Linke trotz historischem Ergebnis nicht in Feierlaune

von Markus Plate

(Berlin, 03. Februar 2014, npl).- Sowohl bei den Präsidentschafts-, als auch bei den Parlamentswahlen in Costa Rica hat die regierende Partei der Nationalen Befreiung PLN ein historisch schlechtes Wahlergebnis eingefahren. Johnny Araya, Präsidentschaftskandidat der PLN, blieb mit nicht einmal 30 Prozent der Stimmen weit hinter seinen selbstgesteckten Ziel zurück, sich im ersten Wahlgang zum Präsidenten krönen zu lassen. Gewinner der Wahl ist Luís Guillermo Solís, von der oppositionellen Partei der BürgerInnenallianz PAC. Letzte Meinungsumfragen hatten Solís zwar im Aufwind gesehen, dass er aber auf Platz eins mit über 30 Prozent der Stimmen stehen würde, damit hat in Costa Rica kaum jemand gerechnet.

Der zuvor hoch gehandelte José María Villalta von der linken Frente Amplio verpasste am Ende mit 17 Prozent eine Sensation. Die Angstkampagne von PLN und den Massenmedien, die ein chavistisches Costa Rica an die Wand malten, hatte letztlich wohl Erfolg: In der Metropolenregion San José entschied sich vor allem die Mittelschicht für Solís, während auf dem Land zahlreiche Menschen der Wahl fernblieben. In einigen Provinzen lag die Wahlenthaltung bei 50 Prozent.

Costa Rica ist bunter geworden

Torge Löding, Leiter des Regionalbüros der Rosa-Luxemburg-Stiftung für Mesoamerika und die Karibik, hält das Wahlergebnis der Frente Amplio dennoch für einen Erfolg: “Für die costa-ricanische Linke ist das ein historisches Ergebnis”. Neun Abgeordneten bedeuteten einen “Riesenerfolg”, auch wenn der Traum von einer Stichwahl mit José María Villalta nicht in Erfüllung gegangen sei. Erwartungen auf einen radikaleren Politikwechsel dämpft Löding. Einen solchen werde es mit der Partei der BürgerInnenaktion nicht geben. Immerhin seien im Parlament so viele Parteien vertreten wie noch nie, die Linke sei deutlich gestärkt und überhaupt: “Costa Rica ist bunter geworden”.

Luís Guillermo Solís zeigte sich am Sonntag Abend im Hinblick auf die Stichwahl am 6. April siegesgewiss: “Die Costa-Ricaner*innen hätten für den Wandel und gegen Bewegungslosigkeit entscheiden. Man könne sehr wohl eine prosperierende Wirtschaft mit einer gerechtere Gesellschaft verbinden und das Land von der Korruption säubern: “Der Klientelismus, der sich ein ums andere Mal gegen den Willen der Bevölkerung gestellt hat, war diesmal nicht stark genug, uns zu besiegen. Wir werden gewinnen, denn wir repräsentieren die Mehrheit derer, die den Wandel wollen.”

Kein Automatismus für Koalition mit PAC

José María Villalta allerdings dämpfte die Erwartungen des PAC, seine Anhänger würden ohne Weiteres in der Stichwahl für Solís stimmen. Man habe viel erreicht, weil sich Frente Amplio immer für die Benachteiligten und die Ausgebeuteten eingesetzt habe. Dieses Vertrauen werde man nicht enttäuschen. Es sei Zeit für einen Dialog, aber nur wer den “zerstörerischen neoliberalen Kurs” verlasse, könne auf die Unterstützung der Frente Amplio zählen. Überhaupt sieht Villalta den PAC kritisch: “Wir haben am 6. April die Wahl zwischen einer Rechten, die stiehlt, und einer Rechten, die nicht stiehlt”, ruft José María Villalta seinen Anhänger*innen zu. Das hilft, den Frust über zerplatzte Träume zu dämpfen, beim möglichen Kooperationspartner PAC zeigte man sich hingegen pikiert.

Immerhin: Im 57 Abgeordneten zählenden Parlament ist die PLN mit nur noch 18 Sitzen deutlich geschwächt. Eine Parlamentsmehrheit rechts von PAC und Frente Amplio ist für die PLN nur noch schwer darstellbar. Dagegen hat es die politische Linke geschafft, spannende Leute ins Parlament zu bringen: Mit Edgardo Araya sitzt in den nächsten vier Jahren eine der Galionsfiguren des erfolgreichen Kampfes gegen den Goldbergbau in Costa Rica in der Asamblea Legislativa. Franc Camacho ist einer der wichtigsten Förderer alternativer und lokaler Kultur im Land und Pater Gerardo Vargas Varela engagiert sich seit Jahren für die Gemeinden, die unter dem gewaltigen Pestizideinsatz der Ananas-Produktion in der Provinz Limón leiden.

Spannende Persönlichkeiten im Parlament

Auch der PAC kann mit einigen interessanten Personalien aufwarten: Marcela Guerrero ist eine profilierte linke Politikerin, die in der Lage ist, innerhalb der PAC-Fraktion der grauen Eminenz der Partei, dem ebenfalls gewählten Ottón Solís von der Parteirechten Paroli zu bieten. Henry Mora ist einer der wichtigsten alternativen Ökonomen Costa Ricas, der die Expertise für eine auch vom PAC versprochene ökologisch nachhaltigere und sozial gerechtere Wirtschaftspolitik liefert.

Der PAC leidet bislang unter äußerst bescheidenem Zuspruch auf dem Land, hier ist die Partei nur dritte oder gar vierte Kraft. Gerade in den Küstenregionen aber ist Frente Amplio stark, eben WEGEN ihres Einsatzes für die von Monokulturen oder Megaprojekten betroffenen Gemeinden. Es scheint, als komme Solís nicht an der Frente Amplio vorbei, will er in der Provinz genug Stimmen sammeln, um am 6. April die 50% Marke zu knacken.

Dennoch, eine auch nur halb-linke Regierung ist in Costa Rica nach der Stichwahl am 6. April noch lange nicht gewiss. Denkbar sind auch wechselnde Mehrheiten im Parlament, mit denen PAC oder Liberación eine gesellschaftliche Modernisierung durchsetzen oder eben auch verhindern könnten. Zu befürchten steht, dass gegen die linken Parlamentsabgeordneten neoliberale Politiken weiterverfolgt werden. Denn es ist durchaus denkbar, dass sich trotz Wechselstimmung in Costa Rica am Ende die Rechte, wie sie Villalta charakterisiert, zusammenfindet: Diejenige die stiehlt und diejenige, die das eben (noch) nicht tut.

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