¡Re-re-renunció! Präsidentschaftskandidat tritt zweimal zurück

von Markus Plate

(Berlin, 10. Oktober 2013, voces nuestras).- Drei Titelseiten in einer Woche, etwas besseres kann einem nur zweitplatzierten Präsidentschaftskandidaten kaum passieren. Dr. Rodolfo Hernández, von der oppositionellen PUSC, ist dies gelungen. Doch nun stehen Costa Ricas Christsoziale, neben der regierenden Liberación die beherrschende politische Kraft der letzten 50 Jahre, ohne Kandidat und bis auf die Knochen blamiert da.

Die Strateg*innen der christsozialen PUSC hatten allem Anschein nach ein glückliches Händchen bei ihrer Kandidatenkür. Mit Dr. Rodolfo Hernández, bislang Chef des nationalen Kinderkrankenhauses in San José, hatte die PUSC zumindest die Chance, wieder zweitgrößte Kraft zu werden. Nach diversen Korruptionsaffairen war die Partei, die zuletzt von 1998-2006 regierte, bei den letzten Wahlen abgestürzt und ist derzeit mit mickrigen sechs Abgeordneten nur noch viertstärkste Fraktion.

Präsidentin im Umfragetief

Mit dem Kinderarzt an der Spitze lag selbst ein Sieg bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Februar im Bereich des Möglichen. Denn die regierende, ursprünglich sozialdemokratische Liberación ist in Sachen Korruption und Missmanagement in neue Dimensionen vorgedrungen, ihr neoliberaler Kurs hat das Land tief gespalten. Präsidentin Laura Chinchilla ist die unbeliebteste Präsidentin seit Jahrzehnten und Liberacións-Kandidat Johnny Araya liegt in Meinungsumfragen zwar vorn, bringt es aber auch nur auf ein Viertel Zustimmung. Gegen den leidlich beliebten Araya bot die PUSC mit dem weithin respektierten Krankenhausdirektor Hernández eine saubere Weste mit Managerqualitäten auf – und schien damit Erfolg zu haben.

Mit seinem ersten Rücktritt als Präsidentschaftskandidat ließ Hernández am vergangenen Freitag, 4.10. eine Bombe platzen – zumal es die Begründung in sich hatte: Das korrupte Partei-Establishment der PUSC habe seine Kandidatur, die des Ehrenmannes und Quereinsteigers, mit Intrigen und Verrat torpediert. Parteifunktionäre seien “von Dorf zu Dorf gelaufen”, um das Wahlvolk zu überzeugen, nicht für den eigenen Kandidaten zu stimmen. Mit Luis Fishman hatte einer der profiliertesten PUSC Parlamentarier sogar öffentlich zur Wahl des Regierungskandidaten Araya aufgerufen.

Intrigen und Verrat in der eigenen Partei

Der Rücktritt vom Rücktritt fand am Sonntag, 6.10. statt. Seine Fans, von denen gibt es bislang in der PUSC offenbar viele, hatten eine Solidaritätsdemo vor dem Haus des des Ex- und Wieder-Kandidaten organisiert, Kameras und Mikrofone der Presse warteten vor der Haustür. Er könne die Schutzlosen nicht im Stich lassen, erläuterte Hernández seine Kehrtwende, die er jedoch an die Bedingung knüpfte, dass die Partei nunmehr geschlossen und mit voller Kraft seine Kandidatur unterstützen müsse.

Blitzumfragen hatten Dr. Hernández daraufhin sogar einen demoskopischen Höhenflug attestiert. Doch der war nur von kurzer Dauer: Am Mittwoch Mittag trat der Kandidat erneut zurück, diesmal endgültig und mit offiziellem Schreiben an die Wahlbehörde. “Re-re-renunció” skandierten Blogger bereits süffisant zum “Rückrückrücktritt”. Wer für die PUSC nun ins Präsidentschaftsrennen gehen wird, ist unklar, aber nach den Ereignissen der letzten Woche wäre alles andere als ein neuerliches Wahldesaster eine Überraschung.

Nutznießer der christsozialen Turbulenzen könnte ausgerechnet der Kandidat der Linken werden. José Maria Villalta, der charismatische junge Kandidat und einziger Abgeordnete der bislang nicht so breiten Frente Amplio, lag nach letzten Meinungsumfragen auf Platz drei, hinter Arraya und Hernández. Vor allem bei jungen Wähler*innen kommt der 36-jährige gut an und auch in den linken Flügeln von PUSC und Liberación kann Villalta punkten. Damit könnte es der Linkskandidat am 2. Februar in die Stichwahl und somit eine linke Sensation schaffen. So hätte Dr. Hernández dann doch noch das Politestablishment Costa Ricas gehörig durcheinandergewirbelt.

 

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