Freihandelsvertrag mit EU bedroht Bildung, Gesundheit und Nahrungsversorgung

von Fabian Kern

(San José, 10. November 2009, voces nuestras).- Schon während der Diskussion um den Freihandelsvertrag waren der Schutz des geistigen Eigentums und die mit dem Freihandelsvertrag sich verschärfenden Gesetze ein wichtiges Thema.

Zugang zu Hochschulbildung in Gefahr

Die Gegner*innen des CAFTA Freihandelsvertrages sahen die allgemeine Zugänglichkeit insbesondere der Hochschulbildung in Gefahr, sollten die verschärften Gesetze zum „Schutz geistigen Eigentums“ in Kraft treten. Befürworter*innen des Freihandelsvertrages wiegelten damals ab und versicherten, dass für den Bildungsbereich Lösungen gefunden werden würden.

Heute sehen sich mehrere Betreiber*innen von Copy-Shops rund um die öffentlichen Universitäten Klagen von Verlagen ausgesetzt, die ihnen mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Gefängnis drohen. Die „Bewegung für Fotokopie im Studium“ (Movimiento Fotocopiando para Estudiar) übergab am 28.Oktober 100.000 Unterschriften zur Unterstützung für die Reform des Gesetzes Nr. 8.039 an die zuständige Kommission im Parlament. Mitglieder*innen dieser Bewegung befürchten eine zwei-Klassen-Hochschulbildung, weil sich nur wenige Studierende die Bücher leisten könnten, die sie für ihr Studium brauchen.

Abgesehen von den ökonomischen Hürden vieler Studierender, an Bücher zu gelangen sind in den Buchläden Costa Ricas nur sehr wenige wissenschaftliche Bücher aus anderen Ländern zu bekommen. Dies schränkt die Forschungsmöglichkeiten enorm ein. Das Problem der Copy-Shops ist die Tatsache, dass diese mit Gewinn wirtschaften und somit nicht von den Ausnahmen im Gesetz für Non-Profit Kopien für den Bildungsbereich profitieren können.

Patentrechte auf Generika könnten Gesundheitsversorgung gefährden

Nun befürchten soziale Organisationen, dass sich die Situation mit dem Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union noch verschlechtern könnte. Der Schutz geistigen Eigentums trifft nämlich neben dem Bildungssektor auch den Gesundheitssektor empfindlich. Bereits 1994 einigten sich die Staaten der Uruguay-Runde über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums. Das Übereinkommen dient als Grundlage für weitreichende Beschränkungen bei der Herstellung und Vermarktung von Generika.

Diese Medikamente entlasten das, noch staatliche, Gesundheitssystem Costa Ricas jährlich um viele Millionen Euro. Mit der Verabschiedung des Assoziierungsabkommens wären die costa-ricanischen Behörden verpflichtet, jegliche Produktion und Handel zu verfolgen, falls der Inhaber des Patents „gute Gründe“ zur Annahme hat, dass seine Rechte verletzt würden. Die Versorgung des Gesundheitssystems mit Medikamenten wäre durch dieses Abkommen mit der Europäischen Union enorm gefährdet.

EU will Interessen von Saatgutkonzernen schützen

Außerdem verlangt die Europäische Union, dass Costa Rica das Abkommen von Budapest anerkennt, was Patente auf Mikroorganismen erlaubt. Dadurch sehen sich Landwirte und indigene Gemeinden in ihrer Existenz bedroht. Diese könnten in Zukunft von Saatgutkonzernen verklagt werden, weil diese Konzerne das Saatgut patentieren, das sie über Jahre in allen Ländern Lateinamerikas gesammelt haben.

Bei dem Referendum über den Freihandelsvertrag mit den USA im Oktober 2007 hatten 90% der indigenen Bevölkerung gegen das Abkommen gestimmt.

Einen anderen Ton schlägt Ecuadors Präsident Rafael Correa in der Debatte um den Schutz geistigen Eigentums an. Dieser verkündete am 25. Oktober, dass er mehr als 2000 Patente für internationale Medikamente außer Kraft setzen wird, um bezahlbare Medikamente für die Bevölkerung zugänglich zu machen.

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