Gewaltsame Räumungen von zapatistischen Gemeinden

von Patricia Chandomí

(Mexiko-Stadt, 18. Februar 2010, cimac).- Das Menschenrechtszentrum Fray Bartolomé de las Casas (kurz: Frayba) in Chiapas prangerte „eine Strategie der Besitzenteignung, Verdrängung und Diskriminierung“ seitens der Behörden an. Der Darstellung zufolge würden mit der offiziellen Begündung des „Umweltschutzes“ vor allem fundamentale Rechte der Frauen und Kinder verletzt. Betroffen sind bislang die Gemeinden Laguna El Suspiro und Laguna San Pedro, die in der Biosphäre von Montes Azules im Bezirk Ocosingo liegen.

Nach den von Frayba dokumentierten Zeugenaussagen landeten am Morgen des 21. Januar 2010 zwischen drei und fünf Hubschrauber in der Gemeinde Laguna El Suspiro. Heraus stiegen ca. 60 Polizeibeamte, von denen einige schwarze Uniformen, andere Tarnanzüge trugen.

Ohne offizielles Schreiben oder irgendeine Erklärung begannen die Beamten mit einer gewaltsamen Räumung der Gemeinden, die als Sympathisanten der Zapatistischen Armee der Nationalen Befreiung EZLN (Ejército Zapatista de Liberación Nacional) gelten.

María Cortes Pérez und Magdalena García Cortes wurden aus ihren Häusern gezerrt und zum Dorfzentrum getrieben. Später zwang man sie in einen Hubschrauber zu steigen, mit dem sie in die Bezirkshauptstadt Palenque gebracht wurden. Einige andere Frauen entkamen in den Urwald.

Die beiden Frauen quartierte man in einer Unterkunft der örtlichen Basis für die Gesamtentwicklung der Familie in Chiapas DIF (Sistema para el Desarrollo Integral de la Familia del Estado de Chiapas) ein. Zur Zeit ist noch nicht genau bekannt, wohin sie gebracht werden sollen.

Einen Tag später, am Freitag den 22. Januar 2010, führten 250 Polizeibeamte in der Gemeinde Laguna San Pedro eine ähnliche Operation durch. Sie informierten die Bevölkerung darüber, die Aktion wäre von staatlicher Seite angeordnet. Hier wurden zwölf Personen im Hubschrauber abtransportiert, darunter Kinder, Frauen und Männer.

Die vertriebenen Familien wurden ebenfalls nach Palenque gebracht, wo einige von ihnen Marcos Minor Flores von der Staatsanwaltschaft im Distrikt Selva vorgeführt wurden.

Regierungsfreundlichen Quellen zufolge sei die Operation vom 21. bis 22. Januar eine koordinierte Aktion von verschiedenen Institutionen gewesen, darunter: eine polizeiliche Spezialeinheit der Generalstaatsanwaltschaft von Chiapas, die Behörde für öffentliche Sicherheit, die Generalstaatsanwaltschaft der Republik, die Bundesstaatsanwaltschaft für Umweltschutz, die Nationale Kommission für Naturschutzgebiete, sowie staatliche Menschenrechtsvertreter*innen.

In einer Pressekonferenz am 26. Januar erklärten Vertreter*innen der Umweltbehörden des Staates Mexiko und des Landes Chiapas, sie würden einen Plan zur Erschließung touristischer Ziele auf der Mayaroute voran treiben. Das Projekt solle die für Ökotourismus ausgewiesenen Ortschaften einschließen und verstehe sich als eine Strategie zum Erhalt und zur Entwicklung des lakandonischen Regenwaldes.

Die staatlichen Vertreter*innen nannten darüber hinaus die Namen von weiteren sieben Gemeinden, die so bald wie möglich geraumt werden würden.

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