Indígenas üben Kritik an UN-Klimaschutzprogramm REDD

(Lima, 02. Dezember 2011, noticias aliadas).- Peruanische Indígena-Organisationen und das Forest Peoples Programme, eine internationale Organisation zur Verteidigung der Rechte von Urwaldvölkern, haben am 30. November einen Bericht veröffentlicht, der über die Auswirkungen der Programme und Projekte von REDD [1] auf indigene Völker informiert. REDD ist ein Mechanismus zur Reduktion von Emissionen aus Entwaldung und Schädigung von Wäldern. Der Bericht entstand im Rahmen der 17. UN-Klimakonferenz (COP 17), die vom 28. November bis 9. Dezember in der südafrikanischen Stadt Durban stattgefunden hat.

Ziele und Realität des REDD-Programms

Das Ziel des REDD ist es, den Ausstoß von Treibhausgasen, die wesentlich für die Klimaerwärmung verantwortlich sind, zu reduzieren. Die Variante REDD+ begünstigt angeblich die Wiederaufforstung der Wälder sowie eine nachhaltige Waldwirtschaft und weitere Tätigkeiten, die zu einem gesunden Waldbestand beitragen sollen.

Der Bericht trägt den Titel „Die Realität des Programms REDD+ in Perú: Zwischen Worten und Taten… Analyse und Alternativen der indigenen Völker Amazoniens“ [2]. Er wurde gemeinsam mit der Interethnischen Vereinigung zur Entwicklung im peruanischen Regenwald AIDESEP (Asociación Interétnica de Desarrollo de la Selva Peruana) und dem Dachverband indigener Organisationen des Río Madre de Dios und dessen Nebenflüssen FENAMAD (Federación Nativa del Río Madre de Dios y Afluentes) erarbeitet. In dem Bericht wird die Ansicht vertreten, die von privaten Einrichtungen vorangetriebenen Projekte „führen zu einer Zunahme der Kohlenstoff-Piraterie und verschärfen die Konflikte um Landbesitz und Rohstoffe“.

Markt der Kohlenstoff-Kredite

Das REDD-Programm ist Teil der Mechanismen für umweltverträgliche Entwicklung, die in das Kyoto-Protokoll über den Klimawandel aufgenommen wurden. Es ermöglicht den Industrienationen in Projekte zu investieren, die dem Ausstoß von Treibhausgasen entgegenwirken, wie etwa die Verringerung von Emissionen aus elektrischer Energie, umweltschädlicher Industrie, privaten und öffentlichen Verkehrsmitteln und der Abholzung von Wäldern. Ein Kohlenstoff-Kredit berechtigt zur Freisetzung von einer Tonne CO2. Das heißt, wenn zum Beispiel ein Unternehmen, dessen jährliche Emissionsgrenze bei 100.000 Tonnen CO2 liegt, dieses Limit überschreitet und 10.000 Tonnen mehr ausstößt, muss es sich Kohlenstoff-Kredite beschaffen, die diesem Überschuss entsprechen. Die Aktivitäten eines Unternehmens, die keine weiteren Treibhausgase mehr ausstoßen, können wiederum CER-Emissionszertifikate (Certified Emission Reduction) erhalten. Dabei steht jedes CER für eine Tonne CO2, die weniger in die Atmosphäre freigesetzt wird. Diese [eingesparte] Tonne kann dann auf dem Markt der Kohlenstoff-Kredite weiterverkauft werden.

Erschleichung der Zustimmung zu REDD-Projekten

„Die Förderer der REDD-Projekte streifen in den Wäldern umher und versuchen, die indigenen Völker und lokalen Gemeinden zu überzeugen, die Abkommen zu akzeptieren. Sie versprechen den Menschen einen Gewinn von Millionen von Dollar, wenn sie im Gegenzug dazu die Rechte auf ihr Land und den Kohlenstoff der Wälder durch eine Unterschrift auf Dritte übertragen“, heißt es in dem Bericht. „Viele Abkommen enthalten Geheimhaltungsklauseln und werden ohne unabhängige Kontrolle und rechtliche Beratung der Gemeinden ausgehandelt.“ Obwohl die betroffenen Völker das Spanische nicht beherrschten, werde von ihnen verlangt, komplizierte Handelsverträge zu unterzeichnen, die in englischer Sprache verfasst sind und ausländischen Gesetzen folgen.

Ein indigener Anführer der Gemeinde Bélgica an der Grenze zu Brasilien prangerte an, dass eine jener privaten Einrichtungen der Gemeinde „eine treuhänderische Übereignung [vorlegte], bei der die Gemeinde gezwungen ist, die Verwaltung [des Gemeindegebietes] zu übergeben und die Entscheidungen der Projektträger 30 Jahre lang zu befolgen – ohne dass wir uns als Personen entwickeln, frei über unser Gebiet entscheiden und nicht einmal die Zukunft unserer Kinder planen dürfen“.

Fehlende rechtliche Regelungen

Laut dem Forest Peoples Programme und lokalen Organisationen sind 20 Millionen Hektar indigenes Land in der peruanischen Amazonasregion rechtlich nicht anerkannt. Dies verletze die internationalen Verpflichtungen des peruanischen Staates, das Land und die Wälder, die im Besitz der indigenen Völker stehen, anzuerkennen und zu schützen. Dieses Manko hätten sich die privaten Einrichtungen zu Nutze gemacht, um den regionalen Behörden und dem Ministerium für Landwirtschaft formale Anträge auf „Gewährungen zum Erhalt“ der Wälder, vorzulegen. Da diese Wälder teilweise in den Gebieten der Indígenas liegen und deren rechtliche Anerkennung eben noch nicht gewährleistet ist, schafft dies die Bedingungen zur massiven Erschleichung von Landbesitz.

Schutz der Wälder durch Anerkennung indigener Gebiete

Der Bericht weißt abschließend darauf hin, dass „anstatt das Geld für zweifelhafte und instabile Kohlenstoffmärkte zu vergeuden, durch eine bescheidene Finanzierung die Rechte der indigenen Völker auf ihr Land und ihre Gebiete sichergestellt werden könnten. Ebenso könnte auf diese Weise die nachhaltige und gemeinschaftliche Nutzung der Wälder unterstützt werden“.

„Die Ansätze, welche die Rechte der indigenen Völker achten, sind zugängliche und bewährte Formen des effektiven Schutzes der Wälder. Dadurch werden nicht nur die Emissionen aufgrund der Waldrodung verringert und die Wälder erhalten, sondern sie lassen auch zu, dass die Armut verringert und die Ernährungssouveränität und der Erhalt der Artenvielfalt gesichert wird“, so der Bericht der indigenen Völker und des Forest Peoples Programme.

Anmerkungen:

[1] REDD, engl.: Reducing Emissions from Deforestation and Degradation

[2] im Original: “La realidad de REDD+ en Perú: Entre el dicho y el hecho… Análisis y alternativas de los pueblos indígenas amazónicos“

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