verhängt Ausnahmezustand in Gefängnissen

(Montevideo, 1. Oktober 2018, la diaria).- Die Anzahl der Häftlinge in den Gefängnissen Paraguays übersteigt bei weitem die Aufnahmekapazität des Strafvollzugssystems. In 18 Jahren hat sich die Menge der inhaftierten Personen verfünffacht. Statt 9.000 Menschen sind in Gefängnissystem nun 14.000 Personen untergebracht – laut von der Tageszeitung Última Hora und der Nachrichtenagentur Efe veröffentlichten Zahlen. Die Situation ist in einigen Gefängnissen schlimmer als in anderen, wie zum Beispiel im Gefängnis von Tacumbú, in dem sich doppelt so viele Häftlinge befinden, wie eigentlich aufgenommen werden können. Erschwerend kommt hinzu, dass die Mehrzahl der inhaftierten Personen – 78 Prozent – noch nicht einmal verurteilt ist.

Angesichts dieser Zahlen hat die Regierung Paraguays entschieden, den Ausnahmezustand für das Strafvollzugssystem zu verhängen. Während der zwölf Monate, die diese Regelung gültig ist, hat sich die Regierung von Staatspräsident Mario Abdo Benítez vorgenommen, fünf neue Gefängnisse zu bauen, die neben den 16 bereits bestehenden in Betrieb genommen werden. Außerdem sollen an den bestehenden Gebäuden Verbesserungen vorgenommen werden, informierte das Justizministerium. Das Dekret erlaubt es dem Ministerium, das Vergabeverfahren für diese Arbeiten zu beschleunigen. Dem Finanzministerium rät man, die Gefängnisse mit Priorität zu betrachten und die entsprechenden Mittel zu überweisen, um in dieser Situation handlungsfähig zu sein.

Neue Gefängnisse statt Strafrechtsreform

In dem Dekret ist zu lesen, dass “die bestehende Überbelegung dazu führt, dass die Insassen nicht über ein Mindestmaß an Räumlichkeiten verfügen und die hygienischen Bedingungen unangemessen sind”. Es sei “unabdingbar, eine wirksame und effiziente Antwort auf die Situation zu geben, durch die die Infrastruktur in den Strafanstalten verbessert wird, indem bestehende Gebäude repariert und neue gebaut werden”. In dem Text gibt die Regierung zu, dass die aktuelle Situation “ein erhebliches Risiko für das Betreiben des Nationalen Strafvollzugsystems birgt”.

Senator Gilberto Tony Apuril, Präsident der Kommission für Menschenrechte im Senat, kündigte seinerseits an, er habe vom “Nationalen Mechanismus zur Folterprävention” einen Bericht über die Haftbedingungen in den Gefängnissen erhalten und werde die Situation gründlich studieren. Der Vorsitzende dieses Gremiums, Dante Leguizamón, sagte der Nachrichtenagentur Efe, man müsse besonders den „Missbrauch der Untersuchungshaft” im Land untersuchen.

Obwohl man in der Notwendigkeit, die Situation in den Gefängnissen zu ändern, übereinstimmt, ist dies nicht die erste Ausrufung eines Notstandes, die verhängt wird, um eine Veränderung herbeizuführen. Die Tageszeitung ABC Color erinnert daran, dass Ex-Präsident Horacio Cartés bereits 2016 ein ähnliches Dekret verabschiedete. Dieses konnte die aktuelle Krise jedoch nicht verhindern.

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