Konflikt um Nationalpark verschärft sich

Nach Meinung des Präsidenten stimmten „die indigenen Brüder der Gemeinden des Parkes Isiboro Sécure“ dem Bauvorhaben zu, jedoch seien es NGOs und die politische Opposition, die sich das Thema zunutze machten, um sich der Integration der Departments Cochabamba und Beni zu widersetzen. „Wie ist es nur möglich, sich gegen den Bau dieser Straße zu stellen, wenn uns doch bereits die finanziellen Mittel garantiert sind? Es wird immer Leute geben, die sich gegen die Integration unserer Völker stellen“, fügte er hinzu.

Indigene starten Protestmarsch

Doch wie vom Bündnis indigener Völker Boliviens CIDOB (Confederación de Pueblos Indígenas de Bolivia) angekündigt, starteten 500 Indigene am 15. August einen Protestmarsch in Trinidad (Department Beni), der sie in circa einem Monat bis in die Hauptstadt La Paz führen soll. Sie hoffen darauf, dass sich weitere 2.000 Mitglieder des “Indigenen Sozialpaktes” dem Marsch anschließen werden. Die Teilnehmer*innen kommen aus verschiedenen indigenen Völkern und Organisationen, neben CIDOB auch vom Indigenenrat CONAMAQ und der bolivianischen Menschenrechtsvereinigung APDHB. Ihr Protest richtet sich gegen den Bau des Abschnitts II der insgesamt 307 Kilometer langen Trasse, die mitten durch den Nationalpark Isiboro Sécure (TIPNIS) verlaufen soll.

Morales sieht Widerstand politisch motiviert

Zu Beginn des Protestmarsches erneuerte Morales seine Vorwürfe. In seiner ersten Pressekonferenz nach seinem Chinabesuch bezeichnete er die Proteste als durch die anstehenden Wahlen politisch motiviert und gegen seine Regierung gerichtet. “Wir sind immer zum Dialog bereit, aber leider ist es so, dass sie trotz Einladungen nicht zu Gesprächen erscheinen. Deswegen halte ich die Aktionen für politisch motiviert”. Mit dieser Äußerung bezog sich Morales nicht nur auf den Protestmarsch aus dem nördlichen Beni, sondern auch auf zeitgleich stattfindende Protestaktionen im südlich gelegenen Potosí sowie in El Alto.

Auch der bolivianische Vizepräsident Álvaro García erwähnte am 16. August, dass es zahlreiche Gesprächsversuche gegeben habe, zu denen aber die Eingeladenen nicht erschienen seien. Dennoch sei die Lösung für alle gegenwärtigen Konflikte im Dialog zu suchen.

Der Widerstand verschärft sich

“Wenn Präsident Morales mit uns sprechen will, muss er es während des Marsches tun”, entgegnete Celso Padilla vom Rat der Guaraní. Der Marsch würde aus Überzeugung durchgeführt, damit die indigenen Rechte respektiert würden. TIPNIS stünde für die Erde, das Land und die Verteidigung des Lebensraumes. Der Vertreter des Rates der ethnischen Völker von Santa Cruz CPESC, Ramilo Galindo meinte, dass die Regierungspartei MAS keinen anderen Ausweg als den Protest ermöglicht habe.

Die Bewohner*innen des TIPNIS hatten angekündigt, gegen den Bau einer Straße durch ein Gebiet, das zum Schutzgebiet und gemeinsamen ursprünglichen Land erklärt wurde, Widerstand zu leisten. Die Zentrale des TIPNIS erklärte ihrerseits, es gäbe die Möglichkeit den Abschnitt II umzugestalten, aber nur dann, wenn die Regierung sofort den Bau des Abschnitts I und III stoppen würde.

Kritik am Straßenverlauf

Pedro Nuni, Abgeordneter der indigenen Gemeinden des Departments Beni, vertrat die Meinung, dass hinter dem regionenübergreifenden Projekt der Straße Villa Tunari-San Ignacio de Moxos die versteckte Absicht stehe, das Department Cochabamba zu vergrößern. Zudem erklärte er, die Lösung des Konfliktes, dem sich die Indígenas von Cochabamba und Beni ausgesetzt sehen, läge darin, das Verfassungsrecht der Befragung heranzuziehen und zunächst jene zu befragen, die im Indígenas-Gebiet des Parkes Isiboro-Sécure (TIPNIS) leben.

„Dem Bau der Straße, die die Departments Beni und Cochabamba verbindet, muss einvernehmlich zugestimmt werden, damit der Einschnitt durch den Straßenbau nicht die Zerstörung des natürlichen Lebensraumes der Flora und Fauna des Territoriums des TIPNIS bedeuten würde“, erklärte Pedro Nuni. Der Abgeordnete glaubt, dass der Abschnitt II des Straßenprojektes, welcher den TIPNIS durchquert, dort ökologische Schäden hinterließe und auch das Leben der Indígenas der Ethnien Moxeños, Yucarés, Chimán und Tapiete beeinträchtigen würde.

Beim nationalen Gipfeltreffen zum Thema Wasser und Abwasserbehandlung (Cumbre Nacional por el Agua y el Saneamiento Básico) wurde ein Dokument unterzeichnet, worin bestätigt wird, dass es sich bei dem Naturpark Isiboro Sécure um ein Wasserreservat und eine fundamentale Lebensquelle für das klimatische Gleichgewicht Boliviens und die Erhaltung besonders empfindlicher Ökosysteme handelt.

„Die Zerstörung eines Flussbetts, das Verschwinden einer Blume, eines Strauches oder Baumes, eines Insekts, Vogels, Fisches, Amphibiums oder Säugetiers ist so schwerwiegend für den TIPNIS, dass es das Aussterbens eines kompletten Ökosystems bedeuten könnte. Die Flora und Fauna des TIPNIS ist durch die Verfassung geschützt“, heißt es in einem Beschluss des Gipfels.

Ebenso wurde daran erinnert, dass die Ernennung des Isiboro-Sécure als indigenes Gebiet das Ergebnis eines langen Kampfes gewesen sei, der seinen Höhepunkt im Marsch für Land und Würde von 1990 fand. Leider hätte die Regierung Evo Morales eine Position entgegen ihres Diskurses eingenommen, wonach es eigentlich gelte, „dem Willen des Volkes entsprechend zu regieren“, „die Mutter Erde zu schützen“ und „die Rechte der indigenen Völker zu verteidigen“.

Strecke wird auch befürwortet

Neben massiver Kritik haben sich viele Organisationen auch positiv zum geplanten Bau der Trasse geäußert. Dazu gehörten neben UnternehmerInnenverbänden aus Cochabamba und Beni auch lokale indigene Gemeinden, Kokapflanzer*innen sowie regierungsnahe Verbände. Zuletzt hatte sich die Gewerkschaft der bolivianischen Landarbeiter*innen CSUTCB (Confederación Sindical Única de Trabajadores Campesinos de Bolivia) für das Projekt stark gemacht. Es trage zur Entwicklung und besseren Integration dieses Gebietes bei, hieß es.

Der Präsident Evo Morales hatte am 3. Juni den Bau der Strecke eröffnet, die Cochabamba mit Beni verbinden soll. Die Bauarbeiten werden in Händen der brasilianischen Firma OAS liegen und erfordern eine Investition von 442 Millionen Dollar, von denen 332 Millionen aus einem zinsgünstig gewährten Kredit der Nationalen Bank für wirtschaftliche und soziale Entwicklung BNDES stammen.

(Mit Informationen von Bolpress, Prensa Latina und Telesur)

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