Leben in ständiger Angst: Feminizide in Honduras vor Menschenrechtskommission angeprangert

von Anaiz Zamora Márquez

(Mexiko-Stadt, 13. August 2014, cimac).- Alle 13 Stunden wird eine honduranische Frau ermordet. Obwohl der Feminizid in dem mittelamerikanischen Land seit Mai 2013 als Strafdelikt gilt, wurden bis heute nur zwei Urteile aufgrund eines derartigen Verbrechens gefällt – ein Schuldspruch und ein Freispruch. Dies verdeutlicht den Mangel an Sicherheit, Zugang zur Rechtsprechung und Entschädigung, unter dem die Honduranerinnen leiden.

Honduranische Aktivistinnen wenden sich an Menschenrechtskommission

Zivile Organisationen des Landes berichteten der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte CIDH (Comisión Interamericana de Derechos Humanos) über diese Umstände, welche deutlich machten, dass der honduranische Staat die genderspezifische Gewalt, die seit dem Staatsputsch von 2009 stetig ansteigt, nicht unterbinde.

Honduras durchlebe „eine humanitäre und Menschenrechtskrise“, betonten Vertreter*innen der Zentren für Menschenrechte von Frauen CDM (Derechos Humanos de las Mujeres) und für Studien der Frau CEM-H (Estudios de la Mujer), sowie der zivilgesellschaftlichen Organisation Frauen vereint für Gerechtigkeit JASS und weitere Gruppierungen während der 152. außerordentlichen Sitzungsperiode der CIDH, die vom 11. bis 15. August in Mexiko-Stadt im Palacio de Minería stattfand.

In dem mittelamerikanischen Land leben 62,2 Prozent der Bevölkerung in Armut. Hinzu komme, dass Honduras das Land mit der höchsten Gewaltrate der ganzen Region sei, wobei pro 100.000 Einwohner*innen 79 gewalttätige Todesfälle registriert werden und in 80 Prozent der Mordfälle Straflosigkeit herrsche.

Zahl der ermordeten Frauen stark angestiegen

„Wir Honduranerinnen leben in der schrecklichen Angst in einem Land ermordet zu werden, das Zahlen zu Gewalt aufweist, die ähnlich hoch sind wie in jenen Ländern, in denen Krieg herrscht“, so Carolina Sierra, Leiterin des Frauen-Forums (Foro de Mujeres), als sie den Kommissionsmitgliedern der CIDH berichtete, dass in Honduras alle 13 Stunden eine Frau ermordet werde.

Laut offiziellen, von den Aktivistinnen vorgelegten Zahlen, ging die Mordrate bei Männern in den letzten Jahren zurück, während sie bei Frauen von 2,7 Morden pro 100.000 Einwohnerinnen im Jahr 2005 auf 14,5 Morde im Jahr 2013 anstieg.

Obwohl im Mai 2013 der Feminizid strafrechtlich kodifiziert wurde, seien bis dato nur fünf Ersuche aufgrund des Delikts eingegangen, wobei es bei nur einem Fall zum Schuldspruch und bei einem zweiten zu einem Freispruch gekommen sei. Hinzu komme, dass das Verschwinden von Frauen und Jugendlichen um 281 Prozent zugenommen habe und die Straflosigkeit bei Sexualdelikten bei 95 Prozent liege, so die Aktivistinnen.

Kritik am Verbot der Notfallverhütung

Des Weiteren prangerten die Aktivistinnen an, dass der Staat Honduras den Frauen das Recht verwehre, über ihre Körper und ihre Sexualität selbst zu entscheiden und zudem alle Arten von Abtreibung verboten seien. Die Notfallverhütung, zu der Frauen seit den 1990er Jahren Zugang hatten, wurde im Jahr 2009 mittels eines Ministerialabkommens im Rahmen des Staatsputsches verboten. Zur Begründung hieß es damals, dass „die “Pille danach” „abtreibend“ wirke.

In ihrem Beitrag wies die Berichterstatterin für Frauenrechte der CIDH, Tracy Robinson, die Vertreter*innen des honduranischen Staates darauf hin, dass die Pille zur Notfallverhütung den Frauen dabei helfe, ihr Recht auf Selbstbestimmung über ihren Körper, über ihre Lebenspläne und Fortpflanzung wahrzunehmen und selbst zu entscheiden. Außerdem, so die Berichterstatterin, hätten wissenschaftliche Befunde gezeigt, dass das Präparat nicht abortiv wirke.

Veränderungen im honduranischen Justizsystem gefordert

Die Vertreterinnen der honduranischen Zivilgesellschaft informierten das CIDH außerdem über den Anstieg von Angriffen, Belästigungen und Einschüchterungen, denen Verteidigerinnen von Menschenrechten ausgesetzt sind.

Besonders betroffen davon seien Menschenrechtlerinnen, die sich der Verteidigung von Land und Wasser widmeten. Dies gelte auch für Aktivistinnen, für die bereits Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz ihrer Person erhalten.

Auch wenn derzeit ein Gesetzesentwurf überprüft wird, der einen Mechanismus zum Schutz von Verteidiger*innen schaffen soll, so sei dieser Entwurf nicht mit den Organisationen abgesprochen worden und dem Vorschlag fehle zudem eine genderspezifische Perspektive.

Vor diesem Hintergrund baten die zivilgesellschaftlichen Organisationen die CIDH darum, Empfehlungen gegenüber dem honduranischen Staat auszusprechen, darunter auch die Schaffung struktureller Veränderungen im Justizsystem. Mit diesen Veränderungen solle garantiert werden, dass in Fällen von Gewalt gegen Frauen mit der nötigen Sorgfalt ermittelt werde, so dass die Opfer Zugang zur Rechtsprechung erhalten und die Verantwortlichen derartiger Verbrechen bestraft werden.

Vor allem müssten für die Aufklärung der Morde an Frauen die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, um die Charakteristiken dieser Verbrechen feststellen zu können. Auch müsste die Ermittlungseinheit erneut der Sonderstaatsanwaltschaft für Frauen (Fiscalía especial de la Mujer) unterstellt werden, so die Organisationen.

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