Migrantinnen: Haushälterinnen und anerkannte Arbeit

von Carmen R. Ponce Meléndez

(Mexiko-Stadt, 25. Oktober 2011, cimac).- Die extreme Ungleichheit in Lateinamerika und die größer werdenden Einkommensunterschiede in der nordamerikanischen Gesellschaft haben ein unschönes Phänomen des 21. Jahrhunderts hervorgerufen: Den Anstieg bezahlter Hausarbeit, der mittellose Frauen aus Schwellenländern nachgehen.

Migrantinnen arbeiten in der Reinigungsbranche, Kinderbetreuung und Krankenpflege. Im Falle Mexikos handelt es sich um ungefähr zwei Millionen Frauen und Mädchen, die vom Land in die Stadt ziehen, ein Großteil davon Indigene. Weltweit werden 83 Prozent dieser informellen Arbeit von weiblichen und armen Arbeiterinnen verrichtet.

Das ist kein Zufall, meint Pierrette Hondagneu-Sotelo. Die Autorin machte in ihrem Buch „Doméstica, trabajadoras inmigrantes a cargo de la limpieza y el cuidado, a la sombra de la abundancia” (migrantische Hausarbeiterinnen im Schatten des Reichtums) darauf aufmerksam, dass Los Ángeles, Kalifornien, unter den Weltstädten bezüglich bezahlter Hausarbeit an oberster Stelle steht, da sie eine wichtige Aufnahmestadt von mexikanischen und lateinamerikanischen Migrantinnen generell ist.

Demnach gibt es Bedingungen, die die Ausbeutung der Arbeiterinnen “erleichtern”. Laut der Autorin “hat sich ihr migrantischer Status in einen wichtigen Indikator der Ungleichheit verwandelt, der mit Rasse, Klasse und Geschlecht verflochten ist.”

Zudem scheinen die Arbeitgeber*innen ernsthafte Schwierigkeiten damit zu haben, die Putzfrauen oder Kindermädchen, die in privaten Haushalten arbeiten, wie jede andere beliebige Arbeitskraft zu akzeptieren und dass sie vom Arbeitsgesetz geschützt werden.

Die Hausarbeit von Lateinamerikaner*innen ist noch relativ neu. In Los Ángeles ist der Prozentsatz der afroamerikanischen Frauen, die als Haushälterinnen in Privathaushalten arbeiten, von 1970 bis 1990 von 35 auf vier Prozent gefallen. Gleichzeitig ist der Prozentsatz der Lateinamerikanerinnen, die außerhalb der Vereinigten Staaten geboren wurden, von neun auf 68 Prozent gestiegen (Hondagneu-Sotelo, 2011).

Geschlechterrollen im Wandel und transnationale Mutterschaft

Im Gegensatz zur männlichen Migration, die seine Rolle des Ernährers verstärkt und ihm eine transnationale Kontrolle über die Familie zuspricht, übernehmen die Frauen die Geber-Rolle mit größeren Schwierigkeiten; in vielen Fällen überlegen sie sich gut, ob sie eine Trennung von ihrer Familie und ihren Kindern riskieren wollen.

In ihrer Eigenschaft als Kindermädchen/Haushälterinnen fungieren sie wie Ersatzmütter für die Kinder ihrer Arbeitgeber*innen angelsächsischer Herkunft, ohne sich um ihre eigenen Kinder kümmern zu können. Dafür verweigert die nordamerikanische Gesellschaft den Kindern ihrer Kindermädchen den Zugang zum Bildungs- und Gesundheitssystem.

Derzeit ersetzt die Tätigkeit immigrierter Hausarbeiterinnen die Arbeit privilegierter Frauen und befreit sie so, damit diese dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen können. Folglich bleibt das Vorrecht der Männer im Haushalt und der Familie bestehen und so entstehen neue Ungerechtigkeiten.

Unterschiede

Der Großteil lateinamerikanischer Haushälterinnen in den Vereinigten Staaten macht diese Arbeit zum ersten Mal, da sie in ihren Heimatländern Tätigkeiten als Sekretärinnen, Fabrikarbeiterinnen und sogar als Akademikerinnen nachgingen. Nicht alle sind ländlicher Herkunft, wie manchmal fälschlicherweise angenommen wird.

Die, die im Haus ihrer Arbeitgeber*innen wohnen, arbeiten im Durchschnitt 64 Stunden pro Woche und drei Viertel davon verdienen weniger als den Mindestlohn. Wenn sie den Mindestlohn erhalten, der in Kalifornien acht Dollar pro Stunde beträgt, verdienen sie an einem achtstündigen Arbeitstag 64 Dollar.

Jedoch muss eine Arbeiterin in Mexiko, um denselben Lohn zu erhalten, nach dem aktuellen Mindestlohn ungefähr 114 Stunden arbeiten – was für eine Unterschied! Man darf nicht müde werden zu wiederholen, dass der Schutz der weiblichen Migrantinnen in ihren Heimatländern liegen muss. Deren Emigration kann nur durch politische Maßnahmen verhindert werden, wie Arbeitsplätze und faire Löhne.

Es scheint offensichtlich, doch das ist es nicht: Statistiken zeigen die herzzerreißende Realität des Hungers, Begleitumstand der Vertreibung. Der Anteil der städtischen Bevölkerung im Land, deren Arbeitslohn nicht mehr für die Grundnahrungsmittel reicht, ist stark angestiegen, nämlich um 25 Prozent in den letzten sechs Jahren. In Baja California, Nuevo León, Chihuahua, Tamaulipas und dem Distrito Federal ist die Lage am kritischsten (Zahlen von Coneval, II. Trimester).

In diesem Zusammenhang wird gefeiert, dass im Juni 2011 begonnen wurde, auf internationaler Ebene die informelle Arbeit durch das Internationale Abkommen 189 der International Labor Organization ILO über anerkannte Arbeit für Haushälter*innen zu regulieren.

Zu den Zielen gehört unter Anderem die Abschaffung der Kinderarbeit, die in Lateinamerika und der Karibik häufig vorkommt. Weiterhin das Recht, sich zu organisieren, die Abschaffung von Diskriminierung und der Schutz der Menschenrechte.

 

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