Friedensabkommen zwischen Farc und Regierung in Kolumbien unterzeichnet

Von Vilma Guzmán

(27. September 2016, amerika21).- Präsident Juan Manuel Santos und der Oberkommandierende der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens Farc, Rodrigo Londoño alias Timoleón Jiménez, haben am gestrigen Montag nach fast vier Jahren Verhandlungen eine Friedensvereinbarung unterzeichnet, die zu einem Ende des seit 1964 anhaltenden bewaffneten Konfikts zwischen dieser Guerilla und dem kolumbianischen Staat führen soll. Die Zeremonie fand in Anwesenheit von 2.500 Gästen statt. Die Europäische Union strich die Farc unmittelbar danach von der Liste der „terroristischen Organisationen“.

Neben zahlreichen Staatschefs und Außenministern aus Lateinamerika waren auch mehrere Regierungsvertreter*innen aus Europa zu der Zeremonie angereist: so die Außenminister Norwegens, der Niederlande und Schwedens, der italienische Vizeaußenminister, aus Großbritannien die Innenministerin. Die deutsche Bundesregierung hatte ihren Sonderbeauftragten für den Friedensprozess in Kolumbien, Tom Koenigs geschickt. US-Außenminister John Kerry twitterte: „Es ist eine Ehre, zur Unterzeichnung dieses historischen Friedensabkommens in Kolumbien zu sein, das das Ende des am längsten dauernden Kriegs in Lateinamerika markiert“. IWF-Chefin Cristine Lagarde informierte über Twitter, sie sei als „Zeugin“ des historischen Ereignisses in Kolumbien dabei. Die Chefs der Weltbank und der Interamerikanischen Entwicklungsbank waren ebenfalls anwesend.

Den Auftakt des Rahmenprogramms bildete ein gemeinsames Frühstück des Präsidenten mit der Militär- und Polizeiführung des Landes in der Marineschule ‚Almirante Padilla‘. Santos betonte, nur Dank „der Aufopferung und der Beherztheit“ der Einsatzkräfte sei der Friedensschluss möglich geworden. „Dies ist euer Sieg, Ihr seid tatsächlich die Verantwortlichen“, sagte er vor den über 100 Uniformierten. Laut internationalen und kolumbianischen Expert*innen sowie Menschenrechtsgruppen sind die Sicherheitskräfte für extralegale Hinrichtungen, Folter, Krieg gegen die Zivilbevölkerung und Verschwindenlassen sowie die Unterstützung paramilitärischer Gruppen während des 52 Jahre andauernden bewaffneten Konfliktes verantwortlich.

Für die Farc enthält das Abkommen „ein großes Potential für die Öffnung eines politischen Übergangs zur Transformation der kolumbianischen Gesellschaft, für ihre reale Demokratisierung und die Verwirklichung ihrer Rechte“. Damit seien „die notwendigen Mindestbedingungen“ geschaffen, die den politischen Weg „zur Umwälzung der bestehenden gesellschaftliche Ordnung“ ermöglichten, heißt es in der Erklärung der 10. Guerillakonferenz, bei der das Abkommen in der vergangenen Woche angenommen wurde. Die Farc wollten nun als politische Bewegung „Teil einer ‚Großen nationalen Konvergenz‘ sein, die das Spektrum der sozialen und popularen Kämpfe umfasst, sich für echte politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Demokratisierung des Landes einsetzt und deren Plattform und Grundlagen der Organisation und Koordination das Ergebnis einer kollektiven Ausarbeitung sein müssen.“

Findet die Friedensvereinbarung bei der Volksabstimmung am 2. Oktober Zustimmung, wird das Prozedere der Waffenniederlegung der Guerillaeinheiten innerhalb von 180 Tagen unter Aufsicht der Vereinten Nationen in Gang gesetzt.

Beim Zustandekommen der Verhandlungen, die im Oktober 2012 begannen, hatte der im März 2013 verstorbene venezolanische Präsident Hugo Chávez einen wesentlichen Anteil. Wie Londoño berichtete, war Chávez auf Bitten von Santos mehrfach direkt als Vermittler tätig. Die kubanische Regierung ermöglichte die Durchführung der fast vier Jahre andauernden Gespräche in Havanna und fungierte gemeinsam mit Norwegen als Garant der Friedensgespräche. Venezuela und Chile waren Begleiter.

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