Frauenmorde: Behörden versuchen, Zahlen herunterzuspielen

Von Nelson Rodríguez

(Managua, 10. Oktober 2016, cimacnoticias).- Anfang Oktober organisierten Aktivist*innen eine Kundgebung vor dem Obersten Gerichtshof in Managua, um Gerechtigkeit für die Opfer von Gewalt gegen Frauen zu fordern. Gleichzeitig warfen sie den Behörden vor, Informationen vor der Presse und vor Menschenrechtsaktivist*innen zurückzuhalten, wenn eine Frau ermordet werde.

Magali Quintana von der Organisation CDD (Católicas por decidir – Katholische Frauen für das Recht auf freie Entscheidung) erklärte, der Staat versuche damit die Gewalt gegen Frauen zu vertuschen, um das geschönte Bild des Landes auf nationaler und internationaler Ebene nicht zu gefährden. Die Aktivistinnen schätzen, dass etwa die Hälfte der in diesem Jahr angezeigten Frauenmorde nicht zu einer Verurteilung geführt habe; entweder seien die Prozesse noch nicht abgeschlossen oder die Täter seien flüchtig.

Fast 100 Morde und Mordversuche 2016

In diesem Jahr wurden nach Angaben der Beobachtungsstelle für Menschenrechte der Organisation CDD in Nicaragua bis Ende September 42 Morde sowie 51 Mordversuche an Frauen registriert. Zum ersten Mal stimmen die Daten des staatlichen Polizeiapparats mit denen der zivilgesellschaftlichen Organisationen überein, allerdings werden die Delikte von offizieller Seite nicht als Frauenmorde geführt. Die ermordeten Frauen waren zwischen 21 und 41 Jahre alt; die meisten Morde wurden in den beiden autonomen Regionen der Karibikküste begangen, gefolgt von Departamento Jinotega und der Hauptstadt Managua.

Ana Quiroz vom Informationszentrum und Beratungsdienst für Gesundheit CISAS (Centro de Información y Servicios de Asesoría en Salud) erklärte: „Mit der Kundgebung wollten wir den Justizbehörden in Managua klarmachen, dass sie entschlossener vorgehen müssen, dass sie die Rechte der Frauen stärker in den Fokus rücken und den Schutz der Familien der Opfer ernster nehmen müssen.“

Täter werden nicht abgeschreckt

Solange es keine Präzedenzfälle mit einer nennenswerten Strafverfolgung gebe, die die Täter abschrecken, seien Frauen und Kinder in Nicaragua weiterhin von Vergewaltigung, Angriffen und Mord bedroht, so Quiroz. Sie berichtete von einem Fall, in dem die Behörden behaupteten, es sei ihnen nicht gelungen, den Täter zu fassen. Daher laufe der Frauenmörder weiterhin frei herum und verdiene sein Geld als Brillenverkäufer in den Straßen von Nicaragua, so die Aktivistin.

An der Kundgebung nahmen auch LGBTIQ-Aktivist*innen teil. Sie solidarisierten sich mit den Familien der Opfer und kritisierten die Diskriminierung und Gewalt seitens der Behörden. Marvin Mayorga von der Initiative für sexuelle Vielfalt erklärte, die LGBTIQ-Community lehne Gewalt gegen Frauen ab und forderte die Behörden auf, Präventivmaßnahmen zum Schutz von Frauen zu ergreifen.

 

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