Guatemalas Vizepräsidentin muss gehen

von Markus Plate

(Berlin, 11. Mai 2015, npl).- Nach Wochen anschwellender Proteste tritt Guatemalas Vizepräsidentin Roxana Baldetti zurück. Ihr Privatsekretär stand im Zentrum eines Skandals, der das zentralamerikanische Land erschüttert hat. Baldetti ist der Zollbetrugsskandal doch noch zum Verhängnis geworden, der Guatemala seit Wochen in Atem hält. Dutzende Personen bis in höchste Regierungskreise waren Mitte April verhaftet worden, darunter der Chef der nationalen Steuerbehörde. Im Zentrum des Skandals steht allerdings mit Juan Carlos Monzón Rojas der weiterhin flüchtige Privatsekretär der Vizepräsidentin. Baldetti weilte in der Woche der Aufdeckung des Skandals in Südkorea und ignorierte die Enthüllungen zunächst geflissentlich.

In der Folge war es in Guatemala in den vergangen Wochen zu den größten Protesten seit Jahren gekommen. Die Hauptstadt erlebte gleich mehrere Märsche gegen Korruption, im Landesinneren blockierten tausende Menschen Landstraßen. Die Forderung nach Baldettis Rücktritt stand schnell im Fokus. Ob sie selbst in den Skandal involviert ist, werden die Ermittlungen zeigen, aber allein die politische Verantwortung wäre Grund genug für einen zeitnahe Demission gewesen.

Bauernopfer Baldetti

Doch Baldetti hing so lange an ihrem Posten, dass aus dem Betrugsskandal eine Staatskrise wurde, die sogar Präsident Otto Pérez gefährlich wurde – zumal seit die guatemaltekische Presse und der Unternehmerverband CACIF die Rücktrittsforderungen unterstützen. Mehr noch, auf einer Pressekonferenz zwei Tage nach der Verhaftungswelle log sie bezüglich ihrer Rückkehr aus Südkorea und tauchte danach ganz ab. Mittlerweile bestehen Verdachtsmomente, dass auch die Vizepräsidentin selbst in das Betrugsnetzwerk verstrickt war. Im sichergestellten Schriftverkehr zwischen Verdächtigen tauchten die Codenamen „R“, „la Dos“ (die Zweite) und „La Señora“ auf. Am Freitag, den 8. Mai reichte Baldetti doch noch ihren Rücktritt ein, offiziell um für die Ermittlungen über das Betrugsnetz zur Verfügung zu stehen. Der Kongress nahm am Sonntag das Rücktrittsgesuch an.

Abgeordnete treten aus Regierungspartei aus

Längst hat auch der Ruf des als „Saubermann“ angetretenen Ex-Generals Otto Pérez Molina irreparablen Schaden genommen. Dutzende Bürgermeister*innen und Abgeordnete der Regierungspartei Partido Patriota sind zur Opposition übergelaufen, sogar der Präsidentschaftskandidat der PP, Alejandro Sinibaldi, trat aus der Partei aus. Vom politischen Projekt des Otto Pérez Molina bleibt ein Scherbenhaufen. Und das Ende der politischen Krise ist nicht abzusehen.

Zähneknirschend musste Pérez Molina einer Mandatsverlängerung der Internationalen Kommission gegen die Straffreiheit in Guatemala (CICIG) zustimmen, die den Zollbetrugsskandal aufgedeckt hatte. Der Präsident hatte mehrfach durchblicken lassen, die CICIG aus dem Land werfen zu wollen. Mit Ablauf seiner Präsidentschaft verliert auch Pérez Molina strafrechtliche Immunität. Und das könnte ihn nicht nur zum Ziel von Ermittlungen im Rahmen des aktuellen Skandals machen. Auch seine Rolle während der 1980er Jahre als Militärkommandant im Ixil, wo die Armee Massaker in mehreren Dörfern begangen hatte, dürfte noch genauer beleuchtet werden.

CC BY-SA 4.0 Guatemalas Vizepräsidentin muss gehen von Nachrichtenpool Lateinamerika ist lizenziert unter Creative Commons Namensnennung-Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 international.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert