Militär verweigert Staatsanwaltschaft Zugang zu Archiven aus Diktaturzeit

(La Paz, 17. Februar 2010, bolpress).- Das bolivianische Militär verweigerte am 17. Februar dem Staatsanwalt Milton Mendoza den Zugang zu geheimen Militärarchiven aus der Zeit der Militärdiktaturen (1964 bis 1982). Der Staatsanwalt hätte mit richterlicher Anordnung im Hauptquartier der Armee in La Paz, im Stadtteil Miraflores, die Archive nach Informationen über den Verbleib von Verschwundenen aus jener Zeit durchsuchen sollen. Der Anordnung der Staatsanwaltschaft, mit der Mendoza auf das Militärgelände gelangen wollte, wurde seitens der Armee nicht nicht Folge geleistet.

Der Oberbefehlshaber der Streitkräfte erklärte hierzu, er werde die Dokumente direkt an die Gerichte aushändigen. „Wir sind von der Führungsspitze der Streitkräfte darüber informiert worden, dass sie bereits Unterlagen den Gerichten ausgehändigt habe und weiterhin an die entsprechenden Stellen weiterleiten werde, nicht aber an die Staatsanwaltschaft“, sagte der mit der Untersuchung des Falls beauftragte Staatsanwalt Milton Mendoza.

Mendoza war zum Militärhauptquartier gekommen, um die beim Verteidigungsministerium und beim militärischen Oberkommando erbetenen Informationen zu erhalten. Damit sollte die Untersuchung von bis heute ungeklärten Fällen vorangetrieben werden, wie beispielsweise der Verbleib der sterblichen Überreste des ehemaligen Vorsitzenden der Sozialistischen Partei Eins, PS-1 (Partido Socialista Uno), Marcelo Quiroga Santa Cruz. „Dies [Die Vorgehensweise des Militärs, Einf. d. A.] ist eine Behinderung der Untersuchungen“, sagte Mendoza.

Auch die Ombudsfrau (defensora del pueblo) Rielma Mencias, zuständig dafür, dass staatliche Organe die Bürgerrechte einhalten, war zusammen mit Angehörigen der Opfer der Diktaturen und dutzenden Journalist*innen zum Eingang des Hauptquartiers gekommen und verurteilte das von den Streitkräften an den Tag gelegte Verhalten: „Ich bin sehr verärgert. Dies war eine Anordnung der Staatsanwaltschaft und sie haben keinen Grund, dem Vertreter der Staatsanwaltschaft die Einsicht in die Archive zu verweigern. Ich will nicht hoffen, dass man die Ermittlungen behindern möchte“, sagte sie.

Nur wenige Stunden zuvor hatte Verteidigungsminister Rubén Saavedra noch gesagt, die Streitkräfte würden die richterliche Anordnung befolgen, da sie nun „eine demokratische Institution“ seien.

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