Ermordeter Lehrer in Oaxaca beerdigt

von Philipp Gerber

(Darmstadt, 18. Dezember 2009, amerika21.de).- Höchster Gerichtshof des Landes macht Gouverneur Ruiz für schwere Menschenrechtsverletzungen im Staat Oaxaca verantwortlich

Ein Déjà-vu aus dem 2006: Wieder steht ein Sarg inmitten einer trauernden und wütenden Menge auf dem Hauptplatz von Oaxaca-Stadt im Süden von Mexiko. Die Witwe des ermordeten Lehrers aus der Region Loxicha schildert unter Tränen den Hergang des Attentats auf Eleazar Martínez Almaraz: “Am Montagmorgen waren wir auf dem Weg in die Schule, als plötzlich vier maskierte Bewaffnete in schwarzer Kleidung den Weg versperrten und uns aus dem Wagen zerrten. Mich und meinen fünfjährigen Sohn schickten sie weg. Und dann schossen sie auf meinen Ehemann”.

Der 27-jährige Grundschullehrer Eleazar Martínez Almaraz wurde durch sieben Schüsse in den Rücken regelrecht exekutiert.

Almaraz war dem Bürgermeister der konservativen Partei PRI in Loxicha ein Dorn im Auge. Er wurde von dem Lokalpolitiker vorab schon bedroht, weil er an Besetzungen teilnahm. Mit der Aktion forderten die Lehrer*innen zwei neue Räume für die Landschule.

Die verarmte Sierra Sur, insbesondere die Region Loxicha, wurde Mitte der neunziger Jahre bekannt, als dort die Guerillagruppe EPR vermutet wurde. Eine Welle der Repression war die Folge. Noch heute sind zwölf Bauern der Zapoteken-Volksgruppe in Haft, die meisten von ihnen aufgrund konstruierter Anklagen.

Die Misere der Region kontrastiert scharf mit den Kapriolen des korrupten Bürgermeisters, der sich kürzlich gar mit dem argentinischen Playboy-Girl Dorismar im nahen Luxus-Badeort Huatulco vergnügte.

Loxicha ist nur einer der Brennpunkte: Die politische Gewalt im südmexikanischen Bundesstaat Oaxaca kostete innerhalb der letzten drei Wochen acht Menschen das Leben. Darunter ein Kind, das bei einem Angriff von Paramilitärs in der indigenen Region der Triqui starb. Ein Aktivist der Indigenenorganisation CODECI wurde an einer Polizeisperre verhaftet und Tage später tot aufgefunden.

Im Juli 2010 werden Gouverneurswahlen stattfinden und die konservative PRI klammert sich auch nach über 80 Jahren ununterbrochener autoritärer Herrschaft in den Regionen weiter an die Macht – koste es was es wolle.

Das eben veröffentlichte Urteil des höchsten Gerichtshofs Mexikos, gemäß dem die Clique um Oaxacas Gouverneur Ulises Ruiz für die schweren Menschenrechtsverletzungen im Zuge eines Aufstandes von 2006 verantwortlich ist, kommt der PRI äußerst ungelegen. Nicht auszuschließen ist, dass der beharrliche politische und juristische Kampf des Protestbündnisses APPO doch noch zu einer Verschiebung im Machtgefüge führt.

Zur feierlichen Übergabe des Urteils des obersten Gerichtshofes, welches die APPO explizit von jeglicher Schuld freispricht, war die Demo am Mittwoch gedacht. Doch mit dem Mord in Loxicha holte die brutale Realität die Bewegung ein. Auch drei Jahre nach dem Aufstand bleibt Oaxaca ein Pulverfass.

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