Nimmt Fremdenfeindlichkeit zu?

(Lima, 24. Oktober 2013, noticias aliadas).- Die kolumbianische Regierung gab angesichts eines Aufrufs zu einem Protestmarsch gegen kolumbianische Immigrant*innen in der chilenischen Stadt Antofagasta ihre Besorgnis zum Ausdruck. Sie rief „zu Toleranz und Respekt“ auf, „damit nicht weiter Botschaften gefördert werden, die Gewalt schüren“.

 

Chile: Hetze gegen kolumbianische ArbeitsmigrantInnen

Der Marsch fand am 19. Oktober 2013 statt. Bei der Kundgebung, zu der über die sozialen Netzwerke aufgerufen wurde, versammelten sich ungefähr 70 Personen. Eine Seite in Facebook mit Namen „Erobern wir Antofagasta zurück. So kann man nicht leben“ zeigt verletzende Bilder und Kommentare, die an kolumbianische Bürger*innen gerichtet sind.

„Jeden Tag nehmen sie uns die Arbeit weg, so dass viele von uns schließlich aus der Bahn geworfen werden, eine Straftat begehen, Drogen verkaufen und sich prostituieren“, ist auf der Facebook-Seite zu lesen.

Lokale Organisationen, die Immigrant*innen unterstützen, wie zum Beispiel „Der Weltbürger“ (Ciudadano Global), erklärten, dass „diese Art von Aufrufen eine Rechtfertigung für National- und Rassenhass darstellen und daher zu Gewalt anstacheln – ganz gegen alle mit den Menschenrechten verbundenen Grundrechte“.

Nach Angaben des kolumbianischen Konsulats in Antofagasta leben in dieser Region im Norden Chiles rund 11.000 Kolumbianer*innen. Bei ihnen handelt es sich hauptsächlich um Facharbeiter*innen, Techniker*innen oder qualifizierte Handwerker*innen. Diese werden vom Aufschwung im Bergbau und der Entwicklung in der Immobilienwirtschaft angezogen, die ausländische Arbeitskräfte benötigen, um die Nachfrage zu befriedigen.

Dom. Republik: 210.000 Menschen haitianischer Abstammung werden zu Staatenlosen

Ein anderes Beispiel für die Intoleranz in Lateinamerika und der Karibik stellt ein kürzlich vom Verfassungsgericht der Dominikanischen Republik gefälltes Urteil dar. Nach dem Richterspruch vom 23. September wird rückwirkend allen Personen, die von 1929 bis heute in der Dominikanischen Republik geboren wurden und Kinder von Ausländer*innen ohne legalen Aufenthaltstatus sind, die dominikanische Staatsbürgerschaft aberkannt.

Das Urteil bezieht sich auf den Fall der 29-jährigen Juliana Deguis Pierre. Sie ist ein Kind haitianischer Eltern und erfüllt laut Verfassungsgericht nicht die Voraussetzungen, um als Dominikanerin anerkannt zu werden. Von diesem Urteil sind ungefähr 210.000 Personen betroffen, deren Vorfahren aus Haiti stammen, die aber in der Dominikanischen Republik geboren wurden und nun als Staatenlose nur noch eingeschränkten Rechten haben würden.

Amnesty International (AI) rief die dominikanische Regierung auf, das Urteil des Verfassungsgerichtes nicht umzusetzen. „Wenn man dieses Urteil vollständig umsetzt, würde das vernichtende Auswirkungen auf das Leben hunderttausender Menschen haben. Ihre Ausweisdokumente würden ungültig und ihnen damit viele ihrer Menschenrechte abgesprochen: Das Recht auf Freizügigkeit, auf Erziehung, auf Arbeit sowie der Zugang zum Gesundheitssystem – all das würde ihnen komplett verweigert“, erklärt Chiara Liguori, die bei Amnesty International als Rechercheurin für die Karibik tätig ist. Dieses Urteil sei, so ergänzt Liguori, „die letzte einer ganzen Reihe von Entscheidungen sei, die in der ersten Dekade des Jahres 2000 auf den Gebieten der Verwaltung, Gesetzgebung und Rechtssprechung den Dominikaner*innen mit haitianischem Ursprung rückwirkend die dominikanische Staatsangehörigkeit entziehen.“

Außerdem verletzt das Urteil die dominikanische Verfassung, in der ausdrücklich die Anwendung rückwirkender Maßnahmen verboten ist. Mächtige Persönlichkeiten wie Senatspräsident Reinaldo Pared Pérez, sehen in dem Urteil jedoch einen „Akt uneingeschränkter Souveränität“.

Proteste gegen kubanische Ärzt*innen in Brasilien

In Brasilien rief Ende August 2013 die Ankunft kubanischer Ärzten als Teil des Regierungsprogramms „Mehr Ärzte“ die Proteste von brasilianischen Mediziner*innen hervor. Diese bezeichneten die Kubaner*innen als „inkompetent“ und warfen ihnen vor, „inakzeptablen Arbeitsbedingungen zuzustimmen“. Die kubanischen Ärzt*innen sollen die Nachfrage nach Mediziner*innen in abgelegenen Gebieten decken, in denen die medizinische Versorgung nicht gewährleistet ist.

Auch wenn durch dieses Programm ungefähr 4.000 ausländische Ärzt*innen unter Vertrag genommen werden sollen, so konzentrieren sich die Anschuldigungen auf die kubanischen Spezialist*innen. Die Brasilianische Ärztevereinigung hat beim Obersten Bundesgerichtshof Verfassungsklage gegen das Programm „Mehr Ärzte“ erhoben und gefordert, dass Berufszertifikate ausländischer Universitäten in Brasilien erst anerkannt werden müssten.

Brasiliens Gesundheitsminister Alexandre Padilha beschuldigte die brasilianischen Ärzt*innen, mit ihrer Haltung „Vorurteile“ und „Fremdenhass“ zu schüren.

 

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